Hans Bernecker: Leichte Entspannnung
Mails/Nachrichten vom 21.08.2001, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
ich registriere eine leichte Entspannung. Die Frühindikatoren der Amerikaner sind in vierter Folge positiv und das deckt sich absolut mit dem, was ich Ihnen in den letzten Tagen zur US-Konjunktur schon schrieb. Ich kann die Nervosität und Ungeduld verstehen, insbesondere, weil sie durch die vielen Berichte, Meinungen und Analysen aus allen Ländern und Ecken durch die Medien geistern. Daran ändert sich gleichwohl nichts. Es gibt nun einmal einen sehr direkten Zusammenhang zwischen Geldpolitik und Güterwirtschaft. Umso direkter, je freier ein Markt ist und umso indirekter, je unfreier er ist. Das ist der Unterschied zwischen USA und Europa. Ich würde mich sodann auch nicht wundern, wenn die amerikanische Arbeitslosenzahl noch auf 4,7 % steigt, obwohl die Konjunktur bereits vorsichtig anzieht. Es paßt absolut ins Bild, wenn ferner die FED die Zinsen in zwei weiteren Schritten zurücknimmt, wahrscheinlich um jeweils 25 Basispunkte auf 3 %. Das hatte ich Ihnen als notwendige Größe schon im Frühjahr vorausgesagt. Übrigens waren es 2,75 % im letzten Zinszyklus vor 6 Jahren.
Das einzige Problem in den Märkten bleibt nach wie vor: Die Überbewertung in den ehemaligen Börsenlieblingen der Technologie ist noch nicht komplett beendet. Es tut mir leid, ständig darauf aufmerksam machen zu müssen. Auf die Spitze getrieben: Es könnte sein, daß alle soliden Aktien schon steigen, aber Titel wie Cisco, Oracle etc. noch 30 - 35 % oder 40 % fallen. Dann nimmt niemand die erste Gruppe wahr, aber alle die letzte. In Deutschland sind ohnehin nur die Technologieaktien bekannt. Bitte denken Sie aber daran: Der amerikanische Markt besteht aus rd. 8.000 Aktien, davon etwa 3.300 am Big Board, knapp 4.000 an der Nasdaq und der Rest an der Amex. Alle zusammen machen den Trend und nicht nur die Hightechs.
Wall Street konkret: Gestern fand während des Tages ein interessanter Dreh statt. Ein sog. Intraday-reversal. Am Ende lagen die gestiegenen Kurse vorn und die Relation new high zu new low sprang auf 3:1. An der Nasdaq wurde nur ein knappes 1:1 erreicht, was ich dennoch recht positiv finde. Darin drückt sich aber das aus, was ich eingangs beschrieben habe.
Besteht schon Handlungsbedarf? Kaum. Ich warte ab. Zahlen Sie lieber ein oder zwei Dollar mehr, wenn Sie wissen, daß die nächsten 10 Dollar sicher sind. Diese Aussage ist zur Zeit noch nicht möglich. Interessant ist aber: Lucent ist nun in den letzten Tagen mehrfach der umsatzstärkste Titel im Markt. Die Umfinanzierung von 4 Mrd $ steht, womit der Verkauf von Agere zunächst aufgeschoben wird, was wohl auch für die Glasfasersparte gilt. An Lucent werden Sie nachvollziehen können, wie ein Weltkonzern auf amerikanisch saniert wird, ein Weltkonzern bleibt, und wir wollen mal sehen, wo die Kurse in zwei oder drei Jahren stehen. Wohl auch schon in 12 Monaten. Die gewiß frustrierten Lucent-Aktionäre kann ich selbstverständlich auch verstehen, weil ich viel zu früh eingestiegen bin. Das war deutlich über 20 und sogar 30 $, und allesamt liegen wir extrem schief. Doch abgerechnet wird am Ende. Ich weiß zwar sehr wohl, daß man sich auch zu Tode verbilligen kann. Richtig bleibt es dennoch. Das gilt nicht für jede Turnaround-Spekulation. Für Xerox gilt nichts anderes.
