Hans Bernecker: Erholungspotential ist kein Trendp

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jack303:

Hans Bernecker: Erholungspotential ist kein Trendp

 
22.04.02 13:42

Mails/Nachrichten vom 22.04.2002, Bernecker & Cie.

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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
die abgelaufene Woche hatte es in sich, die beginnende hat noch einige Kaliber vor sich, aber es läßt sich schon erkennen, wohin die Trends gehen. Es war m. E. richtig, das Ganze aus der Position des „Nicht-Engagements“ zu verfolgen und neues Geld erst dann zu binden, wenn mehr Klarheit herrscht. In dieser Woche sind besonders zu beachten: AOL TIME WARNER, DUPONT und EASTMAN KODAK in den USA, dazu im DAX INFINEON, DAIMLERCHRYSLER und SIEMENS (beide am Donnerstag), sowie SCHERING am Freitag. Im Europa-Rahmen sind es dann noch ERICSSON, GLAXO und UNILEVER. Jeder für sich ist der Repräsentant eines eigenen Trends, deshalb erwähne ich sie hier.

Im deutschen MDAX kommen die Zahlen von STADA, BEIERSDORF, SOFTWARE, DOUGLAS sowie FRAPORT und AWD HOLDING bzw. HANNOVER RÜCK.

Eine Mahnung vorab: Liest man die Kommentare zu den verschiedenen Quartalszahlen und den teils fragwürdigen Schlußfolgerungen der Firmenchefs selbst, so ist verständlich, daß sie „in Hoffnung“ machen, aber dafür verdammt magere Argumente liefern. Das gilt natürlich vor allem für die Hightech-Titel in den USA. Dazu werde ich in den nächsten Tagen noch mehrfach Stellung nehmen.

Zunächst die Wall Street konkret: Markttechnik OK, wie in den vergangenen drei Wochen. Nicht alles ist nur Technologie, sondern es gibt noch anderes. Wer lediglich auf Technik schaut, verstellt sich den Blick. Ich wiederhole dies fast wie eine Schallplatte. Ich hatte Ihnen in den letzten Wochen immer wieder die zwei Begriffe in Erinnerung gerufen, die federführend für die kommenden 24 Monate sein werden.

Erholungspotential ist nicht Trendpotential. Sie können es im Moment sehr genau nachvollziehen, wenn Sie sich die Markttechnik angucken. Ein aktuelles Beispiel ist SUN MICROSYSTEMS, die am Freitag um satte 15 % stiegen, nämlich auf 9,15 $, nachdem der Ausblick „irgendwie positiv“ formuliert war. Diese Aktie schaffte einen doppelten Boden bei rd. 7,50 $. Dies signalisiert, daß auf dieser Basis eine Art Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage herrscht. Mit der erwähnten positiven Aussicht wurden es inzwischen über 9 $ und damit ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, daß SUN erneut bis 13 oder sogar 15 $ steigt. Das aber sind runde 35 - 50 %, je nach Einstieg. Gegenüber dem Tiefstkurs sogar fast 100 %. Dann ist aber das Potential erschöpft. Ich nenne es das Erholungspotential. Ob es sich später erweitern mag, wird vom Beweis abhängen, der noch zu bringen ist.

Trendpotential ist etwas ganz anderes: Kursverlauf gemessen an der stetigen Verbesserung der Geschäftserfolge mit Langzeitwirkung. Beispiel PROCTER & GAMBLE oder PHILIP MORRIS u. a. etc. Das bedeutet:

Die meisten Technikaktien haben ein beschränktes Erholungspotential, das sogar kurzfristig erheblich sein kann, aber langfristig nicht durchzuhalten ist. Die Begründung lasen Sie in der letzten AB auf Seite 1. Denn natürlich ist es völlig utopisch, davon auszugehen, daß SUN in absehbarer Zeit die alten Topkurse von 1999/2000 wiedersehen wird.

Meine These für diese Woche: Ich warte die weiteren Zahlen ab und entscheide anschließend. Spannend wird es bei LUCENT. Im 2. Quartal 17 Cents Verlust je Aktie. Die 28 von Thomson Financial/First Call befragten Analysten erwarten dieses Ergebnis mit einem Umsatz von 3,58 Mrd $. Einige Analysten halten dagegen und rechnen mit „ein paar positiven Überraschungen“, so eine deutlich verbesserte Kostenentwicklung und einen Anstieg der Bruttogewinnmarge um sogar 20 %. Mal sehen, was stimmt. Ein Ausstieg ist jedenfalls nicht mehr zu diskutieren, den Neukauf kommentiere ich anschließend.

