Jahresendrallye liegt in der Luft

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Nassie:

Jahresendrallye liegt in der Luft

 
15.11.03 21:09
Börsenausblick: Frisches Geld beschleunigt die Herbst-Rally
Von Dirk Benninghoff und Wolfram Trost, Frankfurt

Optimismus ist Trumpf an den Aktienmärkten. Auch in der kommenden Woche erwarten die Strategen der Bankhäuser in Deutschland und im Ausland auf breiter Front Gewinne.


Nachdem die fast abgelaufene Quartalsberichts-Saison überwiegend positiv ausgefallen ist, setzen die Experten nun darauf, dass mehr Liquidität in den Markt kommt und für weitere Zuwächse sorgt. Am Devisenmarkt dürfte der Euro seine Höchststände vom Oktober wieder in Angriff nehmen und damit die Anleihe-Märkte in der Eurozone pushen.

In der vergangenen Woche stieg der Dax um 0,39 Prozent, der Stoxx 50 verlor mit minus 0,02 Prozent leicht. Der Dow-Jones-Index büßte 0,42 Prozent und der Nasdaq Composite 2,05 Prozent zulegte.



Beste Ergebnis-Saison seit 2000


Die Strategen jubilieren derzeit sowohl über die makroökonomische Erholung als auch über stärkere Unternehmensgewinne. Die Morgan Stanley-Strategen Teun Draaisma und Ben Funnell beobachten "die beste Quartalsberichts-Saison seit drei Jahren". Der Aufschwung sei in den Kursen noch nicht eingepreist, meinen die beiden und hoben ihre Gewinnschätzungen für die europäischen Unternehmen an.


Für 2004 prognostiziert Morgan Stanley nun ein Gewinnwachstum von 12 Prozent. Bislang war man von nur 6 Prozent ausgegangen. Auch ohne diese Anhebung seien Aktien attraktiv bewertet. Die Commerzbank sieht die Bewertung vor allem der deutschen Aktien unter dem langfristigen Durchschnitt und empfiehlt die Papiere aus der Bundesrepublik auch wegen der anstehenden Reformen überzugewichten.



"Jahresendrally liegt in der Luft"


Wie andere Banken auch sieht die Commerzbank von der Liquiditätsseite Chancen für die Aktienmärkte. Noch immer gebe es "zahlreiche institutionelle Anleger, die über hohe Liquiditätsbestände verfügen" und begierig auf Schwächephasen warteten, um einzusteigen. Fazit der Commerzbank: "Eine Jahresendrally liegt in der Luft." Für Joachim Paech, Chefhändler bei Julius Bär, endet diese Rally aber bereits im Dezember. Angesichts der positiven Jahresperformance würden viele Investoren ihre Bücher früh schließen. Bis dahin setzt aber auch Paech auf liquiditätsgetriebene Kursgewinne.


Zwar fußen die Gewinnanhebungen in erster Linie weiterhin auf Kostensenkungen, aber auch auf der Umsatzseite spüren die Unternehmen eine Besserung. Nach Berechnungen der DZ Bank sind die Umsätze der Dax-Unternehmen, die mittlerweile fast alle Zahlen vorgelegt haben, im dritten Quartal immerhin um 0,4 Prozent gestiegen. Im zweiten Quartal fiel der Vergleich mit dem Vorjahr noch negativ aus (minus 5,8 Prozent).



BIP steht im Fokus


In dieser Woche wird der Markt eher von der positiven Großwetterlage als von aktuellen Nachrichten getrieben. In Deutschland wird bei den Konjunkturdaten das am Donnerstag veröffentlichte Bruttoinlandsprodukt im Fokus stehen, europaweit dürften die Industrieproduktion und die Verbraucherpreise (beide am Dienstag) die Märkte interessieren. Auch die Unternehmen auf dem alten Kontinent halten sich zurück. Die wichtigsten Events: Am Montag präsentiert Henkel seine Quartalszahlen, am Dienstag folgt Vodafone und am Mittwoch Novartis.


