Börse Online: Bildstörung im Kirch-Konzern - 14.02.2002
BÖRSE ONLINE 8/02 14. Februar 2002
Autoren: Markus Grund/Stefan Otto
Medien-Aktien: Bildstörung im Kirch-Konzern
Die Gläubiger und Partner des Münchner Mediengiganten wollen ihr Geld zurück. Daher wankt das Imperium von Leo Kirch. BÖRSE ONLINE analysiert, wie sich die Krise auf die Medien-Aktien auswirkt.
Es kam einem Todesurteil gleich, als Rolf E. Breuer, der Chef der Deutschen Bank, die Kreditwürdigkeit von Leo Kirchs Medienkonzern öffentlich in Zweifel zog. Was wie ein unverzeihlicher Ausrutscher wirkte, könnte ein wohl überlegter Schachzug sein.
Noch immer ist die Deutsche Bank sauer. Zwei ihrer Tochtergesellschaften haben durch den Tausch von Formel 1-Anteilen gegen Aktien des Kirch nahe stehenden Neuer-Markt-Unternehmens EM.TV im Jahr 2000 rund eine halbe Milliarde Euro verloren. Offensichtlich hat die Deutsche Bank die Zitterpartie um ihre Kredite an Kirch und Konsorten satt. Auch andere Geldhäuser sorgen sich um ihre Engagements. Insgesamt steht Kirch bei Kreditinstituten mit rund sechs Milliarden Euro in der Kreide. Weil der Münchner aber nicht flüssig ist, droht nun das verwobene Imperium einzeln verkauft zu werden. Eine Pleite werden die Banken zu verhindern wissen, denn die Teile sind mehr wert als die Summe der Schulden.
So verwundert es nicht, dass nun die HypoVereinsbank (HBV) das 40-Prozent-Paket am Springer-Verlag kaufen will. Zwischen 1,1 und 1,4 Milliarden Euro bietet damit einer der Hauptgläubiger Kirchs für die Anteile. Charme hat diese Lösung auch für Mehrheitsaktionärin Friede Springer, die den Kauf absegnen muss. Ein Finanzinvestor mischt sich im Gegensatz zu anderen Interessenten, wie der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung oder Burda, nicht ins Tagesgeschäft ein.
Aus dem Erlös kann Kirch die Kredite der Deutschen und der Dresdner Bank ablösen. Damit bekommt er eine Atempause bis Oktober. Dann wird Murdoch seine Verkaufsoption für PremiereWorld ziehen. Durch den Kehraus bei Kirch werden auch die meisten anderen Medienunternehmen in Mitleidenschaft gezogen. Wie BÖRSE ONLINE aus der Filmszene erfahren hat, läuft der Betrieb bei den Kirch-Sendern schon seit Wochen auf Sparflamme. Viele Fernsehformate liegen fertig in der Schublade, können aber aus Geldmangel nicht gedreht werden.
Da Kirch die größte Bibliothek an Filmrechten besitzt, dürften die Lizenzpreise bei einer Zerschlagung des Konzerns in den Keller rauschen. Seit den ersten Pleiten im Mediensektor sind die Erlöse aus Filmrechten, besonders für das deutschsprachige Territorium, merklich unter Druck gekommen. Schon im vergangenen Jahr spöttelte ein Insider in Cannes, dass bei den Festspielen 2002 wohl nur noch Banker Filmlizenzen feilbieten werden.
Der Ertragsverfall wird nicht nur die Rechtehändler in Bedrängnis bringen. Die Filmproduzenten müssen nun mit spitzerer Feder kalkulieren, weil auch sie weniger für ihre Streifen bekommen.
Vorbei ist es mit dem Nimbus des Wachstumsmarkts. Es wird deutlich, dass Film- und Fernsehunternehmen mit New Economy nicht viel zu tun haben. Der Kinomarkt hängt stark von der demographischen Entwicklung ab. Überwiegend Jugendliche besuchen die Lichtspielhäuser. Wie die aktuellen Besucherzahlen zeigen, belebt sich das Geschäft. Mittelfristig werden die Wachstumsraten aber nicht zweistellig bleiben.
Beim Fernsehgeschäft, das in den vergangenen Jahren von sehr großer Einkaufszurückhaltung der Sender geprägt war, zeigt sich noch keine Entspannung.
Einzig das Geschäft mit den kleinen DVD-Scheiben boomt. Für dieses Jahr erwartet die Branche eine Verdoppelung der Absatzzahlen. Doch auch hier droht Ungemach. Wie in der Musikindustrie wartet künftig eine riesige Welle an Raubkopien digitaler Kinofilme im Internet. Aber auch in einem schwierigen Umfeld gibt es positive Ausnahmen: So stufen wir die am Neuen Markt notierte
HIGHLIGHT-AKTIE als KAUFENSWERT ein.
Durch die Entscheidung der Uefa, die Vermarktung der Champions League bis Mitte 2006 der Highlight-Tochter Team anzuvertrauen, können die Schweizer trotz zu befürchtender niedrigerer Margen auf sichere Erträge bauen. Die komfortable Situation im Sportrechtebereich ermöglicht es im Filmrechtehandel, auf günstige Einkaufsgelegenheiten zu warten. Die Strategie zielt dabei auf den Kauf von sechs bis acht Filmen pro Jahr ab. Bereits bei Erwerb sichert Highlight die weitere Verwertung im Fernsehen oder als DVD durch Vorverträge ab. Daneben sprechen für das Unternehmen eine saubere Bilanz und eine mit 58 Millionen Euro prall gefüllte Kasse. (...)