Für seine Milliardenkredite kaufte Leo Kirch massenhaft Film- und Fernsehrechte. Deren Marktpreis stürzt ab
Mehr, mehr, mehr davon! Der Medienunternehmer Leo Kirch kennt nur eine Strategie, wenn es um Fernsehrechte an Spielfilmen geht: Er hortet sie en gros.
In seinem Münchner Filmlager stapeln sich 63 000 Stunden Filme und Serien, in Hochregallagern sortiert und lichtdicht verschlossen. Bis ein deutscher Fernsehsender wieder ein paar Stunden Programm braucht. Hinzu kommen Übertragungsrechte an den nächsten Fußballweltmeisterschaften, der Bundesliga und noch viel mehr. Auf kein Großereignis mochte Kirch verzichten und trieb die Preise für Sportrechte in astronomische Höhen (siehe Grafiken) - die hilflosen Wettbewerber zogen den Kürzeren.
Gleichzeitig ist es Leo Kirch jahrzehntelang wie keinem anderem gelungen, erworbene TV-Rechte teurer weiterzuverkaufen. Er besaß ein untrügliches Gespür dafür, wie viel eine Rolle Zelluloid mit Bildern von Audrey Hepburn oder Arnold Schwarzenegger einbringen würde. Als ausgebuffter Händler schnürte er zwei gute mit acht schlechten Filmen zu einem Paket und gaukelte seinen Kunden ARD oder ZDF vor, sie bekämen nur beste Ware. Auch die Banken glaubten ihm. Sie liehen Kirch Milliarden und nahmen oft Filmrechte als Sicherheit dafür - Filmrechte, deren wahrer Wert sich erst bemessen lässt, wenn tatsächlich ein paar Millionen Zuschauer vor dem Fernseher sitzen. Jetzt müssen die Geldhäuser zittern - um ihre Kredite und um ihre "Sicherheiten". Denn mit ihrer Hilfe hat Kirch seinen Konzern an den Rand des Ruins geführt. Soll er wirtschaftlich überleben, sind riesige Abschreibungen kaum zu vermeiden.
Kredite in Höhe von mindestens 6 Milliarden Euro und Forderungen in ähnlicher Höhe würgen an Kirch. Wolfgang Gehrke, Bankexperte an der Universität Erlangen-Nürnberg, sagt: "Bei jedem Kunden, der in Schwierigkeiten gerät, trägt der Finanzier eine Mitschuld." Bei Kirch seien die Banken wohl zu großzügig bei der Vergabe von Krediten gewesen. Geizig waren sie jedenfalls nicht.
TV-Rechte kaufte Kirch oft mit frisch geliehenem Geld. Ob er immer richtig lag mit dem, was er dafür erwarb? "Das ist letzten Endes ein kreativer Akt", sagt Beatrice Rieber, Chefeinkäuferin beim TV-Sender RTL. "Für die Einschätzung eines Filmes sind Erfahrungswerte mit Filmen des betreffenden Genres wichtig und natürlich der Kinoerfolg." Eine Rolle spiele auch, welche Filme der Regisseur früher gemacht habe und ob es ein Arthouse-Film oder Mainstream sei. Weit risikoreicher seien so genannte Output-Deals: "Da kaufen Sie die Katze im Sack, weil die Filme noch nicht fertig sind, wenn Sie den Vertrag schließen." Wie viel dann ein Sender für das Recht bezahlen will, den Film zu senden, hängt auch von der Werbekonjunktur und dem veränderlichen Geschmack des Publikums ab. "Es ist schon seit mehreren Jahren so, dass Spielfilme aus Amerika keine Garantie mehr dafür sind, dass die Quote hinterher stimmt", beschreibt Rieber die Entwicklung. Derzeit sind Gerichtsshows, Quizsendungen und deutsche Serien in. "Spielfilme kaufen wir nur noch selektiv ein, niemals mehr im Paket."
