Am Dienstag stimmen die Aktionäre von Hewlett-Packard darüber ab, ob das Unternehmen mit dem PC-Hersteller Compaq zusammengehen soll. Die Börse wettet, dass die Fusion in die Hose geht.
Geier: Hedge-Fonds und Arbitrageure spekulieren darauf, dass Carly auf die Nase fällt
Hamburg - Börsianer und Finanzjournalisten haben eine neue Leidenschaft, die man bisher eher bei politischen Kommentatoren vermutete: Sie zählen Stimmen. Fast täglich gibt ein Fonds oder eine Bank bekannt, auf welche Seite er sich am Dienstag schlagen wird - ständig werden neue Analysen erstellt. Kann Carlton "Carly" Fiorina die HP-Aktionäre von ihrem "PC-Mega-Merger" überzeugen? Oder setzt sich ihre Nemesis, der Gründerenkel Walter Hewlett, durch und bringt die Fusion doch noch zu Fall?
Sicher ist nur: Nichts Genaues weiß man nicht. Zwar haben etwa die Anlegerberatungsgesellschaft Institutional Shareholder Services (ISS) und die Banc of America erklärt, sie rieten Anlegern, für respektive gegen die Fusion zu stimmen. Völlig unklar ist allerdings, ob die von den beiden Unternehmen vertretenen Einzelaktionäre den Empfehlungen folgen werden. Nach der neuesten "Stimmzählung" der Nachrichtenagentur Reuters kommen jene HP-Aktionäre, die gegen die Fusion sind, auf 20,61 Prozent der Stimmen. Die Fusionsbefürworter liegen derzeit bei 8,2 Prozent.
So präzise wie Wahlkampfberichterstattung
Die auf Daten von Thomson Financial ShareWatch basierende Analyse bezieht allerdings nur jene Aktien ein, deren Eigentümer sich bereits definitiv für die eine oder die andere Seite ausgesprochen haben. Weitere zehn Prozent der Stimmen liegen in den Händen von Fondsmanagern, die von ISS beraten werden - und der Fusion vermutlich zustimmen werden. Vermutlich.
Letztlich sagt die Reuters-Umfrage somit überhaupt nichts aus und ist noch weniger erhellend als die in der Politik beliebten Sonntagsfragen. Für viele Börsianer ist das Stochern im Nebel eine völlig neue Erfahrung. Normalerweise bekommen sie klar bezifferbare Gewinnprognosen oder Discounted-Cashflow-Analysen auf den Tisch. Dass diese häufig genauso wertlos sind wie sozialwissenschaftliche Umfragen, tröstet statistikfixierte Wirtschaftsmenschen vermutlich kaum.
Compaq ist viel zu billig
Zumindest die Börse liefert eine klare Antwort auf die Frage, wie die Chancen für HP-Compaq stehen: nicht besonders gut. Das zeigen die Aktienkurse von HP und Compaq . Wenn die Fusion zu Stande kommt, erhalten Compaq-Aktionäre für jede ihrer Aktien 0,6325 HP-Anteile. Da HP gestern in New York bei einem Kurs von 19,40 Dollar schloss, müsste eine Compaq-Aktie 19,40 mal 0,6325 Dollar gleich 12,27 Dollar wert sein. Tatsächlich kosteten Compaq-Papiere gestern Abend 10,70 Dollar - etwa 13 Prozent weniger. Wer jetzt Compaq-Aktien kauft, könnte binnen Tagen einen beachtlichen Schnitt machen - wenn die Fusion zu Stande kommt.
Wäre die Börse von der Fusion überzeugt, wäre die Kursdifferenz deutlich geringer. Bei Unternehmenszusammenschlüssen, die als sicher gelten, spürt nämlich eine ganze Horde so genannter Merger-Arbitrageure Bewertungsunterschiede auf, die ein Geschäft versprechen - und schließt durch Aktienkäufe oder -verkäufe die bestehende Kurslücke.
Ein weiteres Indiz für den Pessimismus der Wall Street: Leerverkäufe von HP-Aktien. Mit dieser auch Short-Selling (siehe Beispiel) genannten Strategie können Börsianer auf fallende Kurse spekulieren. Geht die HP-Compaq-Fusion in die Hose, dann gilt es als ausgemachte Sache, dass der HP-Kurs ins Bodenlose fällt. Offenbar wetten viele Hedge Fonds auf dieses Szenario: 5,18 Prozent aller umlaufenden HP-Aktien sind derzeit leer verkauft - ungewöhnlich bei einer Aktie, die in den vergangenen 52 Wochen bereits mehr als ein Drittel ihres Wertes verloren hat - HPs Short-Anteil ist damit fast dreimal so hoch wie der des Konkurrenten Dell.
Aber auch Short-Seller können sich irren.
