Yukos 10,5 Mrd.€ für die Jahre 2000 bis 2003 aufbringen muß? Die Diskussion um die 2,9 Mrd. klingt immer so banal, aber wie gesagt, es geht um viel mehr.
Yukos bietet sich dem Staat zum Kauf an
Russischer Ölkonzern verliert erneut im Steuerstreit vor Moskauer Gericht - Aktie legt 30 Prozent zu
von Jens Hartmann
Moskau - Nach monatelangem Druck der russischen Staatsanwaltschaft und der Steuerbehörden deutet vieles darauf hin, dass Russlands größter Ölkonzern Yukos vom Staat geschluckt wird. Die Konzernführung hat dem Staat jetzt in einem Brief an Regierungschef Michail Fradkow die Übernahme der Aktienmehrheit angeboten.
"Das Yukos-Management ist bereit, der Regierung ein Programm vorzustellen, das den schrittweisen Aufkauf des Kontrollpaketes unseres Hauptaktionärs vorsieht", schreiben der stellvertretende Yukos-Moscow-Vorstandschef Juri Beilin und der Gewerkschaftsvorsitzende Alexei Chamrakulow. "Yukos ist außerdem bereit, Verhandlungen aufzunehmen, um einen Teil seiner Aktiva an Staatsunternehmen des Energiesektors zu veräußern mit dem Ziel, die Steuerschulden zu tilgen." Interesse hatten bereits die Konzerne Gazprom und Rosneft angemeldet.
Gegenwärtig hält die Menatep Group rund 60 Prozent an dem Ölkonzern. Die Investmentgesellschaft mit Sitz auf Gibraltar verwaltet das Vermögen des inhaftierten Ex-Yukos-Chefs Michail Chodorkowski und etwa zehn seiner zur Fahndung ausgeschriebenen Vertrauten. Ein Großteil des Aktienpakets ist indes nach einem Gerichtsbeschluss eingefroren. Die Marktkapitalisierung von Yukos beträgt, nachdem die Aktien am Donnerstag um rund 30 Prozent zulegten, 20 Mrd. Euro.
Das Moskauer Arbitragegericht erklärte am Freitag erwartungsgemäß das Vorgehen der Steuerbehörden für rechtmäßig. Das Steuerministerium fordert von Yukos bislang 99,4 Mrd. Rubel (2,9 Mrd. Euro) für das Jahr 2000. Dagegen legte Yukos Einspruch ein. Die Zahlung könnte möglicherweise noch im Juni fällig sein.
Aus Konzernkreisen ist zu hören, dass "in allernächster Zeit" ein Bescheid für 2001 in Höhe von rund 2,5 Mrd. Euro erwartet wird. Auch für 2002 und 2003 werde mit Nachforderungen in ähnlicher Höhe gerechnet. Um die Steuerschuld zu bewältigen, erhofft sich Yukos eine Restrukturierung der Verbindlichkeiten für 2004 bis 2006. Die Kompromissbereitschaft des Yukos-Managements, die einer Kapitulation vor dem Kreml gleichkommt, geht einher mit der Erklärung des Staatschefs Wladimir Putin, die Regierung habe keinerlei Interesse an einem Bankrott des Ölkonzerns.
Der Yukos-Direktorenrat will am kommenden Mittwoch, dem Vorabend der Hauptversammlung, den "Rettungsplan" verabschieden. Wie aus Kreisen um Mehrheitsaktionär Menatep Group zu hören ist, sei man bereit, "beim Verkauf der Aktiva auch finanzielle Verluste in Kauf zu nehmen". Unklar ist indes, ob der Staat bereit ist, für den Ölkonzern noch Milliardensummen hinzulegen. Aus Kreml-Kreisen ist zu hören, dass es zwei Varianten gibt, um Yukos vor dem Bankrott zu bewahren. "Entweder übernimmt ein Auslandsinvestor die Mehrheit, oder eine staatliche Struktur kommt zum Zug." Dass ein westlicher Ölmulti einsteigen wird, gilt aber als unwahrscheinlich. Schließlich war einer der Gründe für das harte Vorgehen des Kreml gegen Yukos die Tatsache, dass der US-Konzern Exxon Mobil das Kontrollpaket bei Yukos übernehmen wollte. Hardliner im Kreml wollten verhindern, dass strategische Ölreserven in die Hände der USA fallen. Als die Verhandlungen mit Exxon Mobil im vergangenen Herbst kurz vor dem Abschluss standen, wurde Ölbaron Chodorkowski verhaftet.
Die Rating-Agentur Standard & Poor's, die Yukos mit dem Rating CCC eine sehr schlechte Bonität bescheinigte, sieht Yukos nicht als Einzelfall. "Die Situation ist typisch für den russischen Markt", sagte ihr Russland-Manager Robert Richards. Im Fall Yukos gehe es ausschließlich um "politische Risiken und nicht um die finanziellen oder operativen Kennziffern".
