Von Thomas Giese
8. März 2002 Wenn ein Unternehmen eine Kapitalerhöhung ankündigt, reagiert die Börse oft verschnupft. Denn wegen des verwässernden Einflusses auf den Gewinn pro Aktie strafen Investoren derartige Aktien gerne ab - und zwar unabhängig vom langfristigen Sinn oder Unsinn der Maßnahme. Sind die daraus resultierenden Kursabschläge also eine günstige Gelegenheit zum Einstieg? FAZ.NET hat die Kapitalerhöhungen 2001 sowie die Kursentwicklung der betroffenen Unternehmen unter die Lupe genommen.
Betrachtet wurden die Kapitalerhöhungen des Jahres 2001 von 50 Unternehmen des Neuen Marktes und neun Unternehmen des MDax. Diese Auswahl erlaubt zwar keine Rückschlüsse auf generelle Gesetzmäßigkeiten. Aber die Ergebnisse können zweifellos von Interesse für die Anleger sein.
Schwache Performance beim Neuen Markt
Die Zahlen für die am Neuen Markt gelisteten Unternehmen jedenfalls sind eindeutig. Überraschenderweise schnitt knapp die Hälfte der Unternehmen am Tag der Ankündigung der Kapitalerhöhung besser als der Nemax All Share ab. Einige Aktien wie zum Beispiel die der Advanced Medien AG (+31, 90 Prozent) verzeichneten sogar enorme Zuwächse. Alles andere also als eine optimale Einstiegschance.
So richtig düster wird das Bild dann, wenn man die Performance der Unternehmen vom Tag der Ankündigung bis zum Stichtag der Untersuchung am 4. März 2002 verfolgt. Gerade einmal sechs Aktien konnten eine Kurssteigerung verzeichnen, nur zehn entwickelten sich besser als der Markt. Als Negativbeispiel ist wieder Advanced Medien (-86 Prozent) zu nennen, die heute bei 0,30 Euro als Penny Stock umgehen. Nach einer drastischen Gewinnwarnung im Februar 2001 und Gerüchten über Liquiditätsengpässe verschaffte die Kapitalerhöhung im März dem Kurs kurzfristig Auftrieb. Danach ging es jedoch im alten Trott weiter: enttäuschende Zahlen brachten das Unternehmen erneut in Bedrängnis.
Eine der wenigen positiven Erscheinungen ist der Berliner Mikrochip-Hersteller Silicon Sensor. Die beiden Kapitalerhöhungen im Jahr 2001 nutzte das Unternehmen zur Finanzierung seiner Akquisitionen wie die der Lewicki GmbH, ein Hersteller für Mikrosystemtechnik. Der Lohn: ein Kursplus von knapp 80 Prozent seit Oktober 2001.
MDax-Unternehmen schneiden besser ab
Auch bei den betrachteten neun Unternehmen im MDax schien die Ankündigung einer Kapitalerhöhung die Anleger zunächst nicht zu verschrecken. Sechs Unternehmen verzeichneten Kursgewinne, und nur zwei schnitten an diesem Tag schlechter ab als der Markt.
Interessant ist hier die langfristige Performance. Denn im Gegensatz zu den Titeln am neuen Markt konnten fünf Aktien, also die knappe Mehrheit, bis heute zulegen - und zwar stärker als der Index im vergleichbaren Zeitraum. Bemerkenswert die Entwicklung von Südzucker: Am Tag der Ankündigung wurde der Titel mit einem Minus von knapp zwölf Prozent noch gnadenlos abgestraft. Mit den zugeflossenen Mitteln konnte das Unternehmen dann das zweitgrößte französische Zuckerunternehmen Saint Louis Sucre erwerben. Ein strategisches Investment, das dem Kurs bis heute ein Plus von 15 Prozent beschert hat. Zum Vergleich: der MDax fiel im selben Zeitraum um knapp fünf Prozent.
Aber auch im MDax gibt es Negativbeispiele. So konnte der angeschlagenen Bankgesellschaft Berlin auch die Kapitalerhöhung im vergangenen Sommer keine Wende verschaffen. Seitdem gab der Kurs der Aktie um 72 Prozent nach.
Sorgfältige Analyse ist unabdingbar
Wie kann man diese Ergebnisse interpretieren? Unsere Untersuchung legt nahe, dass man Kapitalerhöhungen kaum pauschal als Einstiegschance bezeichnen kann. Ein Krisenunternehmen wird auch durch eine kurzfristige Finanzspritze nicht zum Überflieger. Wenn die Gelder jedoch zur Finanzierung strategischer Schritte eingesetzt werden, scheint sich ein Einstieg langfristig auszuzahlen.
„Kapitalerhöhungen sind generell dann sinnvoll, wenn ein Unternehmen expandieren möchte, ohne die Fremdkapitalbasis zu erhöhen“, so Anlagestratege Stefan Hentschel vom Bankhaus Lampe. Wenn durch die Maßnahme ein geeignetes Unternehmen übernommen werden könne, sei eine Kapitalerhöhung langfristig durchaus eine viel versprechende Einstiegschance. Letztendlich müsse sich aber jeder Anleger darüber informieren, wofür die Mittel gebraucht werden, und sich fragen, ob sein Geld bei dem Unternehmen wirklich gut angelegt ist.
