Wallstreet Online-Nachricht
Die Analyse von Umsatz und Börsenbewertungen offenbart gravierende Unterschiede zwischen der Deutschen- und anderen Telekoms. Doch so schlecht sind die Deutschen vielleicht gar nicht
Die Deutsche Telekom wird an der Börse „nur“ noch mit etwa 100 Mrd.Euro bewertet. Auf dem Höhepunkt der Telekomhausse im März des vergangenen Jahres stand für das Bonner Unternehmen noch eine Summe von fantastischen 300 Mrd.Euro zu Buche. Die Telekom war damit Europas wertvollstes Unternehmen. Auf etwa 41 Mrd.Euro Jahresumsatz bringt es die Deutsche Telekom. Kaufen Kleinanleger eine T-Aktie, bezahlen sie also jeden Euro Umsatz mit 2,5 Euro Kapital. Und das, obwohl von jedem Euro Umsatz nur ein Paar Cent Gewinn übrig bleiben, wenn überhaupt.
Im Vergleich zu den internationalen Wettbewerbern ist ein MUV (Marktkapitalisierung/Umsatz-Verhältnis) von 2,5 nicht zu hoch. France Télécom ist Börsianern ebenfalls 100 Mrd.Euro bei lediglich 32 Mrd.Euro Jahresumsatz wert. Das entspricht einem MUV von 3,0. Auch die spanische Konkurrenz, Telefonica, liegt über dem MUV der Deutschen Telekom. Börsianer sind bereit für einen spanischen Euro Umsatz 2,9 Euro an der Börse zu bezahlen. Telefonica wird an der Börse mit rund 81 Mrd.Euro bewertet und erzielt einen Jahresumsatz von rund 28 Mrd.Euro. Telecom Italia und British Telecom sind da schon erheblich günstiger zu haben; zumindest wenn sich der Investor bei seiner Anlageentscheidung auf das Verhältnis von Börsenbewertung und Jahresumsatz verlässt.
British Telecom (70 Mrd.Euro Börsenbewertung/39 Mrd.Euro Jahresumsatz) hat das niedrigste MUV unter den europäischen Telekom-Aktien. Es beträgt gerade mal 1,8. Die amerikanische AT&T und die japanische NTT können die Europäer sogar noch unterbieten. Für AT&T errechnet sich ein MUV von 1,3, für NTT gar nur 0,9. AT&T leidet im klassischen Telefongeschäft, ähnlich wie die Deutsche Telekom, unter deutlich gefallenen Preisen und zunehmender Konkurrenz durch die regionalen Gesellschaften. Für die Telecom Italia errechnet sich ein MUV von 2,3.
Bemerkenswert ist, dass Mobilfunkaktien viel höher in der Gunst der Anleger stehen. So ist mittlerweile das Mobilfunkunternehmen Telecom Italia Mobile, Spitzname: Tim, an der Börse höher bewertet als der Klassiker Telecom Italia. Tim übertrifft mit 71 Mrd.Euro die Börsenbewertung der Telecom Italia (64 Mrd.Euro) um rund 7 Mrd.Euro. Der US-Mobilfunkanbieter Voicestream Wireless kommt auf ein MUV von 13, was die Deutsche Telekom nicht davor zurück schrecken lässt, Voicestream zu übernehmen. Einem Jahresumsatz von etwa 2,1 Mrd.Euro stehen 27 Mrd.Euro Börsenbewertung gegenüber. Die übernahme von Voicestream durch die Deutschen ist derzeit allerdings durch den schwachen Kurs der T-Aktie gefährdet .
Der britische Mobilfunkriese Vodafone hat die höchste Börsenbewertung unter den Telefon-Aktien. Rund 22 Mrd.Euro Jahresumsatz erzielen die Briten derzeit. Bewertet werden sie aber mit etwa 222 Mrd.Euro. Jetzt sind die aggressiven Briten, die im vergangenen Jahr Mannesmann übernahmen, Europas wertvollstes
Unternehmen. Die Börsenbewertung ist also zehnmal so hoch wie der Jahresumsatz. Damit trauen Anleger Vodafone momentan viermal so viel zu wie der Deutschen Telekom. Ob die Möglichkeiten ausgereizt sind und die Deutsche Telekom wieder gewinnen wird, steht noch dahin. Dank wohlgefüllter Kriegskasse befindet sich Vodafone weiter auf weltweiter Einkaufstour. Mit rund 80 Mio. Kunden weltweit können die Briten derzeit Analysten und Investoren für sich einnehmen.