Die US-Computerbörse steht inzwischen vor allem für eins: Verlierer - nicht nur Wirtschaftsjournalisten greifen das dankbar auf
Als die "New York Times" den Einbruch bei den Nominierungen für die besten Bücher des Jahres beschrieb, da griff sie zu einem neuen Verb: "In this year the process nasdaqed" - In diesem Jahr sei die Zahl der Nominierungen genasdaqt, stand im Dezember in einem Artikel der sonntäglichen Literaturbeilage der Zeitung.
Einen Monat zuvor war ein Sportjournalist der "Denver Post" auf den gleichen Einfall gekommen. Adam Schefter wollte das Elend des glücklosen Football-Spielers Brian Gries plastisch ausdrücken und schrieb: "Seine Punktzahlen sind genasdaqt". Der Begriff "schoss mir einfach durch den Kopf" sagt der Sportjournalist. "Offensichtlich hat sich der Nasdaq nicht so entwickelt, wie wir alle gehofft hatten." Das sehe er an seinem eigenen Aktiendepot.
Der neue journalistische Umgang mit der Computerbörse Nasdaq - das Wort steht für National Association of Securities Dealers Automated Quotations - zeigt einmal mehr die Pleite der Internetunternehmen. Während die Börse einst hipper Marktplatz von Amazon, Yahoo und Konsorten war, ist sie nun in den Augen vieler Journalisten zum Synonym für "Loser" geworden. In den vergangenen Monaten haben zahlreiche US-Journalisten das Wort Nasdaq in börsenfremden Zusammenhängen verwendet - angefangen von erfolglosen Sportlern bis zu schlechten Fernsehquoten. So schrieb die Tageszeitung "Mercury News" im vergangenen Monat in einem Kommentar über den skandalumwitterten kalifornischen Abgeordneten Gary Condit: "Nasdaq is higher than his poll numbers" - Der Nasdaq liege höher als seine Umfrageergebnisse.
Dass der Börsenname ein geflügeltes Wort für schlechte Leistung geworden ist, kommt für die Image-Verantwortlichen bei der größten Börse der Welt zu einem schlechten Zeitpunkt und verschlimmert die Situation. Der Nasdaq Composite Index hat zwar nach den Terrorattacken am 11. September eine starke Jahresend-Rallye durchlaufen. Doch ist der Aktienindex im Gesamtjahr 2001 um mehr als 21 Prozent gesunken und liegt 61 Prozent unter seinem Höchststand vom März 2000.
Die Börse wird nervös
Daher ist es auch kein Wunder, dass Nasdaq-Marketing-Chefin Denise Benou Stires nicht mit Humor, sondern mit Befremdung auf das Wortspiel der Journalisten reagiert. "Nasdaq ist eine große internationale Marke", sagt sie. "An den Märkten geht es mal hoch, mal runter, aber das ändert nichts daran, dass die an der Nasdaq gehandelten Unternehmen die Zukunft der US-amerikanischen und der internationalen Wirtschaft sind." Zu den 4109 an der Nasdaq notierten Unternehmen zählten große Konzerne wie Microsoft und Intel.
Erklärungen und Rechtfertigungen bedurfte die Nasdaq auf dem Höhepunkt des Tech-Booms nicht. Damals nannte sich das Unternehmen dreist "die Börse für die nächsten hundert Jahre". Und Journalisten, die auf der Höhe der Zeit wirken wollten, überschlugen sich darin, ihre Artikel mit Nasdaq zu spicken.
Das ist vorbei. Die meisten Anspielungen auf die Nasdaq haben den gleichen Tenor wie ein Artikel der "San Diego Union-Tribune" über die Verteidigungsspieler des Football-Teams Chargers. Der Journalist Jay Posner schrieb darin, dass der Spieler LaDainian Tomlinson wahrscheinlich deshalb für die Saison 2002 aufgestellt wurde, "weil Ryan Leaf nicht der einzige Grund war, warum ihre Verteidigung die gleiche Entwicklung wie der Nasdaq genommen hat."
