Dienstag, 24. September 2002
Preiskampf und Überproduktion
C-a-f-f-e-e - Wer trinkt so viel Kaffee?
Die Produktion von Kaffee ist mühselig und teuer ...
...sein Genuss hingegen nicht!
Kaffee ist so billig wie noch nie. Im Supermarkt kostet ein Pfund im Sonderangebot zurzeit 2,49 Euro, manchmal auch schon 2,20 Euro. Zwischen drei und vier Euro muss der Verbraucher für einen normalen Filterkaffee bezahlen, 4,50 Euro oder auch mehr für einen Premium-Kaffee.
Was den einen freut, ist des anderen Leid. Die Preise für die braunen Bohnen liegen seit vier Jahren am Boden. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: Im Hauptanbauland Brasilien hat sich zum einen die Erntemenge seit dem Frostwinter 1997 stetig erhöht, in diesem Jahr fährt das lateinamerikanische Land gar eine Rekordernte ein. Zum anderen ist mit Vietnam seit etwa fünf Jahren ein neues Anbauland auf dem Markt getreten, dass binnen kürzester Zeit zum zweitgrößten Exporteur weltweit aufgestiegen ist.
Mehr Kaffee aus Asien - weniger aus Kolumbien
Deutschland ist mit einem Einfuhrvolumen von rund 550.000 Tonnen Rohkaffee das zweitwichtigste Abnehmerland nach den USA. Heute kommt der Kaffee aber nicht mehr hauptsächlich aus Lateinamerika sondern immer öfter aus Asien. Wichtigste Lieferländer waren 1981 Kolumbien (Anteil 33,9 Prozent), El Salvador (14 Prozent), Brasilien (10,6 Prozent), Kenia (5,4 Prozent), Tansania (4,6 Prozent) und Guatemala (4,1 Prozent). Im Jahr 2001 sah die Reihenfolge ganz anders aus: Brasilien (25,3 Prozent), Vietnam (13,9 Prozent ), Kolumbien (11,5 Prozent), Indonesien (6,6 Prozent), Peru (5,4 Prozent) und Honduras (4,3 Prozent).
Mehr Kaffee aus Asien, das bedeutetet aber auch, dass in Deutschland immer mehr Kaffee der billigeren aber minderwertigeren Sorte Robusta konsumiert wird. Diese Kaffeeart wird vorwiegend in Asien angebaut und an der Terminbörse in London gehandelt. Heute beträgt der Anteil der Robustasorten 39 Prozent. Im Jahre 1960 stammten nur 20 Prozent der Kaffeeernte von diesen Sträuchern. Vor allem in Süd- und Osteuropa wird die kräftiger schmeckende Robustabohne bevorzugt.
In Nordeuropa beliebter und in der Regel qualitativ besser ist die Sorte Arabica, die in Lateinamerika angebaut und in New York gehandelt wird. Aber selbst in Brasilien steigen immer mehr Bauern auf die Robusta-Bohne um. Der Preisunterschied zwischen beiden Sorten ist signifikant. Robusta ist derzeit für 20 US-Cent je britisches Pfund zu haben, Arabica kostet zwischen 50 und 60 Cent.
Kaffeepreis zum Teil unter Produktionskosten
Dieser Preis bedeutet aber immer noch ein historisches Tief. Laut Angaben der Organisation TransFair in Köln, die - vor zehn Jahren gegründet - mit inzwischen 800.000 Produzenten in den Anbauländern zusammenarbeitet, liegen die Produktionskosten für ein Pfund Kaffee zwischen 80 und 90 Cent. Die Folge: Die Bauern verarmen und wandern in die Slums ab oder bauen illegal Koka oder Mohn an.
Eine weitere Konsequenz : Qualität der angebotenen Ware sinkt, weil die Bauern ihre Felder und die Pflanzen nicht mehr pflegen können, der Kaffee schmeckt am Ende nicht mehr so gut. Die Produzentenorganisation Oxfam, die 50.000 Kleinbauern in Lateinamerika vertritt, forderte gar eine Vernichtung minderwertigen Kaffees um die Preise zu stützen.
Kaffee-Kartell funktioniert nicht
Doch Anbieterkartelle sind bisher stets am mangelnden Zusammenhalt gescheitert. Was den Ölproduzenten mit der OPEC gelungen ist, nämlich den Ölpreis weitgehend zu kontrollieren, will bei den Kaffeeanbauländern nicht gelingen. Stattdessen drohe ein Zermürbungskrieg um die meisten Marktanteile, meinen Analysten den Branche.
Anfang 2000 hatte die Vereinigung der Kaffee produzierenden Länder (ACPC) in London beschlossen, dass die 14 Mitgliedsstaaten jeweils ein Fünftle ihrer Produktion zurückhalten werden. Damit sollte der Trend sinkender Kaffeepreise auf dem Weltmarkt gestoppt werden. Doch das Kartell hat nicht gehalten. Indonesien hat gerade angekündigt seinen Anteil am ?Kaffeerückhalteplan? wieder aufzugeben, weil Vietnam weiter ohne Einschränkungen Ware verkaufe.
