Ist Freiheit nur materiell positiv oder doch mehr?

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das Zentrum d.:

Ist Freiheit nur materiell positiv oder doch mehr?

 
26.10.02 14:55
Die verbliebenen Formen der Bevormundung, unter denen die Menschen in der angeblich freien westlichen Welt leben, machen sich nicht mehr so unmittelbar bemerkbar. Der ungehemmt wuchernde Staat fällt zwar vielleicht einmal im Monat auf, beim Blick auf den Lohnzettel. In allen anderen Fällen setzt das Erschrecken über die Einschränkungen der individuellen Handlungsfreiheit einiges an Detailwissen über ökonomische Zusammenhänge voraus - zum Beispiel wenn es um die Verkrustungen auf dem Arbeitsmarkt geht, die mehr als vier Millionen Bürger daran hindern, wieder in Lohn und Brot zu kommen.

Es ist daher durchaus keine Schizophrenie, wenn Überregulierungen wie der deutsche Kündigungsschutz oder das Günstigkeitsprinzip nur von wenigen Bürgern als Freiheitsentzug empfunden werden. Diese Wahrnehmung fußt nicht auf Irrationalität, sondern auf einer konzeptionellen Unzulänglichkeit. Es greift viel zu kurz, Freiheit nur positiv, das heißt als praktische und in diesem Sinne materielle Fähigkeit zu definieren - als Fähigkeit zum Beispiel, zu reisen, Bananen zu kaufen oder den angestammten Arbeitsplatz zu behalten. Daran, daß sich diese Konzeption in den Köpfen festgesetzt hat, sind nicht zuletzt die liberalen Parteien schuld, in Deutschland wie in Frankreich und andernorts.

In der Tradition des klassischen Liberalismus indes ist die Freiheit weit mehr als eine materiell-positive Fähigkeit, so wie auch die Marktwirtschaft nicht nur deshalb vorzugswürdig ist, weil kein anderes System ihre Effizienz übertrifft. Die Freiheit ist vielmehr vor allem ein unveräußerliches persönliches Recht - ein "negatives" Abwehrrecht des Bürgers gegen die Bevormundung durch den Staat. Dieses Recht drückt sich aus in Privateigentum und Vertragsfreiheit, das heißt in der Möglichkeit, über die Früchte der eigenen Arbeit nach Gutdünken zu verfügen und auf dem Markt freiwillige Vereinbarungen zu schließen. Über deren Inhalte hat außer den Vertragsparteien selbst niemand zu bestimmen. Vermittels seiner Erfindungen wie Kündigungsschutzrecht, Tarifvorbehalt und Günstigkeitsprinzip indes entzieht der Staat den Vertragsparteien die Autonomie, selbst zu befinden und auszuhandeln, was für sie am besten ist.

Die sogenannte Sozialpflichtigkeit des Eigentums, die das Grundgesetz postuliert und die einen Entzug der Hälfte des Bruttoeinkommens zuläßt, kommt in dieser Perspektive schlichtem Diebstahl gleich. Auch viele andere ursprünglich gutgemeinte staatliche Veranstaltungen - von der Anschnallpflicht im Auto und der Schulpflicht bis hin zur allgemeinen Wehrpflicht - verletzen im Grunde die Würde des freien Individuums, dessen Entscheidungen den Vorschriften eines anonymen Kollektivs unterworfen werden, denen es niemals seine Zustimmung erteilt hat.

Warum aber bleibt der philosophisch wertvollere negative Aspekt des Freiheitsbegriffs im politischen Diskurs ungenutzt? Warum verschenkt man eine Überzeugungskraft, die vom materiellen Mangelempfinden ebenso unabhängig ist wie vom akademischen Verständnis komplexer gesamtwirtschaftlicher Zusammenhänge? Mit welchem Recht nimmt sich der Staat die Hälfte des Einkommens? Mit welchem Recht werden die Bürger gezwungen, zur kollektiven Sozialversicherung beizutragen, statt ihre Vorsorge in die eigene Hand nehmen zu dürfen? Wieso maßt sich eine Regierung an, besser zu wissen als der Bürger, was gut für ihn ist?

Solche Fragen des Aufbäumens gegen die Einschränkung der individuellen Selbstbestimmung sollten Liberale stellen - und Mut zu radikalen Forderungen aufbringen. Es reicht nicht aus, die Wirtschaft über allerlei Behelfswege wie Bürgergeld, ökologische Steuerungsmittel und Gutscheinsysteme bloß "marktkonform" gestalten zu wollen. Die mangelnde Überzeugungskraft der liberalen Parteien mag zu einem gut Teil auf einen Mangel an Radikalität zurückgehen, der ideeller Kurzsichtigkeit und politischer Furchtsamkeit entspringt. Für ihre Glaubwürdigkeit ist das fatal. In der konzeptionellen Konsequenz liegt auch eine Quelle der Kraft.

zum Teil aus der Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.10.2002
das Zentrum d.:

Verständnis komplexer Zusammenhänge? o. T.

 
26.10.02 15:17
das Zentrum d.:

und der Sozialismus wird doch siegen !!

 
26.10.02 16:07
nach dem nun der Koalitionsvertrag zwischen der SPD und den Grünen geschlossen wurde, erscheint mir folgendes Szenario für die Zukunft als sehr wahrscheinlich:
Um das Ab- bzw. Auswandern von Unternehmen und vermögenden Privatpersonen, die ihr Geld in Sicherheit bringen wollen, zu verhindern, wird das neue Antiauswanderungsgesetz eingeführt. Damit niemand auf seiner Auslandsreise auch nur in Versuch geführt werden kann sich in einem Steuerparadis niederzulassen wird auch das Reisen ins Ausland untersagt. Immerhin kann man ja ins schöne Allgäu oder nach Oberwiesental in den Urlaub fahren. Weiterhin muss das Privatvermögen abgeschafft werden, denn es kann doch einigen nicht besser gehen in Deutschland als anderen. Es lebe die DDR - und sie hat es doch geschafft die BRD zu infiltrieren um den Sozialismus zum Sieg zu führen. Auch wenn unter Sozialismus etwas ganz anderes zu verstehen ist.  
das Zentrum d.:

zum Thema Steuerhammer up! Passt sinnvoll dazu o. T.

 
28.10.02 13:14
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