Die aktuelle Liste der angekündigten Quartalszahlen habe ich vorliegen. Sie umfaßt 89 Titel für diese Woche, aber etwas bemerkenswertes entnehme ich daraus kaum. Nachrichtlich deshalb für Sie: LOCKHEED wird den Gewinn je Aktie verdoppeln. Damit stellt sich die Frage weiterer Käufe auf Topniveau. DOW CHEMICAL legt ebenfalls deutlich zu, bleibt aber noch auf niedrigem Niveau. WALT DISNEY rutscht auf 10 Cents Gewinn je Aktie ab, überwand aber am Freitag erstmals die Hürde 24 $. Ich plädiere für weitere Käufe, ähnlich wie bei EASTMAN KODAK ab 34 $. 3M legt geringfügig auf 1,19 $ Gewinn je Aktie zu, womit es bei meiner früheren Empfehlung bleibt.

In Frankfurt sind die zwei wichtigsten Zahlen in dieser Woche die von DAIMLERCHRYSLER und SIEMENS, siehe oben. Sie haben Trendcharakter. Ich hatte in der AB bzw. im Ticker zu den D-Zahlen schon einiges vorweggesagt. Zu überprüfen ist dies in den nächsten Tagen. Ergänzend zu den Ausführungen der ALLIANZ und zur AB: Wie erwartet drückte sich die ALLIANZ um das eigentliche Thema herum, um das es geht: Die neue Anlagestrategie für das eigene Geld und nicht für das der anderen oder jenes, welches aus dem Versicherungsgeschäft stammt. Hier geht es bekanntlich um die berühmten „Pakete“. Ich durfte in der AB dieses Thema nur berühren, wozu ich nach Gesprächen verpflichtet war. Ich werde versuchen, dies noch zu präzisieren. Aber darin steckt für die ALLIANZ-Aktie ein ganz erheblicher Hebel, der allerdings nicht kurzfristig wirkt. Die MÜNCHENER RÜCK sondiert in Mailand/Turin den Einstieg in eine große italienische Versicherung, strebt aber keine Mehrheit an. Ich rechne mit entsprechenden Berichten in kurzer Zeit. Damit favorisiere ich die Finanzaktien weiter.

DOW CHEMICAL wird sich in Deutschland verstärken. Die Amerikaner suchen den Ausbau über Beteiligungen oder Kauf ganzer Unternehmen. Es würde mich nicht überraschen, wenn die Amerikaner ein ganzes Geschäftsfeld eines großen deutschen Chemiekonzerns en bloc übernehmen. Dafür gibt es drei Adressen. Hilfreich ist für die Amerikaner, daß ein anderer aus Kartellgründen kaum zum Zuge kommt. Achten Sie in diesem Zusammenhang auf die bekannte Achse BAYER/DOW, die seit vielen Jahren gilt.

Verfolgen Sie die Bauaktien in dieser Woche mit größter Aufmerksamkeit. Kurssprung von HOCHTIEF auf über 21,95 E. (im Hoch) ist kein Zufall. Mehr als sechs Mal habe ich diese Aktie letzthin empfohlen. BILFINGER & BERGER steckt in der gleichen Ausgangslage. Beide sind unverändert ein Kauf. Die Probleme bei der WALTER-Gruppe sind nach meinen Informationen mit Bankliquidität allein nicht zu beheben. Ich erspare mir allerdings diesbezügliche Kombinationen. Jedenfalls: Der Baumarkt durchschreitet in diesem Jahr den Tiefstpunkt, aber die Börse schaut schon ins nächste Jahr. Beachten Sie dazu auch die Peripherie, also Fertighaus (Industriebau) sowie Zulieferung. Das ist natürlich klassische Old Economy.

Sie sehen: In dieser Woche gibt es jede Menge Anregungen für die, die ein bißchen weiterdenken und nicht nur kurzatmig Hightech spielen. Apropos Hightech: Wo liegt der faire Wert für NOKIA? Das ist ein Thema in der nächsten AB, nachdem ich Ihnen vielfach beschrieben habe, warum Kurse über 20 E. nicht haltbar sind.

Herzlichst Ihr

Hans A. Bernecker
 




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