Analysten warnen vor Übertreibung an den Börsen – Zweifel an Nachhaltigkeit des Aufschwungs
Konsolidierung am Aktienmarkt erwartet
Von MICHAEL MAISCH
HANDELSBLATT, 26.11.2001
FRANKFURT/M. Die warnenden Stimmen werden lauter. Immer mehr Analysten vertreten die Meinung, dass den internationalen Aktienbörsen nach dem rasanten Aufschwung der vergangenen Wochen eine Verschnaufpause ausgesprochen gut tun würde. Vereinzelt ist auch bereits von einem größeren Korrekturbedarf und von Übertreibungen die Rede.
Seit den Tiefständen vom 21. September ist der Deutsche Aktienindex (Dax) um mehr als 40 % in die Höhe geschossen. Am Neuen Markt hat sich der Auswahlindex Nemax-50 seither verdoppelt. Europaweit gewannen die Standardwerte rund ein Viertel an Wert. Vor allem zwei Gründe waren für diese eindrucksvolle Erholung verantwortlich: Zum einen beschäftigen sich die Anleger bereits intensiv mit dem für Mitte 2002 erhofften Konjunkturaufschwung. Der zweite und vielleicht noch wichtigere Grund liegt in der reichlich vorhandenen Liquidität, für die der Aktienmarkt mangels interessanter Anlagealternativen wieder attraktiv geworden ist.
Doch allmählich wird vielen Analysten das Tempo des Kursanstiegs unheimlich. Die Skeptiker fragen sich, ob es abgesehen von Zins- und Liquiditätsargumenten eine solide fundamentale Basis für den Aufschwung gibt. Auf häufig noch immer schwache Konjunkturdaten und die weitere Erosion der Unternehmensgewinne haben die Anleger in den vergangenen Wochen jedenfalls kaum noch reagiert. Die Experten von HSBC Trinkaus & Burkhardt rechnen deshalb mit einer Konsolidierung am deutschen Aktienmarkt. Die Marke von 5 000 Punkten sollte der Dax jedoch verteidigen können. Im Moment scheine der Markt „optisch teuer“, argumentieren die Analysten. Schließlich seien die erwarteten Unternehmensgewinne während des Kursanstiegs der vergangenen zwei Monate kräftig nach unten revidiert worden. Bis zum Jahresende sieht HSBC Trinkaus dennoch für den Dax Potenzial in Richtung 5 500 Zähler.
Zu einem ähnlichen Schluss kommen die Experten von Helaba Trust. Der Dax werde sich „um die 5 000-Punkte-Marke festbeißen“. Für eine Fortsetzung der Kursrally fehle „derzeit die Perspektive auf strukturelles Wachstum“. Auch bei der DZ Bank macht sich „zunehmende Skepsis über den als zu schnell empfundene Kursanstieg“ breit. Die Gefahr von Gewinnmitnahmen und einer Marktkonsolidierung sei daher sowohl in Europa als auch in den USA gewachsen. Gegen größere Rückschläge spricht nach Meinung der Analysten allerdings, dass schwächere Kurse von vielen Investoren noch immer als Kaufgelegenheiten wahrgenommen würden.
Am Rentenmarkt rechnen die Experten nach dem deutlichen Anstieg der Renditen mit einer Beruhigung. Helaba Trust und DZ Bank vertreten unisono die Meinung, dass der für die Korrektur verantwortliche Konjunkturoptimismus und das damit verbundene Schwinden der Zinssenkungsfantasie übertrieben sind. Den mittelfristigen Aufwärtstrend am Euro-Rentenmarkt sieht Helaba Trust nach wie vor in Takt. Auch nach Meinung der DZ Bank werden die Kurse der Euro-Renten widerspiegeln, dass die konjunkturelle Trendwende vorerst noch auf sich warten lässt.
Neuen Aufschluss über die Konjukturlage werden am Dienstag Zahlen über das US-Verbrauchervertrauen bringen. Am Freitag folgt in den USA der Chicagoer neueste Einkaufsmanagerindex. Außerdem veröffentlicht die US-Notenbank am Mittwoch ihren „Beige Book“ genannten Konjunkturrückblick. Auf Unternehmensseite stehen in der kommenden Woche Quartalsergebnisse der Deutschen Telekom und ihres niederländischen Konkurrenten KPN auf dem Programm. Münchner Rück und Preussag legen ebenfalls Quartalszahlen vor.
