Die Wirtschaftsflaute vertreibt die Lust auf Luxus. Der Modekonzern Prada muss gegengesteuern und manche kühne Entscheidung revidieren
von Barbara Wörmann
Ein Mantel in Leoparden-Optik, getragen über einem seidenen Nichts, dazu ein passendes Täschchen aus Kroko-Leder. Mit ihrer Kollektion für den Winter 2003/04 setzt Miuccia Prada auf Luxus pur. "Ich spüre eine Lust auf Schönheit", sagte die Top-Designerin der Prada Holding, "so als sei es die letzte Gelegenheit." Das klingt gerade so, als wolle die Modeschöpferin sich und ihrer Branche Mut zusprechen. Sieht man auf die Zahlen der großen italienischen Modehäuser, dann entsteht der Eindruck, dass nicht zuletzt von Kauflust wenig zu sehen ist.
Schon seit einiger Zeit nimmt die Wirtschaftsflaute den betuchten Kunden die Lust am Shoppen, und das weltweit. Auch kommen immer weniger Touristen nach Italien, die sich etwa im Taxi von einer Nobelboutiquen der römischen Via Condotti zur nächsten fahren lassen. Zu allem Übel sinken außerhalb Europas die Gewinnmargen, weil der Euro im Vergleich zum Dollar zugelegt hat.
Und so schauen viele der erfolgsverwöhnten Top-Designer mittlerweile genauso ernst, wie es ein ungeschriebenes Gesetz den Models auf dem Laufsteg vorschreibt. Dabei haben sie ganz unterschiedliche Strategien gewählt, um der Konsumflaute zu trotzen.
Patrizio Bertelli galt lange Zeit als der kühnste unter den italienischen Haute-Couture-Fürsten. Dieses Jahr muss er einen Umsatzrückgang seiner Prada Holding auf 1560 Mio. Euro (minus 3,6 Prozent) melden und Einbußen beim operativen Gewinn von 16 Prozent.
Angespornt vom weltweiten Erfolg des eigenen Labels, hatte der Ehemann von Designerin Miuccia Prada die Expansion Ende der neunziger Jahre massiv vorangetrieben. Seine Vision: ein italienischer Luxuskonzern (mit Sitz in den Niederlanden), der alle Produkte - von Schuhen über Brillen bis zu Kleidung - aufgefächert in Marken für die einzelnen Zielgruppen unter einem Dach vereint.
In kürzester Zeit kaufte er sein Imperium zusammen: die Hamburger Edelmarke Jil Sander, den österreichischen Designer Helmut Lang, die Modehäuser Byblos, Genny und Fendi (zu 25,5 Prozent) und die Schuhmarken Church's und Car Shoes.
Doch statt Gewinn abzuwerfen, bescherten die Zukäufe dem Unternehmen nur Kosten. Den Fendi-Anteil gab Bertelli gleich weiter an den französischen LVMH-Konzern, auch Byblos fand einen Käufer. Trotzdem fehlten mehr als eine Mrd. Euro in der Kasse.
Das vergangene Jahr hatte die Wende bringen sollen, dann aber wurde der für den Sommer angekündigte Börsengang in letzter Minute abgeblasen. Bertelli leckt seine Wunden. "Am Modemarkt herrscht Krieg", sagt er, da sei derzeit nichts zu machen.
Ein Viertel der Schulden hat er deshalb durch Einsparungen aus eigener Kraft abgebaut. Mit den Banken hat er sich über einen Kredit bis 2004 geeinigt. Frühestens 2005 will er einen neuen Versuch an der Börse wagen. Bis dahin heißt es "mit den Füßen auf dem Boden zu bleiben", sagt Bertelli. "Der reale Markt, aus dem sich heute unsere Wachstumsprognosen ableiten, ist der von 1997/98 - vor dem Boom."
Während Prada in eine Multimarkenstrategie investiert hat, konzentriert Giorgio Armani alle Energie auf seine starke Dachmarke. Höchstes Gut für den stets braungebrannten Designer aus Piacenza ist seine Unabhängigkeit. Seit drei Jahren kauft Armani Hersteller und Zulieferer auf, um damit die Kontrolle über den gesamten Produktionsprozess seiner hochwertigen Mode zu gewinnen. Im vergangenen Jahr kamen der Wollspezialist Miss Deanna und die Schuhhersteller Guardi hinzu.
"Wie bei meinen Kreationen habe ich für die Entwicklung meines Unternehmens eine zeitlose Vision", sagt Armani. Bedächtig investiert er in eine weltweite Vertriebsstruktur und neue Technologien. Gerade hat Armani seinen Vorstandsposten und seine fünf Prozent-Beteiligung an dem Brillenhersteller Luxottica aufgegeben und sich damit die Freiheit erworben, Armani Eyeware in Zukunft bei der Konkurrenz Safilo fertigen zu lassen.
Doch auch Armani spürt die "Herausforderung, durch die weltpolitische und ökonomische Krise." 2001 wuchs das Unternehmen noch um sagenhafte 21 Prozent, im vergangenen Jahr dagegen stiegen die Erlöse nur um 2,3 Prozent auf 1300 Mio. Euro. Dafür betont Armani stolz, dass er Investitionen in Höhe von 80 Mio. Euro aus eigener Tasche bezahlt hat.
