27. März 2006 | |
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SPIEGEL-GESPRÄCH
"Stahl ist mein Leben"
Der indische Milliardär Lakshmi Mittal, 55, über seinen Kampf um die weltweite Vorherrschaft im Stahlgeschäft, die ökonomisch erwachenden Riesen Indien und China sowie die Frage, inwiefern ihn die Armut seiner Kindheit noch immer prägt
Berkeley Square ist einer der teureren Plätze im Londoner Stadtteil City of Westminster. Rolls-Royce und Bentley haben hier riesige Schaufenster. Die Stadtvillen strahlen weiß. In einem der unansehnlicheren Bürogebäude residiert mit wenigen Dutzend Mitarbeitern im siebten Stock: Lakshmi Mittal.
Der Inder könnte sich den kompletten Platz kaufen. Laut "Forbes"-Magazin ist er mit geschätzten 19 Milliarden Euro einer der fünf reichsten Männer der Welt, nur geschlagen von Mythen wie Bill Gates oder dem US-Spekulanten Warren Buffett. Bis vor ein paar Monaten kannte man Mittals Namen dennoch allenfalls in der Stahlindustrie oder als Leser von Boulevardblättern. Stahl, weil er in der Branche Karriere machte, seit er mit 19 im kleinen väterlichen Werk in Kalkutta begann. Boulevard, weil die Hochzeiten seiner beiden Kinder angeblich rund 50 Millionen Dollar gekostet haben sollen. Seit Mittal auch noch Bernie Ecclestones Londoner Prachtvilla für rund 100 Millionen Euro kaufte, gilt er endgültig als Stahl-König.
Mittals Geheimnis: Er kauft marode Stahlhütten, die niemand haben will, in Regionen, wo niemand hin möchte: Indonesien, Kasachstan, Rumänien - und trimmt sie auf Profit. Jüngst kündigte er an, auch noch die Nummer zwei auf dem Weltmarkt schlucken zu wollen, den Luxemburger Stahlriesen Arcelor. Es entstünde ein Gigant, der mehr als hundert Millionen Tonnen Stahl jährlich schmieden würde. Seither tobt eine Übernahmeschlacht, wie Europa sie selten sah.
Die Fäden laufen hier am Berkeley Square zusammen zwischen abgeschrappten Kunstledersesseln und Pulverkaffeebeuteln zum Selbstaufbrühen. Eine Investorenkonferenz jagt das nächste Analysten-Meeting. Gewerkschafter müssen überzeugt werden, Banker begeistert, Toppolitiker beruhigt.
Mittal wirkt kampflustig und konzentriert. Riesige Hände, große Augen, jugendliche Begeisterung. Das Wasser holt er sich selbst aus dem Kühlschrank und trinkt es aus der Plastikflasche. Das Chaos um ihn herum scheint ihm Spaß zu machen.
SPIEGEL: Mr Mittal, Sie sind schon jetzt der größte Stahlunternehmer der Welt. Was soll es da bringen, noch größer zu werden, indem man die Nummer zwei kauft? Ist schiere Größe doch wichtig?
Mittal: Es geht nicht wirklich um Größe, sondern um Nachhaltigkeit. Die Frage ist: Wie soll die Zukunft der weltweiten Stahlindustrie aussehen?
SPIEGEL: Ihre Antwort?
Mittal: Prosperierende Volkswirtschaften wie China oder Indien, aber auch jene in Osteuropa, Afrika oder im Mittleren Osten sorgen künftig für stetiges Wachstum von drei bis vier Prozent. In der Vergangenheit fiel diese Rate deutlich niedriger aus. Diese Länder werden immer wichtiger. Jedes große Stahlunternehmen wird sowohl in Industrie- als auch in Schwellenländern präsent sein müssen.
SPIEGEL: Das Stahlgeschäft gilt als zyklisch ...
Mittal: ... wobei Konsolidierung die Schwankungen sehr stark mildern kann. Konzerne wie unserer, die dann mehr als hundert Millionen Tonnen Stahl pro Jahr produzieren, werden für Stabilität sorgen. Unsere Kunden und Lieferanten fusionieren und agieren global. Das müssen wir auch tun. Die Branche wird dadurch gewinnen und auch fähige Nachwuchsmanager anlocken. Stahl ist noch immer nicht so sexy, wie es sein könnte.
