Wer direkt in CO2-Rechte investierte, holte sich im vergangenen Jahr eine blutige Nase. Die Kurse brachen ein. Wer stattdessen auf die Häuser setzte, an denen die Emissionsrechte gehandelt werden, der konnte satte Gewinne einstreichen. Die Aktie der britischen Klimabörse Climate Exchange zum Beispiel legte um 170 Prozent zu.
Geld verdienen mit dem Klimawandel
Quelle: http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_210010
von Notker Blechner
Der warme Winter und Orkane wie "Kyrill" schüren auch in Unternehmen die Angst vor einer globalen Erwärmung. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos stand das Thema ganz oben auf der Tagesordnung. Banken entdecken den Klimawandel als Investment-Trend.
Angesichts des warmen Winters ist vielen Skiorten der Schnee Mangelware
Lange Zeit waren es nur Öko-Aktivisten, die vor dem "Klimakollaps" warnten. Inzwischen macht sich aber auch zunehmend in den Chefetagen der Unternehmen Unruhe breit. Laut einer Studie von PriceWaterhouseCoopers sehen 40 Prozent der Top-Manager die globale Erwärmung als eine Bedrohung für das Wachstum ihrer Unternehmen. In Deutschland ist es sogar schon mehr als jeder zweite Top-Manager.
Zu den großen Klimawandel-Profiteuren gehören die Solarfirmen. Der Fotovoltaik werden weltweit hohe Wachstumsraten prophezeit. Vorzeigetitel unter den deutschen Solarwerten ist Solarworld. Der Kurs hat sich in den letzten zwei Jahren versiebenfacht. Das Unternehmen wächst rasant: 2006 stieg der Umsatz voraussichtlich um 40 Prozent auf über 500 Millionen Euro, der Gewinn konnte auf deutlich über 100 Millionen Euro verdoppelt werden.
Zentrales Thema in Davos
In Davos war denn auch der Klimawandel das dominierende Thema auf den Podiumsdiskussionen und den abendlichen Partys. "Zurücklehnen und abwarten, weil das eine oder andere Element nicht ganz bewiesen ist, ist nicht die richtige Antwort", meinte Jacques Aigrain, Chef des weltgrößten Rückversicherers SwissRe, in Davos. Mehrere Top-Manager versprachen, ihre Anstrengungen zur Reduzierung der CO2-Emissionen zu verstärken.
Auch Q-Cells wird von mehreren Banken in Klimaschutz-Studien empfohlen. Der nach eigenen Angaben zweitgrößte Solarzellenhersteller der Welt konnte in den ersten neun Monaten des Jahres 2006 Umsatz und Gewinn verdoppeln. Drei Mal wurde die Jahresprognose angehoben. Die Aktie hat sich nach einem harten Einbruch in der ersten Jahreshälfte 2006 wieder aufgerappelt, notiert aber immer noch unter dem Anfang 2006 erreichten Allzeithoch von 48 Euro.
Bush entdeckt die Umwelt
Rückenwind kommt aus der Politik. Vor einer Woche forderte US-Präsident George W. Bush in seiner Rede zur Nation eine Energiewende. Als Ziel nannte er, den Benzinverbrauch in den USA innerhalb der nächsten zehn Jahre um 20 Prozent zu verringern. Erstmals sprach der "mächtigste Mann der Welt" von einer ernsthaften Bedrohung durch den Klimawandel.
Ökonomen haben analysiert, wie die globale Klimaerwärmung die Weltwirtschaft und Kapitalmärkte beeinflussen wird. Wenn nicht sofort gehandelt werde, könnte die weltweite Wirtschaftskraft um 20 Prozent sinken, hat zum Beispiel der Brite Sir Nicolas Stern, früher Chefökonom der Weltbank, ausgerechnet. Um dies zu verhindern, müssten jährlich ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts in den Kampf gegen den Klimawandel investiert werden.
Dieses Geld könnte für eine neue "grüne Welle" sorgen. Vor allem für Anbieter von erneuerbaren Energien und Energiespartechnologien sind die Zukunftsperspektiven vielversprechend.
Zu den Partnern von Solarworld gehört der chinesische Solarzellen- und Modulhersteller Suntech. Die Chinesen exportieren vorwiegend ihre Produkte nach Deutschland. Einen Schub könnte die Olympia 2008 in Peking bringen. Suntech rüstet die Sportstätten und die Infrastruktur mit Solarenergie aus. Die Aktie hat in den letzten zweieinhalb Monaten kräftig zugelegt, vor einem Jahre notierte sie aber noch höher.
Zahlreiche "Klimawandel-Gewinner
Als Gewinnerbranchen des Klimawandels sieht Crédit-Suisse-Investmentstratege Philipp Vorndran die Bau-, Pharma- und Chemieindustrie. Die notwendige Verbesserung der Energieeffizienz, die Ergreifung von Schutzmaßnahmen und der Anstieg von Infrastrukturprojekten dürften die Baubranche begünstigen, meint Vorndran. In der Pharma- und der Chemiebranche wiederum werde es einen zunehmenden Bedarf an Krankheits- und Schädlingsbekämpfung geben.
Konkreter wird die amerikanische Citigroup. Sie hat in einer jüngsten Studie 74 Unternehmen genannt, die vom Kampf gegen den Klimawandel profitieren. Dazu zählen der Energieversorger RWE, der Solarzellenhersteller Q-Cells, der Biospritproduzent CropEnergies sowie der Siemens-Konzern.
