GPC Biotech: Phantasie mit Siebenmeilenstiefeln
Auch nach den hohen Kursgewinnen ist die Aktie für langfristig orientierte Anleger eine spekulative Depotbeimischung
Das im TecDax gelistete Biotech-Unternehmen ist zum
Shooting Star mutiert: Mehr als 400 Prozent Kursgewinn
seit einem Jahr hat die Aktie erzielt, von niedrigstem
Niveau kommend auf zwischenzeitlich mehr als 16 Euro.
Nach dem steilen Anstieg bewegt sich der Titel auf
Konsolidierungspfaden.
Doch auch bei 14,40 Euro hat die Aktie noch eine
Marktkapitalisierung von mehr als 300 Mio. Euro aufzuweisen.
Für ein Unternehmen, das einen Umsatz von 21,6
Mio. Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr bei gleichzeitig
tiefroten Zahlen ausgewiesen hat, ist das eine Menge. Das
legt die Vermutung nahe, dass der Kurs bereits ein erhebliches
Stück an Phantasie eingepreist haben dürfte.
Gute Zahlen, nebulöser Ausblick
Das abgelaufene Geschäftsjahr ist trotz eines Verlustes
von 24,6 Mio. Euro gut verlaufen. Das Unternehmen hatte
nämlich deutlich mehr als 30 Mio. Euro prognostiziert.
Der geringere Verlust ist trotz des Beginns der Phase-3-
Studie von Satraplatin aufgetreten,
was bemerkenswert
ist, denn die letzte klinische
Testphase ist die mit Abstand
teuerste.
Zugleich hat sich der Umsatz
nur sehr wenig von 21,5 auf
21,6 Mio. Euro erhöht, was
unterhalb der prognostizierten
Ziele von 22 bis 23 Mio.
Euro ausgefallen ist. Das
wird seitens der Gesellschaft
auf den negativen Einfluss
des Wechselkurses zurückgeführt,
ohne den die
Einnahmen auf 24,0 Mio.
Euro gestiegen wären.
Die operativen Kosten haben sich im Jahr 2003 gegenüber
dem Vorjahr verringert, was unter anderem auf den Abbau
von Personal im Herbst zurückzuführen ist. Mit diesem
Schritt hat die Gesellschaft auf auslaufende
Kooperationen mit Pharmapartnern und der geringen
Nachfrage nach entsprechenden Dienstleistungen reagiert.
Insgesamt zeigt das Zahlenwerk, dass GPC Biotech
weiterhin sehr gut mit seinen vorhandenen liquiden
Mitteln zu wirtschaften weiß. Diese haben sich gegenüber
dem Vorjahr auf 91,7 Mio. Euro verringert, was immer
noch ein stattliches Sümmchen darstellt.
Sind die Zahlen für 2003 in Ordnung, so fällt der Ausblick
etwas nebulös aus. Im Gegensatz zur Vergangenheit hat
GPC keine konkrete Schätzung gegeben, sondern nur von
einem steigenden Verlust gesprochen. Angesichts der laufenden
Studien zu Satraplatin ist das kein Wunder, diese
werden 2004 über sämtliche vier Quartal als operative
Kosten bemerkbar werden. Die Studie wird insgesamt
über einen mehrere Jahre umfassenden Zeitraum zwischen
30 und 35 Mio. Euro kosten.
Als Grund für die Zurückhaltung beim Ausblick hat
Finanzvorstand Mirko Scherer die vielfältigen
Unsicherheiten genannt. So könnte der Abschluss einer
Partnerschaft die Prognosen über den Haufen werfen. So
recht leuchtet das nicht ein, denn nicht spricht dagegen,
eine Prognose ohne eventuelle Partnerschaften abzugeben,
der Markt ließe sich wohl gern positiv überraschen.
Satraplatin - hohes Potenzial
Bislang sind es 500 Mio. Dollar, die GPC Biotech dem
Krebsmedikament an jährlichen Spitzenumsätzen zubilligt.
