In Wirklichkeit läuft der Prozeß der Geldmengenausweitung nicht so gleichmäßig ab, weswegen eindeutige Gewinner und Verlierer identifiziert werden können. Zu den Gewinnern zählen die sogenannten Erstbezieher des neugedruckten Geldes. Dazu zählen neben der Zentralbank und den staatlichen Stellen vor allem die großen Geschäftsbanken, die sogenannten "
primary dealers". Als Erstbezieher erfreuen sie sich an den noch nicht gestiegenen Preisen, da dem Gros der Bevölkerung die gesunkene Kaufkraft des Geldes noch nicht bewußt ist. Die Erstbezieher können daher zu den noch nicht angehobenen Preisen Güter kaufen, die sie sich ansonsten nicht hätten leisten können. Erst langsam sickert das frische Geld von den Erstbeziehern durch die gesamte Wirtschaft und erhöht so nach und nach die Preise. Wer am Ende dieses Prozeß steht, darunter fallen vor allem Bezieher von fixen Einkommen, wie Rentner, Arbeitslose, … sehen ihre realen Einkommen aufgrund der gestiegenen Preise bei gleichzeitig nicht erhöhten Einkommen schwinden und zählt zu damit zu den Verlierern der Inflation.
Der Konjunkturzyklus
Nahezu unbestritten ist heute die "Erkenntnis", wonach der Staat die dem Kapitalismus inhärenten Konjunkturschwankungen glätten muß; indirekt über die Zinspolitik der Zentralbanken und direkt über die von Keynes propagierte anti-zyklische Budgetpolitik. Diese Vorstellung über den krisenanfälligen Ablauf des Marktprozeß entspricht aber nicht der Realität. Die Schwankungen der wirtschaftlichen Entwicklung werden erst durch die Handlungen der angeblichen Retter ausgelöst. Am Anfang eines Konjunkturzyklus steht die Absenkung des Zinssatzes unter das am Markt vorherrschende Niveau durch die Zentralbank und/oder die Geschäftsbanken, wodurch ein künstlicher Boom ausgelöst wird. Dieser auf breiter Front hochgejubelte Aufschwung finanziert sich aber nicht aus einer Ausweitung des Kapitalstocks, d.h. aus einem säkularen Anstieg der Ersparnisse, sondern nur aus Scheinersparnissen. Auf der einen Seite verfallen die Konsumenten in einen Konsumrausch, denn warum sollte man auch sparen, wenn man dafür kaum eine Belohnung erhält? Auf der anderen Seite verleiten die niedrigen Zinsen Unternehmer zur Inangriffnahme von vornehmlich kapitalintensiven Unternehmungen, für deren Beendigung allerdings nicht genügend Kapital zur Verfügung steht. In dieser Diskrepanz zwischen echten Ersparnissen, Kapital und den Scheinersparnissen, Kredit, steckt der Keim für die unausweichliche Gegenreaktion, die Rezession.
Der zwischenzeitliche Crash – die Rezession
Wie wir gesehen haben, löst die Ausweitung der ungedeckten Geldmenge einen Boom aus, der früher oder später in eine Rezession enden muß. Viele Projekte mit einem Schwerpunkt in den kapitalintensiven Industrien können aufgrund des Mangels an realen Ressourcen, sprich Kapital, nicht zu Ende geführt werden und es kommt, sobald die Zinsen wieder angehoben werden, zu einer dramatischen Anhäufung von Bankrotten. Die unrentabelsten Unternehmen werden liquidiert und die Produktionsstruktur paßt sich mehr oder weniger schnell wieder an die Präferenzen der Konsumenten an. Häufig geht eine Rezession mit einer Deflation, d.h. einer Kontraktion der Geldmenge, einher bzw. sie wird durch eine Deflation ausgelöst. Diese Vernichtung von ungedecktem Papiergeld, meist in der Form von Buchgeld, beschleunigt die Bereinigung der durch die Inflation ausgelösten Verzerrungen in der Wirtschaft. Die Rezession heilt, was der Boom an Unheil verursacht hat.