Vietnam hat mit Hilfe von Krediten der Weltbank seine Kaffeeproduktion innerhalb weniger Jahre auf Weltmarktniveau gebracht. Das hat laut Auskunft des Kaffeeverbandes in Hamburg unter anderem dazu geführt, dass die Weltkaffeeproduktion seit ungefähr vier Jahren höher ist als der Verbrauch. Mittlerweile sind in Europa die Lagerbestände so hoch, dass damit der Jahresverbrauch gedeckt werden könnte. Das bedeutet aber auch, dass Kaffee auf mittlere Sicht nicht teurer wird.
?Vom Kaffee leben können die Produzenten in Brasilien und Vietnam?, meint Hans-Georg Müller, Sprecher des Kaffeeverbandes in Hamburg. ?In Kolumbien und Mittelamerika, wo der hochwertige Hochlandkaffee angebaut wird, nehmen die Länder aber weniger ein, als sie für die Produktion ausgeben.? Mangelnde Pflege und weniger Ernten sind die Folge.
Was ist in der "Jakobs Krönung"?
Für die Röster hierzulande bedeute dies, dass sie für wirklichen Spitzenkaffee mehr bezahlen müssen als vorher. Und ein Anteil hochwertiger Kaffee müsse in den gängigen Marken enthalten sein, sagt Müller. ?Die Röster passen sehr auf, dass sich beispielsweise der Geschmack einer bekannten Marke wie Jakobs Krönung nicht verändert. Da kann man nicht einfach mehr billigen Robusta-Kaffee untermischen.?
So spielt sich der Preiskampf bei Kaffee in Deutschland auch in den Regalen der Supermärkte ab. ?Es hat sich eingebürgert, dass Kaffee billig sein muss?, beklagt Dieter Overath; Geschäftsführer von Transfair. Er schätzt, dass rund 80 Prozent des Kaffees in Sonderaktionen über die Ladentheke gehen. Müller vom Kaffeeverband kann diese Zahl nicht bestätigen, gibt aber zu, dass Kaffee ?Aktionsware? sei, weil er die Hausfrauen in die Läden locke.
Transfair bietet den Bauern 120 bis 140 Cent (für Bioware) je Pfund. Der Kaffee ist im Laden dann entsprechend ein bis zwei Euro durchschnittlich teurer als reguläre Ware. Der Anteil der fairen Ware ist in Deutschland allerdings noch verschwindend gering. Mit 3000 Tonnen im Jahr liegt er bei einem Prozent. Im Jahr 2001 hat Deutschland rund 10 Mio. Tonnen Kaffee importiert.
Preiskampf und Überproduktion
C-a-f-f-e-e - Wer trinkt so viel Kaffee?
Die Produktion von Kaffee ist mühselig und teuer ...
...sein Genuss hingegen nicht!
Kaffee ist so billig wie noch nie. Im Supermarkt kostet ein Pfund im Sonderangebot zurzeit 2,49 Euro, manchmal auch schon 2,20 Euro. Zwischen drei und vier Euro muss der Verbraucher für einen normalen Filterkaffee bezahlen, 4,50 Euro oder auch mehr für einen Premium-Kaffee.
Was den einen freut, ist des anderen Leid. Die Preise für die braunen Bohnen liegen seit vier Jahren am Boden. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: Im Hauptanbauland Brasilien hat sich zum einen die Erntemenge seit dem Frostwinter 1997 stetig erhöht, in diesem Jahr fährt das lateinamerikanische Land gar eine Rekordernte ein. Zum anderen ist mit Vietnam seit etwa fünf Jahren ein neues Anbauland auf dem Markt getreten, dass binnen kürzester Zeit zum zweitgrößten Exporteur weltweit aufgestiegen ist.
Mehr Kaffee aus Asien - weniger aus Kolumbien
Deutschland ist mit einem Einfuhrvolumen von rund 550.000 Tonnen Rohkaffee das zweitwichtigste Abnehmerland nach den USA. Heute kommt der Kaffee aber nicht mehr hauptsächlich aus Lateinamerika sondern immer öfter aus Asien. Wichtigste Lieferländer waren 1981 Kolumbien (Anteil 33,9 Prozent), El Salvador (14 Prozent), Brasilien (10,6 Prozent), Kenia (5,4 Prozent), Tansania (4,6 Prozent) und Guatemala (4,1 Prozent). Im Jahr 2001 sah die Reihenfolge ganz anders aus: Brasilien (25,3 Prozent), Vietnam (13,9 Prozent ), Kolumbien (11,5 Prozent), Indonesien (6,6 Prozent), Peru (5,4 Prozent) und Honduras (4,3 Prozent).
Mehr Kaffee aus Asien, das bedeutetet aber auch, dass in Deutschland immer mehr Kaffee der billigeren aber minderwertigeren Sorte Robusta konsumiert wird. Diese Kaffeeart wird vorwiegend in Asien angebaut und an der Terminbörse in London gehandelt. Heute beträgt der Anteil der Robustasorten 39 Prozent. Im Jahre 1960 stammten nur 20 Prozent der Kaffeeernte von diesen Sträuchern. Vor allem in Süd- und Osteuropa wird die kräftiger schmeckende Robustabohne bevorzugt.
