Aktie der HypoVereinsbank wird aufgespalten
Die Aktionäre des Münchner Geldhauses werden bald Teilhaber eines weiteren Unternehmens sein: der Hypo Real Estate Group. Diese Abspaltung enthält die gewerblichen Immobilien-Aktivitäten der Muttergesellschaft. Von Martin Reim
(SZ vom 23.09.2003) — Nach Börsenschluss am 3. Oktober wird Aktionären der HypoVereinsbank (HVB) für je vier Anteilsscheine zusätzlich eine Aktie der Hypo Real Estate (HRE) in die Depots eingebucht. Ab 6. Oktober sind die HRE-Papiere dann an der Börse handelbar.
Wer eine Anzahl von HVB-Aktien hat, die nicht durch vier teilbar ist, kann entweder seine überzähligen Anrechte verkaufen oder zusätzliche Anrechte ordern. Beides wird bis zum 7. Januar 2004 möglich sein.
Grund der anstehenden Transaktion: Die HVB spaltet fast alle ihre gewerblichen Immobilienaktivitäten in Gestalt dieses Unternehmens ab, um den Umfang ihres Kreditportfolios zu vermindern und sich anderen Geschäftsbereichen intensiver zu widmen.
Sie wird nach dem Börsengang keine Anteile mehr an der Firma halten. Für die Anleger ist die Einbuchung theoretisch ein Nullsummenspiel – sie müssen nichts bezahlen, bekommen aber auch nichts geschenkt.
Zahlenspiele
Die HRE erhält nämlich ein Fünftel des Eigenkapitals der HVB. Deshalb müssten die HVB-Aktien rein rechnerisch ein Fünftel ihres Wertes verlieren, während das HRE-Papier den neuen Wert der HVB-Titel als Erstnotiz erhält.
Dazu ein Rechenbeispiel: Angesichts eines aktuellen HVB-Kurses von rund 17 Euro sänke dieser Wert im Zuge der Transaktion auf 13,60 Euro, während die HRE-Aktie ebenfalls einen Kurs von 13,60 Euro hätte. In dieser Region sehen die Analysten von J.P. Morgan (14,50 Euro) und Merck Finck (14 Euro) denn auch den fairen Wert des HRE-Titels. Sal. Oppenheim taxiert das Papier zwischen 11 und 15 Euro.
In der Praxis werden sich die Zahlen allerdings vermutlich ganz anders entwickeln, weil sich der Kurs nicht durch Rechenexempel, sondern aus Angebot und Nachfrage ergibt. Und hier erwartet beispielsweise die Analysten der Privatbank Merck Finck, dass sich die Notierung der HVB nach der Abspaltung weniger absenken wird, als dies kalkulatorisch zu erwarten ist.
Begründung: Investoren würden die Abspaltung als „langfristige und strategische Verbesserung des Geschäftsmodells“ der HypoVereinsbank werten. Denn das gewerbliche Immobiliengeschäft habe mehrmals eine erhebliche zusätzliche Risikovorsorge benötigt.
Umgekehrt prognostiziert Merck Finck, dass der Kurs von HRE unter den theoretisch angemessenen Wert fallen wird. Argument: Viele Anleger würden zumindest in den Anfangsmonaten die eingebuchten Aktien verkaufen – sei es, weil sie eine reine Immobilienaktie nicht halten wollten, sei es, weil sie erwarten, dass alle anderen verkaufen. Die Analysten empfehlen deshalb, die HRE-Aktie abzustoßen.
Merck Finck verweist in diesem Zusammenhang auf das Beispiel der Aareal Bank. Sie entstand Mitte vergangenen Jahres ebenfalls durch eine Unternehmens-Aufspaltung. Die Depfa Bank teilte sich damals in die Depfa plc mit Sitz in Dublin und die deutsche Aareal. Bis März dieses Jahres sank der Kurs von Aareal um fast die Hälfte.
Allerdings zog er seitdem kräftig an und steht derzeit sogar leicht über seinem Ausgangsniveau. Auch in anderer Hinsicht könnte Aareal als eher positives Beispiel für die HRE dienen. Die Depfa musste wegen ihrer Aufspaltung den MDax verlassen, doch kehrte die Aareal bei nächster Gelegenheit in den Index zurück.