SPIEGEL: Arcelor will aber unabhängig bleiben und ist in Ihrer Gedankenwelt dann wohl so etwas wie die Vergangenheit.
Mittal: Arcelor weiß selbst, was Konsolidierung bedeutet. Der Konzern ist im Jahr 2002 aus der Fusion dreier europäischer Konzerne hervorgegangen. Aber das reicht nicht. Arcelor muss weitermarschieren. Mit uns. Und das bedeutet konsolidieren. Wie sah unsere Branche denn bislang aus?
SPIEGEL: Zersplittert, marode, arm an Gewinnen. Eine Pleite jagte die nächste.
Mittal: Eben. Schauen Sie sich dagegen Mittal Steel an. Unsere Zahlen stimmen. Wir haben überall auf der Welt erfolgreiche Turnarounds geschafft und schauen voller Zuversicht nach vorn.
SPIEGEL: Sie bieten für Arcelor bislang knapp 19 Milliarden Euro, davon aber nur ein Viertel in Bargeld, den Rest in Mittal-Aktien. Werden Sie noch aufstocken?
Mittal: Wir haben den Arcelor-Aktionären ein attraktives Angebot gemacht, das ihnen auch die Möglichkeit gibt, von unserem künftigen Wachstum zu profitieren. Wir glauben, dass die Mittal-Aktie noch viel Potential hat.
SPIEGEL: Das heißt konkret?
Mittal: Analysten haben das Kursziel seit unserem Angebot um durchschnittlich 38 Prozent erhöht. Die Mehrheit der Aktionäre steht unseren Plänen aufgeschlossen gegenüber. Ob sie am Ende für uns stimmen, werden wir in wenigen Wochen sehen. Ich bin zuversichtlich. Schon mit der Ankündigung des Deals haben wir ja riesige Werte geschaffen. Unsere Offerte ließ den Arcelor-Wert um rund sieben Milliarden Euro anschwellen. Auch wir und der Rest der Stahlindustrie profitierten davon. Der Deal könnte der Auslöser für eine Neubewertung der gesamten Branche sein.
SPIEGEL: Manche Aktionäre fordern einen höheren Bargeldanteil.
Mittal: Das ist ein Prozess, vergleichbar mit einem schlichten Autokauf: Da würde ich auch längere Garantiezeiten fordern, bessere Rabatte oder ein Jahr freien Sprit. Wir sind überzeugt, ein gutes Angebot vorgelegt zu haben und planen keine Änderung.
SPIEGEL: Warum diskutieren Sie das mit Arcelor-Chef Guy Dollé nicht einfach mal Auge in Auge?
Mittal: Das müssten Sie ihn fragen. Ich wäre jederzeit bereit, weil mir eine freundliche Übernahme lieber wäre als eine feindliche. Aber ich bekam noch keine Antwort von ihm.
SPIEGEL: Hat Sie der politische Gegenwind überrascht, auf den Sie stießen? Für manche Gewerkschafter und Politiker in Europa gelten Sie neuerdings als Bedrohung.
Mittal: Wann immer ich mich entschlossen habe, geschäftlich in einem bestimmten Land einzusteigen, war mir klar: Ich musste auch Regierung und Gesellschaft überzeugen, dass mein Engagement gut für das Land ist. Politiker sind doch immer sehr sensibel, wenn es um Wachstum, Arbeitsplätze und Investitionen geht. Ich verstehe das, will aber auch klarmachen, dass die Fusion gut für Europa und die gesamte Stahlbranche ist.
SPIEGEL: Es ist schon etwas anderes, ob man in Kasachstan eine rostige Stahlhütte kauft oder im Herzen Europas einen florierenden Konzern kapern möchte.
Mittal: Jeder Deal ist anders. Und in jedem Land werden Sie mit anderen Themen und Problemen konfrontiert. Außerdem wächst der europäische Stahlmarkt kaum noch. Wir verschaffen den Arcelor-Aktionären jedoch Zugang zu Wachstumsmärkten.
SPIEGEL: Arcelor beschäftigt auch in deutschen Stahlwerken wie etwa Eisenhüttenstadt rund 9200 Menschen. Werden Sie denen Jobgarantien geben?
Mittal: Der Fusion würde jedenfalls kein Arbeitsplatz zum Opfer fallen, denn wir übernehmen natürlich alle Versprechen und Verträge von Arcelor.
