21.12.2005 20:03
Sportschau stellt Premiere bei Bundesliga ins Abseits
Von Archibald Preuschat Dow Jones Newswires
FRANKFURT (Dow Jones)--"Bundesliga im Free TV ist kein Menschenrecht. Und schon gar nicht ab 18 Uhr." So sprach Georg Kofler vor einigen Wochen. Am Mittwoch musste der Vorstandsvorsitzende der Premiere AG erkennen, dass er sich getäuscht hat. Bundesliga-Fußball im frei empfangbaren Fernsehen im Allgemeinen und die ARD-Sportschau im Besonderen ist ein Menschenrecht - zumindest in Deutschland.
Dieses Menschenrecht lässt sich die Deutsche Fußball Liga (DFL) auch einiges kosten: rund 60 Mio bis 70 Mio EUR pro Saison. Die hätte die Liga pro Saison mehr einnehmen können, wenn sie die Rechte an Premiere vergeben hätte. Zum Schluss bot der Bezahlfernsehsender seinem Vorstandsvorsitzenden zufolge einen Betrag "nördlich von 300 Mio EUR" pro Saison. Nunmehr gibt sich die Liga mit 420 Mio EUR für alle Rechte zufrieden, 120 Mio EUR mehr als bei der vorangegangenen Auktion.
Am Geld wäre es in Unterföhring nicht gescheitert, nur in einem Punkt mochte Kofler keine Abstriche machen. Bei der Exklusivität: Mit ihm war eine Sportschau nicht zu machen - Free-TV-Fußball gehört seinem Willen nach am Samstag ins Spätprogramm verbannt - auf die Zeit nach 22 Uhr. Das war indes mit der Liga nicht zu machen. Die Vergabe der Pay-TV-Rechte an Arena, wohinter sich der DFL zufolge Kabelnetzbetreiber unter Führung von UnityMedia verbergen, habe die Liga-Präsident Werner Hackmann zufolge auch für die Fans an den Bildschirmen vorgenommen.
Was mildtätig klingt, ist wohl auch wirtschaftliches Kalkül der DFL. Die 36 Proficlubs in Deutschland fürchten um Sponsorengelder, wenn Bundesliga-Fußball fast nur noch im Free-TV stattfindet. In Deutschland schlagen die Fußballer-Herzen anders, als in den europäischen Nachbarländern, wo Spitzenspiele gegen Spitzenbezahlung längst akzeptierte Realität sind.
Für diese Erkenntnis mussten am Donnerstag die Premiere-Einzelaktionäre bezahlen: Das Papier verlor satte 42% und war zu Handelsschluss gerade noch mal 13,62 EUR wert - nicht einmal die Hälfte der 28 EUR des Ausgabepreises im März als Premiere an die Börse ging. Kofler selbst ist mit einem Anteil von knapp 14% übrigens größter Premiere-Einzelaktionär.
Die Story des Börsengangs ist jetzt nur noch Makulatur. Kein europäischer Pay-TV-Anbieter kann ohne attraktive Sportrechte bestehen. Von denen hat Premiere zwar mit der Champions League zwar noch eins - aber Bundesliga-Fußball gehört einfach dazu. Auch wenn sich der Vorstandsvorsitzende alle Mühe gab, zu versichern, dass die Abonnenten keine Grund hätten, in Scharen davon zu laufen: das Wachstum wird sich nur noch schwer realisieren lassen.
Gleichwohl wäre die Alternative nicht weniger fatal gewesen: Bei bröckelnder Exklusivität deutlich mehr zu bezahlen. In drei bis fünf Quartalen hätte Premiere schlechter dagestanden, stellte Kofler nach der Entscheidung fest. Auch in der schillernden Medienbranche interessiert Investoren nur das, was unterm Strich herauskommt, nämlich das Ergebnis.
Aber Kofler lässt sich noch alle Hintertüren offen: Auch Sublizenzen vom Auktions-Gewinner Arena anzunehmen, mag er nicht ausschließen. Dieser muss nämlich auch erst nachweisen, dass sich für ihn die erworbenen Rechte auszahlen. Und das für einen Abo-Preis von unter 20 EUR monatlich, wie die DFL es nicht ohne Stolz verkündet.
Vielleicht hat Kofler sich verrechnet, als er im Vorfeld erklärte, für einen Newcomer im Business könne es gar nicht wirtschaftlich sein, die Bundesliga-Pay-TV-Rechte zu erwerben. Vielleicht hat sich aber auch die Liga verrechnet, indem sie versucht, Pay-TV in Deutschland zu erhalten, ohne die deutsche Free-TV-Institution Sportschau zu opfern.
Premiere hat mit der Liga-Entscheidung zweifelsohne eine empfindliche Niederlage erlitten, doch die Kabelnetzbetreiber müssen erst beweisen, dass sie es besser können. Überraschungen sind nicht ausgeschlossen: Denn in der Medienbranche ist fast jedes Unternehmen trotz aller Konkurrenz auf die Kooperationsbereitschaft des anderen angewiesen. Das gilt für Premiere ebenso wie für UnityMedia und Kabel Deutschland.
Fraglich ist, ob der Premiere-Kurs in den nächsten Jahren die bislang von den Analysten in Aussicht gestellten Kursziele von 30 EUR und mehr erreichen wird. Wahrscheinlich ist aber ebenso, dass der am Donnerstag erreichte Kurs von 13,62 EUR auch wieder steigen kann. Vielleicht auch deswegen, weil Premiere nach der Reaktion der Märkte auf die DFL-Entscheidung so preiswert wie niemals zuvor zu haben ist und deshalb auch schnell zum Übernahmeobjekt werden könnte. Spekulationen in dieser Richtung sind am Markt in den vergangenen Tagen bereits aufgekommen.
-Von Archibald Preuschat, Dow Jones Newswires
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