In Deutschland hängt die Stimmung von derjenigen in New York ab, aber die zwei Unfälle bleiben ein psychologisch ebenfalls schwieriges Problem. Bayer klärt seit gestern in Anzeigen in den Zeitungen auf. Im Falle Dt. Telekom avisierte Sonera gestern Abend den Ausstieg aus der Position, was immerhin rd. 70 Mio Stück umfaßt. Es muß also ein Konsortium gefunden werden, welches das Ganze begleitet. Darauf wird es ankommen. Der Absturz von MLP ist weitgehend erledigt. Ich halte den fairen Kurs zwar erst bei 45 E. für gegeben, aber 63 E. im Tief sind schon eine Hausnummer. Auch hier zeigte sich, daß Überbewertungen kurze Beine haben. Der Druck auf SAP wird übrigens größer und nicht kleiner. Gleiches gilt für die Siemens-Familie. Ich weise noch einmal darauf hin: Die technisch beste Pharmaaktie bleibt nach wie vor Fresenius Medical Care, auf die ich mehrfach hingewiesen habe. Gestern erneut plus 4,9 %. Die Mutter Fresenius macht es etwas langsamer, aber ebenfalls positiv. Mies ist, was bei Babcock läuft. Aus dem Umtausch von Balcke Dürr gibt es immer noch Abgaben, die sogar noch im Gewinn stehen. Skeptisch beurteile ich das Gerücht, daß Preussag teilweise Material an den Markt gegeben haben soll. Bekanntlich hat Preussag 30 % Babcock-Aktien aus der Sacheinbringung seiner Töchter erlöst. Würde sich dies bestätigen, wäre es eine glatte Sauerei. Jedenfalls bemühe ich mich um weitere Details. Im übrigen macht Babcock eine ganz miese Informationspolitik und rückt bis zur Stunde mit keinen neuen konsolidierten Zahlen heraus, nachdem die Fusion mit Balcke nur Pro-forma-Zahlen zuläßt und mithin eine externe Einschätzung unmöglich ist. An den von mir gegebenen Zahlen hat sich dennoch nichts geändert. Auffallend ist auch der hohe Tagesumsatz bei Continental, die
gestern 5,8 % verloren. 13,80 E. dürfen nicht unterschritten werden. Dann besteht Gefahr eines Rückganges auf 10, obwohl Conti wahrlich preiswert ist.
Die heutigen Termine: Dt. Post liefert offiziell den Zwischenbericht zum 2. Quartal, damit auch für das 1. Halbjahr. Ferner D Logistics, worauf ich sehr gespannt bin. Ich hatte auf diese Aktie schon aufmerksam gemacht. Bitte dazu die nächste AB beachten. Die fleißigen Sachsen von Lintec hatten zwar schon vorgewarnt und am Freitag Zahlen vorgelegt. Diese werde ich mir ebenfalls näher anschauen und in Kürze näher darauf eingehen. In der HV von Hornbach-Baumarkt erwarte ich einen Ausblick für die deutsche Selfmade-Tendenz. In der Schweiz gibt es zwei ebenfalls interessante Termine, nämlich bei Ciba und Mikron Holding, wobei die letzte schon mehrfach von mir erwähnt worden ist. Letztere verlor rd. 50 % und rückt schon in die Nähe echter Käufe. Schauen Sie sich zunächst einmal die Fakten an. Insgesamt: Wenn Sie in den letzten Tagen die Meldungen der sog. Midcaps mit etwas Ruhe studiert haben, werden Sie feststellen: Die Zahlen sind durchweg bedeutend besser als das Kursbild erscheinen läßt. Ich werde dazu in der nächsten AB weitere Kommentare geben. In gut 70 % der Fälle rechtfertigen sich Käufe. Und zwar auf höchst solider Basis.
Das wär's für heute mit dem Ausblick auf eine etwas bessere Börse und einen deutlich stabileren markttechnischen Grund.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
P.S.: Ich werde zur Zeit mit E-Mails überhäuft und komme mit der Beantwortung nicht ganz nach. Ich bitte daher um Entschuldigung, wenn ich etwas verspätet antworte.
