Fünf Gebote reichen

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Fünf Gebote reichen

 
30.03.03 13:21
Vor allem im Mittelstand hängt der unternehmerische Erfolg stark von den Management-Fähigkeiten der Chefs ab. Der gesunde Menschenverstand spielt hierbei keine geringe Rolle
von Karl Niehues

Vollkommenheit entsteht nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann."


Im Sinne dieses alten chinesischen Sprichwortes beschäftigen sich Unternehmer mit gesundem Menschenverstand nur mit dem für den Betrieb unbedingt Erforderlichen.


Sie haben deshalb kein Vertrauen zu Managementtheorien, die Vollkommenheit nicht in der Beschränkung sehen, sondern in der stetigen Entwicklung neuer Konzepte. Von wechselnden Managementtheorien profitieren nur Unternehmensberater. Deshalb werden diese von Mittelständlern mit gesundem Menschenverstand abgelehnt aus der Erkenntnis: Unternehmensberater kommen meist vergeblich, aber nie umsonst.


Unternehmer mit gesundem Menschenverstand wissen, dass die Unternehmensführung zwar hart, aber einfach ist oder wie der amerikanische Erfolgsunternehmer Jack Welch in seinem Buch „Business is simple" feststellt: „Die Komplexität der Unternehmensführung wird immer überschätzt. Das ist keine Raketenwissenschaft." Andererseits ist es einfach, etwas zu komplizieren, aber sehr kompliziert, etwas zu vereinfachen.


Die zwingend notwendigen Grundbausteine eines erfolgreichen Betriebs lassen sich wie folgt in einem Satz festhalten:


Ein Unternehmer muss - eventuell erweitert um Mitarbeiter - ein Produkt an Kunden verkaufen mit ausreichender Gewinnerzielung.


Es ist deutlich erkennbar, wie der Unternehmer die Kernzelle des Unternehmens darstellt und der Gewinn (je höher) als Außenhaut (desto stärker) das Ganze zusammenhält.


Im Folgenden soll dargestellt werden, wie sich Unternehmer mit gesundem Menschenverstand hinsichtlich dieser Grundbausteine verhalten.


Der Unternehmer


Erfolgreiche Unternehmer mit gesundem Menschenverstand sind optimistische Realisten, die ein zwiespältiges Verhältnis zum Risiko haben. Sie wissen, welche Risiken man eingehen darf und welche man sich nicht leisten kann, weil es die Firma ruiniert, wenn der Risikofall eintritt.


Als Partner vertrauen sie ihren Mitgesellschaftern, dem Ehepartner und wichtigen Mitarbeitern. In der Hausbank sehen sie hingegen heutzutage mehr einen Lieferanten, der Geld nur so lange liefert, wie er bezahlt wird. Gemieden werden Banker, die zunehmend als Versicherungsvertreter, Anlage- und Betriebsberater den Unternehmern für viel Geld irgendwelche Produkte andrehen wollen.


Unternehmer mit gesundem Menschenverstand machen nicht andere für betriebliche Probleme verantwortlich, wie dieses musterhaft ein Pleite gegangener Existenzgründer in einem Buch getan hat. Alle sind für seine Pleite verantwortlich, nur er selbst nicht.


Wer auf Ratschläge von Mitarbeitern bei Kammern, Banken oder sonstigen Institutionen hört, die sich selbst nicht zugetraut haben, sich als Unternehmer selbstständig zu machen, ist höchstens als Schönwetterkapitän geeignet. Erfolgreiche Unternehmer beweisen ihre Stärke nicht bei starker Konjunktur, sondern in Krisenzeiten. Probleme werden sofort gelöst und nicht erst dann, wenn aus einem kleinen Problem durch Aufschieben ein großes und kaum mehr lösbares Problem geworden ist.


Erfolgstipp: Selbstständiger Unternehmer zu sein heißt: Selbst und ständig.




Der Mitarbeiter


Mit Mitarbeitern kann der Unternehmer mehr und größere Produkte anbieten sowie mehr und größere Kunden bedienen. Ob er auch höhere Gewinne erzielt, ist dagegen nicht sichergestellt. Mancher Unternehmer mit gesundem Menschenverstand erzielt deshalb mit wenigen Mitarbeitern wesentlich höhere Renditen als Großunternehmen.


Sie glauben nicht Politikern, Gewerkschaftlern und dem Gerede an Biertischen, wonach es der Hauptzweck eines Betriebes sei, Mitarbeiter zu beschäftigen. Bei sich abzeichnenden Problemen wird Personal rechtzeitig abgebaut, weil dann noch Geld für Abfindungen da ist.


Unternehmer mit gesundem Menschenverstand hören nicht auf Motivationsgurus (einige davon sind inzwischen selbst pleite), wonach die Arbeit den Mitarbeitern Spaß machen muss (laut Prof. Malik kämen Wirtschaft und Gesellschaft innerhalb weniger Minuten zum Stehen, wenn nur die Arbeiten verrichtet würden, die Spaß machen). Sie glauben auch nicht an die Produktivität und Effektivität der Teamarbeit. Delegation von Verantwortung an Teams können sich der Bundeskanzler und Manager in Großunternehmen erlauben, nach dem Motto: Und wenn ich dann nicht weiter weiß, bilde ich einen Arbeitskreis.


Unternehmer mit gesundem Menschenverstand sind Vorbild für ihre Mitarbeiter, haben einen „straffen" Führungsstil, und die Mitarbeiter vertrauen ihrem „Chef". Sie erkennen die Stärken der Mitarbeiter und setzen sie entsprechend ein. Sie wissen, dass die Schwächen von Mitarbeitern nur selten behebbar sind. Von Mitarbeitern, die ihre Aufgaben nicht erfüllen können, trennen sie sich rechtzeitig und machen sie nicht für Probleme des Unternehmens verantwortlich.


Erfolgstipp: Immer daran denken: Mitarbeiter werden arbeitslos, Unternehmer gehen Pleite.




Das Produkt


Unternehmer mit gesundem Menschenverstand wissen, dass das Angebot eines marktfähigen Produkts die entscheidende Leistung eines Unternehmers ist, bei der ihm andere kaum helfen können. Marktfähig bedeutet: Mit den Verkaufserlösen des Produktes lassen sich die betrieblichen Kosten decken, es können Reserven gebildet werden und es bleibt genug Geld übrig, um privat davon leben zu können. Das Erkennen marktfähiger Produkte wird nicht als komplizierter, strategischer Entscheidungsprozess gesehen. Neue Produkte werden nach dem „Trail and Error"-Prinzip entwickelt, und wenn es funktioniert, ist das die Strategie des Unternehmens.


Bei Preiskalkulationen für die Produkte vertrauen sie nicht den Rechenkünsten der Computer. Zur möglichst sicheren Gewinnerzielung berücksichtigen sie Sicherheitszuschläge für die stetig vorhandenen wirtschaftlichen Risiken. Für Unternehmer mit gesundem Menschenverstand ist das Rechnen wichtiger als der Rechner. Wer an die Theorie positiver Deckungsbeiträge glaubt, geht nicht immer, aber immer öfter Pleite.


Bei der Betriebsausstattung orientieren sie sich nicht an der Höhe günstiger Kredite oder an der steuerlichen Absetzbarkeit, sondern ausschließlich daran: Was brauche ich unbedingt, um das Produkt anbieten zu können? Sie sind auch kritisch gegenüber den Versprechungen von Bill Gates und seinen Jüngern. Sie haben erkannt, dass bei der EDV in der Verwaltung nicht derjenige bestraft wird, der zu spät kommt, sondern derjenige, der zuerst kommt.


Unternehmer mit gesundem Menschenverstand beschäftigen sich überwiegend mit dem Produkt vor Ort (Management by walking around) und weniger mit Bürotätigkeiten. Wer gern verwaltet, sollte Beamter oder Buchhalter werden, aber nicht Unternehmer. Was Unternehmer mit gesundem Menschenverstand von Businessplänen halten, ist Veröffentlichungen über die reichsten Deutschen, den Gebrüdern Albrecht, zu entnehmen. Es wird als uneffektiv angesehen, im alten Jahr Zeit und Kosten zu vergeuden, um Budgets zu erstellen, und im neuen Jahr noch mehr Geld auszugeben, um die Abweichungen zu klären.


Erfolgstipp: Produkte zu verkaufen bringt Geld, Businesspläne erstellen kostet Geld.




Der Kunde


Die einfachen, aber schwer zu lösenden Fragen sind stets: Wie bekomme ich Kunden, wie behalte ich sie und wie bezahlen sie.


Der Neue Markt ist ein Musterbeispiel dafür, wie Unternehmer an viele Kunden kommen und trotzdem Pleite machen. Irgendwann waren die Millionen für Werbung und Preissubventionierung ausgegangen. Unternehmer mit
gesundem Menschenverstand wissen, dass Preiszugeständnisse wie Drogen sind: Kurzfristig sorgen sie für Wohlbefinden, auf Dauer aber sind sie eine Gefahr.


Unternehmer mit gesundem Menschenverstand haben erkannt, dass es keine Patentrezepte für die Anwerbung von Kunden gibt. Sie sind auch keine Marketingspezialisten - jedenfalls nicht im Lehrbuchsinn - und beschäftigen keine Mitarbeiter, die einen Marketingtitel tragen, wie Untersuchungen bei erfolgreichen Mittelständlern ergeben haben.


Die Kunden kommen, weil das Produkt einmalig ist oder das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Die Kunden bleiben, weil sie dem Unternehmer, seinen Produkten sowie Mitarbeitern vertrauen können und mit der Zusammenarbeit zufrieden sind. Die kostenlose Mund-zu-Mund-Propaganda sorgt für einen stetigen Zuwachs.


Vor allem wissen Unternehmer mit gesundem Menschenverstand, dass nicht der Umsatz laut Rechnung, sondern der spätere Geldeingang entscheidend ist. Ein Kreditversicherer wirbt nicht umsonst wie folgt: „Es ist zehnmal einfacher, Umsatz zu machen, als sein Geld zu erhalten." Unternehmer mit gesundem Menschenverstand beschäftigen sich vor der Auftragsannahme daher intensiv mit der Bonität des Kunden und verzichten lieber auf einen Auftrag, als das Risiko eines Forderungsausfalles einzugehen. Bei Zahlungsrückständen wissen diese Unternehmer, dass nur derjenige sein Geld bekommt, der dem säumigen Kunden am schnellsten und heftigsten vors Schienbein tritt.


Erfolgstipp: Der beste Kunde ist der schlechte Kunde, mit dem man keine Geschäfte macht.




Der Gewinn


Bei den zunehmenden, marktwirtschaftlich unverständlichen Preisverleihungen an Unternehmer bleibt stets die wichtigste Größe unbeachtet: Der Gewinn. So ist es nicht verwunderlich, dass häufig preisgekrönte, angeblich erfolgreiche, innovative Existenzgründer kurze Zeit später pleite sind.


Für die unternehmerische Pleite gibt es nur einen Grund: Der vorhandene Gewinn reicht nicht aus, um die Privatausgaben zu decken. Um dieses zu überwachen brauchen Unternehmer mit gesundem Menschenverstand keine komplizierten und teuren Controlling-Instrumente. Sie nutzen einfach die billigste und schnellste Informationsquelle: den täglichen Kontoauszug der Bank.


Unternehmer mit gesundem Menschenverstand versuchen nicht, betriebliche Probleme über Zufuhr neuer finanzieller Mittel zu bekämpfen. Sie kennen das Lied vom „Loch im Eimer", wo es heißt: „dann stopf es", und nicht „dann füll es". Sie glauben auch nicht so genannten Finanz- und Steuerexperten, wonach Zinsen und Leasingraten vorteilhaft sind, weil sie die Steuerlast mindern. Sie wissen, dass das Motto „Große Schulden, anderer Leute Sorgen" nur für den Bundeskanzler und die Manager in Großunternehmen gilt. Dem Mittelständler bereiten in der Krise oftmals bereits kleine Schulden große Sorgen.


Unternehmer mit gesundem Menschenverstand sehen Umsatz- und Gewinnrückgänge nicht als vorübergehende Probleme an, sondern wissen, dass sie diese sofort lösen müssen. Wer glaubt, dass Anfangs- oder zwischenzeitliche Verluste zum Unternehmertum gehören, wird erfahren, dass auch die Pleite ein Bestandteil der freien Marktwirtschaft ist. Der Neue Markt hat drastisch gezeigt: Wer gegen Verluste nicht rechtzeitig etwas unternimmt, wird erhoffte bessere Zeiten nur selten erleben.


Erfolgstipp: Der Gewinn entscheidet über Sein oder Nichtsein des Unternehmens.


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