Die zweite Runde von Unternehmens-Zahlen aus dem Einzelhandel schließt die Ertragssaison in den USA ab. Home Depot, Lowe’s, Gap und Toys R Us berichten, dazu kommen Walt Disney und Hewlett-Packard. Der amerikanische Konjunkturkalender bringt neben anderen den Konjunkturindikator der Notenbank von Philadelphia und die führenden Wirtschaftsindikatoren für den Monat Oktober.



Dollar unter Druck


Nach den jüngsten Kursgewinnen des Euro rechnen viele Devisenstrategen mit einem weiteren Anstieg der Einheitswährung. Das sei aber keine Euro-Stärke, sondern eher eine Dollar-Schwäche. "Wenn es keinen ständigen Strom guter US-Konjunkturdaten gibt, fehlen dem Dollar die Impulse", sagte Carsten Fritsch von der Commerzbank.


Statt dessen treten andere Faktoren in den Vordergrund. "Der jüngste Terroranschlag in Saudi Arabien gibt den Anlegern zu denken, sie sorgen sich etwa über eine Destabilisierung in der Region und über einen steigenden Ölpreis, der die Weltwirtschaft belasten würde", sagte Michael Burckhart, Leiter des Devisenhandels bei Helaba Trust. Fritsch und Burckhart rechnen mit einem Angriff des Euro auf die Marke von 1,1850 $. Dort liegt eine starke Widerstandslinie, an der der Euro schon Anfang und Ende Oktober gescheitert ist. Zum Wochenende notierte die Währung um 1,1750 $ und hatte damit im Wochenverlauf mehr als zwei Cent zugelegt.



Fester Euro feuert Renten an


Ein fester Euro dürfte nach Ansicht von Peter Schaffrik, Rentenanalyst bei Dresdner Kleinwort Wasserstein, den Anleihen weiteren Auftrieb geben. "Vor allem kurze und mittlere Laufzeiten werden zulegen, wenn der Euro weiter steigt." Außerdem sei der Markt in einer technisch guten Lage, nachdem der Terminkontrakt auf zehnjährige Bundesanleihen (Bund Future) den Abwärtstrend vom Oktober nach oben durchbrochen hat.


Die Analysten von UBS beobachten zudem, dass spekulative Anleger ihre Verkaufspositionen zunehmend schließen, indem sie Anleihen zurückkaufen. "Zwar hat dies die Märkte schon in der vergangenen Woche beflügelt, es gibt aber immer noch viele offene Positionen. Wir erwarten daher weitere Kursgewinne an den Anleihemärkten", sagte UBS-Stratege Ian Douglas.

Ftd.de
Nassie:

Warum der Dow die 10000 knackt

 
16.11.03 11:39
USA - Ran an die magische Marke (EurAmS)

   
Starkes Wachstum, starkes Verbrauchervertrauen, aber die Börsenrally geriet zuletzt ins Stocken. Angst vor Zinserhöhungen und den Risiken des Fondsskandals halten die Wall Street in Atem. Trotzdem wird der Dow die Hürde von 10000 Punkten packen, sagen Experten
von Jens Castner, Euro am Sonntag 46/03

Als der Dow Jones im März 1999 erstmals die Hürde von 10000 Punkten überwand, knallten die Korken. Doch in den Wochen davor mussten die Börsianer die Champagner-Flaschen mehrfach ungeöffnet in den Kühlschrank zurückstellen. Jedesmal, wenn der Index im Tagesverlauf einen fünfstelligen Punktestand erreicht hatte, setzten Gewinnmitnahmen ein. Der Index schloss immer wieder knapp unter der historischen Marke.

Die Geschichte könnte sich wiederholen. Und dies, obwohl am Freitag zu den bisher schon hervorragenden Konjunkturdaten überraschend starke Zahlen zum Verbrauchervertrauen in den USA kamen. Die Zahlen für den November zeigen einen weiteren Anstieg auf 93,5 Punkte. Im Oktober stand der Wert bei 89,6. Analysten hatten nur einen Anstieg auf 90,6 erwartet.

