HV-Bericht Thiel Logistik AG
Die Thiel Logistik AG, eine am Frankfurter Neuen Markt notierte Gesellschaft Luxemburger Rechts, lud am 14. März 2001 zu einer ordentlichen sowie einer außerordentlichen Hauptversammlung ins Hémicycle (Sitzungssaal des Europäischen Parlaments) des Centre Conférence auf dem Kirchberg in der Stadt Luxemburg ein.
Michael Holz für GSC Research fand sich als Ortskundiger rechtzeitig am Versammlungsort ein. Da jedoch die Baustellensituation und die Beschilderung für die Teilnehmer nicht besonders hilfreich bei der Anreise waren, wurde die HV erst mit ca. 20 Minuten Verspätung um 10:20 Uhr durch den Vorsitzenden des Beirats der Thiel Logistik AG, Rechtsanwalt Josef Ting, eröffnet. Zur Einleitung wurde ein Video vorgeführt, welches das Unternehmen und seine Visionen eindrucksvoll präsentierte.
Die Thiel Logistik AG war die erfolgreichste Neuemission des Jahres 2000 am Neuen Markt und steht auch derzeit noch wie ein Fels in der Brandung des stürmischen Börsenumfelds. Außerdem ist das Unternehmen einer Umfrage der Wirtschaftswoche zufolge der Lieblingswert professioneller Analysten.
Die Beziehungen des Unternehmens zur benachbarten deutschen Stadt Trier sind schon deshalb sehr eng, weil der Unternehmensgründer und Namensgeber Günter Thiel aus Trier stammt. Dieser hatte seine regionale Affinität schon im Vorfeld des Börsengangs durch eine große Unternehmenspräsentation zusammen mit der Landesbank Rheinland-Pfalz und den regionalen Sparkassen in der Messeparkhalle in Trier zum Ausdruck gebracht.
Bericht des Vorstands
Das Unternehmen ist in vier Geschäftsbereichen tätig, welche in vielfacher Weise „old economy“ und „new economy“ miteinander verbinden: Kontraktlogistik/E-Logistik (Umsatz 2000: 254,6 Mio. Euro), Value-Added-Services (116,1 Mio. Euro), IT-Lösungen/e-commerce-Abwicklung für Kunden (35,4 Mio. Euro) und HealthCare-Logistics (42,8 Mio. Euro).
Das derzeit zweitwichtigste Geschäftsfeld, die Value-Added-Services, umfasst dabei eine Vielzahl von Dienstleistungen nach dem Prinzip „Alles aus einer Hand“: Warenservice, Administration, Personalservice, Finanzdienstleistungen (Buchführung, Fakturierung, Bonitätsprüfung, Inkasso), Qualitäts- und Umweltmanagement. Im Zuge einer umfassenden Margenfocussierung will sich die Thiel Logistik AG zukünftig allerdings verstärkt den Bereichen HealthCare-Logistics sowie IT-Lösungen/e-commerce zuwenden.
Der Umsatzanteil dieser beiden margenstarken Bereiche soll daher von ca. 18 Prozent im vergangenen Jahr auf ca. 50 Prozent im Jahr 2003 steigen. Der Gewinnanteil (gemessen am EBIT, Gewinn vor Zinsen und Steuern) soll in diesem Zeitraum von 26 Prozent auf 62 Prozent ausgeweitet werden. Insgesamt wird angestrebt, die EBIT-Marge von 7 Prozent im Jahr 2000 über 8 bzw. 9 Prozent (2001 bzw. 2002) auf 10 Prozent im Jahr 2003 zu steigern.
Im Geschäftsjahr 2000 weist der Konzernjahresabschluss einen Gesamtumsatz von 448,9 Mio. Euro und ein EBIT von 31,2 Mio. Euro sowie - aufgrund der niedrigeren Steuerbelastung in Luxemburg - ein Konzernergebnis von 22,5 Mio. Euro aus. Das Ergebnis pro Aktie vor Gratisaktien betrug 1,40 Euro (1,78 Euro nach DVFA).
