hrm. Christina Kik, eine streitbare niederländische Rechtsanwältin, ist vor dem Gericht Erster Instanz, das dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vorgeschaltet ist, gescheitert (Urteil vom 12. Juli 2001, T-120/99), als sie entgegen dem europäischen Markenamt in Alicante - offiziell «Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle» genannt - erreichen wollte, dass die Marke «Kik» für Dienstleistungen bei der Registrierung von Marken eingetragen werde. Frau Kik hatte ihren Eintragungsantrag auf Niederländisch gestellt, es dabei aber ostentativ unterlassen, eine zweite sogenannte Arbeitssprache für die Bearbeitung ihres Antrages zu benennen. Die Verordnung des Ministerrates von 1994, mit der die «Gemeinschaftsmarke» geschaffen wurde, sieht zwar vor, dass ein Eintragungsantrag in allen elf Amtssprachen der EU gestellt werden kann. Der Anmelder ist aber verpflichtet, daneben eine der fünf Arbeitssprachen (Spanisch, Italienisch, Deutsch, Englisch oder Französisch) zu benennen, in der das Amt dann das Verfahren, z. B. auf Grund eines Widerspruchs eines Dritten, führen kann.
Auf die Frage des Anmeldeformulars nach einer solchen Arbeitssprache antwortete Frau Kik trotzig: Niederländisch. Dies war natürlich eine bewusste Provokation, denn sie beschwerte sich über die Benachteiligung des Niederländischen, das den Sprachen der fünf grossen Mitgliedstaaten nicht gleichgestellt sei. Sie hatte schon früher versucht, die Sprachenregelung der genannten Verordnung des Ministerrats wegen der Benachteiligung der Sprachen der kleineren Mitgliedstaaten für nichtig erklären zu lassen, war damit aber aus formellen Gründen 1995 vor dem Gericht Erster Instanz und 1996 vor dem EuGH gescheitert.
*
Frau Kik wurde in ihrer Klage von der griechischen Regierung unterstützt, die ebenfalls bemängelte, dass die griechische Sprache nicht gleichberechtigt sei. Das Markenamt wies Frau Kiks Eintragungsantrag ab, weil er nicht alle notwendigen Angaben - eben die einer Arbeitssprache - enthielt. Hiergegen richtet sich ihre Klage. Diese beruht im Wesentlichen darauf, dass nach dem EU-Vertrag alle elf Amtssprachen gleichberechtigt sind und dass der Ministerrat nicht zwischen den Sprachen der grossen Mitgliedstaaten und denen der kleineren hätte unterscheiden dürfen. Der Ausschluss des Niederländischen bedeute für sie darüber hinaus bei Anträgen auf Eintragung von Marken einen Wettbewerbsnachteil, weil sie, im Gegensatz zu Anwälten der fünf grossen Mitgliedstaaten, Übersetzer beschäftigen müsse. Schliesslich habe der Vertrag von Amsterdam eine Vorschrift in den EU-Vertrag eingefügt, wonach jeder Bürger der EU in einer der elf Amtssprachen sich an jedes Organ des EU-Vertrages wenden dürfe, von wo er eine Antwort in derselben Sprache zu erhalten hat. Die niederländische Regierung hat sich jedoch an dem Verfahren nicht beteiligt, wohl in der richtigen Erkenntnis, dass die Niederlande 1994 der Sprachenregelung in der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke zugestimmt hatten. Auch die griechische Regierung hatte übrigens zugestimmt.
*
Mann soll sich darüber im Klaren sein, dass das Gericht Erster Instanz eine besonders heikle Frage zu entscheiden hatte. Und das Gericht hat dafür eine zunächst formalistisch erscheinende Lösung gefunden: Erstens darf der Ministerrat nach dem EU-Vertrag einstimmig eine von der Gleichberechtigung aller elf Amtssprachen abweichende Sprachenregelung erlassen. Wenn er sich früher - 1958 - für eine Gleichberechtigung der damals vier Amtssprachen (Französisch, Italienisch, Deutsch, Niederländisch) entschieden hat, so binde ihn dies nicht für die Zukunft. Zweitens haben alle Mitgliedstaaten der Sprachenregelung in der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke zugestimmt. Und drittens schliesslich gelte das im Vertrag von Amsterdam eingefügte Recht eines jeden EU-Bürgers, sich an die Organe der EU in seiner Muttersprache, soweit sie Amtssprache ist, zu wenden und in derselben Sprache eine Antwort zu erhalten, nur für die im EU-Vertrag ausdrücklich genannten Organe; dazu aber zähle das Markenamt nicht.
