Kommt jetzt bald die "Liste der Lebenden"?

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DarkKnight:

Kommt jetzt bald die "Liste der Lebenden"?

 
05.04.01 19:00
Ob wohl die unten genannten schon alle sind?

Von Stefan Ruhkamp

So schlimm haben es vermutlich nicht einmal die Verfasser der berüchtigten "Todeslisten" kommen sehen: Der Neue Markt hat innerhalb eines Jahres gut vier Fünftel seines Wertes eingebüßt. Trotz Dutzender Neuzugänge, die in dieser Zeit in den Nemax aufgenommen wurden, ist die Marktkapitalisierung auf 65 Mrd. Euro gesunken. DaimlerChrysler ist trotz der Probleme des Unternehmens nur 15 Mrd. Euro leichter, und es spricht wenig dagegen, dass der Abstand nicht auch bald dahinschmilzt.
Spätestens seit den im vergangenen Sommer veröffentlichten Cash-Burn-Raten schlitterte der einstige Musterschüler Neuer Markt von einer Krise in die nächste. Nun wäre es leicht, die Debakel zu einem Abgesang zu verdichten. Aber dafür ist es nicht nur zu früh, sondern es ist falsch. Der Neue Markt wird seine Funktion als Emissionsplattform für riskante Unternehmungen behalten. Die Krise ist aber schmerzhaft und kostet die Anleger Nerven und Geld. Und sie ist hausgemacht. Der Neue Markt verliert sehr viel schneller an Wert als das große Vorbild Nasdaq. Ursache ist eine Kette von Peinlichkeiten und Täuschungen. Da erfanden Gesellschaften Aufträge, um den Kurs in die Höhe zu treiben. Da werden viel zu optimistische Prognosen erst im letzten Moment korrigiert, und Vorstände verkaufen ihre Anteile, wenn ihnen das Geschäft um die Ohren fliegt. Kein Wunder, dass die Anleger Reißaus nehmen.

Aber der große Ausverkauf hat seine Vorteile. Es ist die Zeit, in der Leichen aus dem Keller geholt und reiner Tisch gemacht wird. In diese Kategorie lässt sich auch die Trennung der Julius Bär Kapitalanlage AG von Kurt Ochner einordnen. Der Fondsmanager galt als einer der Stars auf dem Neuen Markt. Allerdings war er auch eines seiner Probleme. Er konzentrierte seine Mittel auf wenige Lieblingswerte, machte so den Markt für seine Favoriten eng und trieb damit die Kurse in die Höhe. Das rächte sich in der Baisse, als er sich nicht mehr von seinen Positionen trennen konnte.

Der Neue Markt ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 49 auf 2002er-Basis immer noch ansehnlich bewertet, zumal derzeit Zweifel angebracht sind, wo das Wachstum des Wachstumssegments herkommen soll. Aber es ist nach den Kurskatastrophen an der Zeit, statt der "Todeslisten" eine Liste der Lebenden hervorzuholen. Der Neue Markt bietet Unternehmen mit Substanz und gelegentlich sogar Gewinn, von Aixtron, D.Logistics und Pandatel über Thiel bis Singulus und Qiagen. Und auch einige der Defizit-Werte wie T-Online oder Adva haben eine Zukunft. Auch wenn andere in die Pleite gehen und ausscheiden, werden diese Werte den Bestand des Neuen Markts sichern.




Börsen-Zeitung, 5.4.2001
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