Doch erneut scheint dem Dow kurz vor der 10000er-Hürde die Luft auszugehen. Auch der Technologie-Index Nasdaq Composite, der knapp an die psychologisch wichtige Marke von 2000 Punkten heranlief, gönnt sich eine Auszeit. Denn viele Börsianer trauen den starken Konjunkturdaten noch nicht. Die 7,2 Prozent Wachstum der US-Wirtschaft, argwöhnen Kritiker, seien nur durch Rüstungsausgaben, Steuererleichterungen, den schwachen Dollar und die niedrigen Zinsen zu erreichen gewesen. Die Zahlen seien "aufgebläht und von Konjunktur-Ankurbelungsmaßnahmen getragen, die sich nicht wiederholen lassen", bemängelt der Frankfurter Wirtschaftswissenschaftler Eberhardt Unger, der überzeugt ist: "Die USA rechnen sich reich." Auch Jörg Krämer, Chef-Volkswirt der Fondsgesellschaft Invesco, räumt ein: "Ohne Rüstungsausgaben und Steuersenkungen wären die USA wohl eher zwischen 3,5 und vier Prozent gelandet."

Vier Prozent Wachstum sagen hier zu Lande die fünf Wirtschaftsweisen den USA für 2004 voraus. Doch auch diese Zahl könnte nur durch Einmal-Effekte hervorgerufen werden, monieren Skeptiker: Wegen der Präsidentschaftswahlen im kommenden Herbst verteile die Bush-Administration Steuergeschenke, um den Konsum anzukurbeln.

Paradox: Rosige Aussichten – und keiner ist zufrieden. Während die einen Zweifel am tatsächlichen Wachstum äußern, mäkeln die anderen, das Wachstum sei zu kräftig. Wenn die Wirtschaft tatsächlich so stark sei, argumentieren sie, habe Notenbankchef Alan Greenspan keinen Grund mehr, die Leitzinsen auf dem historisch niedrigen Ein-Prozent-Niveau zu belassen.

Die These: Zinserhöhungen seien angesagt. Die aber sind Gift für die Aktienkurse. Skeptiker malen folglich schon am nächsten Crash-Szenario. Zu Unrecht, sagt Carsten Klude, Chef-Volkswirt beim Hamburger Bankhaus M.M. Warburg: "Die Historie hat gezeigt, dass die Aktienmärkte zu Beginn eines Zinserhöhungszyklus’ durchaus positiv reagieren." Grund: Greenspan würde die Leitzinsen nicht anheben, wenn er nicht von einer nachhaltigen Belebung der Konjunktur überzeugt wäre. Zinsanhebungen wären in diesem Umfeld für die Börse gut zu verkraften. Mit einem Zinsschritt der Notenbank rechnet Klude ohnehin nicht vor dem zweiten Quartal 2004.

Die Indizes insgesamt werden mit steigenden Unternehmensgewinnen noch ein gutes Stück weiterlaufen können. Davon sind Aktienstrategen überzeugt. Carsten Klude ist zuversichtlich, dass die Hürden von 10000 Punkten beim Dow Jones und und 2000 beim Nasdaq Composite in den nächsten Wochen fallen werden. Über kurz oder lang werden die guten Konjunkturdaten über die Skepsis siegen, meint Invesco-Chef-Volkswirt Krämer, der dem Dow Jones bis Ende 2004 zehn Prozent Aufwärtspotenzial bescheinigt, dem Nasdaq Composite zwölf Prozent.

