Die deutschen Freizeitparks geraten unter Druck. Großkonzerne wie LEGO, Disney und Universal stecken Millionen in neue Anlagen
Berlin - 1467 Stunden hat der Durchschnittsdeutsche im vergangenen Jahr malocht. Der große Rest war Freizeit. Zeit, in der Langeweile droht.
"Es hat sich herumgesprochen, dass man mit dem Thema Freizeit gutes Geld verdienen kann", sagt Christian Feuerhacke, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Freizeitunternehmen (VDFU). Was die 65 im VDFU zusammengeschlossenen Themen- und Freizeitparks schon lange wissen, entdecken zunehmend auch Autohersteller, Filmkonzerne und Spielzeugfabrikanten.
Im Freizeitpark Deutschland wird kräftig aufgerüstet. Unter Druck geraten dabei die alteingesessenen Parks, die, wie etwa das Phantasialand in Brühl, der Hansa-Park in Sierksdorf an der Ostsee oder der Holiday Park im pfälzischen Hassloch, vor 20 oder 30 Jahren gegründet wurden und meist noch in Familienbesitz sind. Zu der ohnehin harten Konkurrenz untereinander blicken sie nun in die Geschütze der "Global Player".
Das größte hat mal wieder Disney aufgefahren. Der Micky-maus-Konzern gehört freilich nicht zu den Neulingen am Markt, bestätigt aber mit den vor zwei Wochen eröffneten Walt Disney Studios in Paris das Gründungsfieber in der Branche. 610 Millionen Euro hat das Unternehmen für den 30 Kilometer östlich der französischen Metropole auf den Acker geklotzten Filmpark locker gemacht. Vier bis fünf Millionen Besucher werden in diesem Jahr erwartet - zehn Prozent davon aus Deutschland.
Mit dem benachbarten Disneyland Paris ist der US-Konzern längst Branchenprimus. Zwölf Millionen Besucher, so viel wie die sieben größten Parks in Deutschland zusammen, machen es zu Europas Touristenattraktion Nummer eins. Nach einem durchwachsenen Start und hohen Anlaufverlusten erwirtschaftet der vor zehn Jahren eröffnete Themenpark mittlerweile schwarze Zahlen. "Wir haben aus unseren Fehlern gelernt", sagt Disneyland-Sprecher Dirk Sturny. Ein Beispiel: "Die Franzosen dürfen jetzt auch ihren Rotwein trinken." Vorher regierte im Park eine strikte Null-Promille-Politik.
"Nach Disney die zweitgrößte Anlage in Europa" will demnächst der US-Filmmulti Universal bauen, sagt Wilfried Hampe, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft. Zusammen mit Thyssen-Krupp und einem Bankenkonsortium wird das zum französischen Mischkonzern Vivendi gehörende Studio ("Terminator", "Jurassic Park") 850 Millionen Euro in ein 80 Hektar großes Areal bei Krefeld stecken. Platz finden sollen dort auch zwei 500-Zimmer-Hotels, Einkaufs- und Gastromeilen, ein Wellness- sowie ein Konferenzzentrum. Wenn der Filmpark im Sommer 2005 öffnet, bekommt vor allem die benachbarte Warner Bros. Movie World (45 Hektar, Kosten: 200 Millionen Euro) in Bottrop Konkurrenz.
Beim großen Wettrüsten will der dänische Spielzeugriese LEGO nicht zurückstecken. In Günzburg, 100 Kilometer nördlich von München, hat er 150 Millionen Euro und 50 Millionen Bauklötze in seine weltweit nun vierte Miniaturstadt investiert. Das am 17. Mai öffnende LEGOLAND beherbergt unter anderem den Reichstag und die Frankfurter Banken-Skyline und hofft, damit in diesem Jahr 1,2 Millionen Besucher anzulocken - und nicht zuletzt viele Plastiksteine zu verkaufen.