Die Banken hoffen auf "viel Luft"
Nicht weniger sorgfältig als die Medienbranche müssten die Banken mit TV-Rechten umgehen, wenn sie diese als Sicherheit für Kredite annehmen. Doch erfahrene Filmrechtehändler berichten, dass "Banken lediglich eine Liste mit einigen tausend Filmtiteln erhalten und daraus auswählen". Bei Leo Kirch bedienten sie sich aus einer der größten Filmbibliotheken der Welt. Weil er die Rechte meist für viele Jahre, manchmal sogar für immer erwirbt, die Sender sie aber nur kurzfristig nutzen, wächst sein Bestand stetig. In seinen Büchern habe er die Filme nach der ersten Ausstrahlung um 70 Prozent abgeschrieben, sagt ein hochrangiger Bankmanager. "Das ist konservativ, da ist noch viel Luft drin." Luft zum Beispiel für den Fall, dass man sie verkaufen muss.
Was nach Expertise klingt, passt so gar nicht zu einem Erlebnis des Wissenschaftlers Christian Zwirner aus dem vergangenen Frühjahr, sondern spricht eher für Ahnungslosigkeit. Damals hatte er mit dem Bilanzexperten Karlheinz Küting eine Studie herausgegeben, die sich mit der Bilanzierung und Bewertung bei Film- und Medienunternehmen des Neuen Marktes befasst. Im Fokus hatten sie Filmrechtehändler und -produzenten wie Helkon, Constantin, oder Kinowelt. Diese Unternehmen machen Kirch auf seinen angestammten Märkten Konkurrenz, die Risiken und Bewertungskriterien sind demnach dieselben. "Wir waren völlig erstaunt. Es riefen Analysten, Investmentbanker und Manager von Kreditabteilungen bei uns an. Viele Namen kannte ich damals schon aus der Presse. Sie alle wollten die Studie", erzählt Zwirner. 600-mal hat er sie seither verschickt. Und nicht nur das. Namhafte Kreditinstitute luden ihn ein, die eigenen Leute in Sachen Bilanzierung von Medienunternehmen zu schulen.
Wer bis zum Beginn des Jahres 2001 so wenig weiß, dass er eine solche Fremdstudie braucht, kann nur hoffen, dass sich einer wie Leo Kirch in den Jahren zuvor nicht verspekuliert hat. Vergebens: Zu diesem Zeitpunkt war die Krise des Leo Kirch schon angelegt - im Bezahlfernsehen Premiere World. Seit Mitte der neunziger Jahre versucht der Unternehmer, Abonnenten zu gewinnen. Die Banken - unter ihnen die Bayerische Landesbank - waren großzügig und gewährten für Premiere rund 2,3 Milliarden Euro Kredit, wie Kirch-Vize Dieter Hahn einmal sagte.
Der Sender aber kommt nicht aus den Miesen, weil die Zahl der Abonnenten bei 2,5 Millionen stagniert. Um Gewinne zu machen, müsste es mindestens eine Million mehr sein. Kirch sah nur die Chance, ein möglichst attraktives Programm zusammenzukaufen, um gegen die 32 frei empfangbaren Fernsehsender zu bestehen. Deshalb zahlt er allein 380 Millionen Euro pro Saison für die Fernsehrechte an der Fußballbundesliga, die zuvor noch für 140 Millionen Euro zu haben waren. Doch mit seinem Plan, die Spiele im freien Fernsehen erst am späten Samstagabend zu zeigen, scheiterte er am Widerstand der Öffentlichkeit. Die Sendung ran auf Sat.1 startet wie gehabt um 19 Uhr, und so blieb der Zeitvorteil von Premiere gering. Ein Minusgeschäft.
Dann kaufte Kirch für 1,8 Milliarden Euro die Veranstaltungsfirma der Formel 1. In seiner Hand liegt es nun, ob Michael Schumacher noch lange bei RTL über die Ziellinie rast. Der Vertrag von RTL endet 2003, und dann könnte Kirch sein Premiere bevorzugen. Verlust macht er aber in jedem Fall, weil die Formel1 selbst verschuldet ist und ihre Überschüsse für die Tilgung verwendet. Kirch trägt derweil die Finanzierungskosten für seine Milliardeninvestition.
Mit Hollywood-Studios schloss Kirch schließlich lang laufende Verträge, weil er Premiere World mit exklusiven Filmen versorgen und mögliche Wettbewerber abschrecken wollte. Die genauen Zahlen sind zwar nicht bekannt, doch durch diese Verträge entsteht ein großer Teil der rund 800 Millionen Euro Verlust, die Premiere World jährlich schreibt.