*
Wenn man das Urteil jenseits seiner formalistischen Begründung betrachtet, wird klar, dass das Gericht einen ersten Ausbruch aus der babylonischen Sprachverwirrung versucht hat, denn nach dem Beitritt der osteuropäischen Staaten werden es in der EU statt der elf Amtssprachen deren neunzehn sein (Estnisch, Lettisch, Litauisch, Polnisch, Tschechisch, Slowakisch, Ungarisch und Slowenisch kommen dazu). - Christina Kik, eine echte Niederländerin, wird mit grosser Wahrscheinlichkeit Berufung beim EuGH einlegen. Sollte das Urteil vom EuGH bestätigt werden, wäre dies eine Grundsatzentscheidung für die Sprachenregelung des zukünftigen EU-Patentrechtes.
13. Oktober 2001
Copyright © Neue Zürcher Zeitung AG
##################################################
Der Turmbau zu Babel
Und die ganze Erde hatte ein und dieselbe Sprache und ein und dieselben Wörter.
Und es geschah, als sie von Osten aufbrachen, da fanden sie eine Ebene im Land Schinar und ließen sich dort nieder.
Und sie sagten einer zum anderen: Wohlan, laßt uns Ziegel streichen und hart brennen! Und der Ziegel diente ihnen als Stein, und der Asphalt diente ihnen als Mörtel.
Und sie sprachen: Wohlan, wir wollen uns eine Stadt und einen Turm bauen, und seine Spitze bis an den Himmel! So wollen wir uns einen Namen machen, damit wir uns nicht über die ganze Fl¤che der Erde zerstreuen!
Und der HERR fuhr herab, um die Stadt und den Turm anzusehen, die die Menschenkinder bauten.
Und der HERR sprach: Siehe, ein Volk sind sie, und eine Sprache haben sie alle, und dies ist [erst] der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts unmöglich sein, was sie zu tun ersinnen.
Wohlan, laßt uns herabfahren und dort ihre Sprache verwirren, daß sie einer des anderen Sprache nicht [mehr] verstehen!
Und der HERR zerstreute sie von dort über die ganze Erde; und sie hörten auf, die Stadt zu bauen.
Darum gab man ihr den Namen Babel; denn dort verwirrte der HERR die Sprache der ganzen Erde, und von dort zerstreute sie der HERR über die ganze Erde.
##################################################
16.10.1448:
Schlacht auf dem Amselfeld
Autor: Ulrich Zwack
rtf-Datei
Das Paradies muss so ziemlich der einzige Ort gewesen sein, an dem es überhaupt nichts auszusetzen gab. Aber sonst ist die Entscheidung darüber, ob einem ein bestimmter Ort sympathisch oder unsympathisch erscheint, vor allem eine Frage des persönlichen Standpunkts. München z.B. gilt dem erklärten Weißwurst-Liebhaber als Mekka, dem begeisterten Nachtschwärmer dagegen als ziemlich tote Hose. Für den Freund des gefüllten Saumagens ist die Pfalz allemal eine Reise wert, für den passionierten Hochseeangler eher weniger.
Wer ein ordentliches Gulasch zu schätzen weiß, mag sich zu Ungarn hingezogen fühlen, andererseits gibt es sogar Ungarn, die sich aus Gulasch gar nichts machen. János Hunyadi z.B. war Ungar und ließ sich trotzdem zeitlebens keine einzige Portion Gulasch schmecken - weil es in Europa zu seiner Zeit noch gar keinen Paprika gab. Das deutet auf eine Wechselwirkung zwischen geographischen und historischen Phänomenen hin, die sich gerade an Hunyadi auch in anderer Hinsicht belegen ließe: Er kam nämlich aus einem ungarischen Ort, namens Hunyad, der heute allerdings Hunedoara heißt und in Rumänien liegt. Langer Rede kurzer Sinn: Zwischen Geographie, Sympathie, Geschichte und Kochtopf scheinen offenbar irgendwelche geheimnisvollen Zusammenhänge zu bestehen.
Machen wir doch gleich mal die Probe aufs Exempel: Seit dem Kosovo-Krieg erfreut sich das Amselfeld, serbisch Kosovo Polje genannt, in unseren Breiten allgemeiner Unbeliebtheit. Die Serben dagegen verehren es als ihr "Heiliges Land". Doch auch bei uns gibt es gar nicht so wenige, die dem Amselfeld auf Grund des von dort stammenden, ebenso wohlfeilen wie pappig-süßen Rotweins insgeheim durchaus zugetan sind.
