Indonesiens Kaffeeernte dürfte Rekordhöhen erreichen
07. Juni 2006
Der Deutschen Lieblingsgetränk ist schon lange nicht mehr das Bier, sondern vor allem Kaffee. Daher waren die Zeiten in den vergangenen Monaten schon hart. Der Kaffeepreis stieg im März 2005 bei 138,10 Cents je Pfund so hoch wie zuletzt Ende des Jahres 1999. Die Folge waren zwei Preiserhöhungen für den Endverbraucher.
Nunmehr ist das Getränk wieder günstiger geworden. Für ein Pfund müssen Kunden gegenwärtig im Durchschnitt 3,61 Euro ausgeben, sagte Winfried Tigges, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes, der dpa in Hamburg. Im September 2005 waren es noch 3,86 Euro.
Der Rückgang ist zwar auch auf den harten Konkurrenzkampf der Lebensmittelhändler, die Kaffee als Lockprodukt einsetzen, zurückzuführen, aber nicht zuletzt auf den derzeit rückläufigen Rohkaffeepreis auf dem Weltmarkt. Die Preise für die in Deutschland besonders verwendeten Arabica-Sorten sind seit ihrem Höchststand im März 2005 um rund 20 Prozent auf zuletzt 0,961 Dollar je Pfund gesunken.
Hauptgrund sind Spekulationen um die indonesische Kaffeeernte. Das Land, das der viertgrößte Kaffeeexporteur der Welt ist, erwartet angeblich die größte Ernte der vergangenen acht Jahre. Das drückte den Kaffeepreis in New York auf ein Fünf-Monats-Tief. Mit Spannung wird daher die neustes Schätzung des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums (USDA) am Freitag erwartet. Im Mai lag die Schätzung für die indonesische Ernte bei 6,85 Millionen Sack oder 411.000 Tonnen - so hoch wie seit 1998 nicht mehr.
Nachdem der Kaffeepreis die Marke von 97,1 Cents unterschritt, setzten obendrein technische Verkäufe ein, so Angus Kerr, Eigentümer des britischen Kaffeehändlers Coffee ag. „Viele Leute, die auf eine Rückkehr über das Niveau von einem Dollar gewartet haben, haben das Handtuch geworfen.“
Kaffee hatte Mitte 2004 zu einer Rally angesetzt, doch für eine kontinuierliche Aufwärtsbewegung fehlten die entsprechenden Marktverhältnisse. Die weltweiten Exporte werden laut den Analysten von Barclays Capital im kommenden Kaffeejahr, das im Oktober beginnt, die Nachfrage um 378.000 Tonnen überschreiten.
Indonesien könnte künftig auch weiter für ein hohes Angebot sorgen. Das Landwirtschaftsministerium des Landes will den heimischen Agrarsektor in den kommenden fünf Jahren mit einer Summe von jährlich 1,8 Milliarden Dollar fördern und will 2007 eine Steigerung der Agrarproduktion um 3,37 Prozent erreichen.
Auch Honduras, immerhin der neuntgrößte Kaffeeexporteur hat die Kaffeeexporte im Mai um 8,9 Prozent auf rund 25.000 Tonnen gesteigert. Die Kaffeeerzeugung kletterte im gleichen Zeitraum um 18 Prozent und soll im Gesamtjahr um 21 Prozent steigen.
Indes sind viele Experten längerfristig für den Kaffeepreis optimistisch. In Brasilien hat vergangenen Woche die Frostperiode begonnen. Deswegen sei dies laut Kerr der falsche Zeitpunkt für Verkäufe. Meldungen über Frostschäden könnten den Kaffeepreis wieder zum Steigen bringen.
Rodrigo Costa, Kaffeehändler bei der Société Générale-Tochter Fimat, sieht ab Oktober die Preise bis auf 1,30 Dollar je Pfund steigen. Er rechnet mit einer um elf Prozent niedrigeren Ernte in Brasilien, der Welt größtem Kaffeeproduzenten. Das sei genug, um eine Angebotslücke entstehen zu lassen. Verantwortlich dafür seien biologische Gründe. Die Pflanzen bräuchten Zeit, um sich von der jüngsten, zweithöchsten Ernte zu erholen, die das Land jemals gesehen hat.
Auch Helmut Ahlfeld, Geschäftsführer beim deutschen Analyseunternehmen F.O. Licht, sah zuletzt in einem Interview Ende Mai die Gefahr einer niedrigeren Ernte in Brasilien. Die Steigerungen des laufenden Jahres, die in Brasilien bei einem Plus von 24 und in Vietnam bei 19 Prozent angesiedelt werden, würden dringend benötigt um die Lagerbestände wieder aufzufüllen, die ihren niedrigsten Stand seit 1959 erreicht hätten.
Schuld daran ist eine wachsende Kaffee-Nachfrage, besonders nach Kaffee-Spezialitäten. So ist der Verbrauche in den Vereinigten Staaten, besonders durch eine verstärkte Nachfrage von jüngeren Konsumenten, im vergangenen Jahr zum ersten mal seit 1997 wieder gestiegen.
Und auch Tigges sieht längerfristig wieder höhere Preise. Die sinkenden Weltmarktpreise seien nur schwer erklärlich, weil die Nachfrage ständig steige: In manchen Ländern, wie etwa Vietnam, entdecke die einheimische Bevölkerung erst jetzt Kaffee als Getränk. Deshalb würden die Exportmengen zurückgehen. „Die weltweite Nachfrage wird bald das Angebot übersteigen“, sagte der Geschäftsführer und sieht bei 2,99 Euro für das Pfund Markenkaffee „das Ende der Fahnenstange“ und bestätigt, daß die Ernte in Brasilien eher auf steigende als auf fallende Preise hindeute.
Indes macht Tigges eine deutliche Einschränkung. Schwer kalkulierbar sei nämlich der Einfluß der internationalen Finanzfonds, die Rohkaffee ebenso wie andere Rohstoffe als Spekulationsobjekt nutzten. Die seien gegenwärtig auf der Verkäuferseite zu finden, was den Preis drücke.
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Text: @mho
Bildmaterial: Associated Press, AP, Bloomberg