Anlagestrategie
Lohnende Defensive
Nur auf den ersten Blick wahren europäische Aktien derzeit mannschaftliche Geschlossenheit: Die Aktien fast aller Branchen mit Ausnahme der Telekommunikation kletterten seit über drei Jahren, und seit einer Woche geht es auf breiter Front kräftig bergab mit den Kursen. Doch der Schein trügt.
DÜSSELDORF. Der Bewertungsabstand von zyklischen zu defensiven Aktien ist nach Berechnungen der Analysten von Credit Suisse derzeit wieder auf dem höchsten Stand seit dem Jahr 2000.
Ein Grund mehr für Investoren, einen genauen Blick auf defensive Aktien zu werfen. Vor allem europäische Öl- und Gaskonzerne weisen derzeit attraktive Bewertungen auf. Der europäische Branchenindex Dow Jones Stoxx 600 Oil & Gas weist derzeit ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund elf auf. Das ist deutlich unter dem Durchschnitt der letzten Jahre, in denen Investoren den Öl- und Gasriesen im Schnitt ein KGV von 16 zubilligten. Mit der niedrigen Bewertung preist der Markt zwei pessimistische Annahmen ein: zum einen den Rückgang des immer noch hohen Ölpreises, der die Gewinne der Konzerne schmälern könnte, zum anderen das Misstrauen, dass die Unternehmen ihre noch vorhandenen Öl- und Gasreserven zu optimistisch ausweisen.
Damit birgt die Branche neben ihrem defensiven Charakter auch Raum für positive Überraschungen - zum Beispiel dann, wenn der Ölpreis auch nur stabil bleibt. Auch die Ölreserven bedeuten nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. So übernahm Royal Dutch/Shell Anfang Mai über eine Tochter den kanadischen Ölsandkonzern Blackrock für umgerechnet 1,8 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Diese Summe erwirtschaftet Royal Dutch bei den derzeitigen Ölpreisen von knapp 70 Dollar je Barrel binnen eines Monats als Nettogewinn.
Blackrock verfügt über in Ölsand gebundene Reserven von geschätzten 209 Millionen Barrel, die Royal Dutch/Shell mit rund elf Dollar pro Barrel bezahlte. In der Bilanz des britisch-niederländischen Ölkonzerns tauchen die Ölsand-Reserven aufgrund der Bilanzierungsregeln der US-Börsenaufsicht SEC jedoch nicht auf.
Wer als Investor das Einzelaktienrisiko scheut, kann kurzerhand den ganzen Index mit einem Indexfonds auf den Dow Jones Stoxx 600 Oil & Gas Index kaufen, wie ihn die HVB-Tochtergesellschaft Indexchange anbietet. Der Indexfonds bildet die Kursentwicklung des Branchenindex eins zu eins ab und berücksichtigt auch anfallende Dividenden. Größte Position im Index ist derzeit BP mit einem Indexgewicht von 32 Prozent, gefolgt von Total mit 20, Royal Dutch mit 17 und Eni mit zehn Prozent. Die übrigen rund 20 Prozent verteilen sich auf 17 kleinere europäische Öl- und Gasaktien.
Zugegeben: Einer deutlichen Korrektur am Aktienmarkt könnten sich auch die Öl- und Gaskonzerne nicht vollständig entziehen. Doch mit einer Dividendenrendite des Stoxx 600 Öl- und Gas-Index von 3,5 Prozent, lässt es sich auch in unruhigen Börsenzeiten gut schlafen.
Quelle: HANDELSBLATT, Freitag, 19. Mai 2006, 07:00 Uhr
Euch,
Einsamer Samariter
Lohnende Defensive
Nur auf den ersten Blick wahren europäische Aktien derzeit mannschaftliche Geschlossenheit: Die Aktien fast aller Branchen mit Ausnahme der Telekommunikation kletterten seit über drei Jahren, und seit einer Woche geht es auf breiter Front kräftig bergab mit den Kursen. Doch der Schein trügt.
DÜSSELDORF. Der Bewertungsabstand von zyklischen zu defensiven Aktien ist nach Berechnungen der Analysten von Credit Suisse derzeit wieder auf dem höchsten Stand seit dem Jahr 2000.
Ein Grund mehr für Investoren, einen genauen Blick auf defensive Aktien zu werfen. Vor allem europäische Öl- und Gaskonzerne weisen derzeit attraktive Bewertungen auf. Der europäische Branchenindex Dow Jones Stoxx 600 Oil & Gas weist derzeit ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund elf auf. Das ist deutlich unter dem Durchschnitt der letzten Jahre, in denen Investoren den Öl- und Gasriesen im Schnitt ein KGV von 16 zubilligten. Mit der niedrigen Bewertung preist der Markt zwei pessimistische Annahmen ein: zum einen den Rückgang des immer noch hohen Ölpreises, der die Gewinne der Konzerne schmälern könnte, zum anderen das Misstrauen, dass die Unternehmen ihre noch vorhandenen Öl- und Gasreserven zu optimistisch ausweisen.
Damit birgt die Branche neben ihrem defensiven Charakter auch Raum für positive Überraschungen - zum Beispiel dann, wenn der Ölpreis auch nur stabil bleibt. Auch die Ölreserven bedeuten nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. So übernahm Royal Dutch/Shell Anfang Mai über eine Tochter den kanadischen Ölsandkonzern Blackrock für umgerechnet 1,8 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Diese Summe erwirtschaftet Royal Dutch bei den derzeitigen Ölpreisen von knapp 70 Dollar je Barrel binnen eines Monats als Nettogewinn.
Blackrock verfügt über in Ölsand gebundene Reserven von geschätzten 209 Millionen Barrel, die Royal Dutch/Shell mit rund elf Dollar pro Barrel bezahlte. In der Bilanz des britisch-niederländischen Ölkonzerns tauchen die Ölsand-Reserven aufgrund der Bilanzierungsregeln der US-Börsenaufsicht SEC jedoch nicht auf.
Wer als Investor das Einzelaktienrisiko scheut, kann kurzerhand den ganzen Index mit einem Indexfonds auf den Dow Jones Stoxx 600 Oil & Gas Index kaufen, wie ihn die HVB-Tochtergesellschaft Indexchange anbietet. Der Indexfonds bildet die Kursentwicklung des Branchenindex eins zu eins ab und berücksichtigt auch anfallende Dividenden. Größte Position im Index ist derzeit BP mit einem Indexgewicht von 32 Prozent, gefolgt von Total mit 20, Royal Dutch mit 17 und Eni mit zehn Prozent. Die übrigen rund 20 Prozent verteilen sich auf 17 kleinere europäische Öl- und Gasaktien.
Zugegeben: Einer deutlichen Korrektur am Aktienmarkt könnten sich auch die Öl- und Gaskonzerne nicht vollständig entziehen. Doch mit einer Dividendenrendite des Stoxx 600 Öl- und Gas-Index von 3,5 Prozent, lässt es sich auch in unruhigen Börsenzeiten gut schlafen.
Quelle: HANDELSBLATT, Freitag, 19. Mai 2006, 07:00 Uhr
Euch,
Einsamer Samariter