Ob János Hunyadi auch zu dieser Gruppe gehörte, ist leider nicht überliefert. Man weiß nur, dass er im Jahr 1448 persönlich auf dem Amselfeld gewesen ist. Es lässt sich auch nur schwer sagen, zu welchem Land das Amselfeld eigentlich gehört. De jure wohl zu Jugoslawien. Ethnisch vielleicht zu Albanien. Wirtschaftlich wahrscheinlich zu Deutschland - immerhin ist die D-Mark dort amtliches Zahlungsmittel. Und de facto ist das Amselfeld von mehreren Staaten militärisch besetzt. Eine Tatsache, die, historisch gesehen, übrigens durchaus Tradition hat: Als János Hunyadi auf dem Amselfeld weilte, stand es z.B. gerade unter türkischer Militärverwaltung. Und genau das wollte der Ungar ändern. Also kam er nicht allein, sondern mit einer ganzen Armee. Denn er wollte die Türken vom Balkan vertreiben und somit an der Eroberung seiner Heimat hindern.
Das Ergebnis dieses Wollens war die Schlacht auf dem Amselfeld. Sie fand am 16. Oktober 1448 statt und war bereits die zweite dieses Namens. Und wie knapp 100 Jahre zuvor gegen die Serben, so gingen die Türken auf dem Amselfeld dieses Mal auch gegen die Ungarn als Sieger hervor. Was sie endgültig zu den damaligen Erbfeinden des christlichen Abendlandes werden ließ. Insbesondere zu denen des bald hart von osmanischen Truppen bedrängten Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Indes heilt die Zeit bekanntlich alle Wunden. Ein Umstand, der nicht zuletzt den geheimnisvollen Zusammenhängen zwischen Geographie, Sympathie, Geschichte und Kochtopf zu verdanken sein dürfte. So haben Tourismus-Statistiker herausgefunden, dass die Türkei in diesem Sommer Mallorca als beliebtestes Reiseziel der Deutschen verdrängt hat. "Döner statt Ballermann" titelte aus diesem Anlass eine beliebte Münchner Boulevard-Zeitung. Angesichts solch erfreulicher Entwicklungen darf man hoffen, dass es eines Tages vielleicht auch "Cevapcici statt Döner" heißt - und im Kosovo keine weiteren Schlachten mehr geführt werden.
######################################
Die Türken vor Wien
1278 kommt Rudolf I als erster der Habsburger auf den Thron. 1360 beginnt Rudolf II mit dem Bau des Stephansdomes und gründet 1365 in Wien eine der ersten Universitäten Europas. 1550 verlegt Rudolf II den Königssitz von Wien nach Prag. Eine Zeit des Niedergangs beginnt.
1485 - 90 kann der ungarische König Matthias Corvinus Wien besetzen. Im Jahr 1529 rücken die Türken vor. Sultan Suleiman II belagert mit 300 000 Mann die Stadt, die von nur 20 000 Söldnern verteidigt wird. Der königliche Hof war schon aus der Stadt geflohen. Sintflutartiger Regen bewirkt aber den Abzug der Türken. Die Türken halten große Teile Ungarns besetzt und Wien gerät in eine Randlage.
Zur Zeit des Habsburgers Karl V, in dessen Reich, "die Sonne nie untergeht" (weil Spanien und Mexico dazugehören) hat Wien wenig Bedeutung. 1679 sterben mehr als 75 000 Einwohner Wiens an der Pest. Nur wenige Jahre später, 1683, steht das türkische Heer erneut vor Wien. Großwesir Kara Mustapha belagert mit 200 000 Mann die Stadt, die von 16 000 Söldnern verteidigt wird. Die Türken treiben unterirdische Tunnel zu den Stadtmauern, die sie mit Pulver füllen. Große Breschen werden in die Mauern gesprengt. Nach mehrwöchiger Belagerung sind die Türken dabei, die Stadt zu erobern, als ein deutsches Ersatzheer unter Führung des Prinzen Eugen von Savoyen und des Polenkönigs Sobiesky die Türken in die Flucht schlagen kann. Großwesir Kara Mustapha muß sich mit der seidenen Schnur erhängen. Zurück bleibt das Zeltlager der Türken mit einer vollen Kriegskasse und vielen Säcken Kaffee - und schon bald eröffnen die ersten Wiener Kaffeehäuser...
#########################
hurra, dank brüssel kommen unsere freunde vom bospurus diesmal ohne krummsäbel, welch ein fortschritt.
gruß
proxi