Aufgrund der hervorragenden Geschäftsentwicklung sowie der Vielzahl an realisierten Übernahmen seit dem Börsengang vor einem Jahr wurden die Planzahlen mehrfach angehoben. Zum Börsengang hatte der Konsortialführer Landesbank Rheinland-Pfalz in einer Studie vom Februar 2000 lediglich einen Umsatz von 255,8 Mio. Euro sowie ein EBIT von 23,0 Mio. Euro für das Geschäftsjahr 2000 prognostiziert.
Am 12. März 2001, zwei Tage vor der Hauptversammlung, veröffentlichte das Unternehmen in einer ad-hoc-Mitteilung nach Übernahme von 95 Prozent der Logistiktöchter der Heidelberger Zement AG die überarbeiteten Planzahlen. Diese sehen für die Jahre 2001/2002/2003 Umsätze von 830/1.110/1.400 Mio. Euro vor, bei gleichzeitiger Erhöhung des EBIT auf 66/100/142 Mio. Euro.
Getreu der Aussage von Günter Thiel aus dem Gründungsjahr 1985 gilt: „Wir versprechen nur, was wir auch halten.“ Das prognostizierte durchschnittliche jährliche Umsatzwachstum (CAGR) für die Jahre 1999 bis 2003 betrug zum Börsengang 53 Prozent, bei der ersten Überarbeitung Ende 2000 bereits 74 Prozent und nach den neuesten Berechnungen 87 Prozent. Für das durchschnittliche Gewinnwachstum in diesem Zeitraum wurden die Zahlen von 84 Prozent über 110 Prozent auf 116 Prozent angepasst.
Der Technikvorstand (CIO) Dietmar Ley präsentierte im Anschluss an diese Ausführungen von Günter Thiel die Logistik-Trends der Zukunft für sein Unternehmen. Im Rahmen der angekündigten Branchenfocussierung wird sich die Thiel Logistik AG vom traditionellen Supply-Chain-Manager (entlang der Lieferkette des Kunden) zum „Value-Net-Manager“ weiterentwickeln.
Dieser vom Unternehmen selbst geprägte Begriff sieht den Auf- und Ausbau umfassender „Wertnetze“ für den Kunden vor. Die zentralen Komponenten sind dabei im Wesentlichen die Globalisierung bestehender Netzwerke, eine verstärkte Kundenintegration sowie Aspekte des e-business. Gerade im Bereich maßgeschneiderter logistischer IT-Lösungen wird für die Zukunft großes Wachstumspozential gesehen.
Hauptversammlung nach Luxemburger Recht
Einige Anmerkungen sollten noch zum Verlauf der Hauptversammlung selbst gemacht werden, da diese entsprechend dem Gesellschaftssitz nach Luxemburger Recht abgehalten wurde, wenn auch in deutscher Sprache. Zu den Besonderheiten gehörten die Eröffnung durch den Beiratsvorsitzenden Josef Ting (vergleichbar dem Aufsichtsrat) und die Versammlungsleitung durch den Verwaltungsratsvorsitzenden und CEO Günter Thiel.
Außerdem wurden sämtliche (!)Positionen von Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung des Einzelabschlusses der Thiel AG verlesen, welcher im Gegensatz zum Konzernabschluss nicht im ansonsten sehr umfangreichen Geschäftsbericht enthalten ist. Dieser war übrigens in gedruckter Form praktisch erst am Tag der Hauptversammlung erhältlich, was auch das in Luxemburg übliche Verlesen erklärt.
Des Weiteren trug der Wirtschaftsprüfer seinen Bericht auf der Hauptversammlung persönlich (!) vor. Der Notar verlas in der anschließenden außerordentlichen HV die kompletten Unterlagen zur Gründung der Gesellschaft, Veröffentlichung der Bekanntmachungen sowie die gesamte Tagesordnung, was über 15 Minuten in Anspruch nahm. Abgestimmt wurde über die Genehmigung des verlesenen Jahresabschlusses, die Verwendung des Ergebnisses, die Entlastung des Verwaltungsrats sowie des Wirtschaftsprüfers (!).