HANDELSBLATT, Montag, 26. November 2001, 06:01 Uhr
Konsolidierung am Aktienmarkt erwartet
Von MICHAEL MAISCH
HANDELSBLATT, 26.11.2001
FRANKFURT/M. Die warnenden Stimmen werden lauter. Immer mehr Analysten vertreten die Meinung, dass den internationalen Aktienbörsen nach dem rasanten Aufschwung der vergangenen Wochen eine Verschnaufpause ausgesprochen gut tun würde. Vereinzelt ist auch bereits von einem größeren Korrekturbedarf und von Übertreibungen die Rede.
Seit den Tiefständen vom 21. September ist der Deutsche Aktienindex (Dax) um mehr als 40 % in die Höhe geschossen. Am Neuen Markt hat sich der Auswahlindex Nemax-50 seither verdoppelt. Europaweit gewannen die Standardwerte rund ein Viertel an Wert. Vor allem zwei Gründe waren für diese eindrucksvolle Erholung verantwortlich: Zum einen beschäftigen sich die Anleger bereits intensiv mit dem für Mitte 2002 erhofften Konjunkturaufschwung. Der zweite und vielleicht noch wichtigere Grund liegt in der reichlich vorhandenen Liquidität, für die der Aktienmarkt mangels interessanter Anlagealternativen wieder attraktiv geworden ist.
Doch allmählich wird vielen Analysten das Tempo des Kursanstiegs unheimlich. Die Skeptiker fragen sich, ob es abgesehen von Zins- und Liquiditätsargumenten eine solide fundamentale Basis für den Aufschwung gibt. Auf häufig noch immer schwache Konjunkturdaten und die weitere Erosion der Unternehmensgewinne haben die Anleger in den vergangenen Wochen jedenfalls kaum noch reagiert. Die Experten von HSBC Trinkaus & Burkhardt rechnen deshalb mit einer Konsolidierung am deutschen Aktienmarkt. Die Marke von 5 000 Punkten sollte der Dax jedoch verteidigen können. Im Moment scheine der Markt „optisch teuer“, argumentieren die Analysten. Schließlich seien die erwarteten Unternehmensgewinne während des Kursanstiegs der vergangenen zwei Monate kräftig nach unten revidiert worden. Bis zum Jahresende sieht HSBC Trinkaus dennoch für den Dax Potenzial in Richtung 5 500 Zähler.
Zu einem ähnlichen Schluss kommen die Experten von Helaba Trust. Der Dax werde sich „um die 5 000-Punkte-Marke festbeißen“. Für eine Fortsetzung der Kursrally fehle „derzeit die Perspektive auf strukturelles Wachstum“. Auch bei der DZ Bank macht sich „zunehmende Skepsis über den als zu schnell empfundene Kursanstieg“ breit. Die Gefahr von Gewinnmitnahmen und einer Marktkonsolidierung sei daher sowohl in Europa als auch in den USA gewachsen. Gegen größere Rückschläge spricht nach Meinung der Analysten allerdings, dass schwächere Kurse von vielen Investoren noch immer als Kaufgelegenheiten wahrgenommen würden.
Am Rentenmarkt rechnen die Experten nach dem deutlichen Anstieg der Renditen mit einer Beruhigung. Helaba Trust und DZ Bank vertreten unisono die Meinung, dass der für die Korrektur verantwortliche Konjunkturoptimismus und das damit verbundene Schwinden der Zinssenkungsfantasie übertrieben sind. Den mittelfristigen Aufwärtstrend am Euro-Rentenmarkt sieht Helaba Trust nach wie vor in Takt. Auch nach Meinung der DZ Bank werden die Kurse der Euro-Renten widerspiegeln, dass die konjunkturelle Trendwende vorerst noch auf sich warten lässt.
Neuen Aufschluss über die Konjukturlage werden am Dienstag Zahlen über das US-Verbrauchervertrauen bringen. Am Freitag folgt in den USA der Chicagoer neueste Einkaufsmanagerindex. Außerdem veröffentlicht die US-Notenbank am Mittwoch ihren „Beige Book“ genannten Konjunkturrückblick. Auf Unternehmensseite stehen in der kommenden Woche Quartalsergebnisse der Deutschen Telekom und ihres niederländischen Konkurrenten KPN auf dem Programm. Münchner Rück und Preussag legen ebenfalls Quartalszahlen vor.
HANDELSBLATT, Montag, 26. November 2001, 06:01 Uhr