In Nordeuropa beliebter und in der Regel qualitativ besser ist die Sorte Arabica, die in Lateinamerika angebaut und in New York gehandelt wird. Aber selbst in Brasilien steigen immer mehr Bauern auf die Robusta-Bohne um. Der Preisunterschied zwischen beiden Sorten ist signifikant. Robusta ist derzeit für 20 US-Cent je britisches Pfund zu haben, Arabica kostet zwischen 50 und 60 Cent.
Kaffeepreis zum Teil unter Produktionskosten
Dieser Preis bedeutet aber immer noch ein historisches Tief. Laut Angaben der Organisation TransFair in Köln, die - vor zehn Jahren gegründet - mit inzwischen 800.000 Produzenten in den Anbauländern zusammenarbeitet, liegen die Produktionskosten für ein Pfund Kaffee zwischen 80 und 90 Cent. Die Folge: Die Bauern verarmen und wandern in die Slums ab oder bauen illegal Koka oder Mohn an.
Eine weitere Konsequenz : Qualität der angebotenen Ware sinkt, weil die Bauern ihre Felder und die Pflanzen nicht mehr pflegen können, der Kaffee schmeckt am Ende nicht mehr so gut. Die Produzentenorganisation Oxfam, die 50.000 Kleinbauern in Lateinamerika vertritt, forderte gar eine Vernichtung minderwertigen Kaffees um die Preise zu stützen.
Kaffee-Kartell funktioniert nicht
Doch Anbieterkartelle sind bisher stets am mangelnden Zusammenhalt gescheitert. Was den Ölproduzenten mit der OPEC gelungen ist, nämlich den Ölpreis weitgehend zu kontrollieren, will bei den Kaffeeanbauländern nicht gelingen. Stattdessen drohe ein Zermürbungskrieg um die meisten Marktanteile, meinen Analysten den Branche.
Anfang 2000 hatte die Vereinigung der Kaffee produzierenden Länder (ACPC) in London beschlossen, dass die 14 Mitgliedsstaaten jeweils ein Fünftle ihrer Produktion zurückhalten werden. Damit sollte der Trend sinkender Kaffeepreise auf dem Weltmarkt gestoppt werden. Doch das Kartell hat nicht gehalten. Indonesien hat gerade angekündigt seinen Anteil am ?Kaffeerückhalteplan? wieder aufzugeben, weil Vietnam weiter ohne Einschränkungen Ware verkaufe.
Vietnam hat mit Hilfe von Krediten der Weltbank seine Kaffeeproduktion innerhalb weniger Jahre auf Weltmarktniveau gebracht. Das hat laut Auskunft des Kaffeeverbandes in Hamburg unter anderem dazu geführt, dass die Weltkaffeeproduktion seit ungefähr vier Jahren höher ist als der Verbrauch. Mittlerweile sind in Europa die Lagerbestände so hoch, dass damit der Jahresverbrauch gedeckt werden könnte. Das bedeutet aber auch, dass Kaffee auf mittlere Sicht nicht teurer wird.
?Vom Kaffee leben können die Produzenten in Brasilien und Vietnam?, meint Hans-Georg Müller, Sprecher des Kaffeeverbandes in Hamburg. ?In Kolumbien und Mittelamerika, wo der hochwertige Hochlandkaffee angebaut wird, nehmen die Länder aber weniger ein, als sie für die Produktion ausgeben.? Mangelnde Pflege und weniger Ernten sind die Folge.
Was ist in der "Jakobs Krönung"?
Für die Röster hierzulande bedeute dies, dass sie für wirklichen Spitzenkaffee mehr bezahlen müssen als vorher. Und ein Anteil hochwertiger Kaffee müsse in den gängigen Marken enthalten sein, sagt Müller. ?Die Röster passen sehr auf, dass sich beispielsweise der Geschmack einer bekannten Marke wie Jakobs Krönung nicht verändert. Da kann man nicht einfach mehr billigen Robusta-Kaffee untermischen.?
So spielt sich der Preiskampf bei Kaffee in Deutschland auch in den Regalen der Supermärkte ab. ?Es hat sich eingebürgert, dass Kaffee billig sein muss?, beklagt Dieter Overath; Geschäftsführer von Transfair. Er schätzt, dass rund 80 Prozent des Kaffees in Sonderaktionen über die Ladentheke gehen. Müller vom Kaffeeverband kann diese Zahl nicht bestätigen, gibt aber zu, dass Kaffee ?Aktionsware? sei, weil er die Hausfrauen in die Läden locke.
Transfair bietet den Bauern 120 bis 140 Cent (für Bioware) je Pfund. Der Kaffee ist im Laden dann entsprechend ein bis zwei Euro durchschnittlich teurer als reguläre Ware. Der Anteil der fairen Ware ist in Deutschland allerdings noch verschwindend gering. Mit 3000 Tonnen im Jahr liegt er bei einem Prozent. Im Jahr 2001 hat Deutschland rund 10 Mio. Tonnen Kaffee importiert.