Im Gespräch: Fondsmanager Edouard Carmignac
„Die Tiefstkurse vom März sehen wir nicht mehr“
Edouard Carmignac, der beste Fondsmanager der vergangenen Jahre, ist optimistisch und setzt auf Schwellenländer und Rohstoffe
11. Mai 2009 Seit 20 Jahren ist Edouard Carmignac mit seiner Fondsgesellschaft Carmignac Gestion am Markt und verwaltet 14 Milliarden Euro in 16 Fonds. Es gehört zu den führenden unabhängigen Fondsverwaltern in Frankreich. Flaggschiffe sind die Mischfonds Carmignac Patrimoine mit 6 Milliarden Euro Volumen und der internationale Aktienfonds Carmignac Investissement mit 2,4 Milliarden Euro. Mit beiden Fonds hat es der Franzose geschafft, den Gesamtmarkt über viele Jahre zu schlagen und immer weit vorn in den Ranglisten der besten Fonds zu sein. Das gelingt nur sehr wenigen.
Monsieur Carmignac, seit sieben Wochen steigen die Aktienkurse schon. Ist das das Ende der Börsenbaisse seit 2007?
Ich glaube ja. Die Tiefstkurse von Anfang März werden wir nicht mehr sehen, das war zu billig damals. Die Aktienmärkte werden sich weiter erholen.
Warum sind Sie da so sicher, die Meldungen über die Konjunktur sind schrecklich.
Stimmt, es gibt immer wieder sehr negative Nachrichten. Aber daran hat sich die Börse gewöhnt. Was Hoffnung macht, ist, dass in den vergangenen Wochen Meldungen zur Konjunktur oder den Finanzmärkten vermehrt nicht mehr ganz so schlimm ausfielen, der Einbruch der Wirtschaft hat sich also offenbar verlangsamt.
An welchen Signalen machen Sie das fest?
Zum Beispiel am amerikanischen Häusermarkt, dem Ausgangspunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Immobilienpreise steigen wieder leicht, und es werden mehr Häuser gekauft. Der Konsum in Amerika fällt nicht so stark wie erwartet. Ich denke, der Höhepunkt der Wirtschaftskrise liegt in den Vereinigten Staaten hinter uns.
Und wie ist die Lage für Europa und die Weltwirtschaft?
Zum Thema
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Zum Börsenkurs
KursChartWatchlistWeltweit ist positiv, dass die Kreditmärkte sich wieder beleben. Die enormen Zinsaufschläge im vierten Quartal für Anleihen und für Kredite unter den Banken reduzieren sich wieder. Die koreanischen Exporte - ein Indikator für die Aussichten der globalen Wirtschaft - steigen wieder. Und der Rückgang der Kupfervorräte ist ebenfalls positiv, denn das Metall hängt stark an der Entwicklung der Weltwirtschaft.
Diese Hoffnungen waren doch schon die Basis des Kursanstiegs in den vergangenen Wochen. Da ist doch kaum mehr Luft nach oben.
Für die Industrieländer ist noch etwas Potential nach oben, aber es ist tatsächlich limitiert. Wir setzen daher stark auf die Schwellenländer wie China, Brasilien und Indien. Ihr wirtschaftlicher Aufholprozess zu den Industrieländern ist eine langfristige Wachstumsgeschichte. Sie werden auch als Erstes aus der aktuellen Krise kommen.
Schon jetzt gibt es Anzeichen, dass die Krise dort zu Ende ist. Nehmen Sie zum Beispiel die Zahl der Autoverkäufe: Während sie in den Vereinigten Staaten um 40 Prozent gefallen sind, stiegen sie in Indien um 15 und in China um 5 Prozent. Die Konjunkturprogramme dort wirken. China könnte in diesem Jahr die angepeilten 8 Prozent Wachstum erreichen, während die Weltwirtschaft schrumpft. Und auch in den kommenden Jahren wird dort das Wachstum viel höher sein als in Europa oder Nordamerika.
Wie richten Sie Ihre Fonds auf diese Einschätzung der Lage aus?