Der Preis, den Leo Kirch für diverse TV-Rechte zahlte, war zu hoch. "Ökonomisch ist angemessen, was Sie am Markt für Ihre Ware bekommen", sagt Medienökonomin Claudia Löbbecke von der Uni Köln, "und wenn Kirch die Rechte heute wieder verkaufen müsste, würde er kurzfrisitig kaum so viel Geld bekommen, wie er früher gezahlt hat."
Die Probleme des Filmhändlers sind Anzeichen einer Marktbereinigung. Was das für die Banken bedeutet, hat die HypoVereinsbank schon bitter erfahren: Sie war die Hausbank der inzwischen insolventen Kinowelt AG. Die hatte sich beim Handel mit TV-Rechten verspekuliert. Von ihrem Geld haben die Kreditinstitute nicht viel wiedergesehen. Er bange "um jede Mark", sagte Firmenkundenvorstand Dieter Rampl damals dem Magazin stern.
Ähnliches wie bei Kinowelt könnte den Banken jetzt bei Leo Kirch blühen. Der Gegenwert zu seinen Milliardenschulden sind im Wesentlichen TV-Rechte. Einen Vorgeschmack darauf, was sie derzeit am Markt wert sind, lieferte in diesen Tagen Bernie Ecclestone, der frührere Besitzer des Formel-1-Veranstalters. 1,8 Milliarden Euro hat Kirch vor einem Jahr für die Mehrheit an der Gesellschaft gezahlt. Die Bayerische Landesbank, die ihm Geld dafür lieh, dürfte mit Schrecken gehört haben, dass Ecclestone öffentlich sinnierte: Für 800 Millionen Euro würde er die Anteile an der Rennserie jetzt zurückkaufen.
Derzeit verlangen die Banken von Leo Kirch, dass er sich von der Formel 1 und anderen Beteiligungen trennt, und streiten untereinander, wer die Stücke meistbietend weiterverkaufen darf. Dabei lautet die eigentliche Frage: Wie viel von ihren Milliardenkrediten an Kirch werden die Geldhäuser abschreiben müssen, damit der Filmhändler wirtschaftlich überlebt? Und wie viel würden sie verlieren, wenn er Pleite ginge? Die Antwort ändert sich mit jedem Tag, an dem die Preise fallen.
faz.de
Mehr, mehr, mehr davon! Der Medienunternehmer Leo Kirch kennt nur eine Strategie, wenn es um Fernsehrechte an Spielfilmen geht: Er hortet sie en gros.
In seinem Münchner Filmlager stapeln sich 63 000 Stunden Filme und Serien, in Hochregallagern sortiert und lichtdicht verschlossen. Bis ein deutscher Fernsehsender wieder ein paar Stunden Programm braucht. Hinzu kommen Übertragungsrechte an den nächsten Fußballweltmeisterschaften, der Bundesliga und noch viel mehr. Auf kein Großereignis mochte Kirch verzichten und trieb die Preise für Sportrechte in astronomische Höhen (siehe Grafiken) - die hilflosen Wettbewerber zogen den Kürzeren.
Gleichzeitig ist es Leo Kirch jahrzehntelang wie keinem anderem gelungen, erworbene TV-Rechte teurer weiterzuverkaufen. Er besaß ein untrügliches Gespür dafür, wie viel eine Rolle Zelluloid mit Bildern von Audrey Hepburn oder Arnold Schwarzenegger einbringen würde. Als ausgebuffter Händler schnürte er zwei gute mit acht schlechten Filmen zu einem Paket und gaukelte seinen Kunden ARD oder ZDF vor, sie bekämen nur beste Ware. Auch die Banken glaubten ihm. Sie liehen Kirch Milliarden und nahmen oft Filmrechte als Sicherheit dafür - Filmrechte, deren wahrer Wert sich erst bemessen lässt, wenn tatsächlich ein paar Millionen Zuschauer vor dem Fernseher sitzen. Jetzt müssen die Geldhäuser zittern - um ihre Kredite und um ihre "Sicherheiten". Denn mit ihrer Hilfe hat Kirch seinen Konzern an den Rand des Ruins geführt. Soll er wirtschaftlich überleben, sind riesige Abschreibungen kaum zu vermeiden.