Ein ähnliches Konzept als "Brand Land" (Markenland) verfolgen die Autohersteller. "Neben unseren Produkten präsentieren wir Werte", sagt Silke Schumacher, Sprecherin der Volkswagen-Autostadt. Will heißen: Das Freizeitprogramm in Wolfsburg soll Emotionen - möglichst rund um das Thema Auto - auslösen, die Kundenbindung erhöhen und Noch-nicht-VW-Fahrern die Golfs, Polos und Lupos schmackhaft machen. Das funktioniert, indem "sich die Leute einen schönen Tag machen", so Schumacher. Und das tun sie: 2,1 Millionen kamen im vergangenen Jahr - damit ist der vor zwei Jahren eröffnete Themenpark (25 Hektar, Kosten: 440 Millionen Euro) der zweitgrößte in Deutschland.
Geld durch Markenpflege, Markenpflege durch Erlebniswert - das haben auch BMW und DaimlerChrysler erkannt: Die Münchner investieren bis 2004 rund 150 Millionen Euro in ein "Erlebnis- und Auslieferungszentrum"; die Kollegen aus Stuttgart wollen für 100 Millionen Euro ein riesiges Mercedes-Benz-Museum bauen. Nach der Eröffnung Ende 2005 rechnet der schwäbische Autobauer mit jährlich 600 000 Besuchern.
Die branchenfremde Konkurrenz lässt die traditionellen Themenparks aufhorchen. Ohnehin stagnieren ihre Besucherzahlen seit zehn Jahren, sieht man einmal von wenigen Ausnahmen, etwa dem Europa-Park in Rust, ab. Angesichts des ständig steigenden Freizeitangebots hilft nur eins: "Die Parks müssen in jeder Saison etwas Neues bieten, um im Wettbewerb mitzuhalten", sagt Verbandschef Feuerhacke.
Nerven kitzeln bis zum Abwinken. Der Europa-Park, mit 3,1 Millionen Besuchern die Nummer zwei auf dem Kontinent, hat dieser Tage die größte Stahlachterbahn Europas ins Rennen geschickt. Ähnlich spektakuläre Gefährte haben in der vergangenen Saison Heide-Park und Holiday Park eingeweiht. In Soltau fährt mit dem "Colossos" die größte Holzachterbahn der Welt (Kosten: 25 Millionen Euro), in Hassloch mit der "Expedition GeForce" (10 Millionen Euro) der "Megacoaster" mit dem weltweit steilsten Sturz: 82 Grad. Mit Superlativen lockt auch die Warner Bros. Movie World: Am 6. April geht dort "The Wild Bunch" an den Start - ein "Free Fall Tower", der seine 30 Insassen in 60 Meter Höhe 15 Grad nach vorne kippt und sie mit 90 Stundenkilometern nach unten sausen lässt.
Um die Investitionen wieder reinzuholen, "müssen wir die Verweildauer der Leute verlängern", sagt Roland Mack. Der Chef des Europa-Parks spricht stellvertretend für die gesamte Branche. Unisono heißt es dort, dass sich die Parks von reinen Tages- zu Kurzurlaubszielen wandeln sollen. Da die Besucher im Durchschnitt acht Stunden auf den Anlagen verbringen, liegt eine Übernachtung nahe.
Kein Wunder also, dass die Freizeitparks nun kräftig bauen wollen. Da das bestehende 1.250-Betten-Haus im Europa-Park zu 98 Prozent ausgelastet ist, wird ein zweites entstehen. Im Phantasialand haben die Bauarbeiten für ein 150-Zimmer-Hotel bereits begonnen. Auch der Heide-Park baut ein Hotel.
Marktführer Disney ist den deutschen Parks auch in Sachen Hotels weit voraus. Der milliardenschwere Konzern hat gleich eine ganze Stadt auf den französischen Acker gepflanzt (sieben Häuser mit 5.800 Zimmern und 20.000 Betten) und baut kräftig weiter: Vier Hotels mit 1.500 Zimmern entstehen gerade. Es lohnt sich: Schon 40 Prozent des Umsatzes erzielt das Disneyland im Übernachtungsgeschäft. Da lässt es sich gut schlafen.