Unter dem Punkt „statutarische Ernennungen“ wurde auch der Verwaltungsrat (entsprechend dem Vorstand) neu gewählt. Im Zuge des Wandels der Thiel-Logistik-Gruppe in Richtung einer Holdingstruktur wurde dieses Gremium auf drei Personen verkleinert: Günter Thiel als CEO (Vorsitzender), Dietmar Ley als CIO (Technik) und Rodolphe Schoettel als CFO (Finanzen).
Allgemeine Aussprache
Wortmeldungen gab es nur vom Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK), was beweist, dass die Aktionäre rundherum mit der Entwicklung ihres Unternehmens und dessen Aktienkurses zufrieden sind. Anzumerken bleiben jedoch einige wenige Kritikpunkte.
Die Vielzahl der Akquisitionen sowie deren Größe bindet in nicht unerheblichem Umfang Managementkapazitäten und führt zu einer sehr verzweigten Konzernstruktur. Darüber hinaus fällt die Bilanzposition der kurzfristigen Verbindlichkeiten mit 181 Mio. Euro bei einer Bilanzsumme von 431 Mio. Euro ins Auge. Der Vorstand versicherte jedoch, dies sei eine bewusste Entscheidung, um günstige Zinskonditionen auszunutzen.
Es wurde zudem entgegnet, Übernahmen würden das Know-how und die Kapazität des Managements durch die Integration neuer, fähiger Köpfe eher verbessern denn belastend wirken. Ebenfalls auffällig sind die durch die Akquisitionen resultierenden Geschäfts- und Firmenwerte von 105 Mio. Euro, welche nach US-GAAP über die nächsten 10 bis 20 Jahre abzuschreiben sind. Aufgrund des durch diese Rechnungslegung festgelegten Umsatzkostenverfahrens sind diese Abschreibungen jedoch nicht als einheitlicher Kostenblock in der GuV ablesbar.
Abstimmungen
Die angereisten ca. 160 Aktionäre, Bankenvertreter und Gäste vertraten 62,58 Prozent des Grundkapitals und stimmten sämtlichen Tagesordnungspunkten mit 100 Prozent bzw. 99,99 Prozent zu. Die außerordentliche Hauptversammlung entschied über die Verlegung des HV-Termins auf den zweiten Mittwoch im April und die Ausgabe von Gratisaktien (durch Umwandlung von 60 Mio. Euro Kapitalrücklage) im Verhältnis 1:3 (danach 80 Mio. Euro, eingeteilt in 64 Mio. Stückaktien), womit der optisch hohe Kurs der Thiel-Aktie auf ein Viertel fallen wird.
Des Weiteren wurde abstimmt über die Aufstockung des genehmigten Kapitals auf 120 Mio. Euro zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, Managementoptionen (mit 5 bzw. 3 Jahren Veräußerungssperre) sowie Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlage. Dabei ergibt sich der wohl am Neuen Markt einmalige Nennwert der Aktien von 1,25 Euro dadurch, dass nach Luxemburger Recht ein rechnerischer Wert von mindestens 50 LUF eingehalten werden muss. Auch bei diesen TOP‘s gab es eine überwältigende Zustimmung.
Die Hauptversammlung endete gegen 13 Uhr, wobei schon die meisten Aktionäre direkt nach der Stimmabgabe den Weg ins Restaurant eine Etage tiefer angetreten hatten. Dieser anschließende „kleine Imbiss“, zu dem Günter Thiel die Aktionäre einlud, entschädigte für die lange Wartezeit während der Stimmenauszählung. Das kalte und warme Büfett sowie die gereichten Weine entsprachen dem hoch gelobten Standard der Luxemburger Küche und laden dazu ein, auch im nächsten Jahr die HV wieder zu besuchen.