Kredite in Höhe von mindestens 6 Milliarden Euro und Forderungen in ähnlicher Höhe würgen an Kirch. Wolfgang Gehrke, Bankexperte an der Universität Erlangen-Nürnberg, sagt: "Bei jedem Kunden, der in Schwierigkeiten gerät, trägt der Finanzier eine Mitschuld." Bei Kirch seien die Banken wohl zu großzügig bei der Vergabe von Krediten gewesen. Geizig waren sie jedenfalls nicht.
TV-Rechte kaufte Kirch oft mit frisch geliehenem Geld. Ob er immer richtig lag mit dem, was er dafür erwarb? "Das ist letzten Endes ein kreativer Akt", sagt Beatrice Rieber, Chefeinkäuferin beim TV-Sender RTL. "Für die Einschätzung eines Filmes sind Erfahrungswerte mit Filmen des betreffenden Genres wichtig und natürlich der Kinoerfolg." Eine Rolle spiele auch, welche Filme der Regisseur früher gemacht habe und ob es ein Arthouse-Film oder Mainstream sei. Weit risikoreicher seien so genannte Output-Deals: "Da kaufen Sie die Katze im Sack, weil die Filme noch nicht fertig sind, wenn Sie den Vertrag schließen." Wie viel dann ein Sender für das Recht bezahlen will, den Film zu senden, hängt auch von der Werbekonjunktur und dem veränderlichen Geschmack des Publikums ab. "Es ist schon seit mehreren Jahren so, dass Spielfilme aus Amerika keine Garantie mehr dafür sind, dass die Quote hinterher stimmt", beschreibt Rieber die Entwicklung. Derzeit sind Gerichtsshows, Quizsendungen und deutsche Serien in. "Spielfilme kaufen wir nur noch selektiv ein, niemals mehr im Paket."
Die Banken hoffen auf "viel Luft"
Nicht weniger sorgfältig als die Medienbranche müssten die Banken mit TV-Rechten umgehen, wenn sie diese als Sicherheit für Kredite annehmen. Doch erfahrene Filmrechtehändler berichten, dass "Banken lediglich eine Liste mit einigen tausend Filmtiteln erhalten und daraus auswählen". Bei Leo Kirch bedienten sie sich aus einer der größten Filmbibliotheken der Welt. Weil er die Rechte meist für viele Jahre, manchmal sogar für immer erwirbt, die Sender sie aber nur kurzfristig nutzen, wächst sein Bestand stetig. In seinen Büchern habe er die Filme nach der ersten Ausstrahlung um 70 Prozent abgeschrieben, sagt ein hochrangiger Bankmanager. "Das ist konservativ, da ist noch viel Luft drin." Luft zum Beispiel für den Fall, dass man sie verkaufen muss.
Was nach Expertise klingt, passt so gar nicht zu einem Erlebnis des Wissenschaftlers Christian Zwirner aus dem vergangenen Frühjahr, sondern spricht eher für Ahnungslosigkeit. Damals hatte er mit dem Bilanzexperten Karlheinz Küting eine Studie herausgegeben, die sich mit der Bilanzierung und Bewertung bei Film- und Medienunternehmen des Neuen Marktes befasst. Im Fokus hatten sie Filmrechtehändler und -produzenten wie Helkon, Constantin, oder Kinowelt. Diese Unternehmen machen Kirch auf seinen angestammten Märkten Konkurrenz, die Risiken und Bewertungskriterien sind demnach dieselben. "Wir waren völlig erstaunt. Es riefen Analysten, Investmentbanker und Manager von Kreditabteilungen bei uns an. Viele Namen kannte ich damals schon aus der Presse. Sie alle wollten die Studie", erzählt Zwirner. 600-mal hat er sie seither verschickt. Und nicht nur das. Namhafte Kreditinstitute luden ihn ein, die eigenen Leute in Sachen Bilanzierung von Medienunternehmen zu schulen.
Wer bis zum Beginn des Jahres 2001 so wenig weiß, dass er eine solche Fremdstudie braucht, kann nur hoffen, dass sich einer wie Leo Kirch in den Jahren zuvor nicht verspekuliert hat. Vergebens: Zu diesem Zeitpunkt war die Krise des Leo Kirch schon angelegt - im Bezahlfernsehen Premiere World. Seit Mitte der neunziger Jahre versucht der Unternehmer, Abonnenten zu gewinnen. Die Banken - unter ihnen die Bayerische Landesbank - waren großzügig und gewährten für Premiere rund 2,3 Milliarden Euro Kredit, wie Kirch-Vize Dieter Hahn einmal sagte.
