Medienwerte bleiben Bestseller an den Börsen
Experten raten aber zur sorgfältigen Titelauswahl - EM.TV und Kinowelt gelten als Favoriten
Von Holger Zschäpitz
Berlin - Ein neuer Medienstar erobert den deutschen Börsenhimmel: Constantin Film. Gleich am ersten Tag schoss die Aktie vom Emissionspreis 29 Euro auf über 60 Euro hoch. Auch die anderen Medienfirmen konnten in den vergangenen Monaten mit deutlichen Kurssteigerungen aufwarten.
Experten billigen der Branche weiter hervorragende Wachstumschancen zu. "Der deutsche Medienmarkt ist eine der dynamischsten und wachstumsstärksten weltweit", sagt Bernard Tubeileh von Merrill Lynch. Triebfeder ist die Gründung neuer Fernsehsender und die damit verbundene steigende Nachfrage nach hochwertigen Programmen. Insbesondere Publikumsmagneten wie Top-Spielfilme sowie Sport gewinnen an Bedeutung. "Die Abspielpreise für Spielfilme haben sich in den vergangenen vier Jahren fast verzehnfacht", beschreibt Tubeileh die Situation.
Aus Anlegersicht gilt es jene Unternehmen herauszufiltern, die über den größten Vorrat an attraktiven Programminhalten verfügen. "Investoren dürfen nicht alle Medientitel über einen Kamm scheren, sondern müssen genau schauen, in welchen Bereichen ein Unternehmen tätig ist", rät Christian Michalkewicz von der Deutschen Bank. Während einige Unternehmen wie EM.TV oder RTV die gesamte Wertschöpfungskette von der Produktion über die Verwertung bis zum Merchandising abdecken, beschränken sich andere auf Teilbereiche. So treten etwa Senator, Constantin oder Odeon Film vorwiegend als Produzenten auf, Kinowelt, Highlight oder Intertainment agieren als Lizenzhändler. Daneben existieren noch Serviceunternehmen wie Cinemedia, die Filme nachbearbeiten, jedoch keine eigenen Rechte daran besitzen und daher von den Experten eher kritisch beobachtet werden. Doch nicht nur das Betätigungsfeld, sondern auch das Management ist für den Erfolg wichtig. Je dynamischer die Firmenlenker agierten, desto besser entwickelten sich die Aktien, meint Marc Schädler von Nordinvest.
Favoriten der Analysten sind EM.TV und Kinowelt. "EM.TV hat als einziges Unternehmen das Potenzial für eine europäische Disney", sagt Jan Herbst von Sal. Oppenheim. Weiteres Wachstum komme vor allem aus der internationalen Vermarktung der Inhalte. "Die von EM.TV angebotenen Kindertrick-Serien stoßen an keine kulturelle Grenzen", so Herbst. Gleichwohl warnen die Experten vor überzogenen Erwartungen. "Die Aktie ist zwar ein sicherer Outperformer, jedoch nicht mehr mit den früheren Zuwachsraten", sagt Guido Schicketanz, Fondsmanager von Julius Bär. Auch Kinowelt sehen die meisten Experten positiv. Anleger sollten die aufgrund der Kapitalerhöhung gedrückten Kurse zum Einstieg nutzen.
Die anderen Medienwerte werden kritischer beurteilt. Tubeileh sieht große Unterschiede zwischen EM.TV und Kinowelt sowie dem Rest der Branche. "Viele Werte haben in der Medieneuphorie nicht zu rechtfertigende Niveaus erreicht." Hierzu zählt Tubeileh insbesondere Intertainment sowie RTV, der er ein faires Kursniveau von zehn bis 20 Euro zubilligt. Schädler hingegen setzt noch auf Odeon Film, Herbst auf Senator-Film. Beide Titel seien in puncto Bewertung zurückgeblieben. Davon könne beim Börsenneuling Constantin Film nicht die Rede sein. "Erst bei 40 Euro rate ich Anlegern, die nicht zum Zuge gekommen sind, zum Einstieg", so Schädler.