Da die Gesellschaft eine Vermarktungspartnerschaft
anstrebt, wird davon natürlich nur ein Teil in die eigene
Kasse fließen, den Rest streicht der Partner ein. Trotzdem
ist das immer noch eine
Menge Geld, gemessen an
den noch recht geringen
Umsätzen der Gegenwart.
Und: Es darf darüber spekuliert
werden, ob sich die
Peak-Sales-Erwartungen
nicht als zu niedrig erweisen
werden, denn Satraplatin hat
nach Darstellung von GPC
Biotech einige Vorzüge im
Kampf um Marktanteile aufzuweisen.
Ein Beispiel: Das Mittel
sieht sich aktuell nur einem
Wettbewerber gegenüber,
dessen Patentschutz nicht
abgelaufen ist. Oxaliplatin aus dem Hause Sanofi-
Synthelabo wird ein Potenzial deutlich über der
Blockbuster-Schwelle beigemessen. Satraplatin hat nach
Angaben von GPC-Chef Bernd Seizinger ein günstigeres
Toxizitätsprofil aufzuweisen. Außerdem liegt der
Nachweis für klinische Aktivität in einer randomisierten
Studie vor, was beim potenziellen Konkurrenten nicht
gegeben ist. “Randomisiert” bezieht sich auf die Auswahl
der Patienten, die an der Studie teilnehmen. So wird
nachgewiesen, dass diese nicht vorab speziell ausgewählt
worden sind.
Wichtiger noch ist, dass Satraplatin oral verabreicht werden
kann und nicht intravenös. Seizinger sieht darin einen
wesentlichen Vorzug für den klinischen Alltag gegenüber
der Konkurrenz, denn bei einer intravenösen
Verabreichung treten nach seiner Darstellung organisatorische
Probleme auf, wenn das Medikament zum Beispiel
im Verein mit einer Bestrahlung verabreicht wird.
Gerade die Kombinationstherapie etwa mit Taxol streben
die GPCler an, denn Satraplatin wird als hoch synergistisch
mit diesem Medikament beschrieben. Das gilt auch
für die Bestrahlungstherapie, die wesentlich öfter angewandt
wird, als etwa Chemotherapie.
Und Satraplatin soll zudem für andere Indikationsgebiete
fit gemacht werden. Hier zielt die Gesellschaft auf den so
genannten “Off-Label-Use” ab. Viele Krebsmedikamente
werden im klinischen Alltag gegen Indikationen eingesetzt,
für die sie gar nicht zugelassen worden sind. Eine
Kostenerstattung für den Patienten findet trotzdem statt.
Voraussetzung ist, dass das Mittel den Nachweis klinischer
Aktivität bei dem entsprechenden Gebiet erbracht
hat. Dazu wird GPC Biotech mehrere Studien der frühen
klinischen Phase auflegen, um das Potenzial von
Satraplatin im Falle einer Zulassung zu erhöhen.
Phantasie mit Siebenmeilenstiefeln
Trotzdem hat der Kurs schon einen gehörigen Teil der
Satraplatin-Phantasie eingepreist. Einige Gesichtspunkte
dürfen nicht vergessen werden, wenn diverse
Umsatzschätzungen zu diesem Produkt durch den
Cyberspace geistern. Zunächst einmal muss das Mittel
überhaupt einmal die Zulassung erhalten. Das wird frühestens
2007 erreichbar sein, wenn der Zeitplan eingehalten
und der Antrag auf Zulassung 2006 eingereicht werden
sollte. Das macht deutlich, wie weit die Gesellschaft von
diesem Punkt noch entfernt ist.
Außerdem: Das Projekt kann noch scheitern, wenn auch
die Risiken geringer geworden sind. Und selbst wenn die
Studie die gewünschten Ergebnisse bringen sollte, ist eine
Zulassung nicht sicher. Das wird bedauerlicherweise
immer wieder schlichtweg ignoriert.