Die HRE kann sich ebenfalls Chancen auf eine Mitgliedschaft in dem Börsenbarometer ausrechnen: Ihre Marktkapitalisierung käme bei einem Kurs von 13,60 Euro auf 1,8 Milliarden Euro. Das würde in etwa für Platz 20 in dem 50 Werte umfassenden Nebenwerte-Index reichen.
Freistaat denkt langfristig
Nach übereinstimmender Ansicht hängt die Entwicklung der HRE-Aktie in der Anfangszeit ganz wesentlich vom Verhalten der HVB-Großaktionäre ab. Denn wenn sie Papiere abgeben würden, wäre ein Kursrutsch kaum zu verhindern.
Die Münchener Rück, mit 25,7 Prozent die wichtigste Anteilseignerin, hat sich bislang nicht festgelegt, was sie mit den zusätzlichen Papieren anfangen will. Eine Sprecherin der Versicherungskonzerns wollte auf Anfrage nicht einmal mitteilen, wann sich ihr Haus in dieser Frage äußern wird.
Eine Sprecherin des Bayerischen Finanzministeriums war hingegen zu einer Auskunft bereit. Ihr Haus verwaltet das Vermögen für die Bayerische Landesstiftung und die Bayerische Forschungsstiftung, die insgesamt 5,21 Prozent der HVB-Aktien besitzen und damit die zweitgrößten Anteilseigner sind.
Nach Angaben der Sprecherin gibt es bei HVB- wie bei HRE-Aktien das „Ziel einer langfristigen Vermögensumschichtung im Falle einer positiven Kursentwicklung“. Zu weiteren Erklärungen war sie nicht bereit.
Das Finanzministerium hatte schon früher angekündigt, es wolle den Bestand an HVB-Aktien reduzieren, falls der Kurs über 65 Euro steigen würde. Dies bedeutete im Vergleich zum heutigen Wert in etwa eine Vervierfachung. Konsequenz: Falls ähnliche Regeln für die HRE-Papiere gelten sollten, wäre eine lange Haltefrist wohl programmiert.
Keine Stellungnahme war bis Redaktionsschluss von der mit 5,13 Prozent drittgrößten Anteilseignerin zu erhalten, der „Privatstiftung zur Verwaltung von Anteilsrechten“ mit Sitz in Wien. Sie hatte ihre HVB-Aktien im Zuge der Übernahme der Bank Austria durch die Bayern erhalten.
Die Aktionäre des Münchner Geldhauses werden bald Teilhaber eines weiteren Unternehmens sein: der Hypo Real Estate Group. Diese Abspaltung enthält die gewerblichen Immobilien-Aktivitäten der Muttergesellschaft. Von Martin Reim
(SZ vom 23.09.2003) — Nach Börsenschluss am 3. Oktober wird Aktionären der HypoVereinsbank (HVB) für je vier Anteilsscheine zusätzlich eine Aktie der Hypo Real Estate (HRE) in die Depots eingebucht. Ab 6. Oktober sind die HRE-Papiere dann an der Börse handelbar.
Wer eine Anzahl von HVB-Aktien hat, die nicht durch vier teilbar ist, kann entweder seine überzähligen Anrechte verkaufen oder zusätzliche Anrechte ordern. Beides wird bis zum 7. Januar 2004 möglich sein.
Grund der anstehenden Transaktion: Die HVB spaltet fast alle ihre gewerblichen Immobilienaktivitäten in Gestalt dieses Unternehmens ab, um den Umfang ihres Kreditportfolios zu vermindern und sich anderen Geschäftsbereichen intensiver zu widmen.
Sie wird nach dem Börsengang keine Anteile mehr an der Firma halten. Für die Anleger ist die Einbuchung theoretisch ein Nullsummenspiel – sie müssen nichts bezahlen, bekommen aber auch nichts geschenkt.
Zahlenspiele
Die HRE erhält nämlich ein Fünftel des Eigenkapitals der HVB. Deshalb müssten die HVB-Aktien rein rechnerisch ein Fünftel ihres Wertes verlieren, während das HRE-Papier den neuen Wert der HVB-Titel als Erstnotiz erhält.
Dazu ein Rechenbeispiel: Angesichts eines aktuellen HVB-Kurses von rund 17 Euro sänke dieser Wert im Zuge der Transaktion auf 13,60 Euro, während die HRE-Aktie ebenfalls einen Kurs von 13,60 Euro hätte. In dieser Region sehen die Analysten von J.P. Morgan (14,50 Euro) und Merck Finck (14 Euro) denn auch den fairen Wert des HRE-Titels. Sal. Oppenheim taxiert das Papier zwischen 11 und 15 Euro.