Mails/Nachrichten vom 21.08.2001, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
ich registriere eine leichte Entspannung. Die Frühindikatoren der Amerikaner sind in vierter Folge positiv und das deckt sich absolut mit dem, was ich Ihnen in den letzten Tagen zur US-Konjunktur schon schrieb. Ich kann die Nervosität und Ungeduld verstehen, insbesondere, weil sie durch die vielen Berichte, Meinungen und Analysen aus allen Ländern und Ecken durch die Medien geistern. Daran ändert sich gleichwohl nichts. Es gibt nun einmal einen sehr direkten Zusammenhang zwischen Geldpolitik und Güterwirtschaft. Umso direkter, je freier ein Markt ist und umso indirekter, je unfreier er ist. Das ist der Unterschied zwischen USA und Europa. Ich würde mich sodann auch nicht wundern, wenn die amerikanische Arbeitslosenzahl noch auf 4,7 % steigt, obwohl die Konjunktur bereits vorsichtig anzieht. Es paßt absolut ins Bild, wenn ferner die FED die Zinsen in zwei weiteren Schritten zurücknimmt, wahrscheinlich um jeweils 25 Basispunkte auf 3 %. Das hatte ich Ihnen als notwendige Größe schon im Frühjahr vorausgesagt. Übrigens waren es 2,75 % im letzten Zinszyklus vor 6 Jahren.
Das einzige Problem in den Märkten bleibt nach wie vor: Die Überbewertung in den ehemaligen Börsenlieblingen der Technologie ist noch nicht komplett beendet. Es tut mir leid, ständig darauf aufmerksam machen zu müssen. Auf die Spitze getrieben: Es könnte sein, daß alle soliden Aktien schon steigen, aber Titel wie Cisco, Oracle etc. noch 30 - 35 % oder 40 % fallen. Dann nimmt niemand die erste Gruppe wahr, aber alle die letzte. In Deutschland sind ohnehin nur die Technologieaktien bekannt. Bitte denken Sie aber daran: Der amerikanische Markt besteht aus rd. 8.000 Aktien, davon etwa 3.300 am Big Board, knapp 4.000 an der Nasdaq und der Rest an der Amex. Alle zusammen machen den Trend und nicht nur die Hightechs.
Wall Street konkret: Gestern fand während des Tages ein interessanter Dreh statt. Ein sog. Intraday-reversal. Am Ende lagen die gestiegenen Kurse vorn und die Relation new high zu new low sprang auf 3:1. An der Nasdaq wurde nur ein knappes 1:1 erreicht, was ich dennoch recht positiv finde. Darin drückt sich aber das aus, was ich eingangs beschrieben habe.
Besteht schon Handlungsbedarf? Kaum. Ich warte ab. Zahlen Sie lieber ein oder zwei Dollar mehr, wenn Sie wissen, daß die nächsten 10 Dollar sicher sind. Diese Aussage ist zur Zeit noch nicht möglich. Interessant ist aber: Lucent ist nun in den letzten Tagen mehrfach der umsatzstärkste Titel im Markt. Die Umfinanzierung von 4 Mrd $ steht, womit der Verkauf von Agere zunächst aufgeschoben wird, was wohl auch für die Glasfasersparte gilt. An Lucent werden Sie nachvollziehen können, wie ein Weltkonzern auf amerikanisch saniert wird, ein Weltkonzern bleibt, und wir wollen mal sehen, wo die Kurse in zwei oder drei Jahren stehen. Wohl auch schon in 12 Monaten. Die gewiß frustrierten Lucent-Aktionäre kann ich selbstverständlich auch verstehen, weil ich viel zu früh eingestiegen bin. Das war deutlich über 20 und sogar 30 $, und allesamt liegen wir extrem schief. Doch abgerechnet wird am Ende. Ich weiß zwar sehr wohl, daß man sich auch zu Tode verbilligen kann. Richtig bleibt es dennoch. Das gilt nicht für jede Turnaround-Spekulation. Für Xerox gilt nichts anderes.
