Internet-Mania, Teil II

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Internet-Mania, Teil II

 
25.04.02 07:44
Internet-Mania, Teil II

Von Thomas Hillenbrand

Wagniskapitalgeber und -Anleger sind heutzutage nicht mehr bereit, wackeligen, defizitären Internet-Klitschen ihr gutes Geld hinterher zu werfen. Von wegen! In den USA findet derzeit eine bizarre Dot.com-Renaissance statt.

Hamburg - Als Paypal.com Mitte Februar 2002 an die Börse ging, fühlte man sich plötzlich an die guten alten Boom-Zeiten erinnert. Das amerikanische Internet-Unternehmen, das den Zahlungsverkehr auf Auktionsseiten wie eBay organisiert, hatte im vierten Quartal 2001 bei einem Umsatz von 40,4 Millionen Dollar stolze 18,5 Millionen Verlust gemacht.
Statt Gewinnen bot Paypal.com potenziellen Anlegern gleich mehrere kaum bezifferbare geschäftliche Risiken. Zum Zeitpunkt des Börsengangs schwelte ein Rechtsstreit mit dem Konkurrenzunternehmen CertCo, der Paypal nach Meinung von Analysten vom Markt hätte fegen können. Zudem ist das Geschäftsmodell so schlicht, dass es inzwischen von mehreren Konkurrenten kopiert wird.

Die Anleger focht das nicht an - sie zeichneten en masse. Der Kurs sprang am Tag der Erstnotierung zeitweise um mehr als 50 Prozent in die Höhe. Paypals erfolgreiches Börsendebüt galt vielen Marktbeobachtern zunächst als Einzelfall. "Wer jetzt auf ein Revival des Dot.com-Booms hofft, wird enttäuscht werden", meinte nüchtern der britische "Economist". So wie früher wird es vermutlich nie wieder. Dennoch gibt es zahlreiche Indizien für ein Leben nach der Blase.

Party like it's 1999?



Indiz Nummer eins: Dot.com-Geschäftsmodelle, die noch vor kurzem als ausgemachter Blödsinn galten, sind plötzlich wieder en vogue. Am deutlichsten wird das beim Online-Einzelhandel, den so genannten Etailers. Die hatte die Finanzwelt eigentlich schon abgeschrieben - zu sehr hatten sich Millionenpleiten wie Webvan.com (Online-Gemüse) oder Pets.com (Online-Katzenstreu) ins kollektive Gedächtnis der Wall Street eingebrannt.

Inzwischen trauen sich einzelne Etailer sogar wieder, an die Börse zu gehen. Overstock.com aus Salt Lake City hat kürzlich bei der US-Börsenaufsicht SEC Unterlagen für sein IPO eingereicht. Das Geschäftsmodell ist nicht gerade aufregend: Overstock.com verkauft Restposten übers Internet. Rechnen tut sich das Ganze bisher nicht: Der Netto-Verlust betrug 2001 bei 35,2 Millionen Dollar Umsatz satte 13,8 Millionen.

Manchmal kommen sie wieder

 
DER SPIEGEL

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Indiz Nummer zwei: Wagniskapitalgeber sind wieder bereit, Dot.com-Start-ups zu finanzieren. "Jetzt ist ein großartiger Zeitpunkt, um neue Unternehmen zu gründen", schwärmt etwa Heidi Roizen von Mobius Venture Capital in "Newsweek". Nach einer Studie von PriceWaterhouseCoopers (PWC) hat die US-Wagniskapital-Branche im vierten Quartal des Jahres 2001 erstmals seit 15 Monaten wieder mehr Geld in junge Firmen investiert. "Der freie Fall ist vorüber", meint Tracy Lefteroff von PWC, "das ist jetzt wieder der Normalzustand."

Sogar bereits Verstorbene werden von den Venture Capitalists (VCs) reanimiert. Furniture.com war bereits im November 2000 auf spektakuläre Weise Pleite gegangen - der Möbelversand hatte 2,5 Millionen Dollar ausgegeben, bevor die Gründer endlich herausfanden, dass ihr avisierter Spediteur UPS gar nicht in der Lage war, Möbel auszuliefern. Macht nichts, auf ein Neues: Einige ehemalige Furniture.com-Mitarbeiter kauften den Markennamen und gründeten das Unternehmen neu - mit finanzieller Unterstützung eines offenbar sehr, sehr mutigen VCs.

Weitere Dot.com-Börsengänge sind in der Pipeline. Unter anderem plant das Unternehmen Netflix.com eine Erstnotierung an der Nasdaq. Das Geschäftsmodell der Kalifornier hätte vor kurzem noch für schallendes Gelächter gesorgt: Netflix.com verleiht DVD-Kassetten. Übers Internet.

Indiz Nummer drei: Auch die großen Wall-Street-Investmentbanken wittern Morgenluft. Merrill Lynch, unlängst wegen der Hip-Hip-Hurra-Analysen seines ehemaligen Internet-Papstes Henry Blodget ins Gerede gekommen, engagiert sich wieder im Dot.com-Sektor: Beim Netflix-IPO wird Merrill Konsortialführer sein.


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