Good Morning Bagdad!

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Van Nelle-Half.:

Good Morning Bagdad!

 
24.03.03 07:49
                    Die (US-)Wahrheit über den Krieg


Gezielte "Medienfütterung": Was die Welt zu sehen bekommt

Die USA wollen im Irak-Krieg nicht nur militärisch von vornherein das Heft fest in der Hand haben. Mit seinem Beginn läuft eine sorgfältig ausgetüftelte Informationskampagne an. Sie soll - zumal angesichts der massiven internationalen Kritik an diesem US-Waffengang - sicherstellen, dass die Medien aus den "richtigen" Quellen schöpfen. Oder, wie ein Washingtoner Regierungsbeamter es formuliert: Die Medien sollen in die Lage versetzt werden, "die Wahrheit zu verbreiten".

Hingeworfene Brocken

Vorgesehen ist im Klartext, Journalisten praktisch nonstop, rund um die Uhr und rund um den Globus, aus amerikanischer Hand mit Nachrichten über den Krieg zu füttern. Von Hintergrund-Gesprächen für ausgewählte Medienvertreter bis hin zu Spezialinterviews für arabische Journalisten: Nichts soll dem Zufall überlassen werden. Experten sprechen von der ausgefeiltesten Kommunikationsstrategie, die jemals einen Krieg begleitet hat.

Keine Chance dem gegnerischen "Propaganda"-Krieg

Die USA ziehen damit die Konsequenzen aus dem Afghanistan- Feldzuges. Damals liefen die USA anfänglich Gefahr, den "Propagandakrieg" gegen die Taliban zu verlieren. Regelmäßig berichteten zur morgendlichen US- Nachrichtenzeit Sprecher der Gegenseite über angebliche "Gräueltaten der amerikanischen Aggression" an Zivilisten - Meldungen, die wegen der Zeitverschiebung lange Zeit unwidersprochen blieben. Die USA schufen deshalb Zentren in Washington, London und Pakistan, die sozusagen im Rollverfahren Informationen verbreiteten.

Briefing von höchster Stelle

Inzwischen gibt es im Weißen Haus als feste Einrichtung das Office of Global Information (Amt für globale Information), das im Umgang mit den Medien die Federführung hat. Natürlich lässt man sich dort nicht völlig in die Karten schauen, aber einiges ist doch schon bekannt, wenn auch nicht offiziell bestätigt. So will Präsidenten- Sprecher Ari Fleischer nach Informationen der "Washington Post" regelmäßig schon im Morgengrauen US-Zeit telefonisch TV- Sender und verschiedene andere Medien "briefen" - rechtzeitig zu den Morgensendungen.

Pressekonferenzen des US-Zentralkommandos seien jeweils am Nachmittag (Ortszeit) in Katar geplant. Das wäre früh genug für die Mittagnachrichten in den USA. Am Nachmittag US-Zeit wiederum soll das Pentagon informieren und damit auch TV- und Radiospätsendungen in Europa speisen.

Ausgesuchte Interviewpartner

Stationen der amerikanischen Voice of America sollen die US- Botschaften in die Nahost-Region übermitteln. US-Regierungsbeamte sind speziell für Gespräche mit arabischen Journalisten geschult worden. Hochrangige Regierungsvertreter wie Condoleezza Rice halten sich für Interviews mit ausgewählten Medien bereit. Das Amt für globale Kommunikation wird außerdem jede Nacht per E-Mail die US- Botschaften weltweit mit Hinweisen versorgen, was wozu gesagt werden sollte und was nicht. Dieser Spickzettel werde sehr hilfreich sein, sagt ein Regierungsbeamter. "Er passt in die Hosentasche."
Van Nelle-Half.:

Der Krieg und die Psyche

 
24.03.03 07:54
                        Der Krieg und die Psyche


Für viele Menschen verhängnisvolle emotionale Folgen

Der Irak-Krieg wird nach Einschätzung des Arztes und Psychotherapeuten Michael Geyer für viele Mensche eine andauernde seelische Belastung zur Folge haben. "Die Art und Weise, wie es zu dem Krieg gekommen ist, hat viele Bundesbürger desillusioniert und ihren Wertekanon in Frage gestellt", sagte Geyer in einem dpa-Gespräch. Dies führe zu Gefühlen von Ohnmacht und Hilflosigkeit, die auch Folgen für ihr politisches Engagement haben könnten. Geyer ist Chefarzt an der Universitätsklinik für Psychotherapie und Psychosomatik in Leipzig.

Aus Ohnmacht und Enttäuschung Resignation und Zynismus?

"Für viele Menschen ist dieser Krieg gleichbedeutend mit der Erfahrung, dass sich in unserer Welt der Mächtige über alle verbindlichen Regeln hinwegsetzt", sagte Geyer. Jetzt bestehe die Gefahr, dass Enttäuschung und Ohnmachtsgefühl bei ihnen zu Resignation und Zynismus führen. Dies bedeute nicht nur einen Verlust an Mitmenschlichkeit. "Das Gefühl, sowieso nichts machen zu können, kann auch sehr schnell in eine antidemokratische Stimmung umschlagen." Gerade junge Leute neigten dazu, ihre Ohnmacht in Wut und Aggressionen umzumünzen.