Die Credit Suisse sieht als "Klimawandel-Gewinner" vor allem Solar-Firmen wie Q-Cells, Solarworld, Silicon Products und Suntech. Die UBS-Analysten empfehlen Philips, die führend bei energiesparender Beleuchtung sind, sowie den Siemens-Konzern, der klimaschonende Kraftwerke baut. s. a. unser Klicktool: die Profiteure des Klimawandels
Klimafreundlich ist auch die Windenergie. Sie boomt weltweit. Nur in Deutschland ist der Markt gesättigt. Weltmarktführer ist Vestas. Fast jede dritte weltweit installierte Windkraftanlage kommt von den Dänen. Im dritten Quartal 2006 konnte Vestas den Gewinn auf 40 Millionen Euro verdoppeln. Nur der Lieferengpass schmälerte den Umsatz. Die Anleger sind zufrieden: die Aktie stieg auf Jahressicht von 15 auf 33 Euro.
Kommt jetzt die Klimafonds-Welle?
Wer aus dem Klimaschutz Profit schlagen will, kann in diese einzelnen Aktien investieren – oder in Öko-Fonds. Immer mehr Banken sehen den Klimaschutz als Investment-Trend und planen Klima-Fonds oder -zertifikate. Zum Beispiel hat der Vermögensverwalter SAM Group, der traditionell sehr stark in nachhaltigen Geldanlagen engagiert ist, ein "Climate Change"-Zertifikat aufgelegt. Ende 2005 startete die Société Générale einen Index für erneuerbare Energien – den ERIX – und bot ein Zertifikat auf den Index an.
Alternativ kann man auch direkt mit Luftverschmutzungsrechten wie mit Öl, Gas oder anderen Rohstoffen handeln. Allerdings braucht man hier gute Nerven. Denn die Kursschwankungen sind groß. Seitdem die CO2-Rechte an verschiedenen europäischen Börsen gehandelt werden, gingen die Kurse zunächst steil nach oben, bevor sie dann im Mai 2006 einbrachen. Die EU-Staaten hatten überraschend niedrige Emissionsdaten für 20005 veröffentlicht.
Angesichts der hohen Benzinpreise sind Biokraftstoffe, vor allem Bioethanol gefragt. Davon profitiert der zweitgrößte europäische Bioethanol-Hersteller CropEnergies. In den ersten neun Monaten konnte die Südzucker-Tochter den Umsatz fast verdreifachen und schwarze Zahlen schreiben. Die Prognose für das Geschäftsjahr 2006/2007 wurde angehoben. Der Aktie hat's kaum geholfen. Sie notiert immer noch unter dem Ausgabepreis. Vor drei Monaten war CropEnergies an die Börse gegangen.
Risiken steigen
Anleger sollten sich aber auch darauf einrichten, dass durch den Global-Warming-Effekt Risiko und Unsicherheit generell zunehmen. Credit-Suisse-Stratege Vorndran: "Eine höhere Unsicherheit und höhere Schadensfälle fordern höhere Risiko- und Versicherungsprämien." Dies schade dem Kapitalmarkt, weil dadurch die Kapitalkosten steigen. Als Verlierer des Klimawandels sieht Vorndran deshalb die Versicherungs- und Finanzindustrie. Auch energieintensive Unternehmen dürften es schwerer haben. Je mehr diese freilich den Klimaschutz voranstellen, desto eher dürften sie die Zukunft überstehen...
Wegen seines Antrags auf Laufzeitverlängerung für den maroden Reaktor Biblis A und der hohen Kohlendioxid-Emissionen in den Braunkohle-Kraftwerken erntet RWE bei Umweltschützern heftige Kritik. In den kommenden Jahren wollen die Essener jedoch in neue moderne und sauberere Kraftwerke investieren. Außerdem liefert sich RWE ein Wettrennen mit anderen Energiekonzernen um ein CO2-freies Kraftwerk. Die Aktie hat seit dem Sommer 2006 kräftig zugelegt. Das lag aber eher am erfolgreichen Verkauf der Wasser-Tochter Thames Water und an massiven Aktienkäufen von mysteriösen Investoren.
Mit seinen zahlreichen Gas-, Dampf- und GuD-Kraftwerken mischt Siemens kräftig im Energiegeschäft mit. Selbst in der Windenergie-Branche sind die Münchner inzwischen unter den TopTen. Nach der Übernahme der dänischen Bonus Energy ist Siemens zum sechstgrößten Windanlagenbauer weltweit aufgestiegen. Noch macht aber das Windenergiegeschäft einen Bruchteil des Konzernumsatzes aus. Dass die Aktie von Siemens in den letzten sechs Monaten um über 30 Prozent nach oben schnellte, hat andere Gründe. Die Börsianer bewerten den konsequenten Konzernumbau von Siemens-Chef Kleinfeld positiv.
Einen Beitrag zum Klimaschutz leistet der französische Glashersteller Saint-Gobain mit seinen Dämmstoffen. Diese senken den Energieverbrauch in den Innen- und Außenwänden und sorgen für weniger Kohlendioxid-Ausstoß. Wegen hoher Fördermittel für die energetische Sanierung älterer Gebäude ist in Deutschland die Nachfrage nach Dämmmaterial stark gewachsen. Teilweise soll es bereits Lieferengpässe geben. Saint-Gobain gehört neben Kingspan, Rockwool und Uralita zu den weltweit führenden Dammstoff-Spezialisten. Die Aktie befindet sich im Aufwind. Seit einem Jahr hat der Titel über 30 Prozent zugelegt.
Quelle: http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_210010