Aussicht für den Dax bleibt günstig
Finanz-Experten sehen einen anhaltenden Aufwärtstrend für Aktien. Die Begründungen dafür gehen aber auseinander
Die gute Nachricht vorweg: Die Zeichen stehen gut, daß sich der Aufschwung an den Aktienmärkten vorerst fortsetzt. Bis auf 4600 Zähler kletterte der deutsche Blue-Chip-Index Dax in dieser Woche, so hoch wie seit fast drei Jahren nicht mehr. Die Nebenwerte-Indizes MDax und SDax stiegen sogar auf Rekordhöchststände. Auch die Indizes in New York und Tokio präsentierten sich zuletzt freundlich.
Und die Hausse wird vorerst anhalten, wenn auch mit etwas weniger Dynamik. Das jedenfalls ist Mehrheitsmeinung bei den Strategen von 15 großen Banken, die die "Welt am Sonntag" zusammen mit der Münchener Forschungsgruppe Südprojekt aktuell befragte. Im Schnitt erwarten sie, daß der Dax bis zum Jahresende auf etwa 4770 Punkte steigt. Aber auch Dow Jones, Nikkei, Eurostoxx 50 und TecDax werden den Prognosen zufolge auf Sechs-Monatssicht weiter zulegen. Diese Indizes müssen aber im Gegensatz zum Dax kurzfristig mit Rückschlägen rechnen.
"Viele Experten mißtrauen dem jüngsten Aufwärtstrend. Und genau das ist eine gute Basis dafür, daß es so weitergeht", sagt Stefan Schiesser, Aktienstratege der DZ Bank. "Insofern speist sich unser Optimismus aus dem Pessimismus anderer." Stolze 5100 Punkte lautet Schiessers Dax-Kursziel bis Jahresende. Auch beim Eurostoxx 50 gehört die DZ Bank mit Abstand zu den Optimistischsten: 3500 Zähler prognostiziert das Institut. Aktueller Stand: 3150 Punkte.
"Der Hauptaspekt ist die günstige Bewertung", begründet Schiesser. Das Kurs-Gewinnverhältnis (KGV) der im Dax enthaltenen Unternehmen liege bei zwölf und damit unter dem langjährigen Durchschnitt von 15. "Allein daraus läßt sich erhebliches Potential ableiten." Wie viele andere Experten rechnet er ferner mit einer Zinswende am Rentenmarkt, weswegen viele Investoren Anleihen in Aktien umschichteten. Generell werde die Dynamik an den Aktienmärkten verstärkt von der Entwicklung an den Rentenmärkten abhängen. Sollte sich der Verfall der Renditen im langen Bereich fortsetzen, dürfte das die Aktienkurse treiben.
Zu den Aktien-Optimisten gehört auch die Hypo-Vereinsbank, die auf Sechs-Monats-Sicht einen Dax-Stand von 4800 Punkten erwartet. Aktien würden attraktiv bleiben, weil die US-Notenbank Fed eine Zinspause für mehrere Quartale einlegen werde. Außerdem stabilisierten sich der Ölpreis, wenn auch auf hohem Niveau, sowie das Verhältnis Euro zum Dollar. "Der europäische Markt wird sich besser entwickeln als der amerikanische und der deutsche besser als der europäische", sagt Hypo-Vereinsbank-Stratege Tammo Greetfeld.
Auch SEB-Analyst Ingmar Lehmann glaubt, daß es vor allem beim Dax Nachholpotential gibt. "Die Stimmung ist schlechter als die Lage", sagt Lehmann. Nicht umsonst interessierten sich viele angelsächsische Investoren für den deutschen Markt, was die jüngsten Anlageentscheidungen ausländischer Finanzinvestoren belegten. "Sie sehen uns positiver als wir selbst", kritisiert Lehmann.
Seiner Ansicht nach hat der Markt deshalb noch Luft nach oben - vor allem aufgrund der Aussicht auf politische Veränderungen. "Viele - auch uns - hat der Effekt der Ankündigung von Neuwahlen überrascht." Der Markt spekuliere darauf, daß der eingeschlagene Reformkurs durch eine schwarz-gelbe Regierung beschleunigt werden könnte. Viele Konzerne, allen voran die Versorger, würden davon profitieren.