In Deutschland hängt die Stimmung von derjenigen in New York ab, aber die zwei Unfälle bleiben ein psychologisch ebenfalls schwieriges Problem. Bayer klärt seit gestern in Anzeigen in den Zeitungen auf. Im Falle Dt. Telekom avisierte Sonera gestern Abend den Ausstieg aus der Position, was immerhin rd. 70 Mio Stück umfaßt. Es muß also ein Konsortium gefunden werden, welches das Ganze begleitet. Darauf wird es ankommen. Der Absturz von MLP ist weitgehend erledigt. Ich halte den fairen Kurs zwar erst bei 45 E. für gegeben, aber 63 E. im Tief sind schon eine Hausnummer. Auch hier zeigte sich, daß Überbewertungen kurze Beine haben. Der Druck auf SAP wird übrigens größer und nicht kleiner. Gleiches gilt für die Siemens-Familie. Ich weise noch einmal darauf hin: Die technisch beste Pharmaaktie bleibt nach wie vor Fresenius Medical Care, auf die ich mehrfach hingewiesen habe. Gestern erneut plus 4,9 %. Die Mutter Fresenius macht es etwas langsamer, aber ebenfalls positiv. Mies ist, was bei Babcock läuft. Aus dem Umtausch von Balcke Dürr gibt es immer noch Abgaben, die sogar noch im Gewinn stehen. Skeptisch beurteile ich das Gerücht, daß Preussag teilweise Material an den Markt gegeben haben soll. Bekanntlich hat Preussag 30 % Babcock-Aktien aus der Sacheinbringung seiner Töchter erlöst. Würde sich dies bestätigen, wäre es eine glatte Sauerei. Jedenfalls bemühe ich mich um weitere Details. Im übrigen macht Babcock eine ganz miese Informationspolitik und rückt bis zur Stunde mit keinen neuen konsolidierten Zahlen heraus, nachdem die Fusion mit Balcke nur Pro-forma-Zahlen zuläßt und mithin eine externe Einschätzung unmöglich ist. An den von mir gegebenen Zahlen hat sich dennoch nichts geändert. Auffallend ist auch der hohe Tagesumsatz bei Continental, die
gestern 5,8 % verloren. 13,80 E. dürfen nicht unterschritten werden. Dann besteht Gefahr eines Rückganges auf 10, obwohl Conti wahrlich preiswert ist.
Die heutigen Termine: Dt. Post liefert offiziell den Zwischenbericht zum 2. Quartal, damit auch für das 1. Halbjahr. Ferner D Logistics, worauf ich sehr gespannt bin. Ich hatte auf diese Aktie schon aufmerksam gemacht. Bitte dazu die nächste AB beachten. Die fleißigen Sachsen von Lintec hatten zwar schon vorgewarnt und am Freitag Zahlen vorgelegt. Diese werde ich mir ebenfalls näher anschauen und in Kürze näher darauf eingehen. In der HV von Hornbach-Baumarkt erwarte ich einen Ausblick für die deutsche Selfmade-Tendenz. In der Schweiz gibt es zwei ebenfalls interessante Termine, nämlich bei Ciba und Mikron Holding, wobei die letzte schon mehrfach von mir erwähnt worden ist. Letztere verlor rd. 50 % und rückt schon in die Nähe echter Käufe. Schauen Sie sich zunächst einmal die Fakten an. Insgesamt: Wenn Sie in den letzten Tagen die Meldungen der sog. Midcaps mit etwas Ruhe studiert haben, werden Sie feststellen: Die Zahlen sind durchweg bedeutend besser als das Kursbild erscheinen läßt. Ich werde dazu in der nächsten AB weitere Kommentare geben. In gut 70 % der Fälle rechtfertigen sich Käufe. Und zwar auf höchst solider Basis.
Das wär's für heute mit dem Ausblick auf eine etwas bessere Börse und einen deutlich stabileren markttechnischen Grund.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
P.S.: Ich werde zur Zeit mit E-Mails überhäuft und komme mit der Beantwortung nicht ganz nach. Ich bitte daher um Entschuldigung, wenn ich etwas verspätet antworte.