Aus der FTD vom 9.1.2002
Europa hinkt US-Konjunktur hinterher
Von Birgit Marschall, Berlin, und Christian Baulig, Hamburg
Die Konjunktur im Euro-Raum dürfte sich in den kommenden Monaten langsamer und schwächer erholen als in den USA. Darauf lassen jüngste Stimmungswerte in Umfragen sowie die neuen Prognosen deutscher Wirtschaftsforschungsinstitute schließen.
Nachdem sich das US-Geschäftsklima laut Umfragen unter Einkaufsmanagern bereits seit November in zwei Schritten deutlich gebessert hat, meldete die EU-Kommission am Dienstag für den Euro-Raum erstmals überhaupt eine Besserung im Dezember. Europas Konjunktur werde sich erst im Frühjahr langsam erholen, sagten Ökonomen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des HWWA-Instituts bei der Vorlage ihrer Winterprognosen.
"In Deutschland kommt es im zweiten Quartal zur Trendwende, angetrieben von den Investitionen, später von den Exporten", sagte Gustav Horn, Konjunkturchef des DIW. Sollte die Konjunktur in den USA allerdings nicht kräftig anziehen, drohte zumindest bis zur Mitte 2002 in Deutschland Stagnation, wenn nicht gar Rezession. Und setze der Aufschwung in Deutschland erst im dritten Quartal ein, käme die Bundesrepublik lediglich auf ein Jahreswachstum von 0,1 Prozent.
In seinem Basisszenario prognostiziert das Berliner Institut ein Wachstum des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das HWWA liegt mit geschätzten 0,7 Prozent kaum höher.
Erster Anstieg seit Monaten
Nach den Angaben der EU-Kommission verbesserte sich im Euro-Raum der Index für das Wirtschaftsklima im Dezember nur leicht von 98,6 auf 98,8 Punkte; es war der erste Anstieg seit Monaten. Etwas aufgehellt haben sich dabei sowohl die Einschätzungen der Industrie als auch der Verbraucher. In Deutschland kam es dagegen sogar zu einer weiteren Verschlechterung.
Positiv überrascht zeigten sich Ökonomen derweil vom Anstieg der deutschen Industrieaufträge um 0,9 Prozent im November gegenüber Vormonat, wobei die Auslandsaufträge mit plus 2,2 Prozent bereits im zweiten Monat in Folge zulegten. Die Inlandsorder sanken um 0,4 Prozent und damit im dritten Monat in Folge.
Nach Analyse des DIW hat sich die Übertragungsgeschwindigkeit der Konjunktur von den USA auf Europa seit Mitte der 90er Jahre zwar beschleunigt, doch könnte die "tiefgreifende Unsicherheit" nach dem Terrorschock dazu beitragen, dass "die Erholung im Euro-Raum etwas länger als üblich auf sich warten" lässt. "Wir befinden uns derzeit in einer milden Rezession", sagte HWWA-Forscher Eckhardt Wohlers. Der Zeitpunkt für die konjunkturelle Wende lasse sich angesichts der Unsicherheiten schwer schätzen, so Wohlers.
"Bereits die Verschiebung des Wendepunktes um ein Quartal würde zu einer deutlich niedrigeren jahresdurchschnittlichen Wachstumsrate führen." "Deutschland wird weiter das Schlusslicht in Europa bilden", sagte HWWA-Präsident Thomas Straubhaar. Vom Inland seien keine Wachstumsschübe zu erwarten. Er beklagte, dass allein "Kräfte von außen" die leichte Erholung ermöglichten. Das HWWA erwartet allerdings, dass die Konjunktur in der zweiten Hälfte 2002 an Fahrt gewinnen wird.
© 2002 Financial Times Deutschland
Europa hinkt US-Konjunktur hinterher
Von Birgit Marschall, Berlin, und Christian Baulig, Hamburg
Die Konjunktur im Euro-Raum dürfte sich in den kommenden Monaten langsamer und schwächer erholen als in den USA. Darauf lassen jüngste Stimmungswerte in Umfragen sowie die neuen Prognosen deutscher Wirtschaftsforschungsinstitute schließen.
Nachdem sich das US-Geschäftsklima laut Umfragen unter Einkaufsmanagern bereits seit November in zwei Schritten deutlich gebessert hat, meldete die EU-Kommission am Dienstag für den Euro-Raum erstmals überhaupt eine Besserung im Dezember. Europas Konjunktur werde sich erst im Frühjahr langsam erholen, sagten Ökonomen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des HWWA-Instituts bei der Vorlage ihrer Winterprognosen.
"In Deutschland kommt es im zweiten Quartal zur Trendwende, angetrieben von den Investitionen, später von den Exporten", sagte Gustav Horn, Konjunkturchef des DIW. Sollte die Konjunktur in den USA allerdings nicht kräftig anziehen, drohte zumindest bis zur Mitte 2002 in Deutschland Stagnation, wenn nicht gar Rezession. Und setze der Aufschwung in Deutschland erst im dritten Quartal ein, käme die Bundesrepublik lediglich auf ein Jahreswachstum von 0,1 Prozent.
In seinem Basisszenario prognostiziert das Berliner Institut ein Wachstum des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das HWWA liegt mit geschätzten 0,7 Prozent kaum höher.
Erster Anstieg seit Monaten
Nach den Angaben der EU-Kommission verbesserte sich im Euro-Raum der Index für das Wirtschaftsklima im Dezember nur leicht von 98,6 auf 98,8 Punkte; es war der erste Anstieg seit Monaten. Etwas aufgehellt haben sich dabei sowohl die Einschätzungen der Industrie als auch der Verbraucher. In Deutschland kam es dagegen sogar zu einer weiteren Verschlechterung.
Positiv überrascht zeigten sich Ökonomen derweil vom Anstieg der deutschen Industrieaufträge um 0,9 Prozent im November gegenüber Vormonat, wobei die Auslandsaufträge mit plus 2,2 Prozent bereits im zweiten Monat in Folge zulegten. Die Inlandsorder sanken um 0,4 Prozent und damit im dritten Monat in Folge.
Nach Analyse des DIW hat sich die Übertragungsgeschwindigkeit der Konjunktur von den USA auf Europa seit Mitte der 90er Jahre zwar beschleunigt, doch könnte die "tiefgreifende Unsicherheit" nach dem Terrorschock dazu beitragen, dass "die Erholung im Euro-Raum etwas länger als üblich auf sich warten" lässt. "Wir befinden uns derzeit in einer milden Rezession", sagte HWWA-Forscher Eckhardt Wohlers. Der Zeitpunkt für die konjunkturelle Wende lasse sich angesichts der Unsicherheiten schwer schätzen, so Wohlers.
"Bereits die Verschiebung des Wendepunktes um ein Quartal würde zu einer deutlich niedrigeren jahresdurchschnittlichen Wachstumsrate führen." "Deutschland wird weiter das Schlusslicht in Europa bilden", sagte HWWA-Präsident Thomas Straubhaar. Vom Inland seien keine Wachstumsschübe zu erwarten. Er beklagte, dass allein "Kräfte von außen" die leichte Erholung ermöglichten. Das HWWA erwartet allerdings, dass die Konjunktur in der zweiten Hälfte 2002 an Fahrt gewinnen wird.
© 2002 Financial Times Deutschland