Artikel erschienen am 19. Juni 2004
Yukos bietet sich dem Staat zum Kauf an
Russischer Ölkonzern verliert erneut im Steuerstreit vor Moskauer Gericht - Aktie legt 30 Prozent zu
von Jens Hartmann
Moskau - Nach monatelangem Druck der russischen Staatsanwaltschaft und der Steuerbehörden deutet vieles darauf hin, dass Russlands größter Ölkonzern Yukos vom Staat geschluckt wird. Die Konzernführung hat dem Staat jetzt in einem Brief an Regierungschef Michail Fradkow die Übernahme der Aktienmehrheit angeboten.
"Das Yukos-Management ist bereit, der Regierung ein Programm vorzustellen, das den schrittweisen Aufkauf des Kontrollpaketes unseres Hauptaktionärs vorsieht", schreiben der stellvertretende Yukos-Moscow-Vorstandschef Juri Beilin und der Gewerkschaftsvorsitzende Alexei Chamrakulow. "Yukos ist außerdem bereit, Verhandlungen aufzunehmen, um einen Teil seiner Aktiva an Staatsunternehmen des Energiesektors zu veräußern mit dem Ziel, die Steuerschulden zu tilgen." Interesse hatten bereits die Konzerne Gazprom und Rosneft angemeldet.
Gegenwärtig hält die Menatep Group rund 60 Prozent an dem Ölkonzern. Die Investmentgesellschaft mit Sitz auf Gibraltar verwaltet das Vermögen des inhaftierten Ex-Yukos-Chefs Michail Chodorkowski und etwa zehn seiner zur Fahndung ausgeschriebenen Vertrauten. Ein Großteil des Aktienpakets ist indes nach einem Gerichtsbeschluss eingefroren. Die Marktkapitalisierung von Yukos beträgt, nachdem die Aktien am Donnerstag um rund 30 Prozent zulegten, 20 Mrd. Euro.
Das Moskauer Arbitragegericht erklärte am Freitag erwartungsgemäß das Vorgehen der Steuerbehörden für rechtmäßig. Das Steuerministerium fordert von Yukos bislang 99,4 Mrd. Rubel (2,9 Mrd. Euro) für das Jahr 2000. Dagegen legte Yukos Einspruch ein. Die Zahlung könnte möglicherweise noch im Juni fällig sein.
Aus Konzernkreisen ist zu hören, dass "in allernächster Zeit" ein Bescheid für 2001 in Höhe von rund 2,5 Mrd. Euro erwartet wird. Auch für 2002 und 2003 werde mit Nachforderungen in ähnlicher Höhe gerechnet. Um die Steuerschuld zu bewältigen, erhofft sich Yukos eine Restrukturierung der Verbindlichkeiten für 2004 bis 2006. Die Kompromissbereitschaft des Yukos-Managements, die einer Kapitulation vor dem Kreml gleichkommt, geht einher mit der Erklärung des Staatschefs Wladimir Putin, die Regierung habe keinerlei Interesse an einem Bankrott des Ölkonzerns.
Der Yukos-Direktorenrat will am kommenden Mittwoch, dem Vorabend der Hauptversammlung, den "Rettungsplan" verabschieden. Wie aus Kreisen um Mehrheitsaktionär Menatep Group zu hören ist, sei man bereit, "beim Verkauf der Aktiva auch finanzielle Verluste in Kauf zu nehmen". Unklar ist indes, ob der Staat bereit ist, für den Ölkonzern noch Milliardensummen hinzulegen. Aus Kreml-Kreisen ist zu hören, dass es zwei Varianten gibt, um Yukos vor dem Bankrott zu bewahren. "Entweder übernimmt ein Auslandsinvestor die Mehrheit, oder eine staatliche Struktur kommt zum Zug." Dass ein westlicher Ölmulti einsteigen wird, gilt aber als unwahrscheinlich. Schließlich war einer der Gründe für das harte Vorgehen des Kreml gegen Yukos die Tatsache, dass der US-Konzern Exxon Mobil das Kontrollpaket bei Yukos übernehmen wollte. Hardliner im Kreml wollten verhindern, dass strategische Ölreserven in die Hände der USA fallen. Als die Verhandlungen mit Exxon Mobil im vergangenen Herbst kurz vor dem Abschluss standen, wurde Ölbaron Chodorkowski verhaftet.
Die Rating-Agentur Standard & Poor's, die Yukos mit dem Rating CCC eine sehr schlechte Bonität bescheinigte, sieht Yukos nicht als Einzelfall. "Die Situation ist typisch für den russischen Markt", sagte ihr Russland-Manager Robert Richards. Im Fall Yukos gehe es ausschließlich um "politische Risiken und nicht um die finanziellen oder operativen Kennziffern".
Artikel erschienen am 19. Juni 2004