Fußballklubs sollen auf Geld verzichten

Beitrag: 1
Zugriffe: 189 / Heute: 1
Happy End:

Fußballklubs sollen auf Geld verzichten

 
24.02.02 16:33
Wegen der Finanzkrise des Medien-Imperiums von Leo Kirch sollen auch die deutschen Fußball-Profiklubs den Gürtel enger schnallen. Um den Bezahl-Sender Premiere zu retten, soll der TV-Vertrag nachverhandelt werden.

München - Schulden in Höhe von sieben Milliarden Euro bei den deutschen Banken und Zahlungsverpflichtungen in Höhe von weiteren drei Milliarden zwingen KirchMedia offenbar zu drastischen Maßnahmen. Laut "Süddeutscher Zeitung" berührt die "Aktion Erste Hilfe" neben der Fußball-Bundesliga auch die Formel 1.
 
Dem Blatt zufolge, dass sich auf Quellen im Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen stützt, soll über einen Preisnachlass für die Übertragungsrechte der Bundesliga verhandelt werden. Derzeit zahlt Kirch pro Saison rund 385 Millionen Euro. Der neue Premiere-Chef Georg Kofler knallhart: "Wir müssen unsere Vereinbarungen der Wirklichkeit anpassen. Wir können nicht für Abonnenten zahlen, die gar nicht da sind." Vorübergehend müsse es eine Entlastung geben, dafür könnten die Partner unternehmerische Erfolgsbeteiligungen erhalten.

Für die Deutsche Fußball-Liga (DFL) sind die "Meinungsäußerungen" von Kofler laut Sprecher Tom Bender zunächst einmal reine Spekulationen ohne realen Hintergrund. Und Wilfried Straub, geschäftsführender Vorsitzender der Liga, verstärkt: "Kirch ist nicht an uns herangetreten und wir gewiss nicht an Kirch. Vertragsnachverhandlungen sind kein Thema."

Erst vor zwei Wochen hatte es ein von Bundeskanzler Gerhard Schröder initiiertes Dringlichkeitstreffen von Spitzenleuten der DFL und der Liga bei Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement in Düsseldorf gegeben. Der TV-Vertrag mit Kirch hat eine Laufzeit bis 2004 und garantiert der DFL bisher ein Finanzvolumen von 1,5 Milliarden Euro.

Der Stein ist durch Koflers Aussagen jedenfalls ins Wasser geworfen und zieht seine Kreise. So streicht Bayer Leverkusens Manager Reiner Calmund die Verlässlichkeit des Partners Kirch hervor. Zuerst seien aber nun Banken und Medienpolitik gefordert. Wenn eine Lösung möglich sei, könne sich kein Partner verweigern, auch nicht der Fußball. Calmund: "Dann gibt es keine Tabuzone."

Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender der Bayern AG, sieht die Angelegenheit angesichts voller Kassen wie Calmund globaler und grundsätzlicher. Ohne Summen zu nennen, philosophiert er: "Der Wert einer Partnerschaft zeigt sich in der Krise. Die Bundesliga hat ein essentielles Interesse an Kirch. Wir müssen Ideen entwickeln, welche Möglichkeiten die Bundesliga hat, um Kirch zu unterstützen."

Während die Großklubs notfalls mit Geldverzicht entgegenkommen wollen, äußern die kleinen Klubs Bedenken. Karl-Heinz Wildmoser junior, gerade zum Geschäftsführer der neuen TSV 1860 München KGaA bestellt: "Man darf nicht vergessen, dass Kirch auch eine Verantwortung hat. Wir Vereine haben unsere Verträge mit den Spielern auf Grund eines abgeschlossenen Fernsehvertrages unterschrieben. Da kann man nicht einfach mal so kürzen wollen."

Pragmatischer haben Klaus Stabach, der Manager von Energie Cottbus, und Andreas Rettig, sein Pendant in Freiburg, die Dinge gesehen. Stabach: "Über 500.000 Euro weniger kann man reden. Über fünf Millionen nicht." Und Freiburg kündigt an, im Falle einer Reduzierung der Fernsehgelder einen Tribünenausbau zu strecken. Als einziger "Großer" springt Schalke-Manager Rudi Assauer den "Kleinen" bei: "Verträge sind einzuhalten." Viele Manager wollen indes den Ernst der Situation noch nicht wahr haben und verweisen auf die TV-Kommission der Liga.

Neben den Preisen für die Bundesliga-Rechte will der Kirch-Konzern auch seine Spielfilm-Lieferanten in Hollywood um Preisnachlass bitten. Außerdem könnten die Gläubiger-Banken ihre Kredite in Anteile an dem Medienkonzern umwandeln. Zudem wird ein Bankenkonsortium Kirchs Anteil am Axel Springer Verlag übernehmen. Im Streit mit Springer um eine Forderung in Höhe von 770 Millionen Euro, berichtet die Süddeutsche, ist geplant, dass der Verlag 400 Millionen erhält und für den Rest mit Pro-Sieben-Aktien abgefunden wird.

Das Konsortium (HypoVereinsbank, Dresdner Bank, Commerzbank, DZ Bank, Bayerische Landesbank) greift auch nach Kirchs Mehrheit in der Formel 1, für die der Konzern 1,6 Milliarden Euro zahlte. Kirch-Vize Dieter Hahn will im Formel-1-Zirkus aber unbedingt dabei bleiben: "Wir geben unser Baby nicht her." TV-Tycoon Rupert Murdoch, der mit 22 Prozent an Premiere beteiligt ist, hatte Kanzler Schröder zuletzt versichert, er wolle Kirchs Anteile bei Springer nicht übernehmen und sich auch nicht in die deutsche Politik einmischen. Der Australier ist nur an Kirchs TV-Sendern interessiert.
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--