Wir sehen wieder Land
Mit einer Umstrukturierung will die „Das Werk“-Gruppe noch in diesem Jahr wieder in die Gewinnzone zurückkehren.
Auch Das Werk ist in den letzten Monaten nicht von drastischen Kursverlusten an der Börse verschont geblieben. Der Filmproduktions- und Postproduktions-Spezialist bekam dabei besonders die Schwäche der Werbekonjunktur zu spüren und will die Unternehmens-Gruppe neu strukturieren. Neu besetzt wurde dabei auch die Funktion des Finanzchefs mit Vorstandssprecher Joachim Sturmes, der Babette Haas ablöste und diese Position schon einmal bis Dezember 2000 inne hatte.
Filmecho: Die „Das Werk“-Gruppe hat mit dem Verweis auf kurzfristige Verbindlichkeiten in Höhe von rund 100 Millionen Dollar viele Anleger geschockt. Fristet die Aktie nach drastischen Kursverlusten künftig ein Penny-Stock-Dasein im Ein-Euro-Bereich?
Joachim Sturmes: Die schlechte Stimmung am Neuen Markt hat zu der absurden Situation geführt, dass wir nach dramatischen Kursverlusten auf eine Marktkapitalisierung von nur noch zehn Millionen Euro kommen - bei einer Eigenkapitalsumme von 70 Millionen Euro! Das Vertrauen der Anleger am Neuen Markt ist nach diversen Pleiten drastisch gesunken. So wird bei uns nur auf die Verbindlichkeiten geschaut und vergessen, dass wir auch eine Bilanzsumme von rund 230 Millionen Euro aufweisen. Wir werden im Laufe des Jahres zu schwarzen Zahlen zurückkehren und das sollte sich dann auch im Kurs auswirken.
Filmecho: Knapp 40 Millionen der kurzfristigen Verbindlichkeiten entfallen auf die Produktion.
Sturmes: Wir realisieren unsere Produktionen nicht mit dem Geld der Anleger, sondern über Kredite und Medienfonds. Dies bedeutet aber auch, dass die Kosten jedes Films bis zur Fertigstellung bzw. Lieferung in den Werk-Bilanzen auftauchen. Dies gilt für die amerikanische Produktionstochter Promark ebenso wie für Road Movies und FFP Media. Promark weist aus dem laufenden Geschäft rund 37 Millionen Euro an Verbindlichkeiten aus, aber auch eine Pre-Sales-Rate von 30 Prozent und hat als regelmäßigen Käufer die AOL/Time-Warner-Tochter HBO. Im TV-Bereich kommt FFP Media mit Auftragsproduktionen zwar auf jährliche Umsätze von 15 Millionen Euro, aber selbst das ZDF zahlt erst bei Lieferung. Da können seit der Auftragsvergabe 12 bis 15 Monate vergangen sein. Und bei uns stehen entsprechende Bankverbindlichkeiten in den Büchern. In diesem Jahr benötigen wir zur Finanzierung der FFP-Media-Produktionen insgesamt rund 17,4 Millionen Euro an neuen Projektkreditzusagen, die aber nach und nach benötigt werden, so dass von Monat zu Monat im Durchschnitt nie mehr als fünf Millionen Euro an Krediten in Anspruch genommen werden.
Filmecho: Welche Einflüsse erwarten Sie im eigenen TV-Produktionssektor durch die Kirch-Pleite?
Sturmes: Im Kirch-Umfeld, sprich Pro Sieben und Sat1, haben wir in diesem Jahr mit drei Produktionen gerechnet. Ein Projekt ist finanziell gesichert, bei zwei geplanten Projekten mit Sat1, bei denen die Drehbücher bereits stehen, glaube ich erst an eine Realisierung, wenn das Geld auf dem Konto liegt. Jenseits dieser aktuellen Thematik ist das Geschäft insgesamt schwerer geworden, wobei sich FFP Media ausgezeichnet behauptet. Generell müssen sie heute mit einem TV-Film rund fünf Millionen Zuschauer erreichen, FFP Media liegt mit den Pilcher- und Wood-Verfilmungen im Schnitt bei neun Millionen! Es zählt nur noch Etabliertes – und dafür brauchen sie Erfahrung.
In Bezug auf Postproduktionsumsätze trifft uns die Kirch-Pleite kaum: Hier wurden im letzten Jahr eine Million Euro an Umsatz generiert. Nachdem Kirch-Insolvenzverwalter Wolfgang van Betteray gesagt hat, dass alle Aufträge bis zwei Millionen Euro gesichert seien, mache ich mir da keine Gedanken.
Filmecho: Wie steht es mit ihren Auslandsbeteiligungen?
Sturmes: Die Rückgänge in der Werbung waren auch in Europa zu spüren. Das letzte Jahr war verheerend in der Werbung. Da bei der Postproduktion die Fixkosten rund 90 Prozent ausmachen, kann man sich ausmalen, was ein Umsatzrückgang von 30 bis 40 Prozent bedeutet. Wir brauchten einige Monate, um die Kostenstruktur den Kapazitäten anzupassen. Dabei wurden das Equipment neu verteilt und rund 80 Stellen abgebaut. Hiervon sind einige Auslandstöchter, die enttäuscht hatten, nicht verschont geblieben. Die Gewinnprognose für Spanien lag bei vier Millionen Euro, herausgekommen ist ein Ergebnis vor Steuern in Höhe von nur 1,3 Millionen Euro. Wir haben in Spanien aber auch den neuen Almodovar-Film „Hable con ella“ (Deutscher Verleihtitel: „Sprich mit ihr“ bearbeitet. Aktuell liegen in Spanien vfx-Auftragsanfragen mit einem Volumen von einer Millionen Euro vor.
Operativ haben wir im letzten Jahr in der gesamten Gruppe rund 7,5 Millionen Euro verloren, dem 2002 ein Einsparungspaket von fünf Millionen Euro gegenübersteht. Ausgewirkt hat sich 2001 auch das geringere Filmlieferungsgeschäft von Promark und Road Movies. Wir werden erst im laufenden Jahr wieder Filme in signifikanten Umfang liefern. Durch die Filmverkäufe können wir wir ohne Postproduktions-Wachstum wieder in die schwarzen Zahlen kommen. Bis zum Filmfestival in Vendig wird dabei hoffentlich der zweite Teil von „Ten Minutes Older“ fertig, der nicht zuletzt durch die Bertolucci-Beteiligung für das Festival sehr interessant sein wird.
Filmecho: Partizipiert Das Werk nach der Übernahme von Centropolis Effects (CFX) automatisch an den Auftragseingängen bei dem US-Unternehmen?
Sturmes: Wir verfügen mit CFX über ein hervorragendes Standbein in Amerika, wobei das Unternehmen allein in diesem Jahr über ein Auftragsvolumen von rund 23 Millionen Dollar verfügt und bis zum Frühjahr 2003 ausgelastet ist. Roland Emmerichs „Day After Tomorrow“ ist bei uns zur Zeit in der Kalkulationsphase. Darüber hinaus haben wir von CFX ein Projekt mit dem Titel „George & The Dragon“ übernommen, das ursprünglich in Amerika angefragt war und nun in München mit einem Volumen von zwei Millionen Dollar bearbeitet wird.
Filmecho: Sie haben eine Umstrukturierung der „Das Werk“-Gruppe mit der Konzentration auf das Kerngeschäft bis zum Herbst angekündigt.
Sturmes: Banken und Analysten haben ein besonderes Problem mit unseren hohen Verbindlichkeiten aus der Produktion. Dies hängt damit zusammen, dass wir jeweils mehrheitlich an den Firmen beteiligt sind. Bei Promark sind dies 73 Prozent, bei FFP insgesamt 81 Prozent und bei Road Movies und Road Sales jeweils 100 Prozent. Wir stehen zu unserem Beteiligungen, wollen aber neue Finanzquellen für diese Bereiche erschließen und deshalb ein oder zwei Bereiche unter 50 Prozent fahren. Unser Schwerpunkt wird auf der digitalen Bildbearbeitung liegen, weil wir hier große Wachstumschancen sehen. Technisch sind wir mit vorn und bei der Postproduktion in Europa führend. Wir waren an Filmen wie „The Scorpion King“ für die Universal Studios und „Eight Legged Freaks“ für Warner Bros. / Village Roadshow beteiligt, letzterer wird unter dem Titel „Arac Attack - ,Angriff der achtbeinigen Monster“ im August in die deutschen Kinos kommen. Zur Zeit arbeitet CFX an dem Horror-Film-Remake „Willard“ von New Line, einem Dean-Devlin-Projekt mit dem Titel „The Carrier“ und hat von Warner./Bros. Village Roadshow einen weiteren großen Auftrag erhalten. Darüber hinaus ist das digitale Mastering immer mehr im Kommen. So hatten wir im letzten Jahr etwa den Auftrag, sämtliche Fassbinder-Filme und sieben Produktionen von Wim Wenders neu zu mastern.
Filmecho: Werden Sie das Pilotprojekt „Digitales Kino“ weiter verfolgen?
Sturmes: Wir haben bekanntlich mit den Partnern Heinefilm, Kinoton, T-Systems und tecmath eine Arbeitsgemeinschaft gegründet und wollen das digitale Kino weiter vorantreiben. Aber es fehlt momentan noch der richtige finanzielle Anreiz. Niemand wird von Kinoseite zum jetzigen Zeitpunkt die in der Diskussion stehenden Investitionskosten von 150 000 bis 200 000 Dollar pro Saal aufbringen.
Filmecho: Wie sehen Sie die Zukunftsaussichten für die „Das Werk“-Gruppe?
Sturmes: Im Werbebereich haben wir im vierten Quartal des letzten Jahres wieder schwarze Zahlen geschrieben, die allerdings immer noch auf dem Niveau eines insgesamt schwachen Werbejahres lagen. In Europa hat uns das erste Quartal 2002 nicht enttäuscht. Im Filmbereich lagen wir in den ersten drei Monaten über Plan. Im Rahmen der Kostenreduzierung wurde die Holding von 20 auf 13 Mitarbeiter reduziert, kleinere Standorte auf Offices zurückgefahren und die Postproduktion für Film auf Berlin, Hamburg und München konzentriert. Wir sehen also Land und wollen in diesem Jahr mit einem Plus von zwei bis drei Millionen Euro wieder in die Gewinnzone zurückkommen.