Pause im November
Mails/Nachrichten vom 11.11.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
die neue Woche dürfte technisch gesehen etwas zweideutig verlaufen. Das liegt daran: Die zuvor übergekaufte Marktlage (bis Mittwoch) wurde bis Freitag weit- gehend, aber nicht vollständig überwunden. Andererseits gibt es in den nächsten Tagen die dicken Minuszahlen von ALLIANZ, in Zürich von UBS und CSG und mithin eine Reihe heftiger Diskussionen um diese „Schieflagen“. Vorab für Sie: Bestenfalls stecken darin Schreckkurse, aber keine neuen Erkenntnisse. Warum das so ist, habe ich in der AB schon vor kurzem erläutert. Drastisch formuliert: Ob die ALLIANZ 1,5 oder 2,5 Mrd E. Verlust präsentiert, ist völlig egal. Sehen Sie dies bitte in Relation zum Vermögen einerseits und inwiefern dies ein strukturelles Problem darstellt andererseits. Nur im letzteren Falle wäre es ein Problem, welches in die Bewertung eingehen muß.
Deutlich erkennbar am Freitagabend: Die Marktbilder der großen Aktien, insbesondere in den USA, haben sich durchweg verbessert. Besonders signifikant: Die Ersten unter den Großen haben sogar die 200-Tagelinie von unten nach oben geschnitten und diese Durchschnittslinie selbst beginnt in den nächsten ein bis drei Wochen zu steigen. Darin erkennen Sie den langfristigen Trend einer Aktie, unabhängig von ihrer Volatilität. Doch dies gilt noch nicht für alle. Deshalb befinden wir uns trotz der guten Gewinne der letzten vier Wochen insgesamt gesehen noch immer in der Bodenbildung aller Märkte zusammengenommen. Konkreter:
Der ersten Rally im Oktober, die ich Ihnen frühzeitig beschrieben habe, folgt die übliche Pause im November, die ich Ihnen gleichfalls beschrieb. Und zwar in diesem Ticker. Das bedeutet:
Die hohe Volatilität bleibt bis in den Januar hinein erhalten. Das zeigt sich im Short Range Oscillator in New York ebenso wie im deutschen VDAX. Wer damit nicht umgehen kann, tut sich schwer.
Die Wall Street hat mit der Freitag-Angst, wie sie sich in Europa darstellte, gar nichts zu tun. Dow minus 49 Punkte, S&P minus 7,9 Punkte und Nasdaq minus 17,4 Punkte. Die bekannten technischen Kriterien haben sich nur leicht verändert. Alle Indizes haben noch etwa 4 % Luft und würden dann den gebrochenen Abwärtstrend touchieren. Weniger schön wäre dies deshalb, weil dann die 90-Tagelinien, die gerade zu drehen beginnen, unterschritten würden. Das ist der Grund, warum ich die neue Woche etwas skeptisch angehe. Am Grundtrend hat sich gleichwohl nichts verändert.
Halten Sie fest: Wer entläßt, Kosten senkt, Unnötiges verkauft, um unbedingt wieder rentabel zu werden, ist der Gewinner der kommenden Monate. Das drückt sich in der für viele überraschenden Entwicklung der amerikanischen Produktivität aus. Im 3. Quartal + 4 %, nach 1,7 % im 2. Quartal. Es ist die ergänzende statistische Erklärung zum amerikanischen Arbeitsmarkt, die ich Ihnen in der vergangenen Woche erläutert habe. Damit stiegen die Lohnstückkosten nur noch um 0,8 %, obwohl gleichzeitig die Stundenverdienste um 4,8 % zulegten, Jahresrate + 3,3 %. Über das Jahr ergibt sich aber für die Lohnstückkosten ein Rückgang um 2 %. Diese Zahlen sind der Hintergrund dafür, wie man wieder rentabel wird, um anschließend investieren zu können. In Deutschland kann man davon nur träumen.
