Terminmarkt
Justiz ignoriert Handelsskandale
von Javier Blas (Washington) und Joanna Chung (New York)
Die US-Ermittlungsbehörden haben in den vergangenen Jahren rund zwei Drittel aller Hinweise der Börsenaufsicht auf mögliche strafbare Handlungen im Rohstoffhandel schlicht ignoriert.
Die Aufsicht für den Terminmarkthandel von Futures auf Öl, Weizen und andere Rohstoffe hat alleine seit 2002 mindestens 173 Verdachtsfälle auf illegale Handelsaktivitäten an Strafverfolgungsbehörden übermittelt.
Zu den eingeschalteten Behörden zählten unter anderem die Bundespolizei FBI, das Justizministerium und örtliche Vollzugsbehörden. Von diesen 173 Fällen resultierten nur 65 in Ermittlungen, 108 wurden gar nicht verfolgt, wie aus einer Auswertung hervorgeht, die der Financial Times vorliegt. Selbst Fälle, die von der Bundespolizei FBI ermittelt und anschließend dem Justizministerium vorgelegt wurden, blieben in Einzelfällen ohne Folgen. Allerdings führten alle 65 verfolgten Fälle zu einer Verurteilung und entsprechenden Strafen für die verdächtigen Personen und Institutionen. Das US-Justizministerium war zu keiner Stellungnahme bereit.
Die Auswertungen unterstreichen, dass der Druck auf die US-Finanzmarktaufsicht SEC sowie Strafverfolgungsbehörden weiter wächst. Sie müssen ihre Strukturen verbessern, um Betrugsfälle wie den Milliardenskandal um das Schneeballsystem von Bernard Madoff aufzudecken. Die Aufsicht für den Terminmarkthandel von Rohstoff-Futures strebt nun an, vom US-Kongress die Befugnis zu erhalten, selbst die Strafverfolgung von möglichen Betrugsfällen aufnehmen zu dürfen. Bislang muss sie stets die Bundespolizei oder das Justizministerium hinzuziehen.
Eine Stärkung der Aufsicht hin zu einer Behörde, die selbst Verdachtsfälle verfolgen kann, hat bereits die britische Finanzaufsicht FSA implementiert. Dieses Modell dient den US-Handelsaufsehern nun als Vorbild.
Auch die Börsenaufsicht SEC steht zwar nach den Versäumnissen der letzten Jahre unter Druck, will aber ihre Befugnisse bei der Verfolgung von Verdachtsfällen stärken lassen.
The Financial Times, 28.02.2009
© 2009 The Financial Times
Justiz ignoriert Handelsskandale
von Javier Blas (Washington) und Joanna Chung (New York)
Die US-Ermittlungsbehörden haben in den vergangenen Jahren rund zwei Drittel aller Hinweise der Börsenaufsicht auf mögliche strafbare Handlungen im Rohstoffhandel schlicht ignoriert.
Die Aufsicht für den Terminmarkthandel von Futures auf Öl, Weizen und andere Rohstoffe hat alleine seit 2002 mindestens 173 Verdachtsfälle auf illegale Handelsaktivitäten an Strafverfolgungsbehörden übermittelt.
Zu den eingeschalteten Behörden zählten unter anderem die Bundespolizei FBI, das Justizministerium und örtliche Vollzugsbehörden. Von diesen 173 Fällen resultierten nur 65 in Ermittlungen, 108 wurden gar nicht verfolgt, wie aus einer Auswertung hervorgeht, die der Financial Times vorliegt. Selbst Fälle, die von der Bundespolizei FBI ermittelt und anschließend dem Justizministerium vorgelegt wurden, blieben in Einzelfällen ohne Folgen. Allerdings führten alle 65 verfolgten Fälle zu einer Verurteilung und entsprechenden Strafen für die verdächtigen Personen und Institutionen. Das US-Justizministerium war zu keiner Stellungnahme bereit.
Die Auswertungen unterstreichen, dass der Druck auf die US-Finanzmarktaufsicht SEC sowie Strafverfolgungsbehörden weiter wächst. Sie müssen ihre Strukturen verbessern, um Betrugsfälle wie den Milliardenskandal um das Schneeballsystem von Bernard Madoff aufzudecken. Die Aufsicht für den Terminmarkthandel von Rohstoff-Futures strebt nun an, vom US-Kongress die Befugnis zu erhalten, selbst die Strafverfolgung von möglichen Betrugsfällen aufnehmen zu dürfen. Bislang muss sie stets die Bundespolizei oder das Justizministerium hinzuziehen.
Eine Stärkung der Aufsicht hin zu einer Behörde, die selbst Verdachtsfälle verfolgen kann, hat bereits die britische Finanzaufsicht FSA implementiert. Dieses Modell dient den US-Handelsaufsehern nun als Vorbild.
Auch die Börsenaufsicht SEC steht zwar nach den Versäumnissen der letzten Jahre unter Druck, will aber ihre Befugnisse bei der Verfolgung von Verdachtsfällen stärken lassen.
The Financial Times, 28.02.2009
© 2009 The Financial Times
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont. Konrad Adenauer