Wie kamen die Journalisten darauf, den Begriff Nasdaq so zu entfremden? Er habe wahrscheinlich auf sein Aktien-Depot geguckt, während er den Artikel schrieb, sagt Posner. Der Journalist hatte Aktien von Nasdaq-notierten Unternehmen wie Cisco gekauft und musste leidvoll mit ansehen, wie Cisco im letzten Jahr 53 Prozent verloren. Für Posners Kollegen von der "Mercury News", John Fensterwald, lag es auf der Hand, in seinem Kommentar über den kalifornischen Senator Rekurs Bezug auf die Börse zu nehmen. Immerhin wohnt er in Silicon Valley, wo Aktienkurse das Hauptgesprächsthema sind.
Die Nasdaq sieht die Verunglimpfung ihres Namens nicht tatenlos mit an. Vor einigen Monaten hat sie eine neue Fernsehwerbung gestartet. Darin spielen Tech-Unternehmen - die den Nasdaq zum Synonym für Niedergang machten - nunmehr eine untergeordnete Rolle. Ein Beispiel: In einem der Spots sieht man auf der elektronischen Reklametafel am Times Square nacheinander Unternehmens-Logos aufleuchten. Bei den Unternehmen handelt es sich um die Kaffee- und Röstereikette Starbucks, den Großhändler Costco Wholesale und Staples, eine Fachmarkt-Kette für Bürobedarf - und nicht um die einstigen Nasdaq-Schwergewichte der Tech-Unternehmen. Die Spots sollten deutlich machen, sagt die Marketing-Chefin Stires, dass an der Nasdaq neben den Microsofts dieser Welt auch Unternehmen gehandelt würden "die Kaffee, Einzelhandel und Büro neu definiert haben".
Rascher als die Werbekampagne könnte der jüngste Aufwärtstrend des Aktienindizes das Image der Börse verändern: der Nasdaq ist seit dem September-Tief um 37 Prozent gestiegen. "Wer weiß", sagt der Journalist Fensterwald, "Nasdaq könnte zum Synonym für einen Aufschwung werden, der eintritt, obwohl alles dagegen spricht."
Als die "New York Times" den Einbruch bei den Nominierungen für die besten Bücher des Jahres beschrieb, da griff sie zu einem neuen Verb: "In this year the process nasdaqed" - In diesem Jahr sei die Zahl der Nominierungen genasdaqt, stand im Dezember in einem Artikel der sonntäglichen Literaturbeilage der Zeitung.
Einen Monat zuvor war ein Sportjournalist der "Denver Post" auf den gleichen Einfall gekommen. Adam Schefter wollte das Elend des glücklosen Football-Spielers Brian Gries plastisch ausdrücken und schrieb: "Seine Punktzahlen sind genasdaqt". Der Begriff "schoss mir einfach durch den Kopf" sagt der Sportjournalist. "Offensichtlich hat sich der Nasdaq nicht so entwickelt, wie wir alle gehofft hatten." Das sehe er an seinem eigenen Aktiendepot.
Der neue journalistische Umgang mit der Computerbörse Nasdaq - das Wort steht für National Association of Securities Dealers Automated Quotations - zeigt einmal mehr die Pleite der Internetunternehmen. Während die Börse einst hipper Marktplatz von Amazon, Yahoo und Konsorten war, ist sie nun in den Augen vieler Journalisten zum Synonym für "Loser" geworden. In den vergangenen Monaten haben zahlreiche US-Journalisten das Wort Nasdaq in börsenfremden Zusammenhängen verwendet - angefangen von erfolglosen Sportlern bis zu schlechten Fernsehquoten. So schrieb die Tageszeitung "Mercury News" im vergangenen Monat in einem Kommentar über den skandalumwitterten kalifornischen Abgeordneten Gary Condit: "Nasdaq is higher than his poll numbers" - Der Nasdaq liege höher als seine Umfrageergebnisse.