CISCO ist ein Beispiel dafür, wie solche Nachrichten aufgenommen werden. Meine Zurückhaltung gegenüber dieser Aktie kennen Sie, andererseits sind die jetzt vorgelegten Zahlen ebenso interessant wie die Schlagzeilen in den Medien dazu. Die einen sprechen von Hoffnung, die anderen von Enttäuschung. Wer hat Recht? Ich diskutiere diese Frage erstmals für CISCO in der nächsten AB.
Das erlaubt einen etwas globalen Ausblick. Interessieren Sie sich weiterhin nicht für Stories, sondern für die Art und Weise, wie große Unternehmen ihre alte Ertragsqualität wieder zurückgewinnen. Das können Sie in diesen Tagen hautnah nachvollziehen, und zwar von A bis V, nämlich von ALCATEL oder ABB über ERICSSON bis VIVENDI. Es ist faszinierend zu überlegen, wie solche Unternehmen - sagen wir in drei bis vier Jahren - aussehen werden und wo der Kurs dann steht. Mindestens 20 oder 30 Unternehmen dieser Art stehen in der gleichen Situation. Dazu gehört übrigens auch HEWLETT PACKARD als Nr. 2 am Weltmarkt für Computer.
In Deutschland ist TELEKOM die Schlüsselaktie dieser Woche. Am Donnerstag wird ein weiterer Milliardenverlust präsentiert und gleichzeitig der neue Chef vorgestellt. Also am gleichen Tag wie ALLIANZ und übrigens auch BASF, E.ON sowie EPCOS. Dann folgen HANN RÜCK, HOCHTIEF, K+S und LINDE.
Zurück zu Telekom. TELECOM ITALIA liefert soeben Trendzahlen, die von FRANCE TÉLÉCOM kürzlich vorgegeben wurden. Die heutige Nachricht ist: 9 % Gebührenerhöhung. Ich hatte es Ihnen in der AB schon vor sechs Wochen avisiert: Spätestens mit dem Ende von MOBILCOM (egal ob über Insolvenz oder Nischenleben) tendiert der deutsche Telekom-Markt ebenso wie der in Frankreich und Italien zu einem Oligopol. Das bedeutet: Begrenzte Zahl der Anbieter und damit Ende des Gebührenkampfes. Wenn dies sowohl für Festnetz wie Mobilfunk gilt, so können Sie sich die Ertragsentwicklung der Großen leicht ausrechnen. Zu der amerikanischen Entwicklung hatte ich bereits alles Wesentliche gesagt. Schauen Sie also in den nächsten Tagen weiter auf alle Telekomaktien. Hier entwickelt sich keine Sensation, aber ein Trend.
Wenn alle Quartalszahlen vorliegen, ist Kaufzeit. Daß der DAX dabei noch einmal die 3.000-Marke touchiert, ist möglich. Das signalisiert jedenfalls die Daily-Basis. Die Weekly-Basis liegt in einer Art neutralen Zone, was sich erst im Verlauf dieser Woche näher definieren läßt. Das wird unterstrichen durch die gleichartige Verhaltensform im Dow Jones. Deshalb also etwas Vorsicht zum Wochenbeginn.
Fazit für Sie: Ich sehe heute keinen akuten Handlungsbedarf für Käufe. Aber Sie wissen: Wenn ein Markt 32 % anzieht, muß er auch zwei Wochen 10 oder 12 % nachgeben können. Das zeigt sich im VDAX mit Schlußstand 46 am Freitag.
Ein Wort zur Politik. Was Berlin in Sachen Spekulationssteuer bzw. Kapitalertragssteuer bietet, ist absurd. Gehen Sie dennoch sehr vorsichtig damit um. Die Endfassung dieser Gesetze wird anders aussehen. Das sagt ein mir persönlich bekannter und in Berlin auf hoher ministeraler Ebene arbeitender langjähriger Mitarbeiter im entsprechenden Ministerium.
