Anschläge in USA könnten Vorbote weltweiter Rezession sein
Die beiden Hochhäuser des World Trade Center in New York, Wahrzeichen der modernen Finanzwelt, sind am Dienstag nach Anschlägen eingestürzt. Die Katastrophe, die die USA in Schock versetzte, hat bei Experten sogleich auch Sorgen vor einer eventuellen weltweiten Rezession als Folge ausgelöst. Ökonomen sagten, ein Rückgang der weltweiten Wirtschaft sei nahezu sicher, nachdem es bereits zu dramatischen Kursstürzen an den Börsen kam. Der US-Dollar sank im Vergleich zum Yen und zum Euro, und die Gold- und Ölpreise schnellten in die Höhe. Analysten spekulierten über einen massiven Einbruch des Vertrauens in die USA, das misstrauische Anleger für unbestimmte Zeit dazu bewegen könnte, erstmal nur in Gold und andere Werte zu investieren. In den vergangenen Jahren galten die USA bei Investoren als sicherer Hafen - Billionen Dollar wurden in der Annahme investiert, mit der Anlage bessere Renditen zu erzielen als in Europa und anderswo. Aber die Anschläge auf das World Trade Center in New York und das US-Verteidigungsministerium haben nach Einschätzung von Ökonomen dies Urvertrauen in die USA erschüttert. Die Märkte in den USA, die fast zwei Drittel des weltweiten Kapitalflusses anziehen, wurden am Dienstag geschlossen und sollten auch am Mittwoch nicht wieder eröffnen. Dadurch blieb zunächst spannend, wie die Märkte auf die Anschläge reagieren würden. Der Chefökonom von Wells Fargo and Co, Sung Won Sohn, bezeichnete aber eine echte weltweite Rezession bereits als "sehr wahrscheinlich". US-Präsident George W. Bush unterstich hingegen in einer Ansprache an die Nation, die Finanzinstitutionen blieben "stark" und die US-Wirtschaft werde ihre Geschäfte weiterhin offen führen. Die US-Notenbank erklärte, sie setze ihre Arbeit fort und werde für die notwendige Liquidität sorgen. Die Europäische Zentralbank (EZB) teilte mit, sie sei ebenfalls bereit, für die Liquidität zu sorgen, um die Finanzmärkte aufrecht zu erhalten. US-Finanzminister O'Neill erklärte, die Finanzmärkte seien stark und widerstandsfähig. Das Finanzsystem habe angesichts der Tragödie "außerordentlich gut" funktioniert. Er sei zuversichtlich, dass sich daran auch in den nächsten Tagen nichts ändern werde. Sohn von Wells and Fargo sagte, er rechne mit einer "Massenpanik" von Verkaufsaufträgen, sobald die US-Börsen wieder geöffnet würden, vor allem einen Run auf Versicherungwerte, mit entsprechenden Folgen für das Finanzsystem und Druck auf die US-Notenbank, die Zinsen weiter zu senken. Wegen der angespannten Wirtschaftslage hatte die Fed in diesem Jahr die Zinsen in sieben Schritten um insgesamt drei Prozentpunkte gesenkt. Der weltweit als Schock empfundene Anschlag auf die Schlüsselsymbole des US-Militärs und der Finanzwelt ereignete sich inmitten einer Phase globaler Verlangsamung der Wirtschaft. Die US-Wirtschaft wächst seit Monaten kaum noch, die europäische ging zürück und die japanische schrumpfte im zweiten Quartal deutlich. "Dies könnte wirklich eine globale Rezession auslösen", sagte der Chef von US Global Investor, Frank Holmes. Vor den Anschlägen hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) für dieses Jahr noch ein weltweites Wachstum von 2,7 Prozent vorhergesagt. Im vergangenen Jahr hatte die Weltwirtschaft noch um fünf Prozent zugelegt. Ökonomen sagten, das Schlimmste, was passieren könnte, wäre eine dramatische Kapitalflucht aus US-Vermögen. Dadurch könnten die ohnehin schwachen Börsendaten einbrechen und zu der ersten Rezession in den USA seit mehr als einem Jahrzehnt führen. Die USA könnten dann nicht längerer als sicherer Hafen für Kapitalanleger betrachtet werden, sagte Kathryn Kobe, Ökonomin bei Joel Popkin and Co in Washington. Vor allem die seit 1999 stark gestiegenen Ölpreise werden als Hauptgrund für die Wirtschaftsprobleme betrachtet. Analysten beobachteten am Dienstag angespannt das Klettern der Rohölpreise um mehr als zehn Prozent pro Barrel auf bis zu 31 Dollar. Teile der US-Wirtschaft, vor allem im verarbeitenden Bereich, stecken bereits in einer verdeckten Rezession. Aber die Verbraucher waren bisher zuversichtlich geblieben und hatten mit ihren Ausgaben die Wirtschaft flott gehalten. Sollte die Wall Street in New York mit einem Kurssturz eröffnen, würde das Vertrauen und voraussichtlich auch der Konsum sinken. Die US-Wirtschaft, die größte der Welt, wuchs im zweiten Quartal nur um 0,2 Prozent. Analysten fürchten, dass durch die Anschläge nun sogar ein Minuswachstum entstehen könnten.