11. Juli 2008 13:35
Rette sich, wer kann
Dax reißt Jahrestief
Der deutsche Aktienmarkt steht am Freitag massiv unter Druck. Der Dax fällt am letzten Handelstag der Woche auf ein neues Jahrestief und notiert fast 22 Prozent unter dem Jahreshoch vom Januar. Schuld daran sind neue Rekordstände beim Ölpreis und die hohe Nervosität der Anleger hinsichtlich der US-Finanzkrise.
Der Dax fällt am Mittag rund zwei Prozent auf 6177 Punkte. Der MDax gibt 1,8 Prozent auf 8434 Punkte nach. Der TecDax liegt 1,6 Prozent im Minus bei 710 Punkten.
"Wir haben Rekordstände beim Öl und eine weiterhin sehr schwierige Lage im Finanzsektor. In diesem ohnehin negativen Marktumfeld wurden wichtige technische Marken nach unten durchbrochen, wodurch automatisch Anschlussverkäufe ausgelöst wurden", begründete Marktanalyst Christian Schmidt von der Helaba den Kursrutsch. "Der Markt ist jetzt sehr angeschlagen, und es ist davon auszugehen, dass sich die Abwärtsbewegung fortsetzen wird." Der US-Ölpreis notiert am Mittag zwischenzeitlich bei 145,98 US-Dollar und damit so hoch wie nie.
In New York stürzen vorbörslich erneut die Aktienkurse der angeschlagenen Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac um 17 beziehungsweise 21 Prozent ab. Die US-Regierung will einen möglichen Kollaps der beiden Institute mit allen Mitteln verhindern und schließt offenbar auch eine Verstaatlichung nicht aus, wie die "New York Times" unter Berufung auf Kreise berichtet.
Citibank-Verkauf entschieden
Mit dem Verkauf des Deutschen Privatkundengeschäfts der Citigroup an Credit Mutual rücken Bankenwerte mit Spekulationen um eine weitere Neuordnung der Finanzlandschaft in den Blick. Die Aktien der Postbank gewinnen 2,7 Prozent. Titel der Commerzbank steigen um 1,5 Prozent. Nach zwischenzeitlichen Pluszeichen geben die Papiere der Deutschen Bank hingegen im frühen Handel 1,9 Prozent ab. Der deutsche Branchenprimus hatte im Bieterrennen um die Citibank den Kürzeren gezogen. "Das heißt, dass sich die Deutsche Bank noch stärker für die Postbank interessiert", schlussfolgert ein Händler. "Der Verkauf stärkt die Verhandlungsposition der Postbank, da die Deutsche Bank kein alternatives Übernahmeziel in dieser Größe hat", erläuterte Analyst Konrad Becker von Merck Finck.
Die im SDax notierten Titel von Air Berlin kippen nach zwischenzeitlich kräftigen Gewinnen ins Minus und verlieren 1,4 Prozent auf 3,65 Euro. Damit profitieren sie nur kurzfristig von der Nachricht, dass die Fluggesellschaft und der Reiseveranstalter Thomas Cook ihre Pläne für eine Fusion zwischen der Fluggesellschaft Condor und Air Berlin aufgegeben haben. Ein entsprechender Antrag an das Bundeskartellamt sei zurückgezogen worden, teilten die Berliner mit. Analystin Martina Noss von der Nord/LB zufolge hatte sich dies wegen der schwierigen Finanzlage von Air Berlin und der hohen Kerosinpreise bereits abgezeichnet.
Papiere der Lufthansa gehören mit einem Minus von 4,5 Prozent zu den größten Verlierern. Die Airline hat Condor nun erst einmal weiterhin an der Backe. Zudem läuft die Lufthansa mitten in der Hauptferienzeit auf einen unbefristeten Streik des Boden- und Kabinenpersonals zu. Der hohe Ölpreis tut sein übriges am schlechten Umfeld für die Aktie.
Eine Neubewertung drückt die Papiere von Continental 6,3 Prozent ins Minus. Damit geben die Papiere des Automobilzulieferers so stark ab wie kein anderer Dax-Wert. Die Analysten von Merrill Lynch senkten ihre Einschätzung für die Aktie auf "Neutral".
Gefragt sind Stahlwerte. So steigen die Papiere von ThyssenKrupp mit einem Plus von 0,7 Prozent auf 34,22 Euro. Börsianer verweisen auf eine Erhöhung der Stahlpreisschätzungen durch Lehman Brothers als Antrieb. Die Einschätzung für Thyssen beließen die Analysten dennoch bei "Underweight" mit einem Kursziel von 38 Euro. Im MDax kann Salzgitter hingegen seine frühen Kursgewinne nicht halten und notiert 1,5 Prozent im Minus.
Der Kurs von Volkswagen fällt im frühen Handel unter den gleitenden 200-Tage-Durchschnitt und bricht damit eine charttechnisch wichtige Marke. Zugleich verliere die relative Wertentwicklung an Momentum und drohe aus dem starken Aufwärtstrend herauszufallen, heißt es am Markt. Bestätigt sich der Rücksetzer als nachhaltig, signalisiert das nach Angaben von Händlern das Ende der Outperformance der Aktie.