Text: @thog
Bildmaterial: dpa-Bildfunk
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8. März 2002 Wenn ein Unternehmen eine Kapitalerhöhung ankündigt, reagiert die Börse oft verschnupft. Denn wegen des verwässernden Einflusses auf den Gewinn pro Aktie strafen Investoren derartige Aktien gerne ab - und zwar unabhängig vom langfristigen Sinn oder Unsinn der Maßnahme. Sind die daraus resultierenden Kursabschläge also eine günstige Gelegenheit zum Einstieg? FAZ.NET hat die Kapitalerhöhungen 2001 sowie die Kursentwicklung der betroffenen Unternehmen unter die Lupe genommen.
Betrachtet wurden die Kapitalerhöhungen des Jahres 2001 von 50 Unternehmen des Neuen Marktes und neun Unternehmen des MDax. Diese Auswahl erlaubt zwar keine Rückschlüsse auf generelle Gesetzmäßigkeiten. Aber die Ergebnisse können zweifellos von Interesse für die Anleger sein.
Schwache Performance beim Neuen Markt
Die Zahlen für die am Neuen Markt gelisteten Unternehmen jedenfalls sind eindeutig. Überraschenderweise schnitt knapp die Hälfte der Unternehmen am Tag der Ankündigung der Kapitalerhöhung besser als der Nemax All Share ab. Einige Aktien wie zum Beispiel die der Advanced Medien AG (+31, 90 Prozent) verzeichneten sogar enorme Zuwächse. Alles andere also als eine optimale Einstiegschance.
So richtig düster wird das Bild dann, wenn man die Performance der Unternehmen vom Tag der Ankündigung bis zum Stichtag der Untersuchung am 4. März 2002 verfolgt. Gerade einmal sechs Aktien konnten eine Kurssteigerung verzeichnen, nur zehn entwickelten sich besser als der Markt. Als Negativbeispiel ist wieder Advanced Medien (-86 Prozent) zu nennen, die heute bei 0,30 Euro als Penny Stock umgehen. Nach einer drastischen Gewinnwarnung im Februar 2001 und Gerüchten über Liquiditätsengpässe verschaffte die Kapitalerhöhung im März dem Kurs kurzfristig Auftrieb. Danach ging es jedoch im alten Trott weiter: enttäuschende Zahlen brachten das Unternehmen erneut in Bedrängnis.
Eine der wenigen positiven Erscheinungen ist der Berliner Mikrochip-Hersteller Silicon Sensor. Die beiden Kapitalerhöhungen im Jahr 2001 nutzte das Unternehmen zur Finanzierung seiner Akquisitionen wie die der Lewicki GmbH, ein Hersteller für Mikrosystemtechnik. Der Lohn: ein Kursplus von knapp 80 Prozent seit Oktober 2001.
MDax-Unternehmen schneiden besser ab
Auch bei den betrachteten neun Unternehmen im MDax schien die Ankündigung einer Kapitalerhöhung die Anleger zunächst nicht zu verschrecken. Sechs Unternehmen verzeichneten Kursgewinne, und nur zwei schnitten an diesem Tag schlechter ab als der Markt.
Interessant ist hier die langfristige Performance. Denn im Gegensatz zu den Titeln am neuen Markt konnten fünf Aktien, also die knappe Mehrheit, bis heute zulegen - und zwar stärker als der Index im vergleichbaren Zeitraum. Bemerkenswert die Entwicklung von Südzucker: Am Tag der Ankündigung wurde der Titel mit einem Minus von knapp zwölf Prozent noch gnadenlos abgestraft. Mit den zugeflossenen Mitteln konnte das Unternehmen dann das zweitgrößte französische Zuckerunternehmen Saint Louis Sucre erwerben. Ein strategisches Investment, das dem Kurs bis heute ein Plus von 15 Prozent beschert hat. Zum Vergleich: der MDax fiel im selben Zeitraum um knapp fünf Prozent.
Aber auch im MDax gibt es Negativbeispiele. So konnte der angeschlagenen Bankgesellschaft Berlin auch die Kapitalerhöhung im vergangenen Sommer keine Wende verschaffen. Seitdem gab der Kurs der Aktie um 72 Prozent nach.
Sorgfältige Analyse ist unabdingbar
Wie kann man diese Ergebnisse interpretieren? Unsere Untersuchung legt nahe, dass man Kapitalerhöhungen kaum pauschal als Einstiegschance bezeichnen kann. Ein Krisenunternehmen wird auch durch eine kurzfristige Finanzspritze nicht zum Überflieger. Wenn die Gelder jedoch zur Finanzierung strategischer Schritte eingesetzt werden, scheint sich ein Einstieg langfristig auszuzahlen.
„Kapitalerhöhungen sind generell dann sinnvoll, wenn ein Unternehmen expandieren möchte, ohne die Fremdkapitalbasis zu erhöhen“, so Anlagestratege Stefan Hentschel vom Bankhaus Lampe. Wenn durch die Maßnahme ein geeignetes Unternehmen übernommen werden könne, sei eine Kapitalerhöhung langfristig durchaus eine viel versprechende Einstiegschance. Letztendlich müsse sich aber jeder Anleger darüber informieren, wofür die Mittel gebraucht werden, und sich fragen, ob sein Geld bei dem Unternehmen wirklich gut angelegt ist.
Text: @thog
Bildmaterial: dpa-Bildfunk
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