Hedge-Fonds - Investoren kaufen die Katze im Sack
Die Aktienkurse auf Achterbahnfahrt, die Zinsen im Keller: Schon seit zwei Jahren haben Anleger beim Sparen mehr Frust als Lust. Wenn Banken und Investmentgesellschaften neue Produkte mit angeblich optimalen Renditechancen auf den Markt bringen, ist die Versuchung groß, in der Not nach jedem Strohhalm zu greifen. Galten vor einem Jahrzehnt Hedge-Fonds noch als Anlagevehikel finsterer Spekulanten, werden sie dem Privatanleger nun als Alternative zu Aktien- und Rentenfonds schmackhaft gemacht.
Das Investment in Hedge-Fonds galt lange Zeit als Privileg der Reichen und Superreichen. Wer sein Geld von den ausgebufften Managern der meist in Steueroasen wie den Bermuda- oder Kaimaninseln residierenden Fonds verwalten lassen wollte, musste meist ein Anlagekapital von mindestens 250 000 Euro mitbringen. Heute haben die in Fachkreisen oft als “Könige der Spekulanten” bezeichneten Finanzjongleure Otto Normalsparer als möglichen Kunden entdeckt. Fast alle großen Banken bieten inzwischen ab einer Mindestanlagesumme von 1 000 bis 10 000 Euro Hedge-Fonds-Zertifikate an, mit denen Privatanleger indirekt in eine ganze Sammlung von einschlägigen Fonds investieren können.
Was dann mit dem Geld geschieht, hat indessen mit der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs “Hedge” - was soviel wie “absichern” bedeutet - nichts zu tun. Ziel des Investments sind vorzugsweise Spekulationsgeschäfte, die nicht selten mit hohen Risiken verbunden sind. Die Fondsmanager schließen Wetten auf steigende oder fallende Kurse ab - in der Hoffnung, mit dem richtigen Gespür den Markt ausgetrickst zu haben. Ob es dabei um Aktien, Devisen, Rohstoffe oder Zinsen geht, hängt von der Ausrichtung des Fonds und dem Spezialwissen seiner Manager ab.
Alles ist möglich...
Dabei können die Fondsmanager nicht nur mit dem Geld der Anleger, sondern auch mit geliehenem Kapital spekulieren. Das kann für den Investor ein Vielfaches an Rendite bringen, aber im Falle eines Misserfolgs auch böse ins Auge gehen. So schrammte im Jahr 1998 nach milliardenschweren Fehlspekulationen der LTCM-Hedge-Fonds nur um Haaresbreite an der Pleite vorbei. Die Manager hatten auf Kredit spekuliert und mussten mehr Geld nachschießen, als überhaupt im Fondsvermögen verfügbar war. Erst eine kräftige Finanzspritze mehrerer Großbanken rettete den angeschlagenen Fonds vor dem Konkurs. Besonders pikant: Die Spekulationsstrategie beruhte auf einem Modell, für das zwei US-Wirtschaftswissenschaftler den Nobelpreis erhalten hatten.Offensichtlich wollen sich jedoch weder Anleger noch Anbieter so recht an das Fiasko erinnern - immerhin bezeichnet die Deutsche Bank ihr Xavex-Hedge-Fonds-Zertifikat im Verkaufsprospekt als Anlageform “mit den Renditechancen einer Aktienanlage und anleiheähnlichen Renditeschwankungen”. Für solche Werbesprüche hat Kai Wiecking, Analyst bei der unabhängigen Fondsrating-Agentur Morningstar, wenig Sympathie. “Ich kann bei solchen Modellen nur hohe Risiken, aber weder Transparenz noch einen ausreichenden Schutz des Anlegers erkennen”, urteilt der Fondsexperte.
In der Tat sind die meisten Fondsgesellschaften in den sogenannten Steuerparadiesen angesiedelt, wo es praktisch keine Überwachung für Finanztransaktionen gibt. Zwar verringern die Banken das Ausfallrisiko, indem sie je nach Anbieter meist zehn bis 30 Einzelfonds in die Zertifikate packen. Aber welche Kunststücke mit den Kundengeldern angestellt wurden, erfahren die Anleger - wenn überhaupt - erst hinterher. Wie sich das im schlimmsten Fall auswirken kann, schildert ein Satz im 164-seitigen Verkaufsprospekt zum Commerzbank-Zertifikat: “Der Wert der Zertifikate kann unter den Ausgabepreis fallen, bis hin zu einem vollständigen Wertverlust.”
Nichts für Privatanleger?
Zu den kaum abschätzbaren Risiken kommen die hohen Nebenkosten, die mit solchen Anlageformen verbunden sind. So liegen die jährlichen Management-Gebühren der teuersten Anbieter bei mehr als drei Prozent. Bei einigen Zertifikaten behält das Management zusätzlich bis zu 15 Prozent des erzielten Gewinns ein. Überdies werden die börsengehandelten Zertifikate von den Banken, die den Markt liquide halten, zu niedrigeren Kursen angekauft und mit Aufpreis wieder verkauft. Diese sogenannte Geld-Brief-Spanne liegt ebenfalls bei bis zu drei Prozent. “Unterm Strich sind Nebenkosten der Hedge-Fonds-Zertifikate deutlich höher als diejenigen von herkömmlichen Investmentfonds”, sagt Wiecking.Dass sich die hohen Gebühren und das blinde Vertrauen in das Spekulationsglück der Fondsmanager für den Anleger in überdurchschnittlicher Rendite auszahlen, ist bislang nicht zu erkennen. Zwar ist noch kein Absturz ins Bodenlose zu verzeichnen, aber ebenso wenig konnte kaum ein Zertifikat bis heute mehr Rendite als ein Sparbuch produzieren. Das von den Anbietern gern verwendete Argument, mit Hedge-Fonds könne der Anleger sein Aktiendepot absichern, trifft daher nach Ansicht von Wiecking auch auf herkömmliche Zinsanlagen wie Pfandbriefe oder Bundesschatzbriefe zu. “Ich sehe für Privatanleger keinen vernünftigen Grund, in Hedge-Fonds zu investieren.”