Das war’s für heute, bis morgen,
herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
die neue Woche dürfte technisch gesehen etwas zweideutig verlaufen. Das liegt daran: Die zuvor übergekaufte Marktlage (bis Mittwoch) wurde bis Freitag weit- gehend, aber nicht vollständig überwunden. Andererseits gibt es in den nächsten Tagen die dicken Minuszahlen von ALLIANZ, in Zürich von UBS und CSG und mithin eine Reihe heftiger Diskussionen um diese „Schieflagen“. Vorab für Sie: Bestenfalls stecken darin Schreckkurse, aber keine neuen Erkenntnisse. Warum das so ist, habe ich in der AB schon vor kurzem erläutert. Drastisch formuliert: Ob die ALLIANZ 1,5 oder 2,5 Mrd E. Verlust präsentiert, ist völlig egal. Sehen Sie dies bitte in Relation zum Vermögen einerseits und inwiefern dies ein strukturelles Problem darstellt andererseits. Nur im letzteren Falle wäre es ein Problem, welches in die Bewertung eingehen muß.
Deutlich erkennbar am Freitagabend: Die Marktbilder der großen Aktien, insbesondere in den USA, haben sich durchweg verbessert. Besonders signifikant: Die Ersten unter den Großen haben sogar die 200-Tagelinie von unten nach oben geschnitten und diese Durchschnittslinie selbst beginnt in den nächsten ein bis drei Wochen zu steigen. Darin erkennen Sie den langfristigen Trend einer Aktie, unabhängig von ihrer Volatilität. Doch dies gilt noch nicht für alle. Deshalb befinden wir uns trotz der guten Gewinne der letzten vier Wochen insgesamt gesehen noch immer in der Bodenbildung aller Märkte zusammengenommen. Konkreter:
Der ersten Rally im Oktober, die ich Ihnen frühzeitig beschrieben habe, folgt die übliche Pause im November, die ich Ihnen gleichfalls beschrieb. Und zwar in diesem Ticker. Das bedeutet:
Die hohe Volatilität bleibt bis in den Januar hinein erhalten. Das zeigt sich im Short Range Oscillator in New York ebenso wie im deutschen VDAX. Wer damit nicht umgehen kann, tut sich schwer.
Die Wall Street hat mit der Freitag-Angst, wie sie sich in Europa darstellte, gar nichts zu tun. Dow minus 49 Punkte, S&P minus 7,9 Punkte und Nasdaq minus 17,4 Punkte. Die bekannten technischen Kriterien haben sich nur leicht verändert. Alle Indizes haben noch etwa 4 % Luft und würden dann den gebrochenen Abwärtstrend touchieren. Weniger schön wäre dies deshalb, weil dann die 90-Tagelinien, die gerade zu drehen beginnen, unterschritten würden. Das ist der Grund, warum ich die neue Woche etwas skeptisch angehe. Am Grundtrend hat sich gleichwohl nichts verändert.
Halten Sie fest: Wer entläßt, Kosten senkt, Unnötiges verkauft, um unbedingt wieder rentabel zu werden, ist der Gewinner der kommenden Monate. Das drückt sich in der für viele überraschenden Entwicklung der amerikanischen Produktivität aus. Im 3. Quartal + 4 %, nach 1,7 % im 2. Quartal. Es ist die ergänzende statistische Erklärung zum amerikanischen Arbeitsmarkt, die ich Ihnen in der vergangenen Woche erläutert habe. Damit stiegen die Lohnstückkosten nur noch um 0,8 %, obwohl gleichzeitig die Stundenverdienste um 4,8 % zulegten, Jahresrate + 3,3 %. Über das Jahr ergibt sich aber für die Lohnstückkosten ein Rückgang um 2 %. Diese Zahlen sind der Hintergrund dafür, wie man wieder rentabel wird, um anschließend investieren zu können. In Deutschland kann man davon nur träumen.