"Der Aktienmarkt setzt darauf, daß es eine neue Regierung geben wird", sagt auch HVB-Mann Greetfeld. Dank der Bundesratsmehrheit hätte eine neue Regierung unter Angela Merkel großen Gestaltungsspielraum. "Die großen ökonomischen Herausforderungen gepaart mit der Handlungsfähigkeit der Regierung geben vielen Investoren Anlaß zum Optimismus", sagt Greetfeld. Reformen könnten vor allem die Problemfelder Arbeitsmarkt, hier insbesondere die Lockerung des Kündigungsschutzes, sowie die Lohnnebenkosten betreffen. Neben den Versorgern würden davon Unternehmen mit hohem inländischen Personalaufwand profitieren, wie VW, MAN, Siemens oder die Post.
"Die politische Situation in Deutschland spielt derzeit keine Rolle", sagen dagegen West-LB-Experte Martin Gilles und sein Kollege Schiesser von der DZ-Bank. "Das Thema wird überschätzt", sagt Schiesser. Schließlich erzielten die meisten deutschen Blue Chips die Haupteinnahmen im Ausland. Der Dax habe vielmehr vom schwachen Euro und einem möglichen Ende der US-Zinserhöhungen profitiert.
Während jedoch der DZ Bank-Stratege erwartet, daß sich diese Bedingungen fortsetzen, rechnet Gilles mit einer Konsolidierung. Der Dax werde in seine Handelsspanne vom ersten Quartal zwischen 4150 und 4400 Punkten zurückkehren - aus folgenden Gründen: Die Fed halte an ihrer Politik der moderaten Leitzinserhöhung fest, zudem würde der Euro wieder an Stärke gewinnen. "Mir fehlen die positiven Impulse", begründet der Leiter Aktienstrategie der WestLB sein kurzfristiges Dax-Kursziel von 4200 Punkten. Heino Reents
WamS.de
Finanz-Experten sehen einen anhaltenden Aufwärtstrend für Aktien. Die Begründungen dafür gehen aber auseinander
Die gute Nachricht vorweg: Die Zeichen stehen gut, daß sich der Aufschwung an den Aktienmärkten vorerst fortsetzt. Bis auf 4600 Zähler kletterte der deutsche Blue-Chip-Index Dax in dieser Woche, so hoch wie seit fast drei Jahren nicht mehr. Die Nebenwerte-Indizes MDax und SDax stiegen sogar auf Rekordhöchststände. Auch die Indizes in New York und Tokio präsentierten sich zuletzt freundlich.
Und die Hausse wird vorerst anhalten, wenn auch mit etwas weniger Dynamik. Das jedenfalls ist Mehrheitsmeinung bei den Strategen von 15 großen Banken, die die "Welt am Sonntag" zusammen mit der Münchener Forschungsgruppe Südprojekt aktuell befragte. Im Schnitt erwarten sie, daß der Dax bis zum Jahresende auf etwa 4770 Punkte steigt. Aber auch Dow Jones, Nikkei, Eurostoxx 50 und TecDax werden den Prognosen zufolge auf Sechs-Monatssicht weiter zulegen. Diese Indizes müssen aber im Gegensatz zum Dax kurzfristig mit Rückschlägen rechnen.
"Viele Experten mißtrauen dem jüngsten Aufwärtstrend. Und genau das ist eine gute Basis dafür, daß es so weitergeht", sagt Stefan Schiesser, Aktienstratege der DZ Bank. "Insofern speist sich unser Optimismus aus dem Pessimismus anderer." Stolze 5100 Punkte lautet Schiessers Dax-Kursziel bis Jahresende. Auch beim Eurostoxx 50 gehört die DZ Bank mit Abstand zu den Optimistischsten: 3500 Zähler prognostiziert das Institut. Aktueller Stand: 3150 Punkte.