Fazit und eigene Meinung
Das Unternehmenskonzept sowie die handelnden Personen hinterlassen einen sehr positiven Eindruck. Der beste Vertrauensbeweis in die Zukunft der Aktie ist die Aufstockung des Anteilsbesitzes des Managements in den letzten Monaten von 4,3 Prozent auf mittlerweile 6 Prozent. Zuletzt wurde am 22. März 2001 mitgeteilt, dass die beiden Mitglieder des Verwaltungsrats Ley und Schoettel jeweils 100.000 Aktien zu Kursen von 87,50 Euro erworben haben.
Auch wenn das Unternehmen selbst nur mit Prognosen für das EBIT aufwartet, so lassen sich doch aufgrund der Angaben die zukünftig erwarteten Gewinne pro Aktie und damit das KGV der Folgejahre ableiten. Berechnungen ergeben für die Jahre 2001 bis 2003 einen um die Gratisaktien bereinigten Jahresüberschuss pro Aktie von 0,70/1,10/1,50 Euro.
Trotz der angespannten Börsensituation sollten sich langfristig orientierte Anleger die Aktie zu Kursen unter 22 Euro, wie sie auch Günter Thiel und die weiteren Führungskräfte in den letzten Monaten gezahlt haben, ins Depot legen.
Das geschätzte KGV beträgt auf dieser Basis 31 für das laufende Jahr), 20 für 2002 und 15 für 2003. Dies sollte der Aktie auf Sicht von über einem Jahr - bei Erfüllung der Prognosen und zumindest nicht weiter fallenden Börsenkursen am Neuen Markt insgesamt - ein erhebliches Kurspotenzial von 50 bis 100 Prozent eröffnen, und dies selbst noch zu Bewertungsmaßstäben der „old economy“.
Kontaktadresse
Thiel Logistik AG
Zone Industrielle Potaschberg
5, an de Längten
L-6776 Grevenmacher
Telefon: 00352-719690-300
Telefax: 00352-719690-390
Email: info@thiel-logistik.com
Internet: www.thiel-logistik.com
Anmerkung: Die Zuteilung der Gratisaktien findet nach dem Stand am 23. März 2001 abends nach Börsenschluss statt.
Die Thiel Logistik AG, eine am Frankfurter Neuen Markt notierte Gesellschaft Luxemburger Rechts, lud am 14. März 2001 zu einer ordentlichen sowie einer außerordentlichen Hauptversammlung ins Hémicycle (Sitzungssaal des Europäischen Parlaments) des Centre Conférence auf dem Kirchberg in der Stadt Luxemburg ein.
Michael Holz für GSC Research fand sich als Ortskundiger rechtzeitig am Versammlungsort ein. Da jedoch die Baustellensituation und die Beschilderung für die Teilnehmer nicht besonders hilfreich bei der Anreise waren, wurde die HV erst mit ca. 20 Minuten Verspätung um 10:20 Uhr durch den Vorsitzenden des Beirats der Thiel Logistik AG, Rechtsanwalt Josef Ting, eröffnet. Zur Einleitung wurde ein Video vorgeführt, welches das Unternehmen und seine Visionen eindrucksvoll präsentierte.
Die Thiel Logistik AG war die erfolgreichste Neuemission des Jahres 2000 am Neuen Markt und steht auch derzeit noch wie ein Fels in der Brandung des stürmischen Börsenumfelds. Außerdem ist das Unternehmen einer Umfrage der Wirtschaftswoche zufolge der Lieblingswert professioneller Analysten.
Die Beziehungen des Unternehmens zur benachbarten deutschen Stadt Trier sind schon deshalb sehr eng, weil der Unternehmensgründer und Namensgeber Günter Thiel aus Trier stammt. Dieser hatte seine regionale Affinität schon im Vorfeld des Börsengangs durch eine große Unternehmenspräsentation zusammen mit der Landesbank Rheinland-Pfalz und den regionalen Sparkassen in der Messeparkhalle in Trier zum Ausdruck gebracht.