In unserem Mischfonds Patrimoine haben wir den Aktienanteil von nahe null im Februar auf mittlerweile fast 40 Prozent erhöht. Wir haben auch den Anteil der Unternehmensanleihen ausgeweitet und ihn dabei um amerikanische Papiere erweitert. Denn die Marktbereinigung in Amerika ist schon weiter vorangeschritten als in Europa, die amerikanischen Firmen werden schneller wieder profitabel sein. Bei Bankanleihen warten wir hingegen ab, bis der Pessimismus wieder größer wird. Und da die Inflationsrisiken zunehmen, haben wir amerikanische inflationsindexierte Anleihen gekauft.
Welche Posten haben Sie dafür reduziert?
Die Staatsanleihen haben wir seit Jahresanfang auf ein Drittel zurückgefahren. Sie sind 2008 stark gestiegen und bieten nicht mehr viel Potential. Und auch die Barmittel wurden von 32 Prozent auf unter 10 Prozent reduziert.
Wie ist Ihr anderes Flaggschiff aufgestellt, der Carmignac Investissement?
Auch hier haben wir die Aktienquote stark erhöht. Ausgebaut haben wir den Anteil der Schwellenländer, vor allem in China, Indien und Brasilien. Gekauft haben wir auch Ölaktien und Minenwerte. Denn Rohstoffe profitieren von der Erholung der großen Schwellenländer. Die Gelder kamen aus den Barbeständen, die wir zur Wertsicherung des Fonds in den stürmischen Zeiten des vergangenen Herbstes aufgebaut und jetzt wieder reduziert haben. Die Barquote sank von 26 Prozent zu Jahresbeginn auf nur noch 9 Prozent.
Sie kaufen auch viele Bankaktien, das ist doch noch viel zu riskant?
Wir kaufen Finanzwerte in Schwellenländern. Die profitieren vom dortigen Aufschwung. Gleichzeitig haben sie wenig toxische Papiere in ihren Depots, mit denen sich andere Banken die Finger verbrannt haben.
Wir hören ständig von Ihnen das Wort Aufschwung. Ist das nicht etwas riskant, so einseitig darauf zu setzen?
Wir sind nicht einseitig. Im Aktienfonds sind noch 37 Prozent defensive Aktien oder Gold. Wir haben lediglich die übergroße Vorsicht des vergangenen Herbstes reduziert.
Da hatten Sie ein gutes Händchen, wie schon öfter in der Vergangenheit. Warum schaffen Sie das immer wieder, den meisten Fondsmanagern gelingt das nur in einigen wenigen Jahren?
Unser Fondsmanagerteam hat alle nötigen Freiheiten, um seine makroökonomische Sicht in konkrete Anlageentscheidungen zu überführen. Wenn wir zum Beispiel aufgrund aller Daten und Erfahrungen der Meinung sind, Aktien sind zu teuer, dann fahren wir unser Engagement im Portfolio runter. Wir tun das sofort und wenn nötig massiv.
Auch wenn der Markt noch fröhlich kauft, da profitieren wir von der Unabhängigkeit von Banken. Die Manager in großen Fondsgesellschaften werden hingegen oft so bezahlt, dass sie nah am Vergleichsindex und damit dem Gesamtmarkt bleiben. Das soll größere Fehler verhindern. Doch wie gut ist dieser Gesamtmarkt, wenn er um 40 Prozent fällt wie 2008?
Der Erfolg hängt auch eng mit Ihrem Namen zusammen. Wie lange bleiben Sie noch an Bord der Fondsgesellschaft?
Ich bin jetzt 62 Jahre alt, und es macht weiterhin viel Spaß. Daher bleibe ich auch an Bord. Aber natürlich denke ich an die Zukunft. Wichtig ist, dass sichergestellt ist, dass die Fondsgesellschaft in ihren Entscheidungen unabhängig bleibt und mit ihr das Team. Im nächsten Jahr könnte meine Tochter in unsere Firma zurückkehren, derzeit arbeitet sie noch für ein amerikanisches Investmenthaus. Sie ist sicher eine Kandidatin für meine Nachfolge, aber auch andere haben gute Chancen.
Das Gespräch führt Dyrk Scherff.
Text: F.A.S.
Bildmaterial: F.A.Z.