CISCO ist ein Beispiel dafür, wie solche Nachrichten aufgenommen werden. Meine Zurückhaltung gegenüber dieser Aktie kennen Sie, andererseits sind die jetzt vorgelegten Zahlen ebenso interessant wie die Schlagzeilen in den Medien dazu. Die einen sprechen von Hoffnung, die anderen von Enttäuschung. Wer hat Recht? Ich diskutiere diese Frage erstmals für CISCO in der nächsten AB.
Das erlaubt einen etwas globalen Ausblick. Interessieren Sie sich weiterhin nicht für Stories, sondern für die Art und Weise, wie große Unternehmen ihre alte Ertragsqualität wieder zurückgewinnen. Das können Sie in diesen Tagen hautnah nachvollziehen, und zwar von A bis V, nämlich von ALCATEL oder ABB über ERICSSON bis VIVENDI. Es ist faszinierend zu überlegen, wie solche Unternehmen - sagen wir in drei bis vier Jahren - aussehen werden und wo der Kurs dann steht. Mindestens 20 oder 30 Unternehmen dieser Art stehen in der gleichen Situation. Dazu gehört übrigens auch HEWLETT PACKARD als Nr. 2 am Weltmarkt für Computer.
In Deutschland ist TELEKOM die Schlüsselaktie dieser Woche. Am Donnerstag wird ein weiterer Milliardenverlust präsentiert und gleichzeitig der neue Chef vorgestellt. Also am gleichen Tag wie ALLIANZ und übrigens auch BASF, E.ON sowie EPCOS. Dann folgen HANN RÜCK, HOCHTIEF, K+S und LINDE.
Zurück zu Telekom. TELECOM ITALIA liefert soeben Trendzahlen, die von FRANCE TÉLÉCOM kürzlich vorgegeben wurden. Die heutige Nachricht ist: 9 % Gebührenerhöhung. Ich hatte es Ihnen in der AB schon vor sechs Wochen avisiert: Spätestens mit dem Ende von MOBILCOM (egal ob über Insolvenz oder Nischenleben) tendiert der deutsche Telekom-Markt ebenso wie der in Frankreich und Italien zu einem Oligopol. Das bedeutet: Begrenzte Zahl der Anbieter und damit Ende des Gebührenkampfes. Wenn dies sowohl für Festnetz wie Mobilfunk gilt, so können Sie sich die Ertragsentwicklung der Großen leicht ausrechnen. Zu der amerikanischen Entwicklung hatte ich bereits alles Wesentliche gesagt. Schauen Sie also in den nächsten Tagen weiter auf alle Telekomaktien. Hier entwickelt sich keine Sensation, aber ein Trend.
Wenn alle Quartalszahlen vorliegen, ist Kaufzeit. Daß der DAX dabei noch einmal die 3.000-Marke touchiert, ist möglich. Das signalisiert jedenfalls die Daily-Basis. Die Weekly-Basis liegt in einer Art neutralen Zone, was sich erst im Verlauf dieser Woche näher definieren läßt. Das wird unterstrichen durch die gleichartige Verhaltensform im Dow Jones. Deshalb also etwas Vorsicht zum Wochenbeginn.
Fazit für Sie: Ich sehe heute keinen akuten Handlungsbedarf für Käufe. Aber Sie wissen: Wenn ein Markt 32 % anzieht, muß er auch zwei Wochen 10 oder 12 % nachgeben können. Das zeigt sich im VDAX mit Schlußstand 46 am Freitag.
Ein Wort zur Politik. Was Berlin in Sachen Spekulationssteuer bzw. Kapitalertragssteuer bietet, ist absurd. Gehen Sie dennoch sehr vorsichtig damit um. Die Endfassung dieser Gesetze wird anders aussehen. Das sagt ein mir persönlich bekannter und in Berlin auf hoher ministeraler Ebene arbeitender langjähriger Mitarbeiter im entsprechenden Ministerium.
Das war’s für heute, bis morgen,
herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
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