Im Erfolgsfall werden die hohen Umsätze nicht sofort,
sondern mit einer gewissen Zeitverzögerung erzielt. Wie
gesagt erhält GPC Biotech davon auch nur einen Teil.
Dabei ist die Gesellschaft allerdings in einer komfortableren
Verhandlungsposition als etwa Medigene, weil die
liquiden Mittel deutlich länger reichen als beim
Konkurrenten. Mit einem derartigen Polster im Rücken
verhandelt es sich besser - es ist also davon auszugehen,
dass GPC gute Chancen auf einen lukrativen
Vertragsabschluss hat.
Dieser dürfte bereits für Umsätze sorgen, lange bevor
Satraplatin das Licht des Marktes erblickt. Aber auch das
ist überhaupt keine Rechtfertigung für die mittlerweile
erreichte Bewertungshöhe, die zumindest einen positiven
Verlauf der Phase-3-Studie eingepreist haben dürfte.
Vielleicht auch schon etwas mehr, denn die liquiden
Mittel werden deutlich sinken.
Leere Pipeline als Hauptproblem
Das Hauptproblem von GPC Biotech besteht aber darin,
dass die Produktpipeline außer Satraplatin leer ist. Mit
Bryostatin 1 hat die Gesellschaft einen ersten Rückschlag
erlitten, denn der Medikamentenkandidat hat nicht gehalten,
was sich die Führung von GPC Biotech davon versprochen
hat. Gleiches gilt für die Bryologe, die ebenfalls
wieder aufgegeben worden sind.
Hier will und muss GPC Biotech nachlegen. Zunächst
richten sich die Augen auf den Antikörper 1D09C3, der
noch im laufenden Jahr in die erste Phase der klinischen
Tests eintreten soll. Das Projekt klingt vielversprechend,
allerdings ist die Ausfallquote von Kandidaten in der frühen
Phase der klinischen Tests außerordentlich hoch.
Um die Pipeline zu füllen, bleiben zwei Wege. Der langwierige
besteht darin, durch eigene Forschungen Projekte
bis zu den klinischen Tests voranzutreiben. Mit
Hochdruck arbeitet GPC Biotech an der Entwicklung seines
Programmes “Zellzyklus-Inhibitoren”, die allerdings
noch eine gutes Stück vom Eintritt in die klinischen Tests
entfernt sind. Probleme haben dazu geführt, dass erst in
diesem Jahr ein Projekt in die präklinische Entwicklung
geführt werden soll.
Die zweite Möglichkeit besteht darin, Medikamenten-
Kandidaten einzulizenzieren. Die liquiden Mittel sind
dafür vorhanden, doch ist GPC Biotech keineswegs das
einzige Unternehmen auf der Jagd nach interessanten
Kandidaten. Trotzdem ist die Gesellschaft in der Pflicht,
ihre schmalbrüstige Pipeline aufzufüllen. Damit erhöht
das Unternehmen die langfristigen Wachstumschancen
und verringert zugleich das Risiko eines Medikamenten-
Ausfalls, der im Biotech-Bereich zur Realität gehört.
Fazit: Nach den hohen Kursgewinnen ist sehr viel
Phantasie im Aktienkurs eingepreist. Immerhin hat GPC
mit Satraplatin, dem guten Management, der hohen Cash-
Position und der Aussicht auf neue Medikamenten-
Projekte viele positive Aspekte zu bieten. Vor dem
Hintergrund dieser Perspektiven erscheint eine Investition
auf lange Sicht (!) interessant. Bei Kursschwäche könnten
Positionen aufgebaut werden. (aa)
GPC Biotech
Fakten zur GPC Biotech -Aktie
WKN 585 150
Kurs 14,41 €
Marktkapitalisierung 309,5 Mio. €
GpA 04 (e) (1,60) €
KGV 04 -
GpA 05 (e) (1,51) €
KGV 05 -
Grüße
ecki
Grüße
ecki