Dies gilt auch, wenn bei den Glamour-Stocks des Dow Jones Kurs/Gewinn-Verhältnisse jenseits der 30 keine Seltenheit sind, was ein Überwinden der 10000-Punkte-Marke zu einem etwas zäheren Unterfangen macht. Aber ein fünfstelliger Punktestand des Glamour-Index wäre nur die Kür. Die Pflicht haben die US-Börsen erfüllt. Der marktbreite S&P-500-Index, nach dem sich institutionelle Anleger richten, hat seine magische Hürde von 1000 Punkten längst genommen. Am Freitag markierte der Index ein 52-Wochen-Hoch.

Und trotz des Börsenaufschwungs der vergangenen Monate finden sich gerade im S&P Schnäppchen und Titel, die bei fortschreitendem Wachstum der US-Wirtschaft ein überproportionales Kurspozenzial bieten.

Wie zum Beispiel H&R Block. Mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von 13 etwa zählt die dynamisch wachsende Steuerberater-Kette zu den Sonderangeboten an der US-Börse. Die Trendwende am Arbeitsmarkt bedeutet automatisch mehr Steuerpflichtige und damit mehr Geschäft für H&R Block. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe fiel im Oktober auf den niedrigsten Stand seit Januar 2001. Die Zahl der neu geschaffenen Stellen wuchs mit 126000 stärker als erwartet. Das Unternehmen hatte sich ohnehin gut durch die Krise laviert. Umsatz und Gewinn legten trotz leicht rückläufiger Kundenzahl zu.

Ähnlich gut hatte sich die Hotelkette Marriott auf die Rezession eingestellt. Wenig rentable Geschäftsbereiche wurden verkauft. Auch in den schwachen Jahren 2001 und 2002 wurden Gewinnsteigerungen erzielt. Und die Dynamik soll im Aufschwung noch gesteigert werden: Vorstands-Chef J.W. Marriott jr. begeisterte die Börsianer vergangene Woche mit der Aussage, der Gewinn werde bis 2006 um 17 bis 22 Prozent pro Jahr wachsen. So schlecht kann es um die US-Konjunktur also nicht bestellt sein.

Steigende Gewinne erzielen viele Unternehmen auch, indem sie ihre Zinslast senken. Wie man das macht, zeigte Nextel Communications. Der Mobilfunk-Provider konnte seine Zinslast durch die Herausgabe einer 500-Millionen-Dollar-Anleihe mit zehnjähriger Laufzeit deutlich reduzieren. Zwar ist auch diese Anleihe mit 6,875 Prozent hoch verzinst, doch da mit dem Geld ältere Bonds mit Kupons von bis zu 9,95 Prozent zurückgekauft werden, sinkt die Belastung deutlich.

Kein Wunder, dass sich die Ertragssituation in der US-Wirtschaft deutlich gebessert hat. Zwei Drittel der US-Gesellschaften konnten in der laufenden Ergebnissaison die Erwartungen übertreffen. "Im Schnitt sind die operativen Unternehmensgewinne im S&P 500 um über 20 Prozent gestiegen", erläutert Invesco-Mann Krämer. Die Unternehmen haben kräftig Schulden abgebaut, was Jörg Krämer für das zweite Halbjahr 2004 optimistisch stimmt: "Bis dahin dürften die Schulden der Unternehmen so weit abgebaut sein, dass wieder freie Mittel für Investitionen zur Verfügung stehen."

Auch hier zeigt Nextel Communications, wie man es macht. Der Mobilfunk-Provider hat sich auf Geschäftskunden spezialisiert und investiert verstärkt in die Kundenakquise. Im zurückliegenden Quartal wurden 646000 neue Verträge abgeschlossen – fast 100000 mehr, als die Analysten erwartet hatten. Die Prognose für den Gewinn je Aktie hob das Unternehmen von einem auf 1,15 Dollar an. Im nächsten Jahr sollen 1,69 Dollar je Anteilschein herausspringen. Nextel ist einer der Top-Werte in der Telekom-Branche – auch wegen des moderaten KGV von 13.

