Indiens legale Geldwäsche - mit Seife

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Indiens legale Geldwäsche - mit Seife

 
19.08.02 15:15
Findige Inder haben eine Methode entdeckt, mit schmutzigem Geld legale Geschäfte zu machen. In Reparatur-Werkstätten richten sie billig angekaufte, zerfledderte Banknoten wieder her - und verkaufen sie hinterher mit Gewinn.
 
Neu Delhi - Das Herz der indischen Geldwäscher-Szene schlägt in der Altstadt von Neu Delhi. Eine Vielzahl kleiner Läden säumt die Gasse mit dem Namen Kacca Bagh. Aus der ganzen Stadt und den umliegenden Gegenden pilgern Inder mit Rupien-Banknoten hierher. So dreckig und zerfleddert ist das Papiergeld, dass selbst ein Bettler es kaum annehmen würde. In der Kacca Bagh aber finden auch unbrauchbare Scheine fast immer einen Käufer - natürlich gegen einen gehörigen Preisabschlag.

Dann treten die Geldschein-Schuster und die Banknoten-Reiniger in Aktion. Verschmutzte Noten werden mit Seife und Wasser gereinigt, zerrissene mit Klebeband zusammengefügt. Löcher werden mit Zeitungspapier oder Fetzen anderer Banknoten geflickt. Dieses Geschäft mit der legalen Geldwäsche in Indien floriert wie nie, berichtet das "Wall Street Journal Europe" in seiner Montagsausgabe - und dieser Boom sagt viel über den derzeitigen Zustand der indischen Geldwirtschaft.

Wie in vielen Entwicklungs- und Schwellenländer sei das Problem schmutziger Geldscheine in Indien eskaliert, so der Bericht. In den vergangenen fünf Jahren habe sich der Umlauf von Geldscheinen fast verdoppelt. Am Personalbestand der indischen Zentralbank aber habe sich im selben Zeitraum nichts geändert. So fällt es der Bank schwer, die Scheine aus dem Verkehr zu ziehen und rechtzeitig neue zu drucken. "Unsere Möglichkeiten, die Banknoten zurückzuholen, sind begrenzt", zitiert das "Journal" einen Zentralbanker: "Das ist wie ein Stau auf der Straße". In Industrienationen werden unbrauchbare Geldscheine meist von privaten Banken zurück an die Notenbank geschickt, die sie zerstört. Nicht so in Indien.

All das öffnet eine Marktnische für die Geldwäscher. Bimal Jain ist einer von ihnen. Täglich tragen er und seine vielen Helfershelfer tütenweise reparierte Geldscheine zur Zentralbank in Neu Delhi. 5000 Angestellte sind hier dem "Journal" zufolge damit beschäftigt, beschädigte Geldscheine zu prüfen und zurückzunehmen. Hier kassieren die Scheinschuster den vollen Nennwert für jene Noten, die sie zu Discountpreisen angekauft haben. Das garantiert offenbar ordentliche Gewinnmargen.

Das Geschäftsmodell der Banknoten-Reiniger scheint simpel, doch es eignet sich offenbar nicht für Amateure. Denn in der Rücknahmestelle der Zentralbank, so der Bericht, regiert ein Chaos, das den Nichtprofi völlig überfordert. Je nach Nennwert und Zustand der Banknoten seien unterschiedliche Annahmeschalter zuständig. Wer sich nicht auskenne, könne den ganzen Tag Schlange stehen, nur um ein paar ramponierte Rupien zurückzutauschen. Oft komme es hier zu Faustkämpfen, schreibt das Blatt. Im April seien die Tumulte derartig eskaliert, dass die Zentralbank für ein paar Tage ein Hausverbot für Geldwäscher verhängt habe.

Inzwischen versucht die Zentralbank dem Bericht zufolge, den Geldwäschern auf eine andere Art das Wasser abzugraben: durch Modernisierung. Für den Druck von Banknoten setze sie inzwischen robusteres Papier ein, das selbst dem indischen Härtetest standhalten soll. Leistungsfähigere Druckerpressen würden den Austausch der durchlöcherten Scheine beschleunigen. Scheinschuster Jain aber plagen bisher keine Zukunftssorgen. Er wolle sein Werkstatt an seinen Sohn vererben, zitiert ihn das "Journal". "Das ist ein gutes Geschäft".  
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