Mails/Nachrichten vom 10.04.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
das schwierige Quartal hat erst begonnen. Schwierig heißt aber nicht gefährlich, aber nervös macht es dennoch. Dazu kommen die Schlagzeilen, die schon veraltet sind, wenn sie erscheinen. Das können Sie heute in der deutschen Presse nachvollziehen, was auch für den Ölpreis gilt. Meine dringende Empfehlung:
Schauen Sie nicht auf den Augenblick, sondern auf die tatsächlichen Trends. Diese müssen nicht immer über Monate gesehen werden, aber doch wohl über ein paar Wochen. Zum Öl konkret: Ein hoher Ölpreis ist für die Weltkonjunktur eine deutliche Bremse, wenn er mindestens drei Monate lang oberhalb von 25/26 $ je Barrel bleibt. Das ist die Meßlatte. Ein stark schwankender Ölpreis mit Spitze bis 30 $ je Barrel, der auf politische Entscheidungen zurückgeht wie Irak oder Iran, hat einen anderen Stellenwert. Im übrigen: Denken Sie an meine Ölspekulation. Hier erhält SCHLUM-BERGER übrigens ein neues Kaufsignal bei 52 $. Zu allen anderen Titeln bitte die AB nachlesen. Denn Börse heißt auch: Trends erkennen und mitmachen, positiv wie negativ.
Die amerikanische Hightech-Szene bleibt extrem volatil. Gestern war CISCO dran. 6,3 % Kursverlust aufgrund einer einzigen Analysten-Einschätzung, wonach der Um-satz auf 4,9 statt 5 Mrd $ im laufenden Quartal zurückgehen wird. CISCO hat ein Ri-siko bis etwa 10 $. Das aber heißt: Rund 5 $ im Kurs oder 36 Mrd $ Börsenwert, die auf dem Spiel stehen. Dafür bekommen Sie zwei Drittel von GENERAL MOTORS. Wie oft habe ich darauf hingewiesen: In den hochkapitalisierten Technologietiteln steckt ein wahnsinnig hohes Unsicherheitsmoment. Bleiben wir bei CISCO, aber nur als Beispiel: Bei 10 $ liegt der Börsenwert um 72 Mrd $ für dann rund 20 - 22 Mrd $ Umsatz. Das ist immer noch reichlich hoch. Andererseits:
Weltunternehmen wie COMPAQ lassen sich schon langsam rechnen. Die Zahlen werden leicht besser ausfallen als bisher erwartet. Börsenwert aber nur 17 Mrd $ für einen Umsatz von ca. 40 Mrd $. Und das für die Nr. 2 im weltweiten PC-Markt. Ei-gentlich ein klarer Kauf, doch nur durch die noch offene Fusion mit HP nicht ein-schätzbar. Ich werde auf diese Aktie sofort zurückkommen, wenn ich rechtlich klar sehe. EASTMAN KODAK ist die Bluechip-Variante. Gestern + 4,8 %, weil die Zahlen besser ausgefallen sind als erwartet. Hier fehlen noch 1 $ zum ersten Hürdensprung mit Ziel 39 und 42 $, wie schon begründet. Das ist eine erneute Empfehlung nach erstem Einstieg bei 28 $ mit Brief Nr. 07/02. Der Zahlenvergleich: Börsenwert 9,9 Mrd $ für den weltgrößten Player in diesem Markt mit Umsatz von rund 13,4 Mrd $. Das genannte Potential ist also höchst solide. Sie sehen also:
Wer nur auf die Technologie schaut, schielt. Wer auf die tatsächlichen Trends schaut, verdient gutes Geld. Ich gebe zu, mit etwas mehr Geduld, aber dafür nach-haltig. Am Rande: COCA COLA erreichte gestern ein neues Jahreshoch. Alles weite-re siehe AB. Auch diese Konsequenz gehört dazu, was ich wiederhole: Ich habe mich aus allen Pharmatiteln verabschiedet, was etwas weh tat. MERCK gestern mit neuem Tief, BRISTOL MYERS kurz davor und PFIZER hat noch 4 $ Spielraum nach unten. Das sind noch weitere 12 %.