Das bittere Ende – Hyperinflation
In extremen Fällen kommt es zu einer kompletten Flucht aus dem Papiergeld. Sobald die Menschen merken, daß die Preise beständig und nicht nur temporär steigen, sehen sie keinen Grund mehr, Geld zu halten. Jeder versucht nun so schnell als möglich sein Papiergeld loszuwerden, denn jedes Hinauszögern des Geldausgebens reduziert die Kaufkraft des gehaltenen Geldes. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für den totalen Vertrauensverlust in eine (Papier-)Währung ist die Hyperinflation in Deutschland 1923, an deren Höhepunkt die Mark stündlich an Wert verlor und die Preise in bislang ungeahnte Höhen schossen. Nach wenigen Monaten war der Spuk vorbei. Die nominellen Scheinvermögen breiter Bevölkerungsschichten waren vernichtet und die Hyperinflation zog eine Spur der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verwüstung nach sich.
Die Verursacher
Cui bono? Wem nützt die dem Konjunkturzyklus ursächlich zugrunde liegende Ausweitung der Geldmenge am meisten? An erster Stelle ist der Staat zu nennen, der mit der sogenannten "easy credit" Politik wohlfahrtsstaatliche Geschenke en masse verteilen kann. Je niedriger die Zinsen, desto mehr "Geld" steht den höchst kurzfristig denkenden Politikern für ihre Wohltaten zur Verfügung und desto geringer belasten die Zinszahlungen für die alten Schulden den immer klammen Finanzminister. Der österreichische Nobelpreisträger Friedrich A. von Hayek schrieb diesbezüglich in einem Artikel der New York Times von 1982:
"The only way you can finance a deficit is by inflation. You cannot raise this amount by genuine borrowing. [...] A large government deficit is a certain way to inflation. (Die einzige Möglichkeit ein Budgetdefizit zu finanzieren, ist durch Inflation. Man kann diese Summe nicht durch echte [d.h. durch reale Werte gedeckte] Schuldenaufnahme aufbringen. [...] Ein großes Budgetdefizit ist ein sicherer Weg zu Inflation.)
Auch Alan Greenspan, der wie kein anderer die Geldmenge des US-Dollars inflationierte und derart die Welt an den Abgrund einer noch nie dagewesenen Finanzkrise geführt hat, warnte vor genau vier Jahrzehnten vor den enteignenden Konsequenzen der Geldmengenausweitung:
Ohne Goldstandard gibt es keine Möglichkeit, Ersparnisse vor der Enteignung durch Inflation zu schützen. Es gibt dann kein sicheres Wertaufbewahrungsmittel mehr. Wenn es das gäbe, müßte die Regierung seinen Besitz für illegal erklären, wie es ja im Falle von Gold auch gemacht wurde (Goldbesitz war in Amerika bis 1976 für Privatleute verboten,
Anm. d. Ü.). […] Die Finanzpolitik des Wohlfahrtsstaates macht es erforderlich, daß es für Vermögensbesitzer keine Möglichkeit gibt, sich zu schützen. Dies ist das schäbige Geheimnis, daß hinter der Verteufelung des Goldes durch die Vertreter des Wohlfahrtsstaates steht. Staatsverschuldung ist einfach ein Mechanismus für die "versteckte" Enteignung von Vermögen. Gold verhindert diesen heimtückischen Prozess. Es beschützt Eigentumsrechte. Wenn man das einmal verstanden hat, ist es nicht mehr schwer zu verstehen, warum die Befürworter des Wohlfahrtsstaates gegen den Goldstandard sind. (Gold und wirtschaftliche Freiheit, 1966)
Wie bereits erwähnt zählen die Geschäftsbanken ebenfalls zu den großen Profiteuren der Inflation. Es ist eine Ironie der Geschichte, daß im 19. Jahrhundert die Einführung einer (staatlichen) Zentralbank gefordert wurde, um den betrügerischen Machenschaften des "fractional-reserve banking" Einhalt zu gebieten. Nach mehr als 100 Jahren kann man diesen Versuch als mehr als gescheitert ansehen.
Andere Definitionen der Inflation
Seit der von Milton Friedman eingeleiteten monetaristischen Revolution anfangs der 1950er, deren geldpolitische Theorie auf der Quantitätsgleichung aufbaut, ist es modern, unter Inflation den Anstieg des allgemeinen Preisniveaus zu verstehen. Diese Erscheinung ist jedoch nur die unausweichliche
Folge des ursächlichen Anstiegs der ungedeckten Geldmenge. Bei einer relativ stabilen Geldmenge, wie z.B. zu Zeiten des Goldstandards, muß notwendigerweise die Erhöhung der Preise in einem Segment der Wirtschaft zu einer Reduktion der Preise in zumindest einem anderen führen. Das "Preisniveau" bleibt hingegen konstant.
