Wien, die ehemals zweitwichtigste und heuer stärkste Börse Europas, wird am 1. September 230 Jahre alt
Über Zeiten, in denen die Naschmarktfrauen Salat in wertlose Aktien einwickelten, und über bessere Zeiten
Gastkommentar von Johann Schmit, Senior Consultant der Wiener Börse
Die Wiege der Wiener Börse stand im Kaffeehaus – wo sonst? 1811 führte die Agiotage, der zügellose Umtausch von sich rasch entwertenden Blankozettel gegen Münzgeld, und die damit verbundene Winkelbörsereiterei zum Staatsbankrott. Diese Krise konnte erst nach dem endgültigen Sieg über Napoleon überwunden werden.
So kam es zuvor beim Bemühen das Wertpapiergeschäft von den Kaffeehäusern auf einen geregelten Markt zu bringen – nach einem erfolglosen Anlauf im Jahre 1761 zehn Jahre später - am 1. September 1771 unter Maria Theresia zum Marktstart der Wiener Börse. Sie ist als "staatliche Zwangsbörse" eine der ältesten der Welt.
So ist das heutige Internet-Caffee des E-Brokers und Day-Traders ein Augenzwinkern zurück in die vorbörsliche Zeit an der Donau.
Am 1. April 1816 wurden die Anteile der "Privilegierten österreichischen Nationalbank" als erste Aktie an der Wiener Börse zum Handel eingeführt. Einer der ersten Aktionäre war - typisch für die Musikstadt Wien - Ludwig van Beethoven.
Die erste Periode der Wiener Börse als "staatliche Zwangsbörse" wurde 1854 von der liberalen Ära der ersten Börsekammer, die bis 1875 dauerte, abgelöst.
Die jüngste Forderung von Aktionärsinteressenvertretern zwecks Liquiditätssteigerung den Aktienhandel ausschliesslich über die Börse abzuwickeln, ist daher auch nichts Neues unter der Börsensonne.
Ab 1867 erreichte die Wiener Börse eine prachtvolle Blüte bis zum jähen Ende 1873. Der zu rasche Übergang von Staatspapieren zu Aktien trieb die Spekulation zu lange vor sich her.
Mit dem Trinkduett "Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist" hat Johann Strauß der Stimmung des "Schwarzen Freitags" vom 9. Mai 1873 ein musikalisches Denkmal gesetzt. Ein historisches Ereignis schon deshalb, weil für den plötzlichen Zusammenbruch des Wiener Aktienmarkts erstmals der Ausdruck "Börsenkrach" geprägt wurde. Im übrigen gilt ein Prager Journalist als Vater dieses Fachbegriffes, der in der Folge rund um die Welt ging.
In der Nacht vom 9. auf dem 10. Mai 1873 wurden aus Aktien Papiere, in denen die Naschmarktfrauen den Salat einwickelten.
Das Niemandsland von Spekulationsrausch, Illusionen, verspielter Lüge und Hochleben ohne Arbeit war versunken. Der folgerichtige Kater nach dem kapitalen Rausch war ein reinigendes Gewitter für das "Hin- und Her- ohne Fortbewegen".
Der "Schwarze Freitag" war im Grunde ein heilsamer Schock. Er zwang Finanzpolitiker und Privatunternehmer über die neuzeitlichen Problematik des gleichzeitigen Wechselspiel von Währung, Bankwesens und Börse ernsthaft nachzudenken und sich über die oft unberechenbaren Phänomene der Wirtschaft mehr solides Wissen anzueignen. Dieser Tag war eine bittere Medizin für eine längere Therapie in der dann die k.u.k Monarchie noch einmal eine Blüte erlebte und nach London zum zweitwichtigsten Kapitalmarkt der Welt avancierte.
Es fällt auf, daß die Lasten der Zeit der "Grossen Depression" von 1873 bis 1879 mit dem Ausbau des Eisenbahnswesens schrittweise abgebaut wurde. Diese 9000 neuen Eisenbahnkilometer trugen nicht nur zu einem wachsenden Austausch von Gütern, sondern darüber hinaus zur Integration von Finanz- und Humankapital bei. Diese Faktormobilität liess in der Monarchie Arbeit von Niedriglohnländer in die Hochlohnregionen wandern und Kapital in die Gegenrichtung fließen.
