US-Börsenaufsicht geht neue Wege im Verbraucherschutz
Man muss den Anlegern nur mit ein paar Grafiken und beeindruckenden Prozentzahlen vor der Nase rumwedeln - schon fließen Millionen von Dollar auf die Konten aller möglichen Unternehmungen. Wie die letzten Wochen gezeigt haben, beherrschen sogar Kinder dieses Spiel. Jetzt will die US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) mitspielen.
Das Angebot klingt verlockend: der "ein B-Waffen-Scanner für die Handtasche. Gefährliche Substanzen wie Anthrax soll das kleine batteriegetriebene Gerät aus 15 Metern Entfernung aufspüren können. In vier US-Städten wurde das Gerät testweise auf den Markt gebracht - und war bereits nach Stunden ausverkauft. Geschäftserfolg dank Terrorismus. Nur noch das Kapital für die Serienproduktion fehlt.
Namhafte Kundschaft ohne Namen
Hergestellt wird das Gerät von der Firma McWhortle Enterprises, einem der führenden Hersteller im Bereich "biologische Verteidigung". Bisher sind die Produkte nur an Großkonzerne und einige Regierungen verkauft worden. Besonders US-Manager in gefährlichen Gebieten schwören auf die unauffälligen Detektoren, die ihnen und ihren Familien Sicherheit geben, so die Webseite des Unternehmens. Jetzt steht die Eroberung des Massenmarktes an.
Besonders viele Informationen über Geschäftspläne findet man auf der Seite nicht. Dafür aber ein verlockendes Angebot. Zwar sind die Anteilsscheine schon um 200 Prozent überzeichnet, wegen der großen Anfrage macht das Unternehmen aber eine Ausnahme. Noch ein paar Investoren können einsteigen und zusammen mit dem Unternehmen den großen Reibach machen. Die jetzigen Investoren haben schon 217 Prozent Gewinn pro Jahr gemacht. Die Anteilsscheine, die jetzt für 10 Dollar ausgegeben werden, sind beim Börsengang in drei Monaten das 400-fache Wert. Also ist Eile angesagt. Mit Kreditkartennummer und Sozialversicherungsnummer kann man die Anteilsscheine per Email bestellen. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
Die Story ist zu schön, um wahr zu sein. In der Tat: Wer auf den einladenden Link zum Investieren klickt, sieht als nächstes einen Warnhinweis der US-Börsenaufsicht: "If you responded to an investment idea like this . . . You could get scammed!" Die Firma McWorthle gibt es nämlich gar nicht, ebensowenig den revolutionären Bioschnüffler. Die Geschichte ist ein Lehrstück für naive Investoren.
Kinderleichtes Spiel mit Millionen
Dass eine gut aussehende Webseite Anleger blenden und zu gewagten Investments verleiten kann, zeigt sich immer wieder. So wurde Anfang des Jahres in den USA ein 17jähriger überführt, der mehr als tausend Investoren um rund eine Million Dollar betrogen hatte. Der Jugendliche hatte eine Rendite von bis zu 2500 Prozent versprochen. Das Geschäftskonzept: risikofreie Sportwetten. In nur zwei Monaten überwiesen Leichtgläubige dem Teenager die Million. Die Börsenaufsicht erwirkte schließlich die Schließung der Webseite.
Für ihre eigene Scheinfirma nutzte die SEC modernes Contentproviding. So gaben sie eine Pressemitteilung über die Plattform PR Newswire heraus, die dann automatisch und ungeprüft auf Hunderten von Webseiten und Anlegerportalen erschien. Innerhalb von drei Tagen erzielte die Webseite so 150.000 Zugriffe. Wie viele Surfer tatsächlich investieren wollten ist nicht bekannt.
Die Mechanismen sind die gleichen wie bei vielen Abzocker-Angeboten. Die Scheinfirma nimmt sich eines aktuellen Themas wie der Furcht vor Milzbrand an. Um Seriosität vorzutäuschen, wird auf den illustren Kundenkreis hingewiesen, ohne allerdings ins Detail zu gehen. Es wird ein namenloser Investmentbanker zitiert, der die Firma schon seit Jahren begleitet und natürlich beste Geschäftsaussichten verkündet. Höhepunkt der Präsentation ist ein Radio-Interview mit dem Chef des Unternehmens mit dem fast zu wohlklingenden Namen Thomas J. McWhortle III. Die Stimmen stammen natürlich von Mitarbeitern der Börsenaufsicht.
McWorthle war nur der Anfang. Die Börsenaufsicht will in nächster Zeit noch andere Scheinfirmen starten, um die Anleger zu sensibilisieren. Inwieweit diese Maßnahme Erfolg hat, muss sich noch herausstellen. Im Zweifel sind die Betrüger doch erfinderischer - vielleicht wird sogar der "Bio-Hazard Alert Detector" auf einer anderen Seite wieder auftauchen - ohne Warnmeldung.
Auch Papier ist geduldig
Wer nun meint, "echte" Börsenmeldungen und zuverlässige Anlagetipps gäbe es stattdessen in gedruckten Magazinen, wird ebenfalls enttäuscht. Die Essener Wirtschaftswissenschaftler Peter von der Lippe und Andreas Kladroba haben sich die Kaufempfehlungen von deutschen Anlegermagazinen genau angesehen. und auf ihren Erfolg geprüft. Ernüchterndes Ergebnis der Untersuchung: 39 Prozent der Kaufempfehlungen hätten im beobachteten Zeitrahmen zu Verlusten geführt. Die Studie ist online abrufbar.
Welche Lehre lässt sich daraus ziehen? Anleger sollten sich ein bisschen mehr informieren, bevor sie ihr Geld in eine superrentable Anlage stecken. Oder ab und zu den gesunden Menschenverstand anschalten.