Bericht des Vorstands
Das Unternehmen ist in vier Geschäftsbereichen tätig, welche in vielfacher Weise „old economy“ und „new economy“ miteinander verbinden: Kontraktlogistik/E-Logistik (Umsatz 2000: 254,6 Mio. Euro), Value-Added-Services (116,1 Mio. Euro), IT-Lösungen/e-commerce-Abwicklung für Kunden (35,4 Mio. Euro) und HealthCare-Logistics (42,8 Mio. Euro).
Das derzeit zweitwichtigste Geschäftsfeld, die Value-Added-Services, umfasst dabei eine Vielzahl von Dienstleistungen nach dem Prinzip „Alles aus einer Hand“: Warenservice, Administration, Personalservice, Finanzdienstleistungen (Buchführung, Fakturierung, Bonitätsprüfung, Inkasso), Qualitäts- und Umweltmanagement. Im Zuge einer umfassenden Margenfocussierung will sich die Thiel Logistik AG zukünftig allerdings verstärkt den Bereichen HealthCare-Logistics sowie IT-Lösungen/e-commerce zuwenden.
Der Umsatzanteil dieser beiden margenstarken Bereiche soll daher von ca. 18 Prozent im vergangenen Jahr auf ca. 50 Prozent im Jahr 2003 steigen. Der Gewinnanteil (gemessen am EBIT, Gewinn vor Zinsen und Steuern) soll in diesem Zeitraum von 26 Prozent auf 62 Prozent ausgeweitet werden. Insgesamt wird angestrebt, die EBIT-Marge von 7 Prozent im Jahr 2000 über 8 bzw. 9 Prozent (2001 bzw. 2002) auf 10 Prozent im Jahr 2003 zu steigern.
Im Geschäftsjahr 2000 weist der Konzernjahresabschluss einen Gesamtumsatz von 448,9 Mio. Euro und ein EBIT von 31,2 Mio. Euro sowie - aufgrund der niedrigeren Steuerbelastung in Luxemburg - ein Konzernergebnis von 22,5 Mio. Euro aus. Das Ergebnis pro Aktie vor Gratisaktien betrug 1,40 Euro (1,78 Euro nach DVFA).
Aufgrund der hervorragenden Geschäftsentwicklung sowie der Vielzahl an realisierten Übernahmen seit dem Börsengang vor einem Jahr wurden die Planzahlen mehrfach angehoben. Zum Börsengang hatte der Konsortialführer Landesbank Rheinland-Pfalz in einer Studie vom Februar 2000 lediglich einen Umsatz von 255,8 Mio. Euro sowie ein EBIT von 23,0 Mio. Euro für das Geschäftsjahr 2000 prognostiziert.
Am 12. März 2001, zwei Tage vor der Hauptversammlung, veröffentlichte das Unternehmen in einer ad-hoc-Mitteilung nach Übernahme von 95 Prozent der Logistiktöchter der Heidelberger Zement AG die überarbeiteten Planzahlen. Diese sehen für die Jahre 2001/2002/2003 Umsätze von 830/1.110/1.400 Mio. Euro vor, bei gleichzeitiger Erhöhung des EBIT auf 66/100/142 Mio. Euro.
Getreu der Aussage von Günter Thiel aus dem Gründungsjahr 1985 gilt: „Wir versprechen nur, was wir auch halten.“ Das prognostizierte durchschnittliche jährliche Umsatzwachstum (CAGR) für die Jahre 1999 bis 2003 betrug zum Börsengang 53 Prozent, bei der ersten Überarbeitung Ende 2000 bereits 74 Prozent und nach den neuesten Berechnungen 87 Prozent. Für das durchschnittliche Gewinnwachstum in diesem Zeitraum wurden die Zahlen von 84 Prozent über 110 Prozent auf 116 Prozent angepasst.
Der Technikvorstand (CIO) Dietmar Ley präsentierte im Anschluss an diese Ausführungen von Günter Thiel die Logistik-Trends der Zukunft für sein Unternehmen. Im Rahmen der angekündigten Branchenfocussierung wird sich die Thiel Logistik AG vom traditionellen Supply-Chain-Manager (entlang der Lieferkette des Kunden) zum „Value-Net-Manager“ weiterentwickeln.