Um die Frage der Unabhängigkeit dreht es sich auch bei Gucci, allerdings hinter den Kulissen. Seitdem Domenico De Sole (Geschäftsführung) und Tom Ford (Design) vor vier Jahren einen Pakt mit dem französischen Finanzier Francois Pinault eingingen, müssen sie sich immer wieder fragen lassen, ob sie ohne Pinault nicht besser gefahren wären. Im Jahr 2004 laufen ihre Verträge aus, Pinault wird seine Put-Option auf alle noch zirkulierenden Aktien ausüben. Doch "Dom & Ron", wie das Gucci-Führungsduo in der Modeszene genannt wird, bleiben vorerst standhaft. "Solange Pinaults PPR-Gruppe lediglich die allerhöchste Kontrollebene stellt und wir unsere Entscheidungen treffen können, gibt es kein Problem", wiegelt De Sole ab. Für das Gesamtjahr 2002 hat Gucci noch keine Zahlen bekannt gegeben. Als jedoch feststand, dass in den ersten neun Monaten der operative Gewinn um 30,1 Prozent auf 191,2 Mio. Euro zurückgegangen war, schockierte die Gruppe mit einer Gewinnwarnung die Branche.
Luxusmarken sind ein Spiegelbild des Kapitalismus - sie sind auf ständige Erneuerung angewiesen, um bestehen zu können sein. Stillstand kann sich deshalb in der Welt der Mode niemand leisten. Allen Designern ist deshalb gemein, dass sie bereits jetzt in die Kunden von morgen investieren. Armani hat gerade eine 3000 Quadratmeter große Filiale in Hong Kong eröffnet. "Wir erwarten uns von den Investitionen in den chinesischen Markt keinen kurzfristigen Gewinn", sagt der Designer. Doch wer in Zukunft das enorme Marktpotenzial nutzen will, muss jetzt die Marke aufbauen.
Prada erwirtschaftet 50 Prozent des Umsatzes außerhalb Europas, davon 24 Prozent in Amerika, 15,5 Prozent in Japan und elf Prozent in Asien. Für das kommende Jahr sind neben Geschäften in New York, Mailand und Paris, Neueröffnungen in Tokio, Shanghai und Peking geplant, dazu einige Franchise-Shops in Indien, Russland und Dubai. Die Frage ist, wie sich die jungen Märkte entwickeln. Vorerst bleibt nur noch die Hoffnung der Miuccia Prada, dass irgendwann die "Lust auf Schönheit" wieder wächst.
von Barbara Wörmann
Ein Mantel in Leoparden-Optik, getragen über einem seidenen Nichts, dazu ein passendes Täschchen aus Kroko-Leder. Mit ihrer Kollektion für den Winter 2003/04 setzt Miuccia Prada auf Luxus pur. "Ich spüre eine Lust auf Schönheit", sagte die Top-Designerin der Prada Holding, "so als sei es die letzte Gelegenheit." Das klingt gerade so, als wolle die Modeschöpferin sich und ihrer Branche Mut zusprechen. Sieht man auf die Zahlen der großen italienischen Modehäuser, dann entsteht der Eindruck, dass nicht zuletzt von Kauflust wenig zu sehen ist.
Schon seit einiger Zeit nimmt die Wirtschaftsflaute den betuchten Kunden die Lust am Shoppen, und das weltweit. Auch kommen immer weniger Touristen nach Italien, die sich etwa im Taxi von einer Nobelboutiquen der römischen Via Condotti zur nächsten fahren lassen. Zu allem Übel sinken außerhalb Europas die Gewinnmargen, weil der Euro im Vergleich zum Dollar zugelegt hat.
Und so schauen viele der erfolgsverwöhnten Top-Designer mittlerweile genauso ernst, wie es ein ungeschriebenes Gesetz den Models auf dem Laufsteg vorschreibt. Dabei haben sie ganz unterschiedliche Strategien gewählt, um der Konsumflaute zu trotzen.
Patrizio Bertelli galt lange Zeit als der kühnste unter den italienischen Haute-Couture-Fürsten. Dieses Jahr muss er einen Umsatzrückgang seiner Prada Holding auf 1560 Mio. Euro (minus 3,6 Prozent) melden und Einbußen beim operativen Gewinn von 16 Prozent.
Angespornt vom weltweiten Erfolg des eigenen Labels, hatte der Ehemann von Designerin Miuccia Prada die Expansion Ende der neunziger Jahre massiv vorangetrieben. Seine Vision: ein italienischer Luxuskonzern (mit Sitz in den Niederlanden), der alle Produkte - von Schuhen über Brillen bis zu Kleidung - aufgefächert in Marken für die einzelnen Zielgruppen unter einem Dach vereint.
In kürzester Zeit kaufte er sein Imperium zusammen: die Hamburger Edelmarke Jil Sander, den österreichischen Designer Helmut Lang, die Modehäuser Byblos, Genny und Fendi (zu 25,5 Prozent) und die Schuhmarken Church's und Car Shoes.