IM INTERNET
· HPs Pro-Fusions-Website
· Walter Hewletts Anti-Fusions-Website
Geier: Hedge-Fonds und Arbitrageure spekulieren darauf, dass Carly auf die Nase fällt
Hamburg - Börsianer und Finanzjournalisten haben eine neue Leidenschaft, die man bisher eher bei politischen Kommentatoren vermutete: Sie zählen Stimmen. Fast täglich gibt ein Fonds oder eine Bank bekannt, auf welche Seite er sich am Dienstag schlagen wird - ständig werden neue Analysen erstellt. Kann Carlton "Carly" Fiorina die HP-Aktionäre von ihrem "PC-Mega-Merger" überzeugen? Oder setzt sich ihre Nemesis, der Gründerenkel Walter Hewlett, durch und bringt die Fusion doch noch zu Fall?
Sicher ist nur: Nichts Genaues weiß man nicht. Zwar haben etwa die Anlegerberatungsgesellschaft Institutional Shareholder Services (ISS) und die Banc of America erklärt, sie rieten Anlegern, für respektive gegen die Fusion zu stimmen. Völlig unklar ist allerdings, ob die von den beiden Unternehmen vertretenen Einzelaktionäre den Empfehlungen folgen werden. Nach der neuesten "Stimmzählung" der Nachrichtenagentur Reuters kommen jene HP-Aktionäre, die gegen die Fusion sind, auf 20,61 Prozent der Stimmen. Die Fusionsbefürworter liegen derzeit bei 8,2 Prozent.
So präzise wie Wahlkampfberichterstattung
Die auf Daten von Thomson Financial ShareWatch basierende Analyse bezieht allerdings nur jene Aktien ein, deren Eigentümer sich bereits definitiv für die eine oder die andere Seite ausgesprochen haben. Weitere zehn Prozent der Stimmen liegen in den Händen von Fondsmanagern, die von ISS beraten werden - und der Fusion vermutlich zustimmen werden. Vermutlich.
Letztlich sagt die Reuters-Umfrage somit überhaupt nichts aus und ist noch weniger erhellend als die in der Politik beliebten Sonntagsfragen. Für viele Börsianer ist das Stochern im Nebel eine völlig neue Erfahrung. Normalerweise bekommen sie klar bezifferbare Gewinnprognosen oder Discounted-Cashflow-Analysen auf den Tisch. Dass diese häufig genauso wertlos sind wie sozialwissenschaftliche Umfragen, tröstet statistikfixierte Wirtschaftsmenschen vermutlich kaum.
Compaq ist viel zu billig
Zumindest die Börse liefert eine klare Antwort auf die Frage, wie die Chancen für HP-Compaq stehen: nicht besonders gut. Das zeigen die Aktienkurse von HP und Compaq . Wenn die Fusion zu Stande kommt, erhalten Compaq-Aktionäre für jede ihrer Aktien 0,6325 HP-Anteile. Da HP gestern in New York bei einem Kurs von 19,40 Dollar schloss, müsste eine Compaq-Aktie 19,40 mal 0,6325 Dollar gleich 12,27 Dollar wert sein. Tatsächlich kosteten Compaq-Papiere gestern Abend 10,70 Dollar - etwa 13 Prozent weniger. Wer jetzt Compaq-Aktien kauft, könnte binnen Tagen einen beachtlichen Schnitt machen - wenn die Fusion zu Stande kommt.
Wäre die Börse von der Fusion überzeugt, wäre die Kursdifferenz deutlich geringer. Bei Unternehmenszusammenschlüssen, die als sicher gelten, spürt nämlich eine ganze Horde so genannter Merger-Arbitrageure Bewertungsunterschiede auf, die ein Geschäft versprechen - und schließt durch Aktienkäufe oder -verkäufe die bestehende Kurslücke.
Ein weiteres Indiz für den Pessimismus der Wall Street: Leerverkäufe von HP-Aktien. Mit dieser auch Short-Selling (siehe Beispiel) genannten Strategie können Börsianer auf fallende Kurse spekulieren. Geht die HP-Compaq-Fusion in die Hose, dann gilt es als ausgemachte Sache, dass der HP-Kurs ins Bodenlose fällt. Offenbar wetten viele Hedge Fonds auf dieses Szenario: 5,18 Prozent aller umlaufenden HP-Aktien sind derzeit leer verkauft - ungewöhnlich bei einer Aktie, die in den vergangenen 52 Wochen bereits mehr als ein Drittel ihres Wertes verloren hat - HPs Short-Anteil ist damit fast dreimal so hoch wie der des Konkurrenten Dell.
Aber auch Short-Seller können sich irren.
IM INTERNET
· HPs Pro-Fusions-Website
· Walter Hewletts Anti-Fusions-Website