Dieser vom Unternehmen selbst geprägte Begriff sieht den Auf- und Ausbau umfassender „Wertnetze“ für den Kunden vor. Die zentralen Komponenten sind dabei im Wesentlichen die Globalisierung bestehender Netzwerke, eine verstärkte Kundenintegration sowie Aspekte des e-business. Gerade im Bereich maßgeschneiderter logistischer IT-Lösungen wird für die Zukunft großes Wachstumspozential gesehen.
Hauptversammlung nach Luxemburger Recht
Einige Anmerkungen sollten noch zum Verlauf der Hauptversammlung selbst gemacht werden, da diese entsprechend dem Gesellschaftssitz nach Luxemburger Recht abgehalten wurde, wenn auch in deutscher Sprache. Zu den Besonderheiten gehörten die Eröffnung durch den Beiratsvorsitzenden Josef Ting (vergleichbar dem Aufsichtsrat) und die Versammlungsleitung durch den Verwaltungsratsvorsitzenden und CEO Günter Thiel.
Außerdem wurden sämtliche (!)Positionen von Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung des Einzelabschlusses der Thiel AG verlesen, welcher im Gegensatz zum Konzernabschluss nicht im ansonsten sehr umfangreichen Geschäftsbericht enthalten ist. Dieser war übrigens in gedruckter Form praktisch erst am Tag der Hauptversammlung erhältlich, was auch das in Luxemburg übliche Verlesen erklärt.
Des Weiteren trug der Wirtschaftsprüfer seinen Bericht auf der Hauptversammlung persönlich (!) vor. Der Notar verlas in der anschließenden außerordentlichen HV die kompletten Unterlagen zur Gründung der Gesellschaft, Veröffentlichung der Bekanntmachungen sowie die gesamte Tagesordnung, was über 15 Minuten in Anspruch nahm. Abgestimmt wurde über die Genehmigung des verlesenen Jahresabschlusses, die Verwendung des Ergebnisses, die Entlastung des Verwaltungsrats sowie des Wirtschaftsprüfers (!).
Unter dem Punkt „statutarische Ernennungen“ wurde auch der Verwaltungsrat (entsprechend dem Vorstand) neu gewählt. Im Zuge des Wandels der Thiel-Logistik-Gruppe in Richtung einer Holdingstruktur wurde dieses Gremium auf drei Personen verkleinert: Günter Thiel als CEO (Vorsitzender), Dietmar Ley als CIO (Technik) und Rodolphe Schoettel als CFO (Finanzen).
Allgemeine Aussprache
Wortmeldungen gab es nur vom Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK), was beweist, dass die Aktionäre rundherum mit der Entwicklung ihres Unternehmens und dessen Aktienkurses zufrieden sind. Anzumerken bleiben jedoch einige wenige Kritikpunkte.
Die Vielzahl der Akquisitionen sowie deren Größe bindet in nicht unerheblichem Umfang Managementkapazitäten und führt zu einer sehr verzweigten Konzernstruktur. Darüber hinaus fällt die Bilanzposition der kurzfristigen Verbindlichkeiten mit 181 Mio. Euro bei einer Bilanzsumme von 431 Mio. Euro ins Auge. Der Vorstand versicherte jedoch, dies sei eine bewusste Entscheidung, um günstige Zinskonditionen auszunutzen.
Es wurde zudem entgegnet, Übernahmen würden das Know-how und die Kapazität des Managements durch die Integration neuer, fähiger Köpfe eher verbessern denn belastend wirken. Ebenfalls auffällig sind die durch die Akquisitionen resultierenden Geschäfts- und Firmenwerte von 105 Mio. Euro, welche nach US-GAAP über die nächsten 10 bis 20 Jahre abzuschreiben sind. Aufgrund des durch diese Rechnungslegung festgelegten Umsatzkostenverfahrens sind diese Abschreibungen jedoch nicht als einheitlicher Kostenblock in der GuV ablesbar.
