Ivan Normalverbraucher im deutschen Supermarkt

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Ivan Normalverbraucher im deutschen Supermarkt

 
22.11.01 11:06
Spar ist schon da, Metro auch. Demnächst kommen Marktkauf und Auchan. Internationale Einzelhändler drängen nach Moskau. Hier winkt das große Geld, meinen sie.

Pionier unter den deutschen Firmen ist das MDax-Unternehmen AVA. Im Juni will AVA, Mitglied der Edeka-Gruppe, ein Einkaufszentrum samt SB-Warenhaus, Baumarkt und Fachgeschäften am Stadtrand von Moskau eröffnen. 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche sollen die Moskauer im "Marktkauf" Lebensmittel aussuchen und im Gartencenter stöbern können. "Alle Russen lieben Blumen", sagt AVA-Manager Bernhard Clauss. Von soviel Shopping lassen sich russische Politiker offenbar beeindrucken. Sie sorgten dafür, dass extra zwei Autobahn-Abfahrten gebaut wurden, erzählt Clauss. Die Einkaufsmeile "made in Germany" schließt auch einen riesigen Parkplatz ein.

Viele potenzielle Kunden

Etliche Kunden werden auch zu Fuß kommen. "Im Umkreis von zehn Minuten wohnen hier 1,1 Millionen Menschen", sagt Clauss und deutet auf die riesigen graubraunen Wohnsilos im Stadtteil Kotelniki. Ob die Rechnung aufgeht, wird sich zeigen. Noch entfallen laut Clauss in Moskau 60 Prozent der Einzelhandelsumsätze auf den Straßenhandel. Die offenen Märkte, wo Händler ihre Waren an Ständen oder in Plexiglasbuden feilbieten, findet man überall in der Hauptstadt. Der ambitionierte Bürgermeister Jurij Luschkow wolle die Freiluft-Märkte längerfristig aus dem Stadtbild verbannen, sagt Clauss.

Bislang können die wenigen russischen Filialisten den Bedarf der 11-Millionen-Hauptstadt nicht abdecken. In der Innenstadt finden sich zwar Supermärkte an jeder Ecke, aber die Ware - oftmals West-Importe - sind sogar für deutsche Verhältnisse teuer. Daneben gibt es Ketten - etwa die Billig-Supermärkte "Kopeke" mit Aldi-ähnlichem Konzept.

Russischer Wohlstand

Der "Marktkauf" soll 100 Mio. DM pro Jahr umsetzen. 50 Mio. DM hat AVA investiert. "Die Renditesituation ist besser als in Deutschland", sagt Clauss. Die Verkaufsfläche pro Einwohner sei kleiner als in Deutschland - und die örtlichen Politiker würden dafür sorgen, dass die Flächen nicht ins Uferlose wachsen. Nach AVA-Angaben beträgt die Kaufkraft im Ballungsraum der Hauptstadt 70 Prozent des deutschen Durchschnitts, und nach offizieller russischer Lesart ist in Moskau kaum jemand arbeitslos. Medienberichten zufolge konzentriert die Metropole 70 Prozent des russischen Kapitals. Die AVA (Allgemeine Handelsgesellschaft der Verbraucher) denkt daher über weitere Investitionen in Russland nach.

Auch Spar hat "Iwan Normalverbraucher" entdeckt, es gibt jetzt eine russische Spar-Organisation. Seit August können die Moskauer im Eurospar einkaufen, der nächste Markt folgt in der Stadt Nischni Nowgorod. "In Moskau läuft es sehr gut", sagt Gerrit Kok, stellvertretender Direktor von Spar International, der Dachorganisation, die die Lizenzen vergibt. Die Spar-Organisationen in den einzelnen Ländern sind voneinander unabhängig. Im kommenden Jahr sollen neun bis zehn russische Spar-Märkte entstehen, sagt Kok, fast alle davon in Moskau. "Die Kaufkraft ist merklich gewachsen."

"Viel Geld für gutes Essen"

Auch die Franzosen stehen in den Startlöchern. Auchan - immerhin Nummer 14 unter den weltweit 20 größten Handelsunternehmen - eröffnet voraussichtlich im kommenden Juli einen Verbrauchermarkt in Moskau. Ende 2002 sollen es insgesamt drei in der Hauptstadt sein. 60 Prozent des Angebots bestehe aus Lebensmitteln, heißt es bei Auchan. Auch AVA-Manager Clauss meint: "Die Leute hier geben viel Geld für gutes Essen aus."

Andere deutsche Handelsketten zögern noch und wagen sich vorerst nicht nach Russland. In der Essener Aldi-Nord-Zentrale heißt es beispielsweiese: "Wir haben in den nächsten anderthalb Jahren nicht vor, nach Russland zu expandieren." Lidl will sich nicht äußern, und auch die saarländische Globus-Kette, die bis Tschechien gekommen ist, wird sich nicht nach Russland vorwagen. Auch bei der Rewe-Grippe, die ein Warenhaus in der ukrainischen Hauptstadt Kiew betreibt, ist zu erfahren: "Wir beobachten die Märkte." Konkrete Russland-Pläne gebe es aber nicht. Einzig der Metro-Konzern denkt darüber nach, mit Einzelhandelskonzepten wie "MediaMarkt" oder "Saturn" in die russische Föderation zu gehen. Das Unternehmen betreibt seit wenigen Wochen zwei Großhandelsmärkte in der russischen Hauptstadt.

Beheizbare Dachrinnen

Viele deutsche Firmen haben noch immer Angst vor Russland - etwa vor einem Rückfall in politisch instabile Zeiten oder dem Bürokratiedschungel. "West-Unternehmen ohne Russland-Erfahrung würde ich von einer Investition abraten", meint Clauss. So seien etwa die Bauvorschriften strenger. Ein Beispiel: Das "Marktkauf"-Gebäude brauche beheizbare Dachrinnen und müsse gewisse Schneelasten tragen können. Der Mietvertrag auf das Grundstück lautet auf das russische Unternehmen, das an dem Projekt zu knapp 20 Prozent beteiligt ist. Ausländer durften bis vor kurzem in Russland keinen Grund und Boden erwerben.

Gruß
Happy End
ftd.de
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