Dass der Börsenname ein geflügeltes Wort für schlechte Leistung geworden ist, kommt für die Image-Verantwortlichen bei der größten Börse der Welt zu einem schlechten Zeitpunkt und verschlimmert die Situation. Der Nasdaq Composite Index hat zwar nach den Terrorattacken am 11. September eine starke Jahresend-Rallye durchlaufen. Doch ist der Aktienindex im Gesamtjahr 2001 um mehr als 21 Prozent gesunken und liegt 61 Prozent unter seinem Höchststand vom März 2000.
Die Börse wird nervös
Daher ist es auch kein Wunder, dass Nasdaq-Marketing-Chefin Denise Benou Stires nicht mit Humor, sondern mit Befremdung auf das Wortspiel der Journalisten reagiert. "Nasdaq ist eine große internationale Marke", sagt sie. "An den Märkten geht es mal hoch, mal runter, aber das ändert nichts daran, dass die an der Nasdaq gehandelten Unternehmen die Zukunft der US-amerikanischen und der internationalen Wirtschaft sind." Zu den 4109 an der Nasdaq notierten Unternehmen zählten große Konzerne wie Microsoft und Intel.
Erklärungen und Rechtfertigungen bedurfte die Nasdaq auf dem Höhepunkt des Tech-Booms nicht. Damals nannte sich das Unternehmen dreist "die Börse für die nächsten hundert Jahre". Und Journalisten, die auf der Höhe der Zeit wirken wollten, überschlugen sich darin, ihre Artikel mit Nasdaq zu spicken.
Das ist vorbei. Die meisten Anspielungen auf die Nasdaq haben den gleichen Tenor wie ein Artikel der "San Diego Union-Tribune" über die Verteidigungsspieler des Football-Teams Chargers. Der Journalist Jay Posner schrieb darin, dass der Spieler LaDainian Tomlinson wahrscheinlich deshalb für die Saison 2002 aufgestellt wurde, "weil Ryan Leaf nicht der einzige Grund war, warum ihre Verteidigung die gleiche Entwicklung wie der Nasdaq genommen hat."
Wie kamen die Journalisten darauf, den Begriff Nasdaq so zu entfremden? Er habe wahrscheinlich auf sein Aktien-Depot geguckt, während er den Artikel schrieb, sagt Posner. Der Journalist hatte Aktien von Nasdaq-notierten Unternehmen wie Cisco gekauft und musste leidvoll mit ansehen, wie Cisco im letzten Jahr 53 Prozent verloren. Für Posners Kollegen von der "Mercury News", John Fensterwald, lag es auf der Hand, in seinem Kommentar über den kalifornischen Senator Rekurs Bezug auf die Börse zu nehmen. Immerhin wohnt er in Silicon Valley, wo Aktienkurse das Hauptgesprächsthema sind.
Die Nasdaq sieht die Verunglimpfung ihres Namens nicht tatenlos mit an. Vor einigen Monaten hat sie eine neue Fernsehwerbung gestartet. Darin spielen Tech-Unternehmen - die den Nasdaq zum Synonym für Niedergang machten - nunmehr eine untergeordnete Rolle. Ein Beispiel: In einem der Spots sieht man auf der elektronischen Reklametafel am Times Square nacheinander Unternehmens-Logos aufleuchten. Bei den Unternehmen handelt es sich um die Kaffee- und Röstereikette Starbucks, den Großhändler Costco Wholesale und Staples, eine Fachmarkt-Kette für Bürobedarf - und nicht um die einstigen Nasdaq-Schwergewichte der Tech-Unternehmen. Die Spots sollten deutlich machen, sagt die Marketing-Chefin Stires, dass an der Nasdaq neben den Microsofts dieser Welt auch Unternehmen gehandelt würden "die Kaffee, Einzelhandel und Büro neu definiert haben".
Rascher als die Werbekampagne könnte der jüngste Aufwärtstrend des Aktienindizes das Image der Börse verändern: der Nasdaq ist seit dem September-Tief um 37 Prozent gestiegen. "Wer weiß", sagt der Journalist Fensterwald, "Nasdaq könnte zum Synonym für einen Aufschwung werden, der eintritt, obwohl alles dagegen spricht."