Berlin - 1467 Stunden hat der Durchschnittsdeutsche im vergangenen Jahr malocht. Der große Rest war Freizeit. Zeit, in der Langeweile droht.
"Es hat sich herumgesprochen, dass man mit dem Thema Freizeit gutes Geld verdienen kann", sagt Christian Feuerhacke, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Freizeitunternehmen (VDFU). Was die 65 im VDFU zusammengeschlossenen Themen- und Freizeitparks schon lange wissen, entdecken zunehmend auch Autohersteller, Filmkonzerne und Spielzeugfabrikanten.
Im Freizeitpark Deutschland wird kräftig aufgerüstet. Unter Druck geraten dabei die alteingesessenen Parks, die, wie etwa das Phantasialand in Brühl, der Hansa-Park in Sierksdorf an der Ostsee oder der Holiday Park im pfälzischen Hassloch, vor 20 oder 30 Jahren gegründet wurden und meist noch in Familienbesitz sind. Zu der ohnehin harten Konkurrenz untereinander blicken sie nun in die Geschütze der "Global Player".
Das größte hat mal wieder Disney aufgefahren. Der Micky-maus-Konzern gehört freilich nicht zu den Neulingen am Markt, bestätigt aber mit den vor zwei Wochen eröffneten Walt Disney Studios in Paris das Gründungsfieber in der Branche. 610 Millionen Euro hat das Unternehmen für den 30 Kilometer östlich der französischen Metropole auf den Acker geklotzten Filmpark locker gemacht. Vier bis fünf Millionen Besucher werden in diesem Jahr erwartet - zehn Prozent davon aus Deutschland.
Mit dem benachbarten Disneyland Paris ist der US-Konzern längst Branchenprimus. Zwölf Millionen Besucher, so viel wie die sieben größten Parks in Deutschland zusammen, machen es zu Europas Touristenattraktion Nummer eins. Nach einem durchwachsenen Start und hohen Anlaufverlusten erwirtschaftet der vor zehn Jahren eröffnete Themenpark mittlerweile schwarze Zahlen. "Wir haben aus unseren Fehlern gelernt", sagt Disneyland-Sprecher Dirk Sturny. Ein Beispiel: "Die Franzosen dürfen jetzt auch ihren Rotwein trinken." Vorher regierte im Park eine strikte Null-Promille-Politik.
"Nach Disney die zweitgrößte Anlage in Europa" will demnächst der US-Filmmulti Universal bauen, sagt Wilfried Hampe, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft. Zusammen mit Thyssen-Krupp und einem Bankenkonsortium wird das zum französischen Mischkonzern Vivendi gehörende Studio ("Terminator", "Jurassic Park") 850 Millionen Euro in ein 80 Hektar großes Areal bei Krefeld stecken. Platz finden sollen dort auch zwei 500-Zimmer-Hotels, Einkaufs- und Gastromeilen, ein Wellness- sowie ein Konferenzzentrum. Wenn der Filmpark im Sommer 2005 öffnet, bekommt vor allem die benachbarte Warner Bros. Movie World (45 Hektar, Kosten: 200 Millionen Euro) in Bottrop Konkurrenz.
Beim großen Wettrüsten will der dänische Spielzeugriese LEGO nicht zurückstecken. In Günzburg, 100 Kilometer nördlich von München, hat er 150 Millionen Euro und 50 Millionen Bauklötze in seine weltweit nun vierte Miniaturstadt investiert. Das am 17. Mai öffnende LEGOLAND beherbergt unter anderem den Reichstag und die Frankfurter Banken-Skyline und hofft, damit in diesem Jahr 1,2 Millionen Besucher anzulocken - und nicht zuletzt viele Plastiksteine zu verkaufen.