„Die Tiefstkurse vom März sehen wir nicht mehr“
Edouard Carmignac, der beste Fondsmanager der vergangenen Jahre, ist optimistisch und setzt auf Schwellenländer und Rohstoffe
11. Mai 2009 Seit 20 Jahren ist Edouard Carmignac mit seiner Fondsgesellschaft Carmignac Gestion am Markt und verwaltet 14 Milliarden Euro in 16 Fonds. Es gehört zu den führenden unabhängigen Fondsverwaltern in Frankreich. Flaggschiffe sind die Mischfonds Carmignac Patrimoine mit 6 Milliarden Euro Volumen und der internationale Aktienfonds Carmignac Investissement mit 2,4 Milliarden Euro. Mit beiden Fonds hat es der Franzose geschafft, den Gesamtmarkt über viele Jahre zu schlagen und immer weit vorn in den Ranglisten der besten Fonds zu sein. Das gelingt nur sehr wenigen.
Monsieur Carmignac, seit sieben Wochen steigen die Aktienkurse schon. Ist das das Ende der Börsenbaisse seit 2007?
Ich glaube ja. Die Tiefstkurse von Anfang März werden wir nicht mehr sehen, das war zu billig damals. Die Aktienmärkte werden sich weiter erholen.
Warum sind Sie da so sicher, die Meldungen über die Konjunktur sind schrecklich.
Stimmt, es gibt immer wieder sehr negative Nachrichten. Aber daran hat sich die Börse gewöhnt. Was Hoffnung macht, ist, dass in den vergangenen Wochen Meldungen zur Konjunktur oder den Finanzmärkten vermehrt nicht mehr ganz so schlimm ausfielen, der Einbruch der Wirtschaft hat sich also offenbar verlangsamt.
An welchen Signalen machen Sie das fest?
Zum Beispiel am amerikanischen Häusermarkt, dem Ausgangspunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Immobilienpreise steigen wieder leicht, und es werden mehr Häuser gekauft. Der Konsum in Amerika fällt nicht so stark wie erwartet. Ich denke, der Höhepunkt der Wirtschaftskrise liegt in den Vereinigten Staaten hinter uns.
Und wie ist die Lage für Europa und die Weltwirtschaft?
Zum Thema
Mischfonds profitieren von ihrer Flexibilität
Vier wetterfeste Aktienfonds
Absolute-Return-Fonds enttäuschen die Anleger
Französischer Vermögensverwalter verspricht Stabilität
Zum Börsenkurs
KursChartWatchlistWeltweit ist positiv, dass die Kreditmärkte sich wieder beleben. Die enormen Zinsaufschläge im vierten Quartal für Anleihen und für Kredite unter den Banken reduzieren sich wieder. Die koreanischen Exporte - ein Indikator für die Aussichten der globalen Wirtschaft - steigen wieder. Und der Rückgang der Kupfervorräte ist ebenfalls positiv, denn das Metall hängt stark an der Entwicklung der Weltwirtschaft.
Diese Hoffnungen waren doch schon die Basis des Kursanstiegs in den vergangenen Wochen. Da ist doch kaum mehr Luft nach oben.
Für die Industrieländer ist noch etwas Potential nach oben, aber es ist tatsächlich limitiert. Wir setzen daher stark auf die Schwellenländer wie China, Brasilien und Indien. Ihr wirtschaftlicher Aufholprozess zu den Industrieländern ist eine langfristige Wachstumsgeschichte. Sie werden auch als Erstes aus der aktuellen Krise kommen.
Schon jetzt gibt es Anzeichen, dass die Krise dort zu Ende ist. Nehmen Sie zum Beispiel die Zahl der Autoverkäufe: Während sie in den Vereinigten Staaten um 40 Prozent gefallen sind, stiegen sie in Indien um 15 und in China um 5 Prozent. Die Konjunkturprogramme dort wirken. China könnte in diesem Jahr die angepeilten 8 Prozent Wachstum erreichen, während die Weltwirtschaft schrumpft. Und auch in den kommenden Jahren wird dort das Wachstum viel höher sein als in Europa oder Nordamerika.
Wie richten Sie Ihre Fonds auf diese Einschätzung der Lage aus?