Frankfurt hängt im Meinungs-Dreieck fest: Öl, Kirch und die Wall Street. Wenn Sie heute die Zeitungen aufschlagen, so spielt Kirch natürlich die Hauptrolle. Was sich die beiden Wahlgegner Schröder und Stoiber zu sagen haben, entbehrt nicht einer gewissen Lächerlichkeit. Man mag das mit Wahlkampf abtun. Dahinter steht aber eine erstaunliche Inkompetenz, die für ein Industrieland wie Deutschland erschrek-kend ist. Indes:
Die Börse sieht besser aus, als die Stimmung im Moment signalisiert. Ich werde das in der nächsten AB präzisieren. Für manchen klingt das sehr technisch, was es aber nicht ist. Was mich erneut beunruhigt, sind die dahinterstehenden „Kräfte“. Am Mon-tag sprangen die Umsätze in den DAX-Aktien von 46 auf 64 Mio Stück und der Kurswert von 2,14 auf 3,05 Mrd E. Und das bei fallenden Kursen. Ich möchte nicht voreilig sein, aber steigende Umsätze bei fallenden Kursen sind Grund zur Nervosi-tät. Entsprechend stieg auch der VDAX, der die Volatilität anzeigt, auf 22,50. Dage-gen steht per gestern: 22 Titel von 30 im Plus, MLP in der Spitze + 5,3 gegen zwei Verlierer, wobei DT. POST mit - 3,5 der Hauptverlierer war. Zu MLP lesen sie bitte die AB der Vorwoche und gleiches gilt für DT. POST. Kaufbasis bleibt um 15,50/16 E., weil die gestern herumgereichten Kritiken einiger Analysten nicht stichhaltig sind.
Der Kurssprung von MLP ist nachvollziehbar und zeigte sich schon aus der Markt-technik, die ich diskutiert hatte. Das Ganze läuft aber vor einem extrem hohen Bör-senwert, in dem eine erhebliche Wachstumsprämie steckt. Der erneute Einbruch von SOFTWARE um 31,7 % ist ein weiteres Desaster. Gott sei Dank habe ich, wenn auch mit Verlust, die Reißleine noch oberhalb von 20/25 E. gezogen. Inzwischen 12 E. Ob das schon der Boden ist, muß noch abgewartet werden. Die gestrige Meldung einer erneuten Rücknahme der Prognosen ist extern eigentlich nicht nachvollziehbar. Zweiter Verlierer war WEDECO mit 13,7 %. Hier gilt: Ein hervorragendes Unterneh-men, aber zu teuer. Auch hier hatte ich warnend darauf hingewiesen und oberhalb von 36 E. (ex KE) Teilverkäufe angeraten. Bei 23 E. wird diese Aktie wahrscheinlich ein neuer Kauf. Dann liegt der Börsenwert bei etwa 240 Mio E. und läßt sich rechnen. Das alles gehört zum eingangs erwähnten, schwierigen Quartal.
Auf der Favoritenseite bleiben FRESENIUS MEDICAL mit erstmals über 70 E., ME-TRO, wie begründet, und HEIDELBERGER DRUCK, die gestern 52 E. übersprungen haben. Dazu bitte die AB‘s der letzten drei Wochen nachlesen.
Ein kurzer Blick nach Tokio: MITSUBISHI MOTORS macht nach, was NISSAN vor-gemacht hat. Inzwischen von 190 Yen bis knapp 400 Yen, und bei einer technischen Korrektur sind auch 360 Yen als Kauf noch möglich, wie ich vermute. DAIMLER-Mann Eckrodt schafft den Turnaround und wird im laufenden Geschäftsjahr (per 31.03.2003!) schwarze Zahlen schreiben. Dann notiert der Kurs von MM wohl deutlich über 500 Yen und mehr, siehe NISSAN, die übrigens eine der interessantesten Turnarounds in Japan wurden, gefolgt von BRIDGESTONE mit inzwischen + 70 %.
Das wär’s für heute, bis morgen.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
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