Ein ähnliches Konzept als "Brand Land" (Markenland) verfolgen die Autohersteller. "Neben unseren Produkten präsentieren wir Werte", sagt Silke Schumacher, Sprecherin der Volkswagen-Autostadt. Will heißen: Das Freizeitprogramm in Wolfsburg soll Emotionen - möglichst rund um das Thema Auto - auslösen, die Kundenbindung erhöhen und Noch-nicht-VW-Fahrern die Golfs, Polos und Lupos schmackhaft machen. Das funktioniert, indem "sich die Leute einen schönen Tag machen", so Schumacher. Und das tun sie: 2,1 Millionen kamen im vergangenen Jahr - damit ist der vor zwei Jahren eröffnete Themenpark (25 Hektar, Kosten: 440 Millionen Euro) der zweitgrößte in Deutschland.
Geld durch Markenpflege, Markenpflege durch Erlebniswert - das haben auch BMW und DaimlerChrysler erkannt: Die Münchner investieren bis 2004 rund 150 Millionen Euro in ein "Erlebnis- und Auslieferungszentrum"; die Kollegen aus Stuttgart wollen für 100 Millionen Euro ein riesiges Mercedes-Benz-Museum bauen. Nach der Eröffnung Ende 2005 rechnet der schwäbische Autobauer mit jährlich 600 000 Besuchern.
Die branchenfremde Konkurrenz lässt die traditionellen Themenparks aufhorchen. Ohnehin stagnieren ihre Besucherzahlen seit zehn Jahren, sieht man einmal von wenigen Ausnahmen, etwa dem Europa-Park in Rust, ab. Angesichts des ständig steigenden Freizeitangebots hilft nur eins: "Die Parks müssen in jeder Saison etwas Neues bieten, um im Wettbewerb mitzuhalten", sagt Verbandschef Feuerhacke.
Nerven kitzeln bis zum Abwinken. Der Europa-Park, mit 3,1 Millionen Besuchern die Nummer zwei auf dem Kontinent, hat dieser Tage die größte Stahlachterbahn Europas ins Rennen geschickt. Ähnlich spektakuläre Gefährte haben in der vergangenen Saison Heide-Park und Holiday Park eingeweiht. In Soltau fährt mit dem "Colossos" die größte Holzachterbahn der Welt (Kosten: 25 Millionen Euro), in Hassloch mit der "Expedition GeForce" (10 Millionen Euro) der "Megacoaster" mit dem weltweit steilsten Sturz: 82 Grad. Mit Superlativen lockt auch die Warner Bros. Movie World: Am 6. April geht dort "The Wild Bunch" an den Start - ein "Free Fall Tower", der seine 30 Insassen in 60 Meter Höhe 15 Grad nach vorne kippt und sie mit 90 Stundenkilometern nach unten sausen lässt.
Um die Investitionen wieder reinzuholen, "müssen wir die Verweildauer der Leute verlängern", sagt Roland Mack. Der Chef des Europa-Parks spricht stellvertretend für die gesamte Branche. Unisono heißt es dort, dass sich die Parks von reinen Tages- zu Kurzurlaubszielen wandeln sollen. Da die Besucher im Durchschnitt acht Stunden auf den Anlagen verbringen, liegt eine Übernachtung nahe.
Kein Wunder also, dass die Freizeitparks nun kräftig bauen wollen. Da das bestehende 1.250-Betten-Haus im Europa-Park zu 98 Prozent ausgelastet ist, wird ein zweites entstehen. Im Phantasialand haben die Bauarbeiten für ein 150-Zimmer-Hotel bereits begonnen. Auch der Heide-Park baut ein Hotel.
Marktführer Disney ist den deutschen Parks auch in Sachen Hotels weit voraus. Der milliardenschwere Konzern hat gleich eine ganze Stadt auf den französischen Acker gepflanzt (sieben Häuser mit 5.800 Zimmern und 20.000 Betten) und baut kräftig weiter: Vier Hotels mit 1.500 Zimmern entstehen gerade. Es lohnt sich: Schon 40 Prozent des Umsatzes erzielt das Disneyland im Übernachtungsgeschäft. Da lässt es sich gut schlafen.