SPIEGEL: Luxemburg ist größter Einzelaktionär und Heimatland von Arcelor. Dort wird sogar überlegt, ein Gesetz zu ändern, um den Konzern vor Ihnen zu schützen.
Mittal: Die Idee stammt aus dem Kreis der dortigen Handelskammer. Ihr Initiator ist auch noch Angestellter von Arcelor. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Regierung von Luxemburg mit so einem Gesetz die komplette Finanzwelt verwirren oder gar enttäuschen möchte.
SPIEGEL: Kann so ein Gesetz das Ende Ihrer Übernahme-Träume bedeuten? Belegt es einen neuen Protektionismus?
Mittal: Luxemburg hat immer erklärt, dass es die EU-Erweiterung ebenso unterstütze wie wirtschaftliches Wachstum oder die Schaffung großer gemeinsamer Konzerne wie auch europäischer Champions. Insofern kann ich mir nicht vorstellen, dass die Regierung von Luxemburg eine solche Gesetzesforderung wirklich unterstützt.
SPIEGEL: Droht Ihnen das politische Geschrei bereits über den Kopf zu wachsen?
Mittal: Es hätte all dieser negativen Meinungen jedenfalls nicht bedurft. Hier sollen zwei Konzerne zu einem europäischen Champion mit globalem Anspruch verschmolzen werden. Nicht mehr, nicht weniger. Ich kann nicht erkennen, dass das dem europäischen Geist widerspricht.
SPIEGEL: Haben Sie den Ärger vielleicht auch, weil Sie als Inder im alten Europa besonders argwöhnisch betrachtet werden?
Mittal: Einige Reaktionen in manchen Medien machten mich zumindest sehr traurig.
SPIEGEL: Sie erleben Rassismus?
Mittal: So würde ich es nicht nennen.
SPIEGEL: Selbst die indische Regierung ist angesichts mancher Angriffe auf Ihre Person bereits alarmiert.
Mittal: Die sieht das Ganze aber auch im viel größeren Maßstab. Indien will in den nächsten Jahren schließlich wachsen, Richtung Europa, nach Westen. Da möchte man ähnliche Anwürfe nicht wieder erleben. Ich habe mich aber nie hilfesuchend an die Regierung in Delhi gewandt, auch wenn ich noch immer ausschließlich einen indischen Pass habe.
SPIEGEL: Gibt es eine speziell indische Art, Geschäfte zu machen?
Mittal: Nein, denn Indien - das ist ein Land mit so vielen Kulturen und Sprachen, dass man da nichts Typisches ausmachen kann. So wenig, wie es typisch Europäisches gibt. Zwei Inder können so unterschiedlich sein wie ein Nordnorweger und ein Süditaliener. In seiner Ausdehnung reicht Indien ja auch durchaus so weit.
SPIEGEL: Sie reisen eine Menge. Der US-Milliardär Wilbur Ross sagt, Ihre Vorstellung von Spaß sei es, "am Samstag eine Stahlhütte zu besuchen". Korrekt?
Mittal: (lacht) Wenn Sie erlauben, mache ich derlei Ausflüge auch sonntags. Aber im Ernst: Ich mag das tatsächlich. Schließlich bin ich in dem Gewerbe groß geworden. Stahl ist mein Leben.
SPIEGEL: Ihr Vater soll Sie mal gewarnt haben, der Tag, an dem man als Unternehmer auf sich aufmerksam mache, sei der Tag, an dem der eigene Abstieg beginne.
Mittal: Das habe ich - wie vieles andere - auch gelesen. Als ich ihn tags darauf fragte, ob er das gesagt habe, wies er es weit von sich. Ehrlich gesagt: Ich errege ja durchaus schon ein Jahrzehnt lang Aufmerksamkeit, wenn auch vielleicht eher in meiner Branche. In dieser Zeit hat sich Mittal Steel hervorragend entwickelt. Darüber freut sich auch mein Vater, der sich zwar aus dem Geschäft zurückgezogen hat, mir aber noch mit Rat zur Seite steht.
SPIEGEL: Woran denken Sie, wenn Sie sich Ihrer eigenen Jugend in dem indischen Dorf Sadulpur erinnern?
Mittal: Zuallererst an das schwere Leben damals. Als ich noch sehr jung war, lebten wir ohne Strom oder fließendes Wasser. Ich habe das nie vergessen.
SPIEGEL: Inwiefern hat Sie diese Armut geprägt?