Doch statt Gewinn abzuwerfen, bescherten die Zukäufe dem Unternehmen nur Kosten. Den Fendi-Anteil gab Bertelli gleich weiter an den französischen LVMH-Konzern, auch Byblos fand einen Käufer. Trotzdem fehlten mehr als eine Mrd. Euro in der Kasse.
Das vergangene Jahr hatte die Wende bringen sollen, dann aber wurde der für den Sommer angekündigte Börsengang in letzter Minute abgeblasen. Bertelli leckt seine Wunden. "Am Modemarkt herrscht Krieg", sagt er, da sei derzeit nichts zu machen.
Ein Viertel der Schulden hat er deshalb durch Einsparungen aus eigener Kraft abgebaut. Mit den Banken hat er sich über einen Kredit bis 2004 geeinigt. Frühestens 2005 will er einen neuen Versuch an der Börse wagen. Bis dahin heißt es "mit den Füßen auf dem Boden zu bleiben", sagt Bertelli. "Der reale Markt, aus dem sich heute unsere Wachstumsprognosen ableiten, ist der von 1997/98 - vor dem Boom."
Während Prada in eine Multimarkenstrategie investiert hat, konzentriert Giorgio Armani alle Energie auf seine starke Dachmarke. Höchstes Gut für den stets braungebrannten Designer aus Piacenza ist seine Unabhängigkeit. Seit drei Jahren kauft Armani Hersteller und Zulieferer auf, um damit die Kontrolle über den gesamten Produktionsprozess seiner hochwertigen Mode zu gewinnen. Im vergangenen Jahr kamen der Wollspezialist Miss Deanna und die Schuhhersteller Guardi hinzu.
"Wie bei meinen Kreationen habe ich für die Entwicklung meines Unternehmens eine zeitlose Vision", sagt Armani. Bedächtig investiert er in eine weltweite Vertriebsstruktur und neue Technologien. Gerade hat Armani seinen Vorstandsposten und seine fünf Prozent-Beteiligung an dem Brillenhersteller Luxottica aufgegeben und sich damit die Freiheit erworben, Armani Eyeware in Zukunft bei der Konkurrenz Safilo fertigen zu lassen.
Doch auch Armani spürt die "Herausforderung, durch die weltpolitische und ökonomische Krise." 2001 wuchs das Unternehmen noch um sagenhafte 21 Prozent, im vergangenen Jahr dagegen stiegen die Erlöse nur um 2,3 Prozent auf 1300 Mio. Euro. Dafür betont Armani stolz, dass er Investitionen in Höhe von 80 Mio. Euro aus eigener Tasche bezahlt hat.
Um die Frage der Unabhängigkeit dreht es sich auch bei Gucci, allerdings hinter den Kulissen. Seitdem Domenico De Sole (Geschäftsführung) und Tom Ford (Design) vor vier Jahren einen Pakt mit dem französischen Finanzier Francois Pinault eingingen, müssen sie sich immer wieder fragen lassen, ob sie ohne Pinault nicht besser gefahren wären. Im Jahr 2004 laufen ihre Verträge aus, Pinault wird seine Put-Option auf alle noch zirkulierenden Aktien ausüben. Doch "Dom & Ron", wie das Gucci-Führungsduo in der Modeszene genannt wird, bleiben vorerst standhaft. "Solange Pinaults PPR-Gruppe lediglich die allerhöchste Kontrollebene stellt und wir unsere Entscheidungen treffen können, gibt es kein Problem", wiegelt De Sole ab. Für das Gesamtjahr 2002 hat Gucci noch keine Zahlen bekannt gegeben. Als jedoch feststand, dass in den ersten neun Monaten der operative Gewinn um 30,1 Prozent auf 191,2 Mio. Euro zurückgegangen war, schockierte die Gruppe mit einer Gewinnwarnung die Branche.
Luxusmarken sind ein Spiegelbild des Kapitalismus - sie sind auf ständige Erneuerung angewiesen, um bestehen zu können sein. Stillstand kann sich deshalb in der Welt der Mode niemand leisten. Allen Designern ist deshalb gemein, dass sie bereits jetzt in die Kunden von morgen investieren. Armani hat gerade eine 3000 Quadratmeter große Filiale in Hong Kong eröffnet. "Wir erwarten uns von den Investitionen in den chinesischen Markt keinen kurzfristigen Gewinn", sagt der Designer. Doch wer in Zukunft das enorme Marktpotenzial nutzen will, muss jetzt die Marke aufbauen.
Prada erwirtschaftet 50 Prozent des Umsatzes außerhalb Europas, davon 24 Prozent in Amerika, 15,5 Prozent in Japan und elf Prozent in Asien. Für das kommende Jahr sind neben Geschäften in New York, Mailand und Paris, Neueröffnungen in Tokio, Shanghai und Peking geplant, dazu einige Franchise-Shops in Indien, Russland und Dubai. Die Frage ist, wie sich die jungen Märkte entwickeln. Vorerst bleibt nur noch die Hoffnung der Miuccia Prada, dass irgendwann die "Lust auf Schönheit" wieder wächst.