Abstimmungen
Die angereisten ca. 160 Aktionäre, Bankenvertreter und Gäste vertraten 62,58 Prozent des Grundkapitals und stimmten sämtlichen Tagesordnungspunkten mit 100 Prozent bzw. 99,99 Prozent zu. Die außerordentliche Hauptversammlung entschied über die Verlegung des HV-Termins auf den zweiten Mittwoch im April und die Ausgabe von Gratisaktien (durch Umwandlung von 60 Mio. Euro Kapitalrücklage) im Verhältnis 1:3 (danach 80 Mio. Euro, eingeteilt in 64 Mio. Stückaktien), womit der optisch hohe Kurs der Thiel-Aktie auf ein Viertel fallen wird.
Des Weiteren wurde abstimmt über die Aufstockung des genehmigten Kapitals auf 120 Mio. Euro zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, Managementoptionen (mit 5 bzw. 3 Jahren Veräußerungssperre) sowie Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlage. Dabei ergibt sich der wohl am Neuen Markt einmalige Nennwert der Aktien von 1,25 Euro dadurch, dass nach Luxemburger Recht ein rechnerischer Wert von mindestens 50 LUF eingehalten werden muss. Auch bei diesen TOP‘s gab es eine überwältigende Zustimmung.
Die Hauptversammlung endete gegen 13 Uhr, wobei schon die meisten Aktionäre direkt nach der Stimmabgabe den Weg ins Restaurant eine Etage tiefer angetreten hatten. Dieser anschließende „kleine Imbiss“, zu dem Günter Thiel die Aktionäre einlud, entschädigte für die lange Wartezeit während der Stimmenauszählung. Das kalte und warme Büfett sowie die gereichten Weine entsprachen dem hoch gelobten Standard der Luxemburger Küche und laden dazu ein, auch im nächsten Jahr die HV wieder zu besuchen.
Fazit und eigene Meinung
Das Unternehmenskonzept sowie die handelnden Personen hinterlassen einen sehr positiven Eindruck. Der beste Vertrauensbeweis in die Zukunft der Aktie ist die Aufstockung des Anteilsbesitzes des Managements in den letzten Monaten von 4,3 Prozent auf mittlerweile 6 Prozent. Zuletzt wurde am 22. März 2001 mitgeteilt, dass die beiden Mitglieder des Verwaltungsrats Ley und Schoettel jeweils 100.000 Aktien zu Kursen von 87,50 Euro erworben haben.
Auch wenn das Unternehmen selbst nur mit Prognosen für das EBIT aufwartet, so lassen sich doch aufgrund der Angaben die zukünftig erwarteten Gewinne pro Aktie und damit das KGV der Folgejahre ableiten. Berechnungen ergeben für die Jahre 2001 bis 2003 einen um die Gratisaktien bereinigten Jahresüberschuss pro Aktie von 0,70/1,10/1,50 Euro.
Trotz der angespannten Börsensituation sollten sich langfristig orientierte Anleger die Aktie zu Kursen unter 22 Euro, wie sie auch Günter Thiel und die weiteren Führungskräfte in den letzten Monaten gezahlt haben, ins Depot legen.
Das geschätzte KGV beträgt auf dieser Basis 31 für das laufende Jahr), 20 für 2002 und 15 für 2003. Dies sollte der Aktie auf Sicht von über einem Jahr - bei Erfüllung der Prognosen und zumindest nicht weiter fallenden Börsenkursen am Neuen Markt insgesamt - ein erhebliches Kurspotenzial von 50 bis 100 Prozent eröffnen, und dies selbst noch zu Bewertungsmaßstäben der „old economy“.
Kontaktadresse
Thiel Logistik AG
Zone Industrielle Potaschberg
5, an de Längten
L-6776 Grevenmacher
Telefon: 00352-719690-300
Telefax: 00352-719690-390
Email: info@thiel-logistik.com
Internet: www.thiel-logistik.com
Anmerkung: Die Zuteilung der Gratisaktien findet nach dem Stand am 23. März 2001 abends nach Börsenschluss statt.