"Der Hauptaspekt ist die günstige Bewertung", begründet Schiesser. Das Kurs-Gewinnverhältnis (KGV) der im Dax enthaltenen Unternehmen liege bei zwölf und damit unter dem langjährigen Durchschnitt von 15. "Allein daraus läßt sich erhebliches Potential ableiten." Wie viele andere Experten rechnet er ferner mit einer Zinswende am Rentenmarkt, weswegen viele Investoren Anleihen in Aktien umschichteten. Generell werde die Dynamik an den Aktienmärkten verstärkt von der Entwicklung an den Rentenmärkten abhängen. Sollte sich der Verfall der Renditen im langen Bereich fortsetzen, dürfte das die Aktienkurse treiben.
Zu den Aktien-Optimisten gehört auch die Hypo-Vereinsbank, die auf Sechs-Monats-Sicht einen Dax-Stand von 4800 Punkten erwartet. Aktien würden attraktiv bleiben, weil die US-Notenbank Fed eine Zinspause für mehrere Quartale einlegen werde. Außerdem stabilisierten sich der Ölpreis, wenn auch auf hohem Niveau, sowie das Verhältnis Euro zum Dollar. "Der europäische Markt wird sich besser entwickeln als der amerikanische und der deutsche besser als der europäische", sagt Hypo-Vereinsbank-Stratege Tammo Greetfeld.
Auch SEB-Analyst Ingmar Lehmann glaubt, daß es vor allem beim Dax Nachholpotential gibt. "Die Stimmung ist schlechter als die Lage", sagt Lehmann. Nicht umsonst interessierten sich viele angelsächsische Investoren für den deutschen Markt, was die jüngsten Anlageentscheidungen ausländischer Finanzinvestoren belegten. "Sie sehen uns positiver als wir selbst", kritisiert Lehmann.
Seiner Ansicht nach hat der Markt deshalb noch Luft nach oben - vor allem aufgrund der Aussicht auf politische Veränderungen. "Viele - auch uns - hat der Effekt der Ankündigung von Neuwahlen überrascht." Der Markt spekuliere darauf, daß der eingeschlagene Reformkurs durch eine schwarz-gelbe Regierung beschleunigt werden könnte. Viele Konzerne, allen voran die Versorger, würden davon profitieren.
"Der Aktienmarkt setzt darauf, daß es eine neue Regierung geben wird", sagt auch HVB-Mann Greetfeld. Dank der Bundesratsmehrheit hätte eine neue Regierung unter Angela Merkel großen Gestaltungsspielraum. "Die großen ökonomischen Herausforderungen gepaart mit der Handlungsfähigkeit der Regierung geben vielen Investoren Anlaß zum Optimismus", sagt Greetfeld. Reformen könnten vor allem die Problemfelder Arbeitsmarkt, hier insbesondere die Lockerung des Kündigungsschutzes, sowie die Lohnnebenkosten betreffen. Neben den Versorgern würden davon Unternehmen mit hohem inländischen Personalaufwand profitieren, wie VW, MAN, Siemens oder die Post.
"Die politische Situation in Deutschland spielt derzeit keine Rolle", sagen dagegen West-LB-Experte Martin Gilles und sein Kollege Schiesser von der DZ-Bank. "Das Thema wird überschätzt", sagt Schiesser. Schließlich erzielten die meisten deutschen Blue Chips die Haupteinnahmen im Ausland. Der Dax habe vielmehr vom schwachen Euro und einem möglichen Ende der US-Zinserhöhungen profitiert.
Während jedoch der DZ Bank-Stratege erwartet, daß sich diese Bedingungen fortsetzen, rechnet Gilles mit einer Konsolidierung. Der Dax werde in seine Handelsspanne vom ersten Quartal zwischen 4150 und 4400 Punkten zurückkehren - aus folgenden Gründen: Die Fed halte an ihrer Politik der moderaten Leitzinserhöhung fest, zudem würde der Euro wieder an Stärke gewinnen. "Mir fehlen die positiven Impulse", begründet der Leiter Aktienstrategie der WestLB sein kurzfristiges Dax-Kursziel von 4200 Punkten. Heino Reents
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