Für alte Menschen ist der Kriegsausbruch Geyer zufolge vor allem mit teilweise massiven Ängsten verbunden. "Viele von ihnen kennen den Bombenkrieg aus eigenem Erleben, die damit verbundene Angst wird für sie jetzt wieder gegenwärtig." Kinder wiederum würden mit der Ohnmacht ihrer Eltern konfrontiert. Die Teilnahme an Friedensgebeten oder -demonstrationen hat nach Ansicht Geyers in dieser Situation auch einen heilsamen Effekt. "Das Gefühl der Solidarisierung und der Vergewisserung, dass man mit seiner Ansicht nicht allein steht, stabilisiert das Selbstwertgefühl."
Schepper:

@Van Nelle: Interessante Einblicke

 
24.03.03 08:14
in die derzeitige Strategie
zur Kriegspropaganda. Danke.
Van Nelle-Half.:

Vier Millionen Tote bei Irak- Krieg?

 
24.03.03 08:30


              Ärzte warnen vor Militärschlag


Bei einem neuen Irak-Krieg würden nach Einschätzung von Experten weitaus mehr Menschen getötet als beim Golfkrieg vor mehr als zehn Jahren. Schon bei einem konventionell geführten Militäreinsatz sei mit rund einer halben Million Opfern zu rechnen, teilte die Organisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) am Dienstag in einer Studie mit. Ein Einsatz von Atom- oder Biowaffen würde die Zahl der Toten dagegen auf bis zu vier Millionen steigen lassen.

Blutbad ungeahnter Dimension

Die 1985 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Organisation geht in ihrem Bericht davon aus, dass in den ersten drei Monaten eines militärischen Konflikts zwischen den USA und Irak zwischen knapp 50.000 und mehr als 260.000 Menschen getötet würden. Ihren Analysen legten die internationalen Experten unterschiedliche Kriegsszenarien zugrunde. "Diese Schätzungen beinhalten nicht Tote durch indirekte oder langfristige Folgen des Krieges. Allein durch den völligen Zusammenbruch der Infrastruktur im Irak ist mit bis zu weiteren 200.000 Toten zu rechen, etwa durch Infektionskrankheiten", sagt Jane Salvage, eine der Autorinnen der Studie. Im Vergleich zu den jetzt ermittelten Zahlen wurden im Golfkrieg 1990 rund 120.000 irakische Soldaten und etwa 15.000 Zivilisten getötet, heißt es in der zunächst am Dienstag dem 12.11.2002 im australischen Parlament verteilten Studie. Das Papier sollte im Laufe des Tages auch in Washington und London veröffentlicht werden.

Immense Kosten

Die Kosten des Krieges schätzt IPPNW auf 50 bis 200 Milliarden US-Dollar allein für die Kriegsführung, 5-20 Millionen würde jährlich die Besatzung kosten. "Im Vergleich dazu: Mit 100 Milliarden US-Dollar könnten vier Jahre lang die Kosten für die Gesundheitsversorgung der ärmsten Menschen in der Welt bezahlt werden", so die Organisation. Das Fazit von IPPNW: "Ein Krieg gegen das durch die Sanktionen und den Diktator Saddam Hussein bereits schwer getroffene irakische Volk ist zutiefst inhuman und muss verhindert werden."
Van Nelle-Half.:

2 Wochen US-Fernsehberichterstattung z. Irak-Krieg

 
24.03.03 20:53
Wie anders könnte die Welt aussehen, wenn das amerikanische Volk von all den Dingen wüsste, die seine Medien ihm vorenthalten!



Eine interessante  Studie ("In Iraq Crisis, Networks Are Megaphones for Official Views") der New Yorker Medienbeobachter  Fairness and Acuracy in Reporting analysiert zwei Wochen Fernsehberichterstattung zum Irak-Konflikt in einer "heißen" meinungsbildenden Phase (30.1.03 - 12.2.03).




Es sind große Namen wie ABC, CBS, NBC, PBS - und sie verfügen über ordentlich viel Macht, Macht, die sie zur Zementierung der herrschenden Verhältnisse einsetzen, wie FAIR konstatiert. Diese Analyse kommt nicht überraschend in einem Land, in dem - wie in den USA - über 50 Prozent des gesamten Medienmarktes in der Hand von zehn Konzernen liegen. Wie ungeniert und dreist radikale Meinungsbildung gemacht wird, zeigt das nüchterne Fazit von zwei Wochen Fernsehen dennoch recht eindrücklich. Ein Beispiel: 267 von 393 eingeladenen Studiogästen sind US-Amerikaner, davon arbeiten 199 für Regierung oder Militär oder haben dafür gearbeitet. Nur einer von ihnen allen drückt - vorsichtige - Zweifel an einem Irak-Krieg aus (interessant wäre auch gewesen, wie viele Frauen eingeladen werden, dies ist jedoch eine Frage, die der Bericht von FAIR nicht beantwortet).

Das Strickmuster der TV-Journalisten: Hole einen Militär vor die Kamera und lass ihn reden, bis die Zeit um ist. Bei der nächsten Sendung darf ein Regierungsangehöriger etwas sagen. Dann wieder ein Militär. Dass auch viele der Moderatoren ehemalige Militärs sind, macht die einträchtigen Runden noch gemütlicher, zusätzlich gibt es "Milatainment" Reality Shows wie  Profiles from the Front Line und  Military Diaries.






Die US-Fernsehnachrichten und die ausländischen Medien berichten über zwei verschiedene Planeten.

Paul Krugman, New York Times



Auch wenn es um Sex (  nicht vor der Ehe!), Abtreibung (  naain!) oder Hip Hop (  böse!) geht, lassen die Journalisten saftige Kommentare regnen: je hemdsärmeliger und pseudovolksnäher, je lieber.

Aber man sollte den amerikanischen Rezipienten nicht unterschätzen. Zunehmend holt er sich im Netz, was die heimischen Quellen nicht bieten. Nicht-amerikanische und weniger eindimensionale Nachrichtenquellen wie der Guardian, die BBC oder Ha'aretz werden zunehmend auch von Amerikanern besucht.


 
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