Das neue Schienennetz bahnte nicht nur Gütern und Personen neue Wege, sondern führte vor allem zu einer Kommunikations- und Markterweiterung. Sie war das Internet und die EU-Erweiterung des vorvorherigen Jahrhunderts.
Der erste Weltkrieg, der Untergang der österreichisch-ungarischen Monarchie und die Inflation brachten entscheidende Veränderungen mit sich. Die Industrie der Ersten Republik Österreich hatte mit schweren Strukturproblemen zu kämpfen, denen viele Betriebe zum Opfer fielen. Am schwersten war wieder einmal der Mittelstand betroffen, der sein Vertauen in Staatspapiere und sonstige Obligationen mit dem Verlust eines Grossteils seines Vermögens bezahlen mußte. Dieser Schock erschütterte den Anleihemarkt auf viele Jahre.
Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde die Börse zunächst geschlossen. Erst 1916 wurde im Wertpapierbörsesaal ein sogenannter Privatverkehr zugelassen, um dem blühenden außerbörslichen Handel den Boden zu entziehen.
Ende 1919 wurde der offizielle Aktienhandel wieder aufgenommen. In der nun folgenden Inflationszeit erlebte die Börse wieder einen starken Zulauf und eine inflationsbedingte Hausse. Die sich stark entwertenden österreichischen Kronen flossen in den Aktien- und Devisenmarkt. Die Nachkriegshausse endete im März 1924 mit dem Ende der Franc-Spekulation. Die Hoffnung auf eine Abwertung des französischen Franc erfüllte sich jedoch auf Grund amerikanischer Finanzhilfe nicht. Die Verluste auf dem Devisenmarkt zogen auch den Aktienmarkt in Mitleidenschaft.
Die Aktienkurse erholten sich in Wien auch in den folgenden Jahren nur schwach.
Nach Einführung der Schilling-Währung im Jahre 1925 wurde ein Schlussstrich unter die Nachkriegsinflation gezogen. Die Folgen der Weltwirtschaftskrise und die Bankenzusammenbrüche beeinträchtigten den Börsenhandel in den folgenden Jahren stark und liessen nicht nur die Aktienkurse, sondern auch die Zahl der Börsenbesucher stark zurückgehen.
Die Sanierung der in Unordnung geratenen finanziellen Verhältnisse brachte eine tiefgreifende Umschichtung der Besitzstrukturen in der österreichischen Wirtschaft mit sich. Die Bankkonzerne entstanden. Damit trat für manche Industriezweige eine Entfremdung gegenüber dem Kapitalmarkt ein, während die den Banken nahestehenden Konzerngruppen systematisch anwuchsen.
Trotz des Zerfalls der Monarchie wurden nach dem Ersten Weltkrieg an der Wiener Börse eine beachtliche Zahl an Aktienwerten aus den ehemaligen Kronländern gehandelt. Von den 205 Listings des Jahres 1937 entfielen 75 ausländische aus den Nachfolgestaaten. Die Ostkompetenz des Wiener Finanzplatzes hat wirklich eine lang andauernde durchgehende Tradition.
Nach dem Zweiten Weltkrieg musste die aus den Trümmern neugeborene Republik sensible Bereiche aus strategischen Gründen vor dem Eigentumszugriff der Besatzungsmächte, vor allem der damaligen UdSSR, bewahren. Die kleinbetriebliche Struktur des Landes und eine Forcierung der Aussenfinanzierung mit Hilfe subventionierter Kredite und Darlehen liessen in den fünfziger Jahren die Wiener Börse im Wirtschaftswunderschatten darben. Im Mittelpunkt des Börsegeschehens stand daher der Rentenmarkt.
Anfang der Achtziger Jahre ging in Wien die Börsensonne wieder auf. Die erste Neuemission einer Aktiengesellschaft seit 1967 drehte 1983 das Image des Wiener Schottenrings von "einem Grenzdorf im Waldviertel" zu einem Marktplatz von internationalem Interesse. Von 1984 bis 1990 verzehnfachte sich die Börsenkapitalisierung. Wien erzielte die weltbeste Kursperformance (1985: plus 130 Prozent, 1989: plus 111 Prozent).
