Glückwunsch, die E-M@il ist 30

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Glückwunsch, die E-M@il ist 30

 
10.10.01 21:47
Glückwunsch, die E-M@il ist 30

Von Mareike Zoll

Sie haben Post. Ein Klick und die E-Mail-Lawine rollt, jeden Tag aufs Neue. Dass die virtuelle Kommunikation einmal dem Postboten Konkurrenz machen würde, hat sich der "Vater der E-Mail" in den siebziger Jahren nicht träumen lassen.

 
Neue (alte) Briefkultur


Hamburg - Ray Tomlinson arbeitete 1971 als Programmierer bei Bolt Beranek and Newman (BBN). Die amerikanische Regierung befürchtete, technologisch ins Hintertreffen zu geraten und beauftragte die Firma in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts damit, ein Computernetzwerk zu entwickeln. Tomlinson bastelte an einem Programm, mit dem Daten über das Netz von einem Rechner zum anderen gesendet werden sollten. An das Arpanet waren damals ganze 15 Computer angeschlossen, einer davon war Tomlinsons PDP-8. Der amerikanische Techniker programmierte unermüdlich weiter und verschickte die erste E-Mail an sich selbst. Der Inhalt: eine wirre Buchstabenreihe.

Für sein E-Mail-Programm suchte Tomlinson schließlich nach einem unverbrauchten Satzzeichen, um den Namen des Empfängers von der Bezeichnung des Rechners zu trennen. Auf seiner Schreibmaschine "33 Teletyp" stieß er auf das @. Der Klammeraffe, das Affenohr oder - seriös gesagt - das at-Zeichen, ist seitdem Symbolbild des Internetzeitalters. Zoologen gerieten ins Grübeln, immerhin war der Klammeraffe aus Afrika bislang ausschließlich ihre Domäne.

 
Weltweit bekannte E-Mail-Maske


US-Medien erklärte Tomlinson, er habe zunächst eine Raute oder einen Stern nehmen wollen. Hätte er sich dafür entschieden, gehörten wir heute nicht der Generation @, sondern der Generation # oder der Generation * an. Der heutige Erfolg der E-Mail war im Herbst 1971 noch nicht absehbar. "Es dauerte einige Jahre, bis sich das Vertrauen aufbaute", gestand der Erfinder der E-Mail. Der erste Computerchat fand bereits 1972 statt. Die Teilnehmer: ein psychisch kranker Patient namens Parry an der Stanford University und sein Arzt bei BBN.

Das @ ist ein altes kaufmännisches Zeichen. Über seinen Ursprung gibt es widersprüchliche Theorien: Die italienische Zeitung "Repubblica" hat zum Beispiel ein Dokument aus dem Jahr 1536 ausgegraben, in dem das Affenohr angeblich ganz deutlich zu erkennen ist. Der amerikanische Handschriftenforscher und Paläograf Berthold Louis Ullman glaubt indes, der Ursprung des Zeichens liege in der mittelalterlichen Ligatur, der Verschmelzung zweier Buchstaben. Die Rundungen von "a" und "d" seien ineinander verschmolzen, wobei der Aufstrich des "d" schwungvoll nach links gezogen worden sei.

 
Der sekundenschnelle Briefverkehr nimmt ständig zu


Die in Taiwan lebende amerikanische Linguistin Karen Steffen Chung hat via E-Mail weltweit nach dem Namen des Symbols in der Heimatsprache geforscht. Sie erhielt insgesamt 115 Antworten in 40 Sprachen. Das Ergebnis:

@ ist nicht gleich @

Die Bedeutung des Symbols reicht vom serbischen "verrücktes a" bis zur poetischen türkischen "Rose". "Affenschwanz oder -schwänzchen" sagen die Niederländer, die Polen nennen das @ knapp "Affe". Die Engländer, die Franzosen, die Israelis, die Koreaner machen es zur "Schnecke", was einen bemerkenswerten Gegensatz zur alten "Schneckenpost" darstellt. Die Thailänder nennen das @ "geringelter Wurm". Eine besonders originelle Bezeichnung stammt aus Tschechien und der Slowakei: "Rollmops". Bildkräftig sind die Norweger. Bei ihnen heißt das @ "Sauschwanz und geringeltes Alpha".


Heute ist die E-Mail zu einer populären und alltäglichen Kommunikationsform avanciert. Nachdem nach den Terroranschlägen auf die USA die Telefonleitungen überlastet waren, erwies sich das Senden von E-Mails als verlässliche Kommunikationsquelle. Schnell konnte eine Verbindung zu Angehörigen und Freunden in New York und Washington aufgenommen werden. Ergreifende E-Mails von Überlebenden gingen rund um den Globus. Auch die Gefahren, die das Kommunikationsmittel in sich birgt, sind nicht zu vernachlässigen: An E-Mails angehängte Dateien mit Computerviren richten immer wieder Schäden in Millionenhöhe an. Erst im vergangenen Jahr legten Hacker mit dem "I love you"-Virus Hunderttausende Websites lahm.

Als Tomlinson die E-Mail erfand, war sein Computer so groß wie ein Kühlschrank. "Was ich getan habe, war eigentlich nur eine kleine Änderung eines technischen Protokolls", kommentiert er. Insgeheim musste er jedoch schon geahnt haben, welchen Weltruhm sein @ einmal erlangen würde. Bescheiden fügte er nämlich noch hinzu, seine Erfindung sei eine "kleine große Glanzleistung".



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