In unserem Mischfonds Patrimoine haben wir den Aktienanteil von nahe null im Februar auf mittlerweile fast 40 Prozent erhöht. Wir haben auch den Anteil der Unternehmensanleihen ausgeweitet und ihn dabei um amerikanische Papiere erweitert. Denn die Marktbereinigung in Amerika ist schon weiter vorangeschritten als in Europa, die amerikanischen Firmen werden schneller wieder profitabel sein. Bei Bankanleihen warten wir hingegen ab, bis der Pessimismus wieder größer wird. Und da die Inflationsrisiken zunehmen, haben wir amerikanische inflationsindexierte Anleihen gekauft.
Welche Posten haben Sie dafür reduziert?
Die Staatsanleihen haben wir seit Jahresanfang auf ein Drittel zurückgefahren. Sie sind 2008 stark gestiegen und bieten nicht mehr viel Potential. Und auch die Barmittel wurden von 32 Prozent auf unter 10 Prozent reduziert.
Wie ist Ihr anderes Flaggschiff aufgestellt, der Carmignac Investissement?
Auch hier haben wir die Aktienquote stark erhöht. Ausgebaut haben wir den Anteil der Schwellenländer, vor allem in China, Indien und Brasilien. Gekauft haben wir auch Ölaktien und Minenwerte. Denn Rohstoffe profitieren von der Erholung der großen Schwellenländer. Die Gelder kamen aus den Barbeständen, die wir zur Wertsicherung des Fonds in den stürmischen Zeiten des vergangenen Herbstes aufgebaut und jetzt wieder reduziert haben. Die Barquote sank von 26 Prozent zu Jahresbeginn auf nur noch 9 Prozent.
Sie kaufen auch viele Bankaktien, das ist doch noch viel zu riskant?
Wir kaufen Finanzwerte in Schwellenländern. Die profitieren vom dortigen Aufschwung. Gleichzeitig haben sie wenig toxische Papiere in ihren Depots, mit denen sich andere Banken die Finger verbrannt haben.
Wir hören ständig von Ihnen das Wort Aufschwung. Ist das nicht etwas riskant, so einseitig darauf zu setzen?
Wir sind nicht einseitig. Im Aktienfonds sind noch 37 Prozent defensive Aktien oder Gold. Wir haben lediglich die übergroße Vorsicht des vergangenen Herbstes reduziert.
Da hatten Sie ein gutes Händchen, wie schon öfter in der Vergangenheit. Warum schaffen Sie das immer wieder, den meisten Fondsmanagern gelingt das nur in einigen wenigen Jahren?
Unser Fondsmanagerteam hat alle nötigen Freiheiten, um seine makroökonomische Sicht in konkrete Anlageentscheidungen zu überführen. Wenn wir zum Beispiel aufgrund aller Daten und Erfahrungen der Meinung sind, Aktien sind zu teuer, dann fahren wir unser Engagement im Portfolio runter. Wir tun das sofort und wenn nötig massiv.
Auch wenn der Markt noch fröhlich kauft, da profitieren wir von der Unabhängigkeit von Banken. Die Manager in großen Fondsgesellschaften werden hingegen oft so bezahlt, dass sie nah am Vergleichsindex und damit dem Gesamtmarkt bleiben. Das soll größere Fehler verhindern. Doch wie gut ist dieser Gesamtmarkt, wenn er um 40 Prozent fällt wie 2008?
Der Erfolg hängt auch eng mit Ihrem Namen zusammen. Wie lange bleiben Sie noch an Bord der Fondsgesellschaft?
Ich bin jetzt 62 Jahre alt, und es macht weiterhin viel Spaß. Daher bleibe ich auch an Bord. Aber natürlich denke ich an die Zukunft. Wichtig ist, dass sichergestellt ist, dass die Fondsgesellschaft in ihren Entscheidungen unabhängig bleibt und mit ihr das Team. Im nächsten Jahr könnte meine Tochter in unsere Firma zurückkehren, derzeit arbeitet sie noch für ein amerikanisches Investmenthaus. Sie ist sicher eine Kandidatin für meine Nachfolge, aber auch andere haben gute Chancen.
Das Gespräch führt Dyrk Scherff.
Text: F.A.S.
Bildmaterial: F.A.Z.