Mittal: Als ich etwa sieben Jahre alt war, zogen wir nach Kalkutta in eine winzige Wohnung. Wir zogen immer wieder um, die Appartements wurden größer. Wenn ich heute in der Stadt zu tun habe, fahre ich manchmal zu all den Plätzen, wo ich schon gelebt habe. Ich zeige die auch meinen beiden Kindern. So in der Art: Schaut mal, hier lebte ich, als ich 7 war. Hier wohnten wir, als ich 14 war. Diese Dinge sind für mich sehr wichtig, weil sie mir zeigen, wie alles begann. Ich weiß noch, dass ich bei Regen durch knietiefes Wasser zur Schule waten musste. Ich kann und will das nicht vergessen. Man schöpft aus diesem Erfahrungsschatz auch für aktuelle Entscheidungen Kraft - nicht nur, wenn es darum geht, dass wir Universitäten oder soziale Einrichtungen fördern.
SPIEGEL: Denken Sie, dass Sie Indien etwas zurückgeben müssen?
Mittal: Ich möchte eigentlich allen Ländern, in denen wir aktiv sind, etwas zurückgeben. Ich fühle mich jeder dieser Nationen verpflichtet. Zum Beispiel übernahmen wir eine Stahlfirma im rumänischen Galati. Ich sprach dort mit dem Bischof, und er sagte, er hätte nur eine Kirche. Also bauten wir eine direkt vor dem Stahlwerk, weil die Arbeiter dort gern noch vorbeischauen vor Schichtbeginn. Mal sponsern wir ein Fußballteam in Rumänien, mal helfen wir in den USA nach dem Wirbelsturm "Katrina". In Indien finanzieren wir mehrere Universitäten und die Sportförderung. Wie Sie wissen, gewinnt Indien bei Olympia bislang nicht sonderlich viel. Das alles ist auch wichtig.
SPIEGEL: Als Sie vor einigen Jahren Tony Blairs Labour Party Geld spendeten, gerieten Sie in die Schlagzeilen, weil es plötzlich nach Bestechung roch. Blair soll sich danach schriftlich für Sie starkgemacht haben, um Ihnen in Rumänien den Kauf eines Werks zu erleichtern.
Mittal: Ich mag Blair. Ich mag seine Visionen, seine Strategien. Aber zwischen der Geldspende und seiner Hilfe gab es keine Verbindung. Wir hatten den Deal schon gewonnen, als er seinen Brief schrieb.
SPIEGEL: Sind Sie im Grunde Ihres Herzens Sozialist oder spendeten Sie einfach der Regierungspartei, weil das effizienter ist?
Mittal: Sie müssen das anders sehen: Ich unterstütze Labour in diesem einen Land. Wenn man sich die Parteiprogramme anschaut, findet man wenig Unterschiede. Es ist also eine Sache des Führungspersonals.
SPIEGEL: Geschäftlich wollen Sie in den kommenden Jahren vor allem in Indien und China investieren. Welcher dieser erwachenden Riesen wird am Ende vorn sein?
Mittal: Beide können gewinnen. China hat bereits ein unglaubliches Wachstum gezeigt. Und wir haben viel Zeit damit verbracht, den Verantwortlichen dort in der Regierung unsere Strategie zu erklären. Wir sind wahrscheinlich die erste ausländische Firma, der es erlaubt wurde, gemeinsam mit dem Staat Hauptaktionär eines chinesischen Unternehmens zu werden. China wird sicher als Stahlkonsument wie -produzent weiter wachsen.
SPIEGEL: Ist Indiens Aufstieg schwieriger?
Mittal: Das hängt von der Branche ab, die man betrachtet. Das Stahlgeschäft hat viele Einflussfaktoren: Umweltfragen, Infrastrukturprobleme. Das ist deutlich schwieriger, als eine neue Software-Firma auf die Wiese zu stellen. Aber auch in unserer Branche verändert sich seit rund fünf Jahren viel in Indien. Die Bürokratie wird deutlich flexibler und schneller. Wachstumsraten von acht bis zehn Prozent machen mich zuversichtlich. Zudem hat Indien bereits jetzt eine sehr starke Mittelklasse und einen hohen Prozentsatz junger, gutausgebildeter Menschen.
SPIEGEL: Gibt es Länder, in denen Sie aus moralischen oder politischen Gründen nicht investieren würden? Nordkorea zum Beispiel?