Der Sender aber kommt nicht aus den Miesen, weil die Zahl der Abonnenten bei 2,5 Millionen stagniert. Um Gewinne zu machen, müsste es mindestens eine Million mehr sein. Kirch sah nur die Chance, ein möglichst attraktives Programm zusammenzukaufen, um gegen die 32 frei empfangbaren Fernsehsender zu bestehen. Deshalb zahlt er allein 380 Millionen Euro pro Saison für die Fernsehrechte an der Fußballbundesliga, die zuvor noch für 140 Millionen Euro zu haben waren. Doch mit seinem Plan, die Spiele im freien Fernsehen erst am späten Samstagabend zu zeigen, scheiterte er am Widerstand der Öffentlichkeit. Die Sendung ran auf Sat.1 startet wie gehabt um 19 Uhr, und so blieb der Zeitvorteil von Premiere gering. Ein Minusgeschäft.
Dann kaufte Kirch für 1,8 Milliarden Euro die Veranstaltungsfirma der Formel 1. In seiner Hand liegt es nun, ob Michael Schumacher noch lange bei RTL über die Ziellinie rast. Der Vertrag von RTL endet 2003, und dann könnte Kirch sein Premiere bevorzugen. Verlust macht er aber in jedem Fall, weil die Formel1 selbst verschuldet ist und ihre Überschüsse für die Tilgung verwendet. Kirch trägt derweil die Finanzierungskosten für seine Milliardeninvestition.
Mit Hollywood-Studios schloss Kirch schließlich lang laufende Verträge, weil er Premiere World mit exklusiven Filmen versorgen und mögliche Wettbewerber abschrecken wollte. Die genauen Zahlen sind zwar nicht bekannt, doch durch diese Verträge entsteht ein großer Teil der rund 800 Millionen Euro Verlust, die Premiere World jährlich schreibt.
Der Preis, den Leo Kirch für diverse TV-Rechte zahlte, war zu hoch. "Ökonomisch ist angemessen, was Sie am Markt für Ihre Ware bekommen", sagt Medienökonomin Claudia Löbbecke von der Uni Köln, "und wenn Kirch die Rechte heute wieder verkaufen müsste, würde er kurzfrisitig kaum so viel Geld bekommen, wie er früher gezahlt hat."
Die Probleme des Filmhändlers sind Anzeichen einer Marktbereinigung. Was das für die Banken bedeutet, hat die HypoVereinsbank schon bitter erfahren: Sie war die Hausbank der inzwischen insolventen Kinowelt AG. Die hatte sich beim Handel mit TV-Rechten verspekuliert. Von ihrem Geld haben die Kreditinstitute nicht viel wiedergesehen. Er bange "um jede Mark", sagte Firmenkundenvorstand Dieter Rampl damals dem Magazin stern.
Ähnliches wie bei Kinowelt könnte den Banken jetzt bei Leo Kirch blühen. Der Gegenwert zu seinen Milliardenschulden sind im Wesentlichen TV-Rechte. Einen Vorgeschmack darauf, was sie derzeit am Markt wert sind, lieferte in diesen Tagen Bernie Ecclestone, der frührere Besitzer des Formel-1-Veranstalters. 1,8 Milliarden Euro hat Kirch vor einem Jahr für die Mehrheit an der Gesellschaft gezahlt. Die Bayerische Landesbank, die ihm Geld dafür lieh, dürfte mit Schrecken gehört haben, dass Ecclestone öffentlich sinnierte: Für 800 Millionen Euro würde er die Anteile an der Rennserie jetzt zurückkaufen.
Derzeit verlangen die Banken von Leo Kirch, dass er sich von der Formel 1 und anderen Beteiligungen trennt, und streiten untereinander, wer die Stücke meistbietend weiterverkaufen darf. Dabei lautet die eigentliche Frage: Wie viel von ihren Milliardenkrediten an Kirch werden die Geldhäuser abschreiben müssen, damit der Filmhändler wirtschaftlich überlebt? Und wie viel würden sie verlieren, wenn er Pleite ginge? Die Antwort ändert sich mit jedem Tag, an dem die Preise fallen.
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