In der Praxis werden sich die Zahlen allerdings vermutlich ganz anders entwickeln, weil sich der Kurs nicht durch Rechenexempel, sondern aus Angebot und Nachfrage ergibt. Und hier erwartet beispielsweise die Analysten der Privatbank Merck Finck, dass sich die Notierung der HVB nach der Abspaltung weniger absenken wird, als dies kalkulatorisch zu erwarten ist.
Begründung: Investoren würden die Abspaltung als „langfristige und strategische Verbesserung des Geschäftsmodells“ der HypoVereinsbank werten. Denn das gewerbliche Immobiliengeschäft habe mehrmals eine erhebliche zusätzliche Risikovorsorge benötigt.
Umgekehrt prognostiziert Merck Finck, dass der Kurs von HRE unter den theoretisch angemessenen Wert fallen wird. Argument: Viele Anleger würden zumindest in den Anfangsmonaten die eingebuchten Aktien verkaufen – sei es, weil sie eine reine Immobilienaktie nicht halten wollten, sei es, weil sie erwarten, dass alle anderen verkaufen. Die Analysten empfehlen deshalb, die HRE-Aktie abzustoßen.
Merck Finck verweist in diesem Zusammenhang auf das Beispiel der Aareal Bank. Sie entstand Mitte vergangenen Jahres ebenfalls durch eine Unternehmens-Aufspaltung. Die Depfa Bank teilte sich damals in die Depfa plc mit Sitz in Dublin und die deutsche Aareal. Bis März dieses Jahres sank der Kurs von Aareal um fast die Hälfte.
Allerdings zog er seitdem kräftig an und steht derzeit sogar leicht über seinem Ausgangsniveau. Auch in anderer Hinsicht könnte Aareal als eher positives Beispiel für die HRE dienen. Die Depfa musste wegen ihrer Aufspaltung den MDax verlassen, doch kehrte die Aareal bei nächster Gelegenheit in den Index zurück.
Die HRE kann sich ebenfalls Chancen auf eine Mitgliedschaft in dem Börsenbarometer ausrechnen: Ihre Marktkapitalisierung käme bei einem Kurs von 13,60 Euro auf 1,8 Milliarden Euro. Das würde in etwa für Platz 20 in dem 50 Werte umfassenden Nebenwerte-Index reichen.
Freistaat denkt langfristig
Nach übereinstimmender Ansicht hängt die Entwicklung der HRE-Aktie in der Anfangszeit ganz wesentlich vom Verhalten der HVB-Großaktionäre ab. Denn wenn sie Papiere abgeben würden, wäre ein Kursrutsch kaum zu verhindern.
Die Münchener Rück, mit 25,7 Prozent die wichtigste Anteilseignerin, hat sich bislang nicht festgelegt, was sie mit den zusätzlichen Papieren anfangen will. Eine Sprecherin der Versicherungskonzerns wollte auf Anfrage nicht einmal mitteilen, wann sich ihr Haus in dieser Frage äußern wird.
Eine Sprecherin des Bayerischen Finanzministeriums war hingegen zu einer Auskunft bereit. Ihr Haus verwaltet das Vermögen für die Bayerische Landesstiftung und die Bayerische Forschungsstiftung, die insgesamt 5,21 Prozent der HVB-Aktien besitzen und damit die zweitgrößten Anteilseigner sind.
Nach Angaben der Sprecherin gibt es bei HVB- wie bei HRE-Aktien das „Ziel einer langfristigen Vermögensumschichtung im Falle einer positiven Kursentwicklung“. Zu weiteren Erklärungen war sie nicht bereit.
Das Finanzministerium hatte schon früher angekündigt, es wolle den Bestand an HVB-Aktien reduzieren, falls der Kurs über 65 Euro steigen würde. Dies bedeutete im Vergleich zum heutigen Wert in etwa eine Vervierfachung. Konsequenz: Falls ähnliche Regeln für die HRE-Papiere gelten sollten, wäre eine lange Haltefrist wohl programmiert.
Keine Stellungnahme war bis Redaktionsschluss von der mit 5,13 Prozent drittgrößten Anteilseignerin zu erhalten, der „Privatstiftung zur Verwaltung von Anteilsrechten“ mit Sitz in Wien. Sie hatte ihre HVB-Aktien im Zuge der Übernahme der Bank Austria durch die Bayern erhalten.