Mittal: Solche Märkte sind für uns noch nicht offen. Aber wenn wir dort Werte schaffen könnten, würden wir es tun.
SPIEGEL: "Wir" - das sind vor allem Sie und Ihre Familie. 88 Prozent der Mittal-Aktien kontrolliert Ihr Clan. Ihr Sohn arbeitet ebenso im Konzern wie Ihre Tochter. Sind Familienunternehmen erfolgreicher?
Mittal: Die Antwort finden Sie bei sich zu Hause. In Deutschland gibt es den Gex, einen Aktienindex, der auf familiendominierten Aktiengesellschaften basiert und regelmäßig den Dax schlägt. Es ist also eine schlichte Tatsache, dass solche Unternehmen erfolgreicher sind.
SPIEGEL: Könnte eine Fusion von Mittal und Arcelor noch ein Familienunternehmen sein?
Mittal: Wir wollen auf jeden Fall mehr als 50 Prozent der Aktien halten. Sie müssen auch unterscheiden zwischen uns Familienbesitzern und dem Management, das schon heute dezentral und höchst professionell seinen Job erledigt. Der künftige 15- oder 16-köpfige Aufsichtsrat hätte nur drei Familienmitglieder. Der Rest wären Vertreter aus Ländern wie Frankreich, Luxemburg, Spanien und Belgien sowie Arbeitnehmervertreter.
SPIEGEL: Könnten Sie sich einen "Merger of Equals" vorstellen, also eine Ehe gleichberechtigter Konzerne?
Mittal: Ich denke, dass die Arcelor-Aktionäre von unserer Strategie am meisten hätten. Wir bringen Wachstum, weil wir in wachstumsstarken Schwellenländern und im Qualitätsmarkt Nordamerika präsent sind. Das hat Arcelor, das sein Geschäft zu 80 Prozent in Europa bestreitet, so nicht zu bieten.
SPIEGEL: Würden Sie jemals die Mehrheit an Mittal Steel verkaufen?
Mittal: Bedingung dieser Transaktion ist, dass wir 50,1 Prozent behalten. Das ist die heutige Position der Familie. Ich kann aber nicht für alle Zukunft sprechen.
SPIEGEL: Wird Ihr Sohn Aditya Ihr Nachfolger als Vorstandschef?
Mittal: Ich weiß es nicht. Aber er ist seit 1998 mein Partner und macht bislang einen exzellenten Job.
SPIEGEL: Er ist erst 30.
Mittal: Und? Stellen Sie Google-Gründer Larry Page in Frage, weil er erst 33 Jahre alt ist? Er hat sich bewiesen. Auch mein Sohn hat bereits gezeigt, was in ihm steckt.
SPIEGEL: Haben Sie jemals bereut, Ihren Reichtum so offen gezeigt zu haben wie beim Kauf Ihres Londoner Hauses oder bei den Hochzeiten Ihrer Kinder?
Mittal: Mir gefiel das Haus, und so habe ich es gekauft. Ich wusste nicht, dass es das teuerste weit und breit ist, bis ich es in der Zeitung las. Und was die Hochzeiten angeht: Die sind bei uns in Indien ein sehr, sehr wichtiges Ereignis, das entsprechend vier, fünf Tage lang gefeiert wird. Mein Sohn feierte an seinem Geburtsort Kalkutta, meine Tochter in Frankreich. Aber glauben Sie mir: Das hatte nichts mit unseren jetzigen Plänen zu tun, eine Konzernehe mit Arcelor anzustreben.
SPIEGEL: Sie gelten inzwischen als einer der reichsten Menschen der Welt. Empfinden Sie Stolz oder Genugtuung?
Mittal: Ab einem bestimmten Einkommen ändert sich durch Geld in Ihrem persönlichen Leben nichts mehr. Insofern spielt es für mich als Individuum auch keine Rolle.
SPIEGEL: Macht Geld glücklich?
Mittal: Ich denke, dass Erfolg glücklich macht.
SPIEGEL: Immerhin haben Ihre Eltern Ihnen einen außergewöhnlichen Vornamen gegeben.
Mittal: Lakshmi ist die hinduistische Gottheit des Wohlstands. Da bewies mein Vater doch ein recht gutes Gespür.
SPIEGEL: Mr Mittal, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Das Gespräch führten die SPIEGEL-Redakteure Frank Dohmen, Erich Follath und Thomas Tuma.