Interessanter Artikel
mfG: Speculator
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Kleine Tricks erhalten die Rendite
Von Markus Zydra
26. Juli 2001 Es war der 19.Juli 2001. Nokia, weltgrößter Handyproduzent, veröffentlichte seine mit Spannung erwarteten Geschäftszahlen zum zweiten Quartal. Analysten hatten mit einem Gewinn pro Aktie in Höhe von 16 Cents gerechnet - Nokia lieferte 17 Cents. Der Aktienkurs von Nokia schoss um 22 Prozent in die Höhe an diesem Handelstag.
Ein Cent mehr oder weniger, der sich durch die Multiplikation mit der Anzahl der ausgegebenen Aktien in mehrstellige Millionenbeträge verwandelt, entscheidet an einem solchen Tag über Sein und Nichtsein. Bei 15 Cents Gewinnausweis schon wäre der Kurs eingebrochen.
„Augenwischerei ist das“
Stirnrunzeln dürfte deshalb folgende Nachricht bei engagierten Aktionären auslösen. Nokia hat im zweiten Quartal in Wirklichkeit nur 12 Cents pro Aktie verdient - und so steht es auch in der Gewinn- und Verlustrechnung, die der finnische Konzern für jedermann einsehbar publiziert hat.
Den Analysten ist diese Tatsache bekannt. Sie basieren ihre Erwartungen auf eine Profitkennzahl, die einige Kostenposten ausspart. Nicht alle mögen diesen neuen Trend. „Augenwischerei ist das für mich“, sagt etwa Vidar Kalvoy, Nokia-Analyst der DG Bank. Nokia unterscheidet zwei Arten von Gewinn pro Aktie: Die eine Variante nennt sich „pro forma“, die andere „reported“. Das klingt nicht nur kompliziert, das ist es auch. „Pro forma“ hat Nokia mit 17 Cents Gewinn pro Aktie die Erwartungen der Märkte übertroffen. Unberücksichtigt in dieser Gewinn- und Verlustrechnung blieben jedoch so genannte Goodwillabschreibungen und einmalige Ausgaben. Insgesamt immerhin 281 Millionen Euro - 3,8 Prozent des Quartalsumsatzes bei Nokia. Diese Belastungen sind hingegen beim „reported“ Gewinn pro Aktie beinhaltet.
Real ist weniger Geld verdient worden
Hintergrund für die Belastungen waren Investitionen in eine US-Fabrik, die Nokia umgebaut hat: Weg von der Handyproduktion - hin zu einer Netzwerkschmiede. Dazu kamen Abschreibungen auf Firmenwerte. Diese Details nicht weiter ausgeführt bleibt die Frage, warum Nokia diese Aufwendungen nicht mit aufnimmt, was der Konzern noch bis Ende 2000 getan hat. „Die Vorgaben für diesen Schritt kamen von der Investmentbank Morgan Stanley. Immer mehr Konzerne und dann auch die Analysten schauen seither auf das 'pro forma'“, so Kalvoy.
Verwirrung und mangelnde Vergleichbarkeit
Das hat entscheidende Nachteile. Zum einen ist die Vergleichbarkeit mit Quartalsergebnissen des vergangenen Jahres erschwert, weil damals noch „reported“ veröffentlicht wurde, also inklusive der Abschreibungen und Sonderausgaben, die damals allerdings verschwindend gering waren. Konkret heißt das: Nokias Ergebnisverschlechterung ist weitaus größer als ein direkter Vergleich der Zahlen nahe legt. Zum zweiten herrscht auch Verwirrung innerhalb der Analystenwelt. „Konsensusschätzungen zum Jahresbeginn bei Ericsson etwa waren völlig wertlos, weil jeder Analyst eine andere Bewertungsgrundlage angewendet hat“, so Kalvoy.
Keiner spricht über den tatsächlichen Profit
Und hier kommt die Welt der Aktionäre ins Bild. Wenn selbst die Experten Probleme haben, sich auf Renditemaßzahlen zu einigen, wie soll der Anleger sich ein Bild machen - selbst wenn er den Blick auf eine Konzernbilanz wagt? Dann sieht er nämlich, dass die ganze Wahrheit noch komplizierter ist. Denn man unterscheidet da auch noch zwischen Gewinn pro Aktie als Diluted und basic (das heißt: inklusive von Aktienoptionen, beziehungsweise exklusive).