Mit erhöhten Gewinnaussichten sind höhere Kurse gerechtfertigt. Bleibt die Frage, warum sich der Sprung über die 10000er-Marke beim Dow noch verzögert. Die größte Gefahr sind derzeit die Börsianer selbst. Turbulenzen durch den Fonds-Skandal will Aktienstratege Klude nicht ausschließen. Der New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer wirft einer Reihe von Fondsgesellschaften illegale Handelspraktiken vor (Late Trading). Die erzielten Gewinne seien in die Taschen der Fondsmanager gewandert – zu Lasten investierter Kleinanleger (Euro berichtete). Lawrence Lasser, der 33 Jahre lang die fünftgrößte US-Fondsgesellschaft Putnam führte, war das bisher prominenteste Opfer einer Rücktrittswelle in der US-Fondsindustrie.

Allein der skandalgeschüttelten Fondsgesellschaft Putnam entzogen US-Anleger, darunter auch staatliche Pensionsfonds, innerhalb einer Woche 14,5 Milliarden Dollar. Doch der Kursdruck dürfte sich in Grenzen halten. Konjunktur und Firmendaten sprechen für die Wall Street. Und es muss ja nicht Sekt zur Feier des Dow Jones sein. Es kann ja auch ein Frühstück bei Tiffany sein. Der Chef der weltbekannten Juwelier-Kette, Michael J. Kowalski, beobachtete jedenfalls im vergangenen Quartal eine "dramatisch verbessert" Stimmung bei seinen Kunden. Börsianer waren auch darunter.
 
red / -red-

Nassie:

Dem Dax fehlen die Vorgaben

 
16.11.03 23:14
Dem deutschen Aktienmarkt fehlen die guten Vorgaben
Von Folker Dries

16. November 2003 Die Kursrally an den Aktienmärkten gerät ins Stocken. Der Deutsche Aktienindex Dax ist zwar Ende der vergangenen Woche wieder bis auf einen Punkt an das Jahreshoch von 3814 Punkten herangekommen. Ohne gute Vorgaben aus der Wall Street dürfte sich das deutsche Börsenbarometer aber damit schwertun, die vom Handel ersehnte Marke von 4000 Punkten zu erreichen. Doch diese guten Vorgaben bleiben seit einigen Tagen aus. Der Hausse an der Wall Street scheint der Treibstoff auszugehen.

Zugegeben: Die operativen Gewinne der Unternehmen, die im amerikanischen Leitindex S&P 500 enthalten sind, kletterten im dritten Quartal immerhin um 22 Prozent - das beste Abschneiden seit dem ersten Quartal 2000, dem Höhepunkt der zurückliegenden Spekulationsblase. Damit wurde aber auch die Latte für die folgenden Quartale hoch gelegt. Im Aktienhandel schleicht sich allmählich das Gefühl ein, daß sich diese olympischen Vorgaben als zu hoch erweisen könnten. Zu dieser Skepsis trägt unter anderem bei, daß die Einzelhandelsumsätze in den beiden zurückliegenden Monaten jeweils leicht gesunken sind. Der marktführende Handelskonzern Wal-Mart Stores hat obendrein vor zu hohen Erwartungen im Weihnachtsgeschäft gewarnt.

Vorübergehende Konjunkturabkühlung

Gleichwohl dürfte es sich allenfalls um eine vorübergehende Konjunkturabkühlung handeln. Denn im ersten Quartal werden Amerikas Steuerzahler erneut mit hohen Einkommensteuerentlastungen beglückt. Die Lethargie, die sich über den Aktienmarkt zu legen scheint, deckt sich denn auch nicht mit der Stimmungslage unter den Ökonomen. Die Konsensschätzungen der Konjunkturauguren steigen stetig. Im vierten Quartal und im Gesamtjahr 2004 wird mit Wachstumsraten gerechnet, die eine 4 vor dem Komma haben. Ein Wachstum von 4 Prozent entspricht in Amerika freilich gerade einmal dem inzwischen vermuteten Potentialwachstum - also der Wachstumsrate, mit der die Wirtschaft wachsen kann, ohne einen aus Kapazitätsengpässen resultierenden Preisauftrieb zu riskieren. Selbst William Poole, einer der eher als "Falken" abgestempelten Regionalfürsten im Entscheidungsgremium der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed), glaubt sogar, daß die nachhaltig erzielbare Wachstumsrate von 3,5 auf 4,5 Prozent gestiegen ist.