"Inflationsrate"
Die meisten Zentralbanken dieser Welt haben sich der monetaristischen Forderung nach einer konstanten Kaufkraft des Geldes verschrieben. Abgesehen davon, daß die von der FED und der EZB vorgegebenen Inflationsziele im positiven Bereich liegen und damit von vornherein die Stabilisierung der Kaufkraft des Geldes zu einer Chimäre verkommen lassen, ist das Konzept der Inflationsrate durch und durch sinnlos. Zum einen ist die Verwendung eines durchschnittlichen Warenkorbs ohne Aussagekraft. Jeder Mensch konsumiert andere Güter und verändert auch seine Konsumgewohnheiten von Tag zu Tag. Zum anderen kann mathematisch nicht einmal der Durchschnitt errechnet werden. Ein einfaches Beispiel soll dies verdeutlichen: Angenommen jemand kauft für €90 ein Paar Schuhe und für €10 eine Theaterkarte. Was soll der zur Berechnung eines Durchschnitts unumgängliche gemeinsame Zähler und Nenner sein?
Aber selbst wenn wir annehmen, daß die Berechnung der Inflationsrate möglich wäre, muß auf die fortwährenden Manipulationen dieses Konzepts hingewiesen werden. Schon lange wird in den Medien die Kerninflationsrate, d.h. die Inflationsrate ohne Preise für Energie, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak, in den Vordergrund der Berichterstattung geschoben. Mit diesem Trick wird versucht, die veröffentlichte Inflationsrate künstlich niedrig zu halten, indem man genau jene Produkte herausrechnet, die in den letzten Jahren besonders stark gestiegen sind. Noch hinterhältiger ist die schleichende Einführung des "hedonic pricing" in den USA und auch in Europa. In Zeiten des rasanten technischen Fortschritts, so die Hüter der statistischen Berechnung, müsse man den Effekt der technischen Entwicklung in die Berechnung der Inflationsrate einpreisen. Angenommen man hat vor einem Jahr
einen Computer um €1000 gekauft, so erhält man heute um den selben Preis einen deutlich leistungsfähigeren Computer. Zur Berechnung der Inflationsrate wird nun unterstellt, daß der Preis des Computers "in Wirklichkeit" um, sagen wir, €100 gefallen ist, da um €1000 ein deutlich leistungsstärkerer Computer gekauft werden kann. Und schon sinkt die Inflationsrate. Wenn andererseits der Preis eines Fernsehers um 20% steigt und sich gleichzeitig die Qualität der verwendeten Technologie erhöht, wird die Preissteigerung aus der Inflationsrate herausgerechnet. Schließlich habe man ein deutlich besseres Produkt erhalten.
Wie die folgende Graphik zeigt, haben diese und andere Änderungen in der Berechnung, die ausgewiesene Inflationsrate in den USA stark gesenkt. Der Unterschied zwischen der neuen (Official CPI-U) und der alten Berechnungsmethode (Pre-Clinton Era CPI) summiert sich auf fast 4%.
Was sind die Effekte dieser Manipulation der Inflationsrate?
Für den Staat ergeben sich sehr angenehme Nebeneffekte. Erstens; zur Berechnung des Realwachstums wird das nominelle Wachstum mit der Inflationsrate deflationiert. Je niedriger die ausgewiesene Inflationsrate, desto höher das Realwachstums. In den USA erhöhte sich das ausgewiesene Wachstum allein durch die veränderte Berechnung der Inflationsrate daher um fast 4%.
Zweitens; die Steigerungsraten vieler Sozialtransfers hängen direkt vom Anstieg der Inflationsrate ab. Je niedriger die Inflationsrate, desto geringer die Belastung für das Budget. Der Anstieg der Mieten wird ebenfalls häufig an die Entwicklung des Verbraucherpreisindex gekoppelt, d.h. die veränderte Berechnung geht zu Lasten der Vermieter. Drittens; die Zentralbanken können trotz des fühlbaren Anstiegs der Preise auf breiter Basis ihr Image als Hüter der Preisstabilität wahren und das obwohl die Folgen ihrer inflationären Politik schön langsam zu
spüren sind.
Knapp daneben ist auch vorbei Hartnäckig hält sich auch die Ansicht, wonach die wahre Inflation der Unterschied zwischen dem Geldmengenwachstum und dem Realwachstum einer Wirtschaft ist. Bei einem Geldmengenwachstum von 7,4% (2005) und einem realen Wirtschaftswachstum in der Eurozone von rund 1,4% (2005) wird nach dieser Vorstellung die wahre Inflation mit 6,0% angegeben. Doch selbst bei einem Wirtschaftswachstum von 7,4% und einer darausfolgenden Identität von Geldmengen- und Wirtschaftswachstum müßte man von einer Inflation sprechen. Die beiden oben erwähnten Effekte, Auslösung des Konjunkturzyklus und Vermögensumverteilung, treten nämlich trotzdem auf.
Was sind die direkten Folgen der Inflation auf Unternehmer?
Eine (starke) Ausweitung der Geldmenge läßt die Gewinne der Unternehmer höher erscheinen als sie auf realwirtschaftlicher Basis sind. Dies ergibt sich aus der Zeitdifferenz zwischen der anfänglichen Investition in ein Kapitalgut, z.B. Maschinen, die noch zu den alten, niedrigeren Preisen erworben werden konnten und den durch die Inflation künstlich aufgeblasenen Verkaufspreisen. Die Abschreibungsverluste müssen jedoch zu heutigen - höheren - Preisen ausgeglichen werden, weswegen die Unternehmer häufig ihren eigenen Kapitalstock konsumieren und nicht, wie sie irrtümlich meinen, sichern bzw. weiter aufbauen.
Was sind die direkten Folgen für Anleger?
Sämtliche Besitzer von Aktien können sich über das künstliche Aufblasen der Gewinne und der meist daraus resultierenden Kurssteigerungen und hohen Dividenden freuen. Allerdings darf nicht vergessen werden, daß die Kaufkraft der Dividenden bzw. der höheren Aktienkurse im Ausmaß der Inflation sinkt. Weiters droht insbesondere kapitalintensiven Unternehmen, die zunächst von den sinkenden Zinsen profitieren und daher überdurchschnittliche Gewinne einfahren, im Abschwung eine deutlich schärfere Korrektur.
Was sind die direkten Folgen für die Schuldner?
Zu den großen Profiteuren der Inflation zählen die Schuldner, vor allem dann, wenn sich der Zins wie allgemein üblich an dem von der Zentralbank festgesetzten Zinssatz und nicht an der Geldmengenausweitung orientiert. Gerade dem größten Schuldner, dem Staat, ermöglicht die Inflation einen bequemen Ausweg aus der Verschuldung. Eine Methode, die historisch immer wieder angewendet wurde. Neue Schuldner haben es hingegen zunehmend schwieriger an frisches Kapital zu gelangen, da die künstlich abgesenkten Zinsen die Sparneigung verringern. Je schlechter die Bonität eines – potentiellen – Schuldners, desto früher wird er nicht mehr an neues Kapital gelangen.
Was sind die direkten Folgen für Gläubiger?
Gläubiger sind daher notwendigerweise die großen Verlierer, da die Kaufkraft der Rückzahlungen niedriger als die ursprüngliche Kaufkraft der Kreditsumme ist. Anders ausgedrückt, trotz der erhaltenen Zinszahlungen können die Gläubiger mit den rückgezahlten Euro weniger Güter erwerben als sie zum Zeitpunkt der Kreditvergabe imstande gewesen sind.
Was sind die Folgen für eine Gesellschaft?
Die Inflationierung der Geldmenge führt sukzessive zu der Zerstörung des Kapitalstocks und somit zur Erodierung der Grundlage des materiellen Wohlstands. Der Konjunkturzyklus (und somit auch die Ausweitung der Geldmenge) kann nur dann seine Wirkung entfalten, wenn breite Bevölkerungsschichten einer Illusion unterliegen, ihnen also das wahre Wesen der Ursachen und Wirkungen des Konjunkturzyklus verborgen bleibt. Das Unwissen um die wahre Ursache und Wirkung der zugrundeliegenden ökonomischen Phänomene und der daraus resultierende unerwartete ökonomische Absturz breiter Bevölkerungsmassen destabilisieren in vielen Fällen die Gesellschaft so weit, daß sie ein leichtes Opfer für politische Rattenfänger werden.