„Aber interessant ist doch nur das, was übrigbleibt“
Die Welt der Bilanzen ist komplizierter geworden. Zahlen werden heruntergebrochen und für sich isoliert interpretiert und analysiert. Das hat seine Berechtigung. „Doch den Aktionär interessiert hauptsächlich das, was übrigbleibt am Ende des Quartals“, sagte Reinhild Keitel, Vorstand bei der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre SdK, jüngst im FAZ.NET-Gespräch. Für Nokia heißt das: 12 Cents pro Aktie blieben übrig - doch darüber redet man nicht.
mfG: Speculator
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Kleine Tricks erhalten die Rendite
Von Markus Zydra
26. Juli 2001 Es war der 19.Juli 2001. Nokia, weltgrößter Handyproduzent, veröffentlichte seine mit Spannung erwarteten Geschäftszahlen zum zweiten Quartal. Analysten hatten mit einem Gewinn pro Aktie in Höhe von 16 Cents gerechnet - Nokia lieferte 17 Cents. Der Aktienkurs von Nokia schoss um 22 Prozent in die Höhe an diesem Handelstag.
Ein Cent mehr oder weniger, der sich durch die Multiplikation mit der Anzahl der ausgegebenen Aktien in mehrstellige Millionenbeträge verwandelt, entscheidet an einem solchen Tag über Sein und Nichtsein. Bei 15 Cents Gewinnausweis schon wäre der Kurs eingebrochen.
„Augenwischerei ist das“
Stirnrunzeln dürfte deshalb folgende Nachricht bei engagierten Aktionären auslösen. Nokia hat im zweiten Quartal in Wirklichkeit nur 12 Cents pro Aktie verdient - und so steht es auch in der Gewinn- und Verlustrechnung, die der finnische Konzern für jedermann einsehbar publiziert hat.
Den Analysten ist diese Tatsache bekannt. Sie basieren ihre Erwartungen auf eine Profitkennzahl, die einige Kostenposten ausspart. Nicht alle mögen diesen neuen Trend. „Augenwischerei ist das für mich“, sagt etwa Vidar Kalvoy, Nokia-Analyst der DG Bank. Nokia unterscheidet zwei Arten von Gewinn pro Aktie: Die eine Variante nennt sich „pro forma“, die andere „reported“. Das klingt nicht nur kompliziert, das ist es auch. „Pro forma“ hat Nokia mit 17 Cents Gewinn pro Aktie die Erwartungen der Märkte übertroffen. Unberücksichtigt in dieser Gewinn- und Verlustrechnung blieben jedoch so genannte Goodwillabschreibungen und einmalige Ausgaben. Insgesamt immerhin 281 Millionen Euro - 3,8 Prozent des Quartalsumsatzes bei Nokia. Diese Belastungen sind hingegen beim „reported“ Gewinn pro Aktie beinhaltet.
Real ist weniger Geld verdient worden
Hintergrund für die Belastungen waren Investitionen in eine US-Fabrik, die Nokia umgebaut hat: Weg von der Handyproduktion - hin zu einer Netzwerkschmiede. Dazu kamen Abschreibungen auf Firmenwerte. Diese Details nicht weiter ausgeführt bleibt die Frage, warum Nokia diese Aufwendungen nicht mit aufnimmt, was der Konzern noch bis Ende 2000 getan hat. „Die Vorgaben für diesen Schritt kamen von der Investmentbank Morgan Stanley. Immer mehr Konzerne und dann auch die Analysten schauen seither auf das 'pro forma'“, so Kalvoy.
Verwirrung und mangelnde Vergleichbarkeit
Das hat entscheidende Nachteile. Zum einen ist die Vergleichbarkeit mit Quartalsergebnissen des vergangenen Jahres erschwert, weil damals noch „reported“ veröffentlicht wurde, also inklusive der Abschreibungen und Sonderausgaben, die damals allerdings verschwindend gering waren. Konkret heißt das: Nokias Ergebnisverschlechterung ist weitaus größer als ein direkter Vergleich der Zahlen nahe legt. Zum zweiten herrscht auch Verwirrung innerhalb der Analystenwelt. „Konsensusschätzungen zum Jahresbeginn bei Ericsson etwa waren völlig wertlos, weil jeder Analyst eine andere Bewertungsgrundlage angewendet hat“, so Kalvoy.
Keiner spricht über den tatsächlichen Profit
Und hier kommt die Welt der Aktionäre ins Bild. Wenn selbst die Experten Probleme haben, sich auf Renditemaßzahlen zu einigen, wie soll der Anleger sich ein Bild machen - selbst wenn er den Blick auf eine Konzernbilanz wagt? Dann sieht er nämlich, dass die ganze Wahrheit noch komplizierter ist. Denn man unterscheidet da auch noch zwischen Gewinn pro Aktie als Diluted und basic (das heißt: inklusive von Aktienoptionen, beziehungsweise exklusive).
„Aber interessant ist doch nur das, was übrigbleibt“
Die Welt der Bilanzen ist komplizierter geworden. Zahlen werden heruntergebrochen und für sich isoliert interpretiert und analysiert. Das hat seine Berechtigung. „Doch den Aktionär interessiert hauptsächlich das, was übrigbleibt am Ende des Quartals“, sagte Reinhild Keitel, Vorstand bei der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre SdK, jüngst im FAZ.NET-Gespräch. Für Nokia heißt das: 12 Cents pro Aktie blieben übrig - doch darüber redet man nicht.