von Anne Lacker
Für Anleger gibt es noch genug Gründe, um nervös zu sein. Die "Preannouncement Season" für das vierte Quartal hat begonnen. Das heißt, US-Unternehmen, die eine Gewinnwarnung herausgeben müssen, werden dies in den kommenden Tagen und Wochen tun. Aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Lage in den USA werden die News, die die Anlegernerven beruhigen können, eher spärlich eintreffen. Dennoch: Es gibt Investoren, die auf eine traditionelle Jahresend-Rally setzen.
Ergebnis: Die Berg- und Talfahrt der US-Börsen hält an.
Weiterer Stellenabbau für 2002 geplant
Vor überzogenen Erwartungen warnte in der vergangenen Woche etwa American Express. Aufgrund der schwachen Aktienmärkte in diesem Jahr und der Ereignisse am 11. September werde der Gewinn des vierten Quartals am unteren Ende der Analysten-Prognose liegen, so das Dow-Jones-Mitglied. Das Unternehmen erwartet nun einen Quartalsgewinn je Aktie exklusive Sonderposten von maximal 0,36 Dollar. Vor einem Jahr hatte dieser noch 0,50 Dollar betragen. Zudem kündigte American Express einen weiteren Abbau von bis zu 6500 Stellen an. Durch die jüngsten Massnahmen sollen im kommenden Jahr bis zu 260 Millionen Dollar eingespart werden.
Auch bei Motorola sollen weitere 9400 Stellen abgebaut werden. Allerdings hofft der weltweit zweitgrößte Handy-Hersteller im kommenden Jahr den von Analysten prognostizierten Gewinn von 0,15 Dollar erreichen zu können.
Applied Materials gab ebenfalls einen Stellenabbau bekannt. Rund 1700 Jobs stehen dieses Mal bei dem weltgrößten Zulieferer für die Halbleiter-Industrie auf der Kippe. Bereits im vergangenen Monat hatte das Unternehmen eine Gewinnwarnung für das laufende Quartal herausgegeben. Applied Materials sagte, man werde voraussichtlich einen weiteren Verlust verzeichnen. Analysten erwarten im Durchschnitt einen Verlust von 0,01 Dollar je Aktie.
Auch Lucent warnt
In den Reigen der Warnenden gesellte sich auch der Netzwerkausrüster Lucent Technologies. Auf Grund erlahmender Investitions-Aktivitäten der Kunden werde der Verlust im laufenden Quartal höher ausfallen als bisher erwartet. Lucent rechnet nun mit einem Quartalsverlust exklusive Sonderposten von maximal 0,26 Dollar, in den drei Monaten zuvor lag dieser bei 0,27 Dollar. Und Analysten hatten bisher durchschnittlich 0,17 Dollar prognostiziert. Frustrierende Nachrichten für die ohnehin schon gebeutelten Lucent-Anteilseigner. Seit nunmehr einem Jahr finden sie in einem Quartalsbericht das Wort Gewinn nicht mehr.
Nun sollten die Warnungen von Ciena und Qwest Communications International auch nicht mehr verschwiegen werden. Das Technologieunternehmen Ciena sagte, dass der Quartalsumsatz um rund 40 Prozent fallen wird. Und das Telekommunikationsunternehmen Qwest reduzierte die Wachtumsaussichten für das kommende Jahr. Zudem wurde ein Abbau von rund 7000 Stellen angekündigt.
Lichtblicke für 2002
Es gibt aber auch Unternehmen, die ihren Anteilseigner im kommenden Jahr positive News überbringen wollen. So etwa General Electric (GE). Jeff Immelt, neuer Chef des weltgrößten Unternehmens, sagte, man werde in diesem Jahr die Erwartungen der Analysten mit einem Gewinnplus von 11 Prozent erfüllen - trotz Rezession und 11. September. 2002 und 2003 dann soll der Gewinn um 18 beziehungsweise mindestens 10 Prozent steigen. Immelt sieht den schwachen Zustand der Wirtschaft eher als Vorteil für GE. Dadurch könne das Unternehmen Zukäufe tätigen und neue Märkte erschließen.
Optimistisch schaut auch Pfizer in die Zukunft. Das weltgrößte Pharmaunternehmen prognostizierte, dass der Gewinn je Aktie in diesem Jahr mindestens 1,30 Dollar betragen sollte, der 2002 auf bis zu 1,60 Dollar steigen sollte. Pfizer wagte zudem einen Ausblick für 2003 und 2004. Dann sollen Umsatz und Gewinn je Aktie um jeweils mindestens 15 Prozent zulegen. Wall Street war mit diesen Zahlen zufrieden, vor allem, da in der vergangenen Woche der Konkurrent Merck eine Gewinnwarnung herausgeben musste.
Erwartungen sollen erfüllt werden
Nicht ganz so stark wie Pfizer und GE wird United Technologies im kommenden Jahr wachsen. Dennoch, in diesem Jahr will man die Erwartungen der Wall Street erfüllen, der Gewinn je Aktie werde bei 3,81 Dollar liegen. 2002 soll dieser dann auf 3,90 Dollar steigen. Die Analysten waren von diesen Aussagen positiv überrascht. Die Deutsche Banc Alex Brown bestätigte daraufhin ihre "Buy"-Empfehlung mit einem Kursziel von 67 Dollar.
Mit einem Gewinnwachstum möchte auch Oracle demnächst wieder aufwarten können. Der Software-Gigant legte zwar für sein zweites Quartal, das Ende November endete, einen Gewinnrückgang um 0,01 Dollar je Aktie vor. Doch im vierten Quartal (bis Ende Mai) möchte Oracle um mindestens 0,03 Dollar über den 0,15 Dollar Gewinn je Aktie des vergangenen Jahres liegen.