Ein Eldorado für Schnäppchenjäger
PC, Laserdrucker, Schreibtischlampen, Wasserspender: die Büroausstattung des einstigen Aufsteigers der Internet-Branche, Kabel New Media, kam am Donnerstag in Hamburg unter den Hammer. Im Auftrag des Insolvenzverwalters, der seit Mitte vergangenen Jahres den früheren Börsenstar am Neuen Markt abwickelt, versteigerte die Hamburger Industrie-Rat Hamburg GmbH die Herzstücke der Firma. Mehrere hundert Menschen - vom Studenten bis zum Rentner, vom Internet-Freak bis zum seriösen Steuerberater - versuchten im prall gefüllten Saal der alterwürdigen Hamburger Handwerkskammer ein Schnäppchen zu erwischen.
"Sie wissen, was sie kaufen!"
Vor Beginn der Versteigerung machte Auktionator Peter Schwarzrock den Bietern, die am Vortag in ehemaligen Kabel-Geschäftsräumen die Objekte ihrer Begierde in Augenschein nehmen konnten, die Spielregeln klar. Einen Anspruch auf Gewähr, ob der PC noch die erhoffte Leistung bringen würde, war ausgeschlossen. Rund 500 Positionen kamen in einem mehrstündigen Marathon zum Aufruf und sollten laut Schwarzrock einen insgesamt "sechsstelligen Betrag" erzielen.
450 € für Pentium-PC
Los ging es mit einem Schreibtisch und - Position 2 gleich hinzu - einer Schreibtischlampe: "Damit sie auch Beleuchtung haben". Vom Auktionator in Schwung gebracht, ließ sich das Publikum nicht lange bitten: 230 Euro, flott boten Mann und Frau sich empor, 550 Euro und der Hammer fiel. 200 Euro gab Schwarzrock beim ersten Pentium-PC vor, 450 Euro und schon war er weg. Raunen und Höhnen im Saal. "Das war eine Schenkung", frohlockte der Auktionator. Bei der Preistreiberei wollten nicht alle mithalten. "1.200 Euro für zwei Stühle und Schreibtische, einfach durchgeknallt", meinte ein Hamburger, der sich im Foyer mit einer Kartoffelsuppe für seinen Biet-Einsatz um den heiß ersehnten Flachbildschirm stärkte.
Sammlerstücke vom Hoffnungsträger
Die besondere Aufmerksamkeit des bunt gemischten Publikums richtete der Auktionator auf das "Sammlerstück", den Designerschreibtisch von Peter Kabel. Für das Exemplar, eine Holzplatte mit Stahlgestell, griff Philip Alsen tief ins Portemonnaie. 800 Euro, und noch ein Drittel drauf für Provision und Mehrwertsteuer, zog der Journalist eines Hamburger Redaktionsbüros aus der Geldbörse. "Ob der Firmengründer wohl auch hier ist?", fragte sich ein Betriebswirt. "Das muss doch in der Seele wehtun."
Zu schnell gewachsen
1993 hatte Peter Kabel, der aus der Multimedia- und Designer-Szene kam, seine Internet-Agentur gegründet und binnen sieben Jahren auf 1.000 Mitarbeiter ausgebaut. Doch die Expansion mit in großem Stil hinzugekauften Firmen, die auf dem Höhepunkt des Internet-Booms viel zu teuer bezahlt worden waren, wurde Kabel New Media zum Verhängnis. Tiefrote Zahlen fielen im letzten Geschäftsjahr an. Es folgte das Insolvenzverfahren, das Aus der Firma. Immerhin 150 Mitarbeiter fanden noch einen Arbeitsplatz bei der Kommunikationsagentur BBDO InterOne (München).
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