Nicht zuletzt deshalb sagte Poole in der vergangenen Woche, daß die Fed noch "weit über den März nächsten Jahres hinaus" an ihrer Niedrigzinspolitik festhalten werde. Die Verbalintervention, die auch von anderen Fed-Vertretern bekräftigt wurde, verfehlte ihre Wirkung nicht. Am langen Ende der amerikanischen Zinskurve fielen die Renditen um rund 20 Basispunkte. Die Referenzanleihe mit zehn Jahren Laufzeit verzinste sich am Freitag nur noch mit 4,22 Prozent - deutlich unter dem Jahreshoch von 4,6 Prozent im August. Im Terminhandel wird jetzt erst wieder für den Mai/Juni des nächsten Jahres mit einer Leitzinserhöhung gerechnet, nachdem zu Wochenbeginn noch auf den März-Termin gewettet worden war.

Auslastung der amerikanischen Industrie

Damit setzt sich das Muster der vergangenen drei Monate fort: Wann immer sich die zehnjährigen Renditen der Marke von 4,5 Prozent nähern, sind es enttäuschende Konjunkturdaten oder eben Verbalinterventionen der Fed, die dem Rentenhandel plötzlich wieder die Ängste nehmen. Obwohl Amerika gerade ein Quartal mit einem geschätzten Wirtschaftswachstum von - auf das Jahr umgerechnet - 7,2 Prozent hinter sich hat, liegt die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihe nur um 0,4 Prozentpunkte höher als zu Jahresbeginn. Doch bei ihrer Zentralbanksitzung im Mai dieses Jahres hat die Fed erstmals klargestellt, daß ihre geldpolitische Haltung nicht vom Wachstum, sondern von der Beschäftigungsentwicklung und der erwarteten Inflation bestimmt wird. Da die Auslastung der amerikanischen Industrie mit 75 Prozent noch in der Nähe historischer Tiefstände liegt, werden die Inflationsgefahren weiterhin sehr niedrig gehängt. Und der Arbeitsmarkt ist trotz der jüngsten Beschäftigungszuwächse noch weit davon entfernt, zu einer Quelle für einen Preisauftrieb zu werden. Aufgrund des zuletzt extrem hohen Produktivitätswachstums - im dritten Quartal stieg die Jahresrate auf 8 Prozent - sind die Lohnstückkosten in den vergangenen zwölf Monaten sogar um 2 Prozent gefallen.

Die Fed wird daher anders agieren, als sie es in früheren Aufschwungphasen tat. Es wäre voreilig, die Leitzinserhöhungen in Australien und Großbritannien als Vorboten einer geldpolitischen Trendwende in Amerika zu werten. In den beiden genannten Ländern ist zum einen das Potentialwachstum niedriger, zum anderen besteht dort die Gefahr einer Spekulationsblase auf den Immobilienmärkten. Amerikas Zinskurve dürfte somit vorerst vergleichsweise steil bleiben, was für die Aktienmärkte grundsätzlich positiv zu werten ist.

Leidtragender dieser Zinsstruktur ist allerdings der Dollar. Der Zinsvorteil, den Währungsräume wie Großbritannien, Australien, Kanada und auch Euroland gegenüber Amerika aufweisen, wird tendenziell eher steigen, was die Attraktivität des Dollar als Anleihewährung mindert. Der Euro stieg in der vergangenen Woche zeitweise bis auf 1,1806 Dollar und ist damit nicht mehr weit vom seinem im Mai erzielten Rekordhoch von 1,1933 Dollar entfernt.

Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.11.2003,
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