In den folgenden Jahren blieb Wien von den internationalen Rückschlägen wie "blutiger Montag" vom 19. Oktober 1987, Golfkrieg-Kursgemetzel, Moskauputsch und Jugoslawienkrise nicht verschont. Die Geduld der Österreich-Investoren wurde wieder auf eine harte Probe gestellt.
Heute stehen die Signale an der Wiener Börse wieder auf grün: Getragen von einer Privatisierungswelle, einer unternehmens- und investorenfreundlichen Kapitalmarktreform und einer Reihe von "vertrauensbildenden Maßnahmen". Die tiefgreifenden Reformen haben, wie beispielsweise die jüngste ATX-Entwicklung zeigt, gegriffen.
Den Rahmen dafür bietet eine kerngesunde Volkswirtschaft. Für Österreichs Wirtschaft sind die Auswirkungen der Ostphantasie viel positiver als ursprünglich erwartet. Von allen westlichen Industriestaaten hat Österreich bisher am stärksten von der neuen Situation in den Reformländern profitiert.
Ein Rückblick in eine fernere Vergangenheit zeigt, dass sich die produktive Leistung der österreichischen Wirtschaft und das durchschnittliche Wohlstandsniveau der Österreicher in den letzten Jahrzehnten sich vervielfachte.
Die besten Rahmenbedingungen, wie gesunde Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie optimale Strukturen, würden die österreichische Erfolgsstory nur zur Hälfte erklären. Ohne die menschliche Komponente wäre alles nichts. Schon in der Monarchie und in der Ersten Republik galten die Österreicher als gebildet, verlässlich, geschickt, ausdauernd und eher der Qualität als der Quantität verpflichtet. Vielleicht steht hinter dem österreichischem Erfolg eine gelungene Kombination aus germanischer Gründlichkeit, slawischer Erdverbundenheit mit romanischer Lebensfreude. Dazu kommen menschliche Konzilianz und die Bereitschaft zum Kompromiss in Streitfragen.
Das Endergebnis heisst jedenfalls Produktivität plus Lebensqualität. Der typische Österreicher ist seiner Mentalität gemäss eher bescheiden und schätzt es nicht, über seine Verhältnisse zu leben. Daraus folgt eine hohe Sparneigung, die Spielraum für eine der höchsten Investitionsquoten der westlichen Welt schafft.
Also nochmals alles Gute
jo.
Über Zeiten, in denen die Naschmarktfrauen Salat in wertlose Aktien einwickelten, und über bessere Zeiten
Gastkommentar von Johann Schmit, Senior Consultant der Wiener Börse
Die Wiege der Wiener Börse stand im Kaffeehaus – wo sonst? 1811 führte die Agiotage, der zügellose Umtausch von sich rasch entwertenden Blankozettel gegen Münzgeld, und die damit verbundene Winkelbörsereiterei zum Staatsbankrott. Diese Krise konnte erst nach dem endgültigen Sieg über Napoleon überwunden werden.
So kam es zuvor beim Bemühen das Wertpapiergeschäft von den Kaffeehäusern auf einen geregelten Markt zu bringen – nach einem erfolglosen Anlauf im Jahre 1761 zehn Jahre später - am 1. September 1771 unter Maria Theresia zum Marktstart der Wiener Börse. Sie ist als "staatliche Zwangsbörse" eine der ältesten der Welt.
So ist das heutige Internet-Caffee des E-Brokers und Day-Traders ein Augenzwinkern zurück in die vorbörsliche Zeit an der Donau.
Am 1. April 1816 wurden die Anteile der "Privilegierten österreichischen Nationalbank" als erste Aktie an der Wiener Börse zum Handel eingeführt. Einer der ersten Aktionäre war - typisch für die Musikstadt Wien - Ludwig van Beethoven.
Die erste Periode der Wiener Börse als "staatliche Zwangsbörse" wurde 1854 von der liberalen Ära der ersten Börsekammer, die bis 1875 dauerte, abgelöst.
Die jüngste Forderung von Aktionärsinteressenvertretern zwecks Liquiditätssteigerung den Aktienhandel ausschliesslich über die Börse abzuwickeln, ist daher auch nichts Neues unter der Börsensonne.
Ab 1867 erreichte die Wiener Börse eine prachtvolle Blüte bis zum jähen Ende 1873. Der zu rasche Übergang von Staatspapieren zu Aktien trieb die Spekulation zu lange vor sich her.
Mit dem Trinkduett "Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist" hat Johann Strauß der Stimmung des "Schwarzen Freitags" vom 9. Mai 1873 ein musikalisches Denkmal gesetzt. Ein historisches Ereignis schon deshalb, weil für den plötzlichen Zusammenbruch des Wiener Aktienmarkts erstmals der Ausdruck "Börsenkrach" geprägt wurde. Im übrigen gilt ein Prager Journalist als Vater dieses Fachbegriffes, der in der Folge rund um die Welt ging.
In der Nacht vom 9. auf dem 10. Mai 1873 wurden aus Aktien Papiere, in denen die Naschmarktfrauen den Salat einwickelten.
Das Niemandsland von Spekulationsrausch, Illusionen, verspielter Lüge und Hochleben ohne Arbeit war versunken. Der folgerichtige Kater nach dem kapitalen Rausch war ein reinigendes Gewitter für das "Hin- und Her- ohne Fortbewegen".
Der "Schwarze Freitag" war im Grunde ein heilsamer Schock. Er zwang Finanzpolitiker und Privatunternehmer über die neuzeitlichen Problematik des gleichzeitigen Wechselspiel von Währung, Bankwesens und Börse ernsthaft nachzudenken und sich über die oft unberechenbaren Phänomene der Wirtschaft mehr solides Wissen anzueignen. Dieser Tag war eine bittere Medizin für eine längere Therapie in der dann die k.u.k Monarchie noch einmal eine Blüte erlebte und nach London zum zweitwichtigsten Kapitalmarkt der Welt avancierte.
Es fällt auf, daß die Lasten der Zeit der "Grossen Depression" von 1873 bis 1879 mit dem Ausbau des Eisenbahnswesens schrittweise abgebaut wurde. Diese 9000 neuen Eisenbahnkilometer trugen nicht nur zu einem wachsenden Austausch von Gütern, sondern darüber hinaus zur Integration von Finanz- und Humankapital bei. Diese Faktormobilität liess in der Monarchie Arbeit von Niedriglohnländer in die Hochlohnregionen wandern und Kapital in die Gegenrichtung fließen.
Das neue Schienennetz bahnte nicht nur Gütern und Personen neue Wege, sondern führte vor allem zu einer Kommunikations- und Markterweiterung. Sie war das Internet und die EU-Erweiterung des vorvorherigen Jahrhunderts.
Der erste Weltkrieg, der Untergang der österreichisch-ungarischen Monarchie und die Inflation brachten entscheidende Veränderungen mit sich. Die Industrie der Ersten Republik Österreich hatte mit schweren Strukturproblemen zu kämpfen, denen viele Betriebe zum Opfer fielen. Am schwersten war wieder einmal der Mittelstand betroffen, der sein Vertauen in Staatspapiere und sonstige Obligationen mit dem Verlust eines Grossteils seines Vermögens bezahlen mußte. Dieser Schock erschütterte den Anleihemarkt auf viele Jahre.
Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde die Börse zunächst geschlossen. Erst 1916 wurde im Wertpapierbörsesaal ein sogenannter Privatverkehr zugelassen, um dem blühenden außerbörslichen Handel den Boden zu entziehen.
Ende 1919 wurde der offizielle Aktienhandel wieder aufgenommen. In der nun folgenden Inflationszeit erlebte die Börse wieder einen starken Zulauf und eine inflationsbedingte Hausse. Die sich stark entwertenden österreichischen Kronen flossen in den Aktien- und Devisenmarkt. Die Nachkriegshausse endete im März 1924 mit dem Ende der Franc-Spekulation. Die Hoffnung auf eine Abwertung des französischen Franc erfüllte sich jedoch auf Grund amerikanischer Finanzhilfe nicht. Die Verluste auf dem Devisenmarkt zogen auch den Aktienmarkt in Mitleidenschaft.
Die Aktienkurse erholten sich in Wien auch in den folgenden Jahren nur schwach.
Nach Einführung der Schilling-Währung im Jahre 1925 wurde ein Schlussstrich unter die Nachkriegsinflation gezogen. Die Folgen der Weltwirtschaftskrise und die Bankenzusammenbrüche beeinträchtigten den Börsenhandel in den folgenden Jahren stark und liessen nicht nur die Aktienkurse, sondern auch die Zahl der Börsenbesucher stark zurückgehen.
Die Sanierung der in Unordnung geratenen finanziellen Verhältnisse brachte eine tiefgreifende Umschichtung der Besitzstrukturen in der österreichischen Wirtschaft mit sich. Die Bankkonzerne entstanden. Damit trat für manche Industriezweige eine Entfremdung gegenüber dem Kapitalmarkt ein, während die den Banken nahestehenden Konzerngruppen systematisch anwuchsen.
Trotz des Zerfalls der Monarchie wurden nach dem Ersten Weltkrieg an der Wiener Börse eine beachtliche Zahl an Aktienwerten aus den ehemaligen Kronländern gehandelt. Von den 205 Listings des Jahres 1937 entfielen 75 ausländische aus den Nachfolgestaaten. Die Ostkompetenz des Wiener Finanzplatzes hat wirklich eine lang andauernde durchgehende Tradition.
Nach dem Zweiten Weltkrieg musste die aus den Trümmern neugeborene Republik sensible Bereiche aus strategischen Gründen vor dem Eigentumszugriff der Besatzungsmächte, vor allem der damaligen UdSSR, bewahren. Die kleinbetriebliche Struktur des Landes und eine Forcierung der Aussenfinanzierung mit Hilfe subventionierter Kredite und Darlehen liessen in den fünfziger Jahren die Wiener Börse im Wirtschaftswunderschatten darben. Im Mittelpunkt des Börsegeschehens stand daher der Rentenmarkt.
Anfang der Achtziger Jahre ging in Wien die Börsensonne wieder auf. Die erste Neuemission einer Aktiengesellschaft seit 1967 drehte 1983 das Image des Wiener Schottenrings von "einem Grenzdorf im Waldviertel" zu einem Marktplatz von internationalem Interesse. Von 1984 bis 1990 verzehnfachte sich die Börsenkapitalisierung. Wien erzielte die weltbeste Kursperformance (1985: plus 130 Prozent, 1989: plus 111 Prozent).
In den folgenden Jahren blieb Wien von den internationalen Rückschlägen wie "blutiger Montag" vom 19. Oktober 1987, Golfkrieg-Kursgemetzel, Moskauputsch und Jugoslawienkrise nicht verschont. Die Geduld der Österreich-Investoren wurde wieder auf eine harte Probe gestellt.
Heute stehen die Signale an der Wiener Börse wieder auf grün: Getragen von einer Privatisierungswelle, einer unternehmens- und investorenfreundlichen Kapitalmarktreform und einer Reihe von "vertrauensbildenden Maßnahmen". Die tiefgreifenden Reformen haben, wie beispielsweise die jüngste ATX-Entwicklung zeigt, gegriffen.
Den Rahmen dafür bietet eine kerngesunde Volkswirtschaft. Für Österreichs Wirtschaft sind die Auswirkungen der Ostphantasie viel positiver als ursprünglich erwartet. Von allen westlichen Industriestaaten hat Österreich bisher am stärksten von der neuen Situation in den Reformländern profitiert.
Ein Rückblick in eine fernere Vergangenheit zeigt, dass sich die produktive Leistung der österreichischen Wirtschaft und das durchschnittliche Wohlstandsniveau der Österreicher in den letzten Jahrzehnten sich vervielfachte.
Die besten Rahmenbedingungen, wie gesunde Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie optimale Strukturen, würden die österreichische Erfolgsstory nur zur Hälfte erklären. Ohne die menschliche Komponente wäre alles nichts. Schon in der Monarchie und in der Ersten Republik galten die Österreicher als gebildet, verlässlich, geschickt, ausdauernd und eher der Qualität als der Quantität verpflichtet. Vielleicht steht hinter dem österreichischem Erfolg eine gelungene Kombination aus germanischer Gründlichkeit, slawischer Erdverbundenheit mit romanischer Lebensfreude. Dazu kommen menschliche Konzilianz und die Bereitschaft zum Kompromiss in Streitfragen.
Das Endergebnis heisst jedenfalls Produktivität plus Lebensqualität. Der typische Österreicher ist seiner Mentalität gemäss eher bescheiden und schätzt es nicht, über seine Verhältnisse zu leben. Daraus folgt eine hohe Sparneigung, die Spielraum für eine der höchsten Investitionsquoten der westlichen Welt schafft.
Also nochmals alles Gute
jo.