Drei außergewöhnliche Fälle
Am Neuen Markt gibt es immer noch 241 Unternehmen - zu viele, um alle im Blick zu behalten. Eigentlich schade, denn in den Bilanzen der Firmen aus der zweiten Reihe tun sich teils erstaunliche Dinge. Drei außergewöhnliche Fälle stellt Stock-World im folgenden vor. Damit erheben wir freilich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Der IT-Dienstleister Emprise [ WKN: 571050 ] weist per Ende September 2002 ein negatives Eigenkapital (-1,1 Millionen Euro) aus und ist damit bilanziell überschuldet. Eigentlich ein Fall für den Insolvenzrichter, käme dem Konzern nicht eine Ausnahmeregelung des Insolvenzrechts zugute.
In der Bilanz von Emprise schlummern nämlich stille Reserven, d.h. die Anteile der Töchter haben einen höheren Wert als ausgewiesen. Eine tatsächliche Überschuldung liegt somit nicht vor.
Trotz der Schieflage könnte der IT-Dienstleister der Pleite auch langfristig von der Schippe springen, denn im operativen Geschäft gab es zuletzt eine deutliche Verbesserung. Im dritten Quartal schaffte das Unternehmen den Sprung in die Gewinnzone. Die aktuelle Bilanzsituation macht ein Investment aber hochriskant.
Geschenk an die Mitarbeiter
Ebenfalls ungewöhnlich finden wir einen Vorgang bei Advanced Vision Technologie (AVT) [ WKN: 931340 ]. Der Hersteller von automatischen Inspektionssystemen hat den Ausübungspreis für bereits ausgegebene Aktienoptionen einfach auf Null gesenkt. Auf Nachfrage erklärt das Unternehmen, dass die Mitarbeiteroptionen drohten, wertlos zu verfallen. Mit der Senkung des Ausübungspreises, wolle man für die Beschäftigten einen Anreiz schaffen, bei AVT zu bleiben.
Allerdings stellt sich die Frage, welchen Sinn Aktienoptionen haben, wenn der Ausübungspreis bei fallenden Kursen nach unten angepasst wird. Aktionäre gehen im Gegensatz zu den Mitarbeitern leer aus: Seit dem Börsengang Ende Februar 2000 verlor die Aktie vom - Reverse-Splitt bereinigten - Emissionspreis von 28 Euro über 90 Prozent.
Der Kursverfall ist kaum verwunderlich. Zwar haben die Erlöse im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr zugelegt und die Ergebnissituation hat sich verbessert, bei einem Nettoverlust von 0,6 Millionen Euro und einem Umsatz von 3,3 Millionen Euro ist es aber noch ein weiter Weg bis zum Break-Even.
Immerhin haben die Mitarbeiter auch einen Beitrag zur Ergebnisverbesserung geleistet: Nach Angaben von AVT haben sie in den letzten zwei Jahren auf Gehaltserhöhungen verzichtet. Dennoch: Ein bitterer Beigeschmack bleibt.
Euphorie wie zu besten Zeiten
Euphorie wie zu besten Internetzeiten herrscht offenbar bei Tomorrow Focus [ WKN: 549532 ]. Der Konzern weist in seiner Bilanz latente Steuern in Höhe von 49 Millionen Euro aus. Rechtlich ist das nicht zu beanstanden, bei einer unterstellten Steuerquote von 40 Prozent reichen die Verlustvorträge aber für einen Gewinn von über 120 (!) Millionen Euro. Wie optimistisch die Annahme ist, zeigen die Zahlen für die ersten neun Monate 2002: Bei Erlösen von 20,2 Millionen Euro fiel ein operativer Verlust von 18,2 Millionen Euro an.
Wie wir auf Nachfrage erfuhren, sieht man bei Tomorrow Focus selbst noch keinen akuten Wertberichtigungsbedarf. Statt dessen verwies eine Sprecherin darauf, dass der Konzern in 2003 den Break-Even schaffen wolle.
Allerdings räumte sie ein, dass sich aus den Regierungsplänen, die die Verlustvorträge auf eine bestimmte Zeit begrenzen wollen, ein Handlungsbedarf ergeben könne. Nach Ansicht von Stock-World könnten auch die Wirtschaftsprüfer beim Jahresabschluss eine Wertberichtigung verlangen. Nach der Vielzahl an Bilanzskandalen sind die Prüfer deutlich strenger geworden.
Auf die Finanzsituation von Tomorrow Focus hätte eine Abschreibung keine Folgen, das Ergebnis würde dagegen belastet. Für Anleger durchaus ein Grund, einen Bogen um die Aktie zu machen.
Am Neuen Markt gibt es immer noch 241 Unternehmen - zu viele, um alle im Blick zu behalten. Eigentlich schade, denn in den Bilanzen der Firmen aus der zweiten Reihe tun sich teils erstaunliche Dinge. Drei außergewöhnliche Fälle stellt Stock-World im folgenden vor. Damit erheben wir freilich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Der IT-Dienstleister Emprise [ WKN: 571050 ] weist per Ende September 2002 ein negatives Eigenkapital (-1,1 Millionen Euro) aus und ist damit bilanziell überschuldet. Eigentlich ein Fall für den Insolvenzrichter, käme dem Konzern nicht eine Ausnahmeregelung des Insolvenzrechts zugute.
In der Bilanz von Emprise schlummern nämlich stille Reserven, d.h. die Anteile der Töchter haben einen höheren Wert als ausgewiesen. Eine tatsächliche Überschuldung liegt somit nicht vor.
Trotz der Schieflage könnte der IT-Dienstleister der Pleite auch langfristig von der Schippe springen, denn im operativen Geschäft gab es zuletzt eine deutliche Verbesserung. Im dritten Quartal schaffte das Unternehmen den Sprung in die Gewinnzone. Die aktuelle Bilanzsituation macht ein Investment aber hochriskant.
Geschenk an die Mitarbeiter
Ebenfalls ungewöhnlich finden wir einen Vorgang bei Advanced Vision Technologie (AVT) [ WKN: 931340 ]. Der Hersteller von automatischen Inspektionssystemen hat den Ausübungspreis für bereits ausgegebene Aktienoptionen einfach auf Null gesenkt. Auf Nachfrage erklärt das Unternehmen, dass die Mitarbeiteroptionen drohten, wertlos zu verfallen. Mit der Senkung des Ausübungspreises, wolle man für die Beschäftigten einen Anreiz schaffen, bei AVT zu bleiben.
Allerdings stellt sich die Frage, welchen Sinn Aktienoptionen haben, wenn der Ausübungspreis bei fallenden Kursen nach unten angepasst wird. Aktionäre gehen im Gegensatz zu den Mitarbeitern leer aus: Seit dem Börsengang Ende Februar 2000 verlor die Aktie vom - Reverse-Splitt bereinigten - Emissionspreis von 28 Euro über 90 Prozent.
Der Kursverfall ist kaum verwunderlich. Zwar haben die Erlöse im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr zugelegt und die Ergebnissituation hat sich verbessert, bei einem Nettoverlust von 0,6 Millionen Euro und einem Umsatz von 3,3 Millionen Euro ist es aber noch ein weiter Weg bis zum Break-Even.
Immerhin haben die Mitarbeiter auch einen Beitrag zur Ergebnisverbesserung geleistet: Nach Angaben von AVT haben sie in den letzten zwei Jahren auf Gehaltserhöhungen verzichtet. Dennoch: Ein bitterer Beigeschmack bleibt.
Euphorie wie zu besten Zeiten
Euphorie wie zu besten Internetzeiten herrscht offenbar bei Tomorrow Focus [ WKN: 549532 ]. Der Konzern weist in seiner Bilanz latente Steuern in Höhe von 49 Millionen Euro aus. Rechtlich ist das nicht zu beanstanden, bei einer unterstellten Steuerquote von 40 Prozent reichen die Verlustvorträge aber für einen Gewinn von über 120 (!) Millionen Euro. Wie optimistisch die Annahme ist, zeigen die Zahlen für die ersten neun Monate 2002: Bei Erlösen von 20,2 Millionen Euro fiel ein operativer Verlust von 18,2 Millionen Euro an.
Wie wir auf Nachfrage erfuhren, sieht man bei Tomorrow Focus selbst noch keinen akuten Wertberichtigungsbedarf. Statt dessen verwies eine Sprecherin darauf, dass der Konzern in 2003 den Break-Even schaffen wolle.
Allerdings räumte sie ein, dass sich aus den Regierungsplänen, die die Verlustvorträge auf eine bestimmte Zeit begrenzen wollen, ein Handlungsbedarf ergeben könne. Nach Ansicht von Stock-World könnten auch die Wirtschaftsprüfer beim Jahresabschluss eine Wertberichtigung verlangen. Nach der Vielzahl an Bilanzskandalen sind die Prüfer deutlich strenger geworden.
Auf die Finanzsituation von Tomorrow Focus hätte eine Abschreibung keine Folgen, das Ergebnis würde dagegen belastet. Für